9986/J XXV. GP

Eingelangt am 15.07.2016
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Anfrage

 

der Abgeordneten Ruperta Lichtenecker, Freundinnen und Freunde an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz

betreffend Verzugszinsen in der Gewerblichen Sozialversicherung

BEGRÜNDUNG

 

Im Jahr 2010 wurde die Methode für die Berechnung der Verzugszinsen von ausstehenden Versicherungsbeiträgen im GSVG (§ 35 GSVG) und ASVG (§ 59 ASVG) an die in der Privatwirtschaft vorgeschriebene Methode nach § 352 UGB angepasst und wurde mit 1.1.2011 wirksam. Seitdem setzen sich die Verzugszinsen eines Kalenderjahres aus dem Basiszinssatz (Art. I § 1 Abs. 1 des 1. Euro-Justiz-Begleitgesetzes) zuzüglich acht Prozentpunkte zusammen. Die Änderung der Berechnungsmethode hatte zur Folge, dass der Verzugszinssatz von 6,01% p.a. im Jahr 2010 auf 7,88% p.a. im Jahr 2015 angestiegen ist. Am 17.6.2015 wurde im Nationalrat eine langjährige Forderung der Grünen umgesetzt: Der „Aufschlag“ von acht Prozentpunkten auf den Basiszinssatz wurde auf vier Prozentpunkte halbiert – allerdings tritt diese Entlastung erst mit 2017 in Kraft.[1]

Die derart gestaltete Zinssatzberechnung trifft die große Gruppe der Ein-Personen-UnternehmerInnen - sie stellen bereits 58,1%[2] der SVA-Versicherten - mit voller Härte. Denn aufgrund der stark schwankenden Auftrags- und Einkommenssituation sind EPU besonders oft mit Nachzahlungen konfrontiert auf die bei Zahlungsverzug nach kurzer Kulanzzeit (nach 15 bzw. 18 Tagen nach Fälligkeit) hohe Verzugszinsen aufgeschlagen werden. Eine „Zahlungserinnerung“ ohne finanzielle Folgen – wie beispielsweise in der Privatwirtschaft üblich – existiert nicht.

 

Hinzu kommt die spezielle Situation von JungunternehmerInnen nach dem GSVG, deren Beiträge nach den ersten drei Jahren nach Neugründung, teilweise (insbesondere in der Pensionsversicherung) nachbemessen werden. Das hat zur Folge, dass diese UnternehmerInnen im vierten Jahr häufig hohe Nachzahlungen zu begleichen haben, denen sie jedoch nicht immer gleich nachkommen können.

Die hohen Verzugszinssatzzahlungen führen dazu, dass immer mehr EPU und KleinstunternehmerInnen unzumutbaren Belastungen ausgesetzt sind. Denn Fakt ist, dass die Veränderung der Berechnungsmethode etwaige Zahlungsrückstände ungleich erhöht und die betroffenen UnternehmerInnen in eine soziale Abwärtsspirale und letztlich in die Armutsfalle treibt. Eine andere Möglichkeit der Entlastung von (Jung-)UnternehmerInnen wäre eine Nachsicht von Verzugszinsen, insbesondere bei erst- oder einmaligen Zahlungsverzug. Obwohl gesetzlich verankert, wurde diese Möglichkeit in der Vergangenheit kaum genutzt: 2013 wurde laut Anfragebeantwortung 1965/AB lediglich in 546 Fällen (davon 14 NeugründerInnen) Verzugszinsen nach § 35 Abs. 5. GSVG nachgesehen.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

 

1)    Wie hoch waren die Einnahmen aus Verzugszinsen gemäß § 35 Abs. 5 GSVG im Jahr 2015 in der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, die erzielt wurden? Bitte geben Sie die Daten bereinigt um etwaige Beitragszuschläge an (analog zur Anfragebeantwortung 1965/AB).

 

2)    Wie viele Versicherte der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft mussten im Jahr 2015 nach § 35 Abs. 5 GSVG Verzugszinsen entrichten?

 

3)    Wie viele Ein-Personen-UnternehmerInnen mussten im Jahr 2015 Verzugszinsen entrichten und in welcher Höhe? (Mit der Bitte um Auflistung nach Bundesland, Geschlecht und Branchen)

 

4)    Bei wie vielen Ein-Personen-UnternehmerInnen wurden im Jahr 2015 aufgrund ausstehender Sozialversicherungsbeiträge Exekutionsanträge gestellt und wie viele wurden tatsächlich exekutiert?

 

5)    Wie viele KleinstunternehmerInnen (bis zu neun MitarbeiterInnen) mussten im Jahr 2015 Verzugszinsen entrichten und in welcher Höhe? (Mit der Bitte um Auflistung nach Bundesland, Geschlecht und Branchen)

 

6)    Bei wie vielen KleinstunternehmerInnen wurden im Jahr 2015 aufgrund ausstehender Sozialversicherungsbeiträge Exekutionsanträge gestellt und wie viele wurden tatsächlich exekutiert?

 

7)    Wie viele NeugründerInnen mussten im Jahr 2015 nach Feststellung der tatsächlichen Beitragspflicht im vierten Jahr Verzugszinsen entrichten und in welcher Höhe? (Mit der Bitte um Auflistung nach Bundesland und Geschlecht analog zur Anfragebeantwortung 1965/AB)

 

8)    Bei wie vielen NeugründerInnen wurden im Jahr 2015 aufgrund ausstehender Sozialversicherungsbeiträge Exekutionsanträge gestellt und wie viele wurden tatsächlich exekutiert?

 

9)    Wie viele SVA-Versicherte haben im Jahr 2015 die Möglichkeit einer Ratenzahlung von ausstehenden Versicherungsbeiträgen in Anspruch genommen? (Mit der Bitte um gesonderte Angabe der NeugründerInnen analog zur Anfragebeantwortung 1965/AB.)

 

10)  In wie vielen Fällen wurden im Jahr 2015 iSd § 35 Abs. 5 GSVG die Verzugszinsen teilweise oder gänzlich nachgesehen? (Mit der Bitte um gesonderte Angabe der NeugründerInnen analog zur Anfragebeantwortung 1965/AB.)

 

11)  Wie hoch waren die im Jahr 2015 insgesamt teilweise oder gänzlich nachgesehenen Verzugszinsen?

 

12)  Wie lange blieben die säumigen Versicherten durchschnittlich die offenen Beträge schuldig?

 

13) Bei wie vielen Versicherten der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft wurden im Jahr 2015 aufgrund ausstehender Sozialversicherungsbeiträge Exekutionsanträge gestellt und wie viele wurden tatsächlich exekutiert?

 

14) Wie viele Versicherte der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft nahmen im Jahr 2015 eine monatliche Beitragszahlung (anstatt der üblichen vierteljährlichen Vorschreibung) gemäß § 35 Abs. 5a in Anspruch?

 

15) Wie viele Versicherte der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft mit monatlicher Beitragszahlung gemäß § 35 Abs. 5a mussten im Jahr 2015 nach § 35 Abs. 5 GSVG Verzugszinsen entrichten?

 



[1] Im Vergleich hierzu betragen die vom Finanzamt verrechneten Stundungszinsen laut Bundesabgabenverordnung bereits seit 2013 lediglich 4,38% p.a..

[2] EPU Anteil nach Bundesländern 2014 lt. WKÖ, Stand Dezember 2014 (abgerufen am 22.3.2016): http://wko.at/statistik/EPU/EFGmbH_EPU-Anteil_Bld.pdf