996/J XXV. GP

Eingelangt am 12.03.2014
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ANFRAGE

 

des Abgeordneten Dipl.-Ing. Gerhard Deimek

und weiterer Abgeordneter

an den Bundeskanzler

betreffend die Stellungnahme des Bundeskanzleramtes zum Pensionskahlschlag bei ÖBB-Betriebsdienstmitarbeitern

 

 

ÖBB-Betriebsdienstmitarbeiter sind aufgrund des aktuellen Urteils des Verfassungsgerichthofes gegenüber Mitarbeitern der ÖBB im Verwaltungsbereich jetzt auch finanziell bedeutend schlechter gestellt. Wurden Nachteile durch Nachtschicht- und Schwerstarbeit bisher durch Vorteile im Pensionsrecht indirekt ausgeglichen, besteht diese Möglichkeit jetzt nicht mehr. Damit kommt es zu einer erheblichen Ungleichbehandlung und Benachteiligung – im Nachhinein durch einen juristischen Eingriff in bestehende, privatrechtliche Einzelverträge. Der Grundsatz pacta sunt servanda scheint nur mehr im Bereich der tagespolitischen Opportunität Geltung zu haben, nicht jedoch im Dienstrecht der Mitarbeiter im ausführenden Betriebsdienst der ÖBB. Die Rechtssicherheit seitens der Bürgers als Vertrauensgrundlage wird immer weiter ausgehöhlt. Der historische Eingriff in die Dienstverträge der ÖBB-Bediensteten hat somit auch deutlich präjudiziellen Charakter.

 

Eine Intervention des Bundeskanzlers beim Verfassungsgerichtshof in derart sensiblen Belangen wie der Lebensplanung tausender Menschen und deren Angehörigen erweckt einen problematischen Anschein. Hier drängt sich der Verdacht informeller politischer - legaler aber illegitimer - und deshalb unter demokratiepolitischen Aspekten abzulehnender Intervention auf.

 

In diesem Zusammenhang richten die unterfertigten Abgeordneten an den Bundeskanzler folgende

 

 

ANFRAGE

 

1.    Wie viele Stellungnahmen gab das BKA in der vergangenen Gesetzgebungs-periode im Vorfeld von Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofes ab?

2.    Um welche Materien handelte es sich dabei jeweils?

3.    In wie vielen Fällen tendierte die Entscheidung der Verfassungsgerichtshofes inhaltlich zur im Vorfeld abgegebenen Stellungnahme des BKA?


4.    Nach welchen Maximen wird entschieden, zu welchen Gesetzesmaterien das BKA eine Stellungnahme abgibt?

5.    Weshalb soll nach dem Willen des BKA der Bereich der Nachtschicht- und Schwerarbeiter innerhalb der ÖBB gegenüber dem Verwaltungssektor innerhalb der ÖBB weiterhin benachteiligt werden?

6.    Wie soll ein Ausgleich innerhalb des Unternehmens hergestellt werden?

7.    Wie viele Dienstposten für Lokführer der Gehaltsgruppen 6a, 6b, 7a und 7b wurden anlässlich der Einsparungsmaßnahmen und aufgrund der vermehrten Arbeitsbelastungen in den 1990er-Jahren einerseits durch das Fahren in Einmannbesetzung im Geschwindigkeitsbereich über 140km/h und andererseits durch den sog. Zugleitbetrieb, bei dem der Triebfahrzeugführer bis zu fünf unter-schiedliche Tätigkeiten und Verantwortlichkeiten anderer eisenbahnspezifischer Berufe (Triebfahrzeugfahrten, Fahrkartenverkauf, Fahrdienstleiterobliegenheiten, Weichenwärtertätigkeiten sowie Schrankenbedienung auf Eisenbahnkreuzungen) zu übernehmen hatten, als Ausgleich für deren Mehrarbeit geschaffen und wie viele dieser Dienstposten wurden mittlerweile wieder ersatzlos gestrichen, sodass eben jene Triebfahrzeugführer, die die verantwortungsvolle Mehrarbeit zu leisten hatten nun leer ausgehen?

