251/KOMM XXV. GP

 

Kommuniqué

des Hypo-Untersuchungsausschusses

Veröffentlichung des wörtlichen Protokolls über die öffentliche Befragung der Auskunftsperson Dr. Harald Dossi in der 47. Sitzung vom 16. Dezember 2015

 

Der Hypo-Untersuchungsausschuss hat in seiner 62. Sitzung am 9. März 2016 einstimmig gemäß § 20 Abs. 1 Ziffer 1 Verfahrensordnung für parlamentarische Untersuchungsausschüsse beschlossen, das in der Beilage enthaltene wörtliche Protokoll der öffentlichen Befragung der Auskunftsperson Dr. Harald Dossi nach der erfolgten Entscheidung über Einwendungen und Berichtigungen gemäß § 19 Abs. 3 VO­UA zu veröffentlichen. Die Veröffentlichung erfolgt in sinngemäßer Anwendung von § 39 des Geschäftsordnungsgesetzes des Nationalrates als Kommuniqué im Internetangebot des Parlaments.

 

Wien, 2016 03 09

 

 

            Mag. Maximilian Unterrainer                                     Doris Bures

                           Schriftführer                                                                         Vorsitzende

 

 


 

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Hypo-Untersuchungsausschuss

 

 

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Stenographisches Protokoll

 

 

47. Sitzung/medienöffentlicher Teil

Mittwoch, 16. Dezember 2015

Gesamtdauer der 47. Sitzung

9.11 Uhr – 18.26 Uhr

Lokal VI


Befragung der Auskunftsperson Dr. Harald Dossi

Vorsitzende Doris Bures: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Parlamentsdirektor Dr. Dossi! Herzlichen Dank, dass Sie heute dem Ausschuss zur Verfügung stehen.

Obwohl Sie das Prozedere ja gut kennen, werden wir uns trotzdem, was Rechtsbelehrung und alle notwendigen Formalitäten betrifft, daran halten.

Wir haben vorher schon geklärt, dass diese Sitzung medienöffentlich stattfinden wird. Daher begrüße ich auch die Vertreter und Vertreterinnen der Medien. Es gilt wie immer: Ton- und Bildaufnahmen sind nicht zulässig.

Herr Dr. Dossi, Sie haben keine Vertrauensperson mitgenommen, aber zu Ihrer Linken sitzt Herr Professor Binder. Wie in der Verfahrensordnung vorgesehen, ist er als Verfahrensanwalt dafür zuständig, darüber zu wachen, dass Grund- und Persönlichkeitsrechte gewahrt werden, und wenn Sie sich mit Professor Binder kurz beraten wollen, können Sie das jederzeit tun und sich auch bei Verfahrensfragen an den Verfahrensrichter wenden. Auch ich stehe Ihnen jederzeit für Fragen zur Verfügung und auch für kurze Sitzungsunterbrechungen oder Pausen, wenn das gewünscht ist.

Bevor ich Herrn Dr. Pilgermair das Wort erteile: Mir ist bekannt gegeben worden, dass Sie keine Einwendungen haben, dass es einen Kameraschwenk im Ausschusslokal gibt. – Ist das so? (Die Auskunftsperson bestätigt dies.) – Gut, dann werde ich das genehmigen und unterbreche für einen Kameraschwenk kurz die Sitzung.

*****

(Der medienöffentliche Teil der Sitzung wird um 15.09 Uhr unterbrochen und um 15.11 Uhr als solcher wieder aufgenommen.)

*****

15.11

Vorsitzende Doris Bures: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und erteile Herrn Dr. Pilgermair zur Rechtsbelehrung und zur Erstbefragung das Wort. – Bitte, Herr Dr. Pilgermair.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Einen guten Nachmittag, Herr Dr. Dossi. Ich darf Ihnen das Personaldatenblatt überreichen und Sie ersuchen, die darin eingetragenen persönlichen Daten auf ihre Richtigkeit hin zu prüfen. (Die Auskunftsperson bestätigt dies.) Das trifft so zu.

Sie wurden bereits anlässlich der Ihnen zugekommenen schriftlichen Ladung für die heutige Sitzung in allen Details über Ihre Rechte und Pflichten als Auskunftsperson sowie über den Ablauf der Befragung hier im Untersuchungsausschuss in Kenntnis gesetzt. In dieser Belehrung waren auch die Aussageverweigerungsgründe im Einzelnen angeführt. Sollte einer dieser Gründe bei einer Frage, die an Sie gerichtet wird, vorliegen, ersuche ich Sie, darauf hinzuweisen. Ein genereller Aussageverweigerungsgrund kann jedoch nicht geltend gemacht werden.

