9975/J XXV. GP

Eingelangt am 14.07.2016
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Anfrage

 

der Abgeordneten Peter Pilz, Freundinnen und Freunde an den Bundesminister für Inneres

betreffend Ratschläge der Polizei an Frauen

BEGRÜNDUNG

 

Die Tageszeitung „Heute“ berichtete am 3.5.2016 über den Fall einer Wienerin, die in der U6 Station Westbahnhof zunächst von einem Mann durch einen Griff in die Haare belästigt und dann von diesem und drei weiteren Männern niedergeschlagen und beraubt wurde.

Empört zeigte sich das Opfer über das Verhalten der Polizei bei der Aufnahme der Anzeige:

Am meisten erzürnt sie die Reaktion der Polizei, als sie den U6-Übergriff anzeigte: "Die erklärten mir, dass Frauen nach 20 Uhr nicht mehr alleine auf die Straße gehen sollten." Und hatten auch noch weitere Ratschläge parat: "Sie rieten mir, die Haare anders zu färben und mich weniger aufreizend zu kleiden. Indirekt heißt das, dass ich selbst schuld bin – eine Frechheit!"

Diese Ratschläge erinnern an die Aussagen des Wiener Polizeipräsidenten Pürstl, der am 6.1.2016 in einem Interview mit der „Kronen Zeitung“ im Zusammenhang mit massiven sexuellen Belästigungen in Köln in der Silvesternacht sagte:

Pürstl: Frauen sollten nachts generell in Begleitung unterwegs sein, Angst- Räume meiden und in Lokalen keine Getränke von Fremden annehmen. Das war früher so und wird auch in Zukunft weiter so sein.“

Diese Aussagen sorgten für berechtigte Kritik und den Vorwurf des „victim blaming“, so dass sich letztlich die damalige Innenministerin zu folgender Klarstellung veranlasst sah:

"Die Polizei wird jedem einzelnen Fall mit null Toleranz nachgehen. Wir Frauen lassen uns sicher keinen Millimeter in unserer Bewegungsfreiheit im öffentlichen Raum einschränken." (Kurier, 7.1.2016)

Es ist die Aufgabe der Polizei, für die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger zu sorgen. Wien hatte viele Jahre eine Spitzenstellung unter den Großstädten bei der öffentlichen Sicherheit, und es ist dringend dafür zu sorgen, dass sich auch weiterhin Frauen zu jeder Zeit in der Stadt frei bewegen können. Den Opfern die Schuld an Straftaten zu geben, wie dies im vorliegenden Fall offenbar geschah, ist genau der falsche Weg.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

 

1)    Bestehen polizeiliche Empfehlungen, dass Frauen nach 20 Uhr in Wien nicht mehr alleine unterwegs sein sollten?

2)    Falls ja: auf welcher Grundlage beruhen diese Empfehlungen?

3)    Falls nein: weshalb wurde das Opfer im oben genannten Fall dann dementsprechend informiert?

4)    Bestehen polizeiliche Empfehlungen, dass Frauen zu ihrer Sicherheit bevorzugt bestimmte Haarfarben tragen sollen?

5)    Falls ja: auf welcher Grundlage beruhen diese Empfehlungen?

6)    Falls nein: weshalb wurde das Opfer im oben genannten Fall dann dementsprechend informiert?

7)    Welche Maßnahmen wurden im Bereich der Polizei ergriffen, um die Rechte und auch Empfindungen der Opfer von Straftaten, insbesondere von Frauen im Zusammenhang mit Gewalttaten und sexuellen Belästigungen, zu wahren und jeden Anschein eines „victim blaming“ zu vermeiden?

8)    Welche Maßnahmen wurden im Bereich der Polizei ergriffen, um die ExekutivbeamtInnen über die mit 1.1.2016 in Kraft getretenen Neuerungen im Sexualstrafrecht zu informieren und die praktische Anwendung und korrekte Information der Betroffenen in diesem Zusammenhang zu gewährleisten?

9)    Was werden Sie unternehmen um sicherzustellen, dass Frauen im öffentlichen Raum und insbesondere auch an großen Verkehrsknotenpunkten sicher sind und sich auch so fühlen können?