8.    Eisenbahner im ausführenden Betriebsdienst – hier insbesondere die Berufsgruppen Triebfahrzeugführer, Zugbegleiter, Wagenmeister und Verschieber - sind allen im Schwerarbeitsgesetz angeführten, erschwerenden Berufsbeein-trächtigungen, wie z.B. unregelmäßigem Schichtdienst, Witterungseinflüssen, Hitze, Kälte, Vibration, Lärm und erheblichen Belastungen durch Elektrosmog ausgesetzt. Es ist mittlerweile arbeitsmedizinisch unbestritten, dass eine w.o. beschriebene Arbeitsbelastung über Jahre hindurch zu einer deutlich verminderten Lebenserwartung führt. Daher wäre bei jenen Berufsgruppen auch eine – gegenüber dem Verwaltungsdienst - vorzeitige Ruhestandsversetzung gerechtfertigt. Wenn das BKA hinsichtlich der Pensionsreform 2003 ein Schreiben an den VfGH richtet, wieso setzt sich das BKA hinsichtlich der Schwerstarbeiter bei der ÖBB nicht vice versa auch dafür ein, dass die besonders belasteten Berufsgruppen bei der Bahn nicht schon längst in das Schwerarbeitergesetz aufgenommen wurden?

9.    Welche Auswirkungen hat die nun vom VfGH getroffene Entscheidung auf den erhöhten Pensionsbeitrag der in Österreich beschäftigten ÖBB-Bediensteten (nachdem sich das BKA schriftlich an den VfGH wandte und um Belassung der Pensionsreform 2003 ersuchte)?

10. Gedenkt das BKA (aufgrund der Intervention und der präjudiziellen Entscheidung des VfGH hinsichtlich ÖBB-Pensionsreform 2003) nun auch hinsichtlich der Sonderpensionsregelungen bei Bund, in Ländern, Gemeinden, und in staatlichen wie auch halbstaatlichen Unternehmen, wie zB dem ORF, der OMV, der ÖNB, den Bundestheatern und der Stadt Wien sich für ähnliche gesetzliche Pensionsregelungen wie bei den ÖBB einzubringen?

11. Sollte es ein einheitliches Pensionssystem geben, würde sich das BKA auch dafür aussprechen, alle in Österreich existierenden Berufsgruppen mit erheblichen Belastungen, die zu einer verminderten Lebenserwartung führen, auch Pensionsrechtlich besser zu stellen und damit nicht nur einen Gerechtigkeitsausgleich zu schaffen, sondern auch durch den Anreiz der früheren, abschlagsfreien Pensionierung dieser Berufsgruppen Anreize zu schaffen, um die personelle Ausstattung in diesen systemrelevanten Berufsgruppen zu sichern?

12. Kann sich das BKA (aufgrund der nun zulässigen Eingriffe in ÖBB-Einzelverträge) auch grundsätzlich vorstellen, Eingriffe auch in Einzelverträge von ÖBB-Managern in der ersten, zweiten und dritten Führungsebene durchzuführen und etwa auch vertraglich zugesicherte Abfertigungen, vorzeitige Vertragsauflösungen u.a. in „in öffentlichem Interesse“ zu befürworten?

13.  Kann sich das BKA (aufgrund der nun zulässigen Eingriffe in ÖBB-Einzelverträge) auch grundsätzlich vorstellen, dass Eingriffe auch in Einzelverträge von ÖBB-Aufsichtsräten durchgeführt werden und etwa auch vertraglich zugesicherte Bonifikationen „in öffentlichem Interesse“ einzuschränken?

14. Kann sich das BKA (aufgrund der nun zulässigen Eingriffe in ÖBB-Einzelverträge) auch grundsätzlich vorstellen, nun auch Eingriffe hinsichtlich der Entlohnung in Einzelverträge von Mitarbeitern staatlichen und halbstaatlichen Unternehmen, wie z.B. dem ORF, der OMV, der ÖNB, den Bundestheatern und der Stadt Wien durchzuführen?