Gemäß § 17 der Verfahrensordnung haben Sie das Recht, den Ausschluss der Öffentlichkeit zu beantragen. Diese ist auszuschließen, wenn überwiegende schutzwürdige Interessen der Allgemeinheit, der Auskunftsperson oder Dritter dies gebieten, wenn es zum Schutz von Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen notwendig ist oder der Ausschluss im Interesse der Erlangung einer wahrheitsmäßigen Aussage erforderlich erscheint. Sie haben als Auskunftsperson auch das Recht, Beweisstücke und Stellungnahmen vorzulegen und deren Veröffentlichung oder deren Klassifizierung zu beantragen.

Die abschließende Belehrung betrifft das Strafgesetzbuch und das Informationsordnungsgesetz. Auskunftspersonen haben die Pflicht, wahrheitsgemäß und vollständig auszusagen. Eine vorsätzlich falsche Aussage vor dem Untersuchungsausschuss kann gemäß dem Strafgesetzbuch wie eine falsche Beweisaussage vor Gericht mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren bestraft werden. Die Fälschung eines Beweismittels oder der Gebrauch eines falschen oder verfälschten Beweismittels kann gleichfalls nach dem Strafgesetzbuch auch im Verfahren vor einem Untersuchungsausschuss mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr geahndet werden.

Dem Untersuchungsausschuss vorgelegte Akten und Unterlagen dürfen nicht veröffentlicht werden. Besonderer Schutz gilt für nach dem Informationsordnungsgesetz klassifizierte Unterlagen.

Jede Person, die Zugang zu solchen Informationen erhalten hat, ist zur Verschwiegenheit über diese Informationen verpflichtet. Nur befugte Personen dürfen Zugang zu klassifizierten Informationen haben und BesitzerInnen einer solchen Information sein, daher dürfen solche Informationen keinesfalls, weder schriftlich noch mündlich, an unbefugte Personen weitergegeben werden. Diese Verschwiegenheitsverpflichtung besteht auch nach der Beendigung dieser Befragung und der Tätigkeit des Untersuchungsausschusses.

Wenn Ihnen klassifizierte Unterlagen vorgelegt werden, erkennen Sie diese am entsprechenden Ausdruck. Bitte nehmen Sie keine der geschützten Unterlagen versehentlich mit. Auch Kopien, Notizen, Auszüge und Übersetzungen von klassifizierten Originaldokumenten dürfen weder von der Auskunftsperson angefertigt werden noch von Dritten.

Herr Dr. Dossi, haben Sie Fragen zur Rechtsbelehrung? (Die Auskunftsperson verneint dies.) – Dann kann ich Sie schon auf Ihr Recht hinweisen, so wie alle Auskunftspersonen, vor Beginn der Befragung eine einleitende Stellungnahme abgeben zu können, die bis zu 20 Minuten dauern kann. Wollen Sie von diesem Recht Gebrauch machen?

Dr. Harald Dossi: Das werde ich nicht tun.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Dann können wir auch schon mit der Erstbefragung beginnen.

Sie waren von 2007 bis zum 29.2.2012 Leiter der Sektion IV – Koordination – im BKA. Trifft das so zu? (Auskunftsperson Dossi: Genau! Ja!)

Seit wann haben Sie das BKA auf der Beamtenseite in Angelegenheiten der Hypo vertreten?

Dr. Harald Dossi: Das war, so wie sich auch diese beiden Phasen generell dargestellt haben, das erste Mal im Dezember 2008, als es um die Zurverfügungstellung von Partizipat... (Rufe: Bitte ein bisschen lauter! Geht’s ein bisschen lauter?) – Ja, natürlich.

Das war das erste Mal im Dezember 2008, als es um die Zurverfügungstellung von Partizipationskapital an die Hypo Alpe-Adria-Bank gegangen ist, und dann ein zweites Mal Ende Dezember 2009, in diesem Prozess, der letztlich zur Verstaatlichung der Bank geführt hat.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Ich möchte mich jetzt auf die zweite Phase, die Sie so bezeichnet haben, beziehen, also auf die Verstaatlichungsphase.

Wann haben Sie in dieser Phase das BKA vertreten?

Dr. Harald Dossi: Ich hatte den ersten Termin auf Einladung des Finanzministeriums in dieser Frage am 4. Dezember 2009.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Am 4. Dezember. Ist das BKA vom Finanzministerium vorher kontaktiert worden?

Dr. Harald Dossi: Nicht ich persönlich und meine Sektion.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Wissen Sie, wer sonst aus dem BKA heraus kontaktiert wurde in Richtung, dass sich die Bayern möglicherweise oder wahrscheinlich von der Hypo trennen wollen?

Dr. Harald Dossi: Ich weiß von keiner anderen Person im Bundeskanzleramt.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Wie knapp ist die Einladung zum 4. Dezember gekommen?

Dr. Harald Dossi: Das kann ich jetzt aus der Distanz von sechs Jahren nicht mehr genau beantworten. Ich glaube aber, dass das eine relativ kurzfristige Einladung war, also höchstens ein bis zwei Tage vor dem 4. Dezember.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Haben Sie noch ein Ankündigungsschreiben, ein Einladungsschreiben in Erinnerung oder vielleicht mit, wie diese Einladung gelautet hat?

Dr. Harald Dossi: Nein, das habe ich nicht, da ich ja seit März 2012 nicht mehr Angehöriger des Bundeskanzleramtes bin und auch anlässlich meines Wechsels in die Parlamentsdirektion keinerlei Unterlagen und Akten aus dem Bundeskanzleramt mitgenommen habe.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Erinnern Sie sich daran, um was es ging, was der Gegenstand der Einladung war?

Dr. Harald Dossi: Ja. Der Gegenstand der Sitzung war ein Update, eine Information seitens des Finanzministeriums zum aktuellen Stand in Bezug auf die Hypo Alpe-Adria. Die Information war, dass es Informationen in die Richtung gibt, dass es der Bank nicht sehr gut geht, dass es zum Jahresende Probleme bei der Bilanzerstellung geben könnte und dass es deshalb erforderlich sein wird, gemeinsam mit den Eigentümern, vor allem mit der Haupteigentümerin, mit der Bayerischen Landesbank, dazu Gespräche zu führen.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Wie haben Sie sich auf diese Sitzung vorbereitet?

Dr. Harald Dossi: Ich habe mir insbesondere die Unterlagen noch einmal angesehen, die etwa ein Jahr davor relevant waren, als es um die Zurverfügungstellung von Partizipationskapital für die Hypo gegangen ist, ansonsten sind mir zum damaligen Zeitpunkt vor der Sitzung keine anderen oder ergänzenden Unterlagen vorgelegen.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Sie hatten also im Wesentlichen den Stand Dezember 2008.

Dr. Harald Dossi: Ja.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Sind dazwischen schriftliche Informationen gekommen, denn ich habe in Erinnerung, dass Sie von einem Updating gesprochen haben?

Dr. Harald Dossi: Also an schriftliche Informationen kann ich mich nicht erinnern. Ich bin mir allerdings sicher, dass da, da es ja das gesamte Jahr 2009 hindurch immer wieder diverse andere Termine im Finanzministerium gegeben hat, in Bezug auf andere Banken, immer wieder einmal auch über die Hypo gesprochen wurde. Allerdings gab es, meiner Erinnerung nach, bis zu diesem 4. Dezember keine Information die Hypo betreffend, die in irgendeiner Weise besorgniserregend oder alarmierend gewesen wäre.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Wenn wir jetzt auf diese Sitzung vom 4. Dezember schauen: Wer hat über den Stand der Dinge informiert?

Dr. Harald Dossi: Das waren insbesondere die Kollegen aus dem Finanzministerium. Das war auf der einen Seite Mag. Lejsek, den Sie ja kennen und auch schon gehört haben, und Herr Mag. Höllerer, aus dem Kabinett des Vizekanzlers, der heute am Vormittag hier war. Die haben dazu eine Erstinformation gegeben.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Welches Bild haben Sie über den Zustand der Hypo und über die Absichten der Bayern aus diesen Informationen in dieser Sitzung gewinnen können?

Dr. Harald Dossi: So, wie ich schon gesagt habe. Das Bild, das gezeichnet wurde, war eines, das in die Richtung gegangen ist, dass ganz offensichtlich der Kapitaleinschuss der Bayerischen Landesbank von einem Jahr davor und das Partizipationskapital im Zusammenhang[1] mit den Restrukturierungsmaßnahmen in der Bank offensichtlich nicht ausreichen werden, um gut über das Jahr 2009 zu kommen.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Und über das Vorhaben der Bayern – was die Bayern zu tun gedenken, was die planen in Bezug auf die Hypo –, was ist darüber gesprochen worden?

Dr. Harald Dossi: Nein, dazu hat es am 4., meiner Erinnerung nach, noch keine Information gegeben, sondern es ist bei der Sitzung primär darum gegangen, eine österreichische Einschätzung und Position in Bezug auf die Bank vorzunehmen.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Hatten Sie bis zum 4. schon eine Vorstellung, Informationen oder gar ein Wissen davon, dass die Bayern die Hypo loswerden wollten? (Auskunftsperson Dossi: Nein!) – Wann haben Sie erste Anzeichen in diese Richtung erhalten?

Dr. Harald Dossi: Die ersten Informationen, die ich dazu bekommen habe, hat es in der Woche darauf gegeben. Das war ein Termin mit der Bayerischen Landesbank am Dienstag, dem 8. Dezember, wo Vertreter der Bayerischen Landesbank das erste – also für mich wahrnehmbar – das erste Mal die Information gegeben haben, dass die Bayerische Landesbank nicht mehr bereit ist, neues Kapital in die Hypo zu stecken, sondern die Erwartungshaltung hat, dass hier ganz massiv der Bund einspringt.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Sie haben darüber den Bundeskanzler informiert.

Dr. Harald Dossi: Ich muss vorausschicken: All diese Gespräche haben gut eine Woche in Anspruch genommen. Das war vom 4. bis ungefähr 12., 13. Dezember. Ich habe im Zuge dieser Woche einige Male mit dem Bundeskanzler telefoniert – sei es, dass er angerufen hat oder ich angerufen habe – und habe versucht, ihn über den Verlauf der Gespräche in Kenntnis zu setzen, wobei das Ganze auch insofern eine – wie soll man sagen? – geteilte Aufgabenstellung war, weil ich bei den meisten dieser Termine von einem Kollegen aus dem Kabinett des Herrn Bundeskanzlers begleitet wurde, der gewissermaßen ja den direkteren Zugang hatte.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Der Herr? Der Name des Kollegen?

Dr. Harald Dossi: Das war Herr Dr. Gruber.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Herr Dr. Gruber. Haben Sie noch in Erinnerung, wann Sie erstmals den Bundeskanzler informiert haben, dass die Bayern es offensichtlich ernst meinen?

Dr. Harald Dossi: Das kann ich nicht mehr mit Genauigkeit sagen, aber ich gehe davon aus, dass – wenn in den Gesprächen, so wie ich sie in Erinnerung habe, am 8. Dezember diese Information das erste Mal gewissermaßen deutlich und ausdrücklich wahrnehmbar gekommen ist – der Bundeskanzler noch am selben Tag oder spätestens am nächsten Tag davon Kenntnis erhalten haben wird.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: War der Bundeskanzler zu diesem Zeitpunkt schon vorinformiert über die Problematik?

Dr. Harald Dossi: Das kann ich nicht sagen.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Sind Ihnen Wünsche, Positionswünsche oder strategische Wünsche des Bundeskanzlers für Ihre Tätigkeit in diesen Sitzungen mitgegeben worden?

Dr. Harald Dossi: Also es war mir bekannt, und das war eine durchgängige Meinung und Linie des Bundeskanzlers, die sich im Übrigen meiner Wahrnehmung nach auch mit der des Herrn Vizekanzlers gedeckt hat, dass eine Übernahme von Anteilen der Bank oder gar eine komplette Eigentümerschaft nicht eine Option ist, die am Tisch liegt.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Wenn wir auf diesem Feld bis zum Ende gehen: Wann hat sich die Einschätzung gewendet?

Dr. Harald Dossi: Das kann ich nicht sagen, da ich selbst das letzte Mal bei derartigen Gesprächen im Finanzministerium am Samstag, dem 12. Dezember, am Nachmittag, dabei war und die folgenden Stunden und Tage nicht mehr bei diesen Verhandlungen dabei war.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Zählen Sie uns bitte die wesentlichen Berater auf, die hier der österreichischen Seite zur Verfügung standen!

Dr. Harald Dossi: Also wir hatten beginnend mit dem 4. Dezember insbesondere Kolleginnen, Kollegen, Expertinnen, Experten der Oesterreichischen Nationalbank und der FMA  zumindest bei internen Gesprächen  immer dabei, und als juristische Begleitung hatten wir sowohl bei internen Terminen als auch bei Verhandlungsterminen mit der Bank, mit anderen Eigentümern, mit sonstigen Beteiligten immer auch die Finanzprokuratur dabei. Das waren aus meiner Sicht die hauptsächlichen Expertenbegleitungen.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Sind externe Berater, zum Beispiel zum Thema Insolvenzrecht, beigezogen worden?

Dr. Harald Dossi: Meines Wissens nicht.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Wie ist denn die Stellung der Nationalbank gesehen worden? Als Berater oder nur als Sachverständiger? Für die Datenlieferung oder auch für die Erstellung von Szenarien?

Dr. Harald Dossi: Also die Oesterreichische Nationalbank war aus meiner Sicht, und so wurde das auch besprochen, insofern eine ganz zentrale Stelle, als wir uns zur Klärung der ganz wesentlichen Vorfragen  nämlich ob die Hypo Alpe-Adria-Bank eine systemrelevante Bank ist, bei der es überhaupt zulässig und gerechtfertigt ist, derartige Hilfsmaßnahmen zu treffen sehr, sehr konzentriert haben, hier die Expertise der OeNB, und zum Teil auch gemeinsam mit der FMA, einzuholen.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Zur Frage der Entwicklung von Szenarien: Hat man Szenarien hergestellt, wie man den Bayern bestmöglich entgegentritt oder was man im Worst Case tut, wenn es dazu kommt, dass die Bayern das durchziehen? Hat man dafür Szenarien gehabt, als Sie am 4. Dezember eingestiegen sind? Beziehungsweise wenn sie damals noch nicht vorhanden waren, wann hat man solche Szenarien entwickelt? Sind überhaupt welche entwickelt worden?

Dr. Harald Dossi: Das hat sich meiner Erinnerung nach im Verlauf dieser Woche schrittweise entwickelt. Insbesondere am 4. Dezember war zumindest für mich – und ich glaube auch für einen Gutteil der anderen Sitzungsteilnehmer – nicht abschätzbar, welch eindeutige Haltung die Bayerische Landesbank in der Frage an den Tag legen wird.

Da ist es sicherlich vor allem noch um die Frage gegangen, welche Maßnahmen der Bund allenfalls im Rahmen des Finanzmarktstärkungsgesetzes im Sinne von zusätzlichem Partizipationskapital oder Garantien leisten kann. Da ist eher auch in die Richtung überlegt worden, welche Eigenleistungen alle damaligen Eigentümer der Hypo Alpe-Adria-Bank leisten können. Es ist auch um die Fragestellung gegangen, was der Hypo-Sektor insgesamt noch leisten könnte.

Ich würde sagen, einen Gutteil der kommenden Woche waren die Bemühungen in den Gesprächen genau in diese Richtung konzentriert, nämlich Überzeugungsarbeit zu leisten, die Bayerische Landesbank an Bord zu halten, an ihre Verantwortung als Eigentümerin zu appellieren, aber auch in Gesprächen mit den anderen Eigentümern zusätzliche Leistungen anzusprechen und auch Gespräche mit dem Hypo-Sektor zu führen.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Gab es Kontakte des Bundeskanzlers oder des BKAs zur deutschen Politik?

Dr. Harald Dossi: Das kann ich nicht sagen, weiß ich nicht.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Gab es solche Kontakte zur Europäischen Zentralbank, insbesondere zu Trichet?

Dr. Harald Dossi: Weiß ich auch nicht.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Ich bedanke mich für Ihre Antworten im Rahmen der Erstbefragung.

*****

Vorsitzende Doris Bures: Danke vielmals für die Erstbefragung. Damit kommen wir in der Redereihenfolge zur ersten Runde, und zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Jank. – Bitte.

Abgeordnete Brigitte Jank (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Dr. Dossi! Willkommen, hier für Sie einmal von einer anderen Position im Haus aus!

Mir ist Ihre Aufgabenstellung noch nicht ganz klar. Ich möchte Sie aber vorher noch fragen: Herr Bundeskanzler Faymann ist am 2. Dezember 2008 angelobt worden. War es auch Teil Ihrer Tätigkeit und Ihrer Aufgabe, ihn entsprechend über die ganze Causa Hypo zu informieren? Ist das geschehen? Wer hat das gemacht, wenn es nicht Sie waren?

Ich weiß nämlich noch nicht so genau, was denn eigentlich Ihre Aufgabe war, welche Verantwortung Sie als Sektionschef hatten – natürlich im Zusammenhang mit der Hypo.

Dr. Harald Dossi: Ja gerne. Ich glaube, da muss ich insofern ausholen, als das heute schon genannte Finanzmarktstabilitätsgesetz, das ja meiner Erinnerung nach im Frühwinter oder Spätherbst 2008 in Kraft getreten ist, zum ersten Mal eine neue formale Zuständigkeit für das Bundeskanzleramt im Bankenbereich gebracht hat. Das hat zwar überhaupt nichts an der operativen Hauptzuständigkeit des Finanzministeriums für all diese Maßnahmen geändert, hat aber immerhin vorgesehen, dass gewisse Maßnahmen im Rahmen des FinStaG der Finanzminister nur im Einvernehmen mit dem Bundeskanzler treffen kann.

Das, denke ich, ist jetzt auch die Antwort auf Ihre Frage. (Abg. Jank: Ja!) Weil das so war und weil der Bundeskanzler in gewissen Konstellationen eben das Einvernehmen herstellen oder nicht herstellen musste, war es meine Aufgabe – und das ist auch so besprochen gewesen –, an vorbereitenden Gesprächen zu solchen Maßnahmen teilzunehmen, um den Bundeskanzler am Laufenden zu halten, um ihm, soweit ich das tun konnte, eine Entscheidungsgrundlage für die Herstellung des Einvernehmens zu geben.

Abgeordnete Brigitte Jank (ÖVP): Sie haben vorhin in einem anderen Zusammenhang gesagt, dass Sie auch mit dem Bundeskanzler telefoniert haben. In den Unterlagen finden sich dazu so gut wie keine Aktennotizen. Haben Sie diese Gespräche auch festgehalten? Ist das dokumentiert oder ist das ganz einfach im Gespräch ohne weitere Verschriftlichung geschehen?

Dr. Harald Dossi: Ja, ich kann das jetzt nicht ... Sie haben den besseren Überblick über den Aktenbestand. Ich habe wie gesagt seit vielen Jahren keinen Zugang mehr zu diesen Akten.  

Ich kann mir aber gut vorstellen, dass es in dieser Woche – und ich möchte noch einmal betonen, dass das[2] eine gute Woche war, in der sich das abgespielt hat – möglicherweise wirklich nur Telefonate waren. Es waren stundenlange Sitzungen an diesen Tagen, die zum Teil bis weit in die Nacht hinein gegangen sind. Ich denke, wir haben da einfach nicht die Zeit gehabt, gewissermaßen parallel noch saubere Akten zu führen, so wie man das ansonsten auch machen würde.

Abgeordnete Brigitte Jank (ÖVP): Es hat dann auch Informationen von Herrn Gouverneur Nowotny an die Bundesregierung gegeben. Wissen Sie etwas darüber? Waren Sie da anwesend?

Dr. Harald Dossi: Bezüglich Gespräche oder Informationen des Gouverneurs Nowotny unmittelbar an die Bundesregierung oder Mitglieder der Bundesregierung kann ich nichts beitragen. Ich kann nur sagen, dass Gouverneur Nowotny bei ein oder zwei internen Runden in dieser besagten Woche anwesend war und auch die Einschätzung der Nationalbank in dieser Sache kundgetan hat.

Abgeordnete Brigitte Jank (ÖVP): Am 15.12. war dann auch ein Treffen zwischen dem bayerischen Ministerpräsidenten Seehofer und dem Herrn Bundeskanzler. Wissen Sie etwas über dieses Treffen? Wissen Sie, wer anwesend war? Ich nehme an, Sie waren nicht anwesend.

Dr. Harald Dossi: Über dieses Treffen kann ich nichts sagen, weil ich – wie ich schon in der Erstbefragung geantwortet habe – ab dem 12. Dezember nachmittags bei diesen Terminen und Verhandlungen nicht mehr dabei war.

Abgeordnete Brigitte Jank (ÖVP): Ich möchte jetzt zum Thema Verstaatlichung an sich kommen. Die Informationen zum Partizipationskapital: Was war Ihr Wissensstand? Mit wem haben Sie sich ausgetauscht und abgestimmt? Wohin oder an wen haben Sie informiert?

Dr. Harald Dossi: Sie beziehen sich jetzt auf die Zeit ein Jahr davor? (Abg. Jank: Ja!) Dazu muss ich sagen, dass der Fall Partizipationskapital für die Hypo Alpe-Adria-Bank meiner Erinnerung der allererste Fall relativ bald nach Inkrafttreten des FinStaG war. Es waren, glaube ich, nur wenige Tage zwischen dem Inkrafttreten des Gesetzes und diesem ersten Fall.

Wir haben damals in engem Kontakt mit dem Finanzministerium insbesondere zuerst einmal in allgemeiner Hinsicht besprochen, wie wir, sollten solche Anträge von Banken kommen, vorgehen würden und haben da insbesondere auch die Linie festgelegt, dass man bei den entscheidenden Fragen hinsichtlich der Systemrelevanz einer Bank, die einen Antrag stellt, eine ganz wesentliche Rolle der Oesterreichischen Nationalbank und zum Teil auch der FMA sieht.

Als dann im Dezember 2008 ein solcher Antrag der Hypo Alpe-Adria-Bank gekommen ist, ist das meiner Erinnerung nach genauso gelaufen, dass es seitens des Finanzministeriums ein Ersuchen an die OeNB gegeben hat, auf der Basis von Unterlagen, von Informationen, die die Bank vorgelegt hat, Vorstandskonzepten, die die Bank vorgelegt hat, uns eine Information hinsichtlich der Systemrelevanz und der Rechtfertigung für solche Mittel zu geben. Das Ganze musste damals auch in einer sehr, sehr kurzen Zeit erfolgen. Das waren, glaube ich, wenige Tage, so Mitte Dezember. Dann muss ich auch sagen, dass es am 19. Dezember 2008 eine Sitzung im Finanzministerium gab – ich habe das auch in diversen Berichten gelesen –, in der dann offenbar auf der Basis des OeNB-Gutachtens diese Fragen vertieft wurden.

Ich muss gestehen, dass ich jetzt in der Distanz von sieben Jahren nur mehr eine sehr ungenaue Erinnerung an diesen Tag habe. Ich habe auch meinen Kalender dazu konsultiert. Ich habe an diesem Tag einen ganz kurzen Termin in der Früh des 19. Dezember im Finanzministerium notiert, unter dem Titel: Vorbesprechung Hypo-Partizipationskapital. Das heißt, ich bin mir nicht ganz sicher, ob ich beim gesamten Termin, insbesondere bei dem Termin, bei dem dann die Vertreter der Bank dabei waren, wo über die Bedingungen des Partizipationskapitals verhandelt wurde, auch persönlich dabei war. Es tut mir leid, ich kann Ihnen das jetzt nicht präziser beantworten.

Abgeordnete Brigitte Jank (ÖVP): Wenn Sie dabei waren, war Ihre Position dann, zu berichten oder Expertise einzubringen? Oder was war Ihre Aufgabe?

Dr. Harald Dossi: Nein, also meine Aufgabe – das habe ich ja schon gesagt – war sicherlich nicht, eine bankenspezifische Expertise hier einzubringen. Es war ganz klar, dass diese Expertise und diese Hauptverantwortung weiterhin beim Finanzministerium gelegen ist. Meine Aufgabe war es, insbesondere den Verlauf dieser Gespräche zu verfolgen, um eben, weil ja die Zurverfügungstellung von Partizipationskapital so eine Einvernehmensmaterie war, dem Bundeskanzler dann auch eine Entscheidungsgrundlage liefern zu können.

Abgeordnete Brigitte Jank (ÖVP): Sie haben gesagt: Es war die Verantwortung des BMF. Woher ist die Expertise Ihrer Wahrnehmung nach – soweit Sie nicht ohnehin selbst anwesend oder unmittelbar involviert waren – gekommen?

Dr. Harald Dossi: Die Grundlage für die Entscheidung, Partizipationskapital überhaupt zu gewähren, ist insbesondere auf der Basis der Stellungnahme der Oesterreichischen Nationalbank gefallen, die ganz eindeutig und auch plausibel nachvollziehbar dargelegt hat, dass es sich um eine systemrelevante Bank handelt und auch alle anderen Bedingungen und Voraussetzungen des Finanzmarktstärkungsgesetzes erfüllt sind.

Abgeordnete Brigitte Jank (ÖVP): Im Rahmen der Befragungen wird oft über die Systemrelevanz gesprochen. Wie hätten Sie denn aus der damaligen Sicht – und vielleicht ist es auch noch die heutige Sicht – Systemrelevanz beschrieben?

Dr. Harald Dossi: Das ist in all diesen Fällen in etwa anhand der folgenden Parameter abgehandelt worden: relative Größe der Bank am österreichischen Markt, relative Größe beziehungsweise Bedeutung der Bank auf Auslandsmärkten, in Bezug auf die Hypo Alpe-Adria sicherlich vor allem in der Balkanregion, und, was man heute vielleicht nicht mehr so nachvollziehen kann, natürlich auch die Frage, gewissermaßen am Höhepunkt der Finanz- und Wirtschaftskrise, welche Dominoeffekte ein Scheitern von doch mittelgroßen Banken insgesamt, aber vor allem für die österreichische Volkswirtschaft, für den sonstigen Hypo-Sektor, haben könnte. Das waren, glaube ich, die wesentlichen Parameter, anhand derer das abgehandelt wurde.

Abgeordnete Brigitte Jank (ÖVP): Sie haben jetzt das Balkangeschäft erwähnt. Was war denn Ihr Wissensstand bezüglich der Einschätzung der Aktivitäten der Hypo am Balkan? Hatten Sie dazu eine Wahrnehmung? Man entwickelt ja quasi in der Gesamtentscheidung auch eine Meinung. Sie werden ja eine Meinung entwickeln haben müssen, wenn Sie in das BKA informiert oder sich dort ausgetauscht haben. Was war denn Ihre Meinung zu den Aktivitäten der Hypo?

Dr. Harald Dossi: Der Informationsstand im Dezember 2008 war so, dass die Hypo Alpe-Adria-Bank einen ganz wesentlichen Teil ihrer Aktivitäten in diversen Staaten am Balkan hat und dass da die Dinge nicht so rund laufen, wie man sich das wünschen würde. Es hat erste Informationen von doch relativ großen ungesicherten Krediten gegeben, allerdings damals auf der Basis von, würde ich sagen, höchstens punktuellen Nachforschungen von Wirtschaftsprüfern der Bank selbst.

Zur gleichen Zeit gab es allerdings auch vom Vorstand der Bank vorgelegte und von der Oesterreichischen Nationalbank plausibilisierte Prognosekonzepte, die zumindest aus damaliger Sicht sehr plausibel und glaubwürdig gezeigt haben, dass das Probleme sind, die man mit der damals ja gerade auch erfolgten zusätzlichen Kapitalzufuhr durch die Bayerische Landesbank und dem Partizipationskapital gut in den Griff bekommen könnte.

Abgeordnete Brigitte Jank (ÖVP): War das so, dass Sie auch unmittelbare Informationen hatten? Hat es da Gespräche mit dem Herrn Gouverneur oder mit anderen Mitarbeitern der OeNB gegeben? Haben Sie aktiv Informationen eingeholt? Was ist Ihnen zur Verfügung gestanden?

Dr. Harald Dossi: Mir sind, denke ich, die Informationen zur Verfügung gestanden, die im Zuge der Vorbereitung dieser Entscheidung insbesondere aus der Bank selbst kamen, und dann diese Stellungnahme der Oesterreichischen Nationalbank, die auf der Grundlage erstellt wurde.

Abgeordnete Brigitte Jank (ÖVP): Also das Gutachten der OeNB? Oder was jetzt genau?

Dr. Harald Dossi: Ja. Es war ja so, dass das Finanzministerium die OeNB in Vorbereitung dieses Termins, der da offenbar am 19. Dezember 2008 stattgefunden hat, um ein solches Gutachten ersucht hat. Dieses ist zur Verfügung gestanden.

Abgeordnete Brigitte Jank (ÖVP): Wie ist dieses Gutachten diskutiert worden oder mit wem haben Sie über dieses Gutachten gesprochen? Wo und wie war das Thema?

Dr. Harald Dossi: Also wie gesagt: Ich habe keine sehr spezifische Erinnerung mehr an diesen einen Tag, weil ich mir eben nicht mehr sicher bin, ob ich persönlich wirklich bei diesem gesamten Termin anwesend war.

Aber so im ... Was auch rundum gesprochen wurde und wie ich mich erinnern kann, war das eigentlich eine nicht sehr dramatische Gesprächssituation, sondern die von der Bank vorgelegten Konzepte im Zusammenhalt mit dem Gutachten der OeNB haben aus damaliger Sicht eine gute und plausible Grundlage für die Entscheidung geboten, der Bank Partizipationskapital zu geben.

Abgeordnete Brigitte Jank (ÖVP): Okay. Frau Präsidentin! Wie schaut denn die Zeit aus?

Vorsitzende Doris Bures: In der ersten Runde noch 40 Sekunden.

Abgeordnete Brigitte Jank (ÖVP): Dann mache ich nachher in der zweiten Runde weiter.

Vorsitzende Doris Bures: Danke vielmals. Als Nächster: Herr Abgeordneter Mag. Kogler. – Bitte.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Frau Vorsitzende! Herr Dr. Dossi, jetzt einmal in einer anderer Rolle! Sie haben eingangs zu Recht betont, dass dieses Haus – Finanzmarktstabilitätsgesetz im Übrigen – beschlossen hat, dass das Einvernehmen mit dem Bundeskanzleramt herzustellen ist. Die Führung hat offenkundig das Finanzministerium, das wird ja niemand abstreiten. Aber immerhin ist das Einvernehmen herzustellen.

Ich will[3]gar nicht lange herumzögern und Sie fragen, wie Sie überhaupt Informationen seitens des Finanzministeriums bekommen haben, damit Sie dem gesetzlichen Auftrag, einvernehmlich zu wirken, überhaupt nachkommen konnten – wenn wir beim PartKapital und dem konkreten Fall der Hypo bleiben. Bevor Sie am 19.12. zu dieser Vorbesprechung gegangen sind – das ist ja offensichtlich einmal mindestens der Konsens, dass Sie dort waren –, haben Sie oder das Bundeskanzleramt da irgendetwas mitbekommen?

Dr. Harald Dossi: Also ich habe sicherlich sowohl über die seitens der Bank vorgelegten und von mir schon erwähnten Konzepte verfügt, wie sich die Bank die Fortführung ihrer Geschäfte, die Entwicklung ihrer Geschäfte vorstellt, und es ist mir auch die schon erwähnte Stellungnahme der Oesterreichischen Nationalbank zur Verfügung gestanden.

Was ich Ihnen jetzt nicht mehr präzise beantworten kann, ist, zu welchem Zeitpunkt genau ich über diese Unterlagen verfügt habe.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Das ist, glaube ich, in dem Fall nicht so wesentlich, da hätten wir ja durch die Aktenkenntnis sogar einen Vorteil. Aber Sie gehen jetzt zu dieser Vorbesprechung – vorher haben Sie ein bisschen etwas mitbekommen –, und dort ging es jetzt Ihrer Meinung nach worum genau? Es liegt dieses sogenannte „non-distressed“-Gutachten ja vor, da brauchen wir auch nicht lange herumreden. Was war Ihr Kenntnisstand, was eigentlich die Aufgabenstellung für die Nationalbank war?

Dr. Harald Dossi: Mein Kenntnisstand dazu war – ich glaube, ich habe das davor auch schon erwähnt –, dass die Rolle, die die Nationalbank in diesem Fall eingenommen hat, dem entsprochen hat, was zwischen dem Finanzministerium, der Nationalbank, dem Bundeskanzleramt und der FMA im Kern im Vorfeld schon in allgemeiner Weise besprochen wurde: dass nämlich, sollten österreichische Banken Anträge nach dem FinStaG stellen, die, gewissermaßen, Entscheidungsgrundlage zur Frage Systemrelevanz, sonstige Bedingungen nach dem FinStaG insbesondere auf der Grundlage von Gutachten der OeNB zu erfolgen hat.

Meiner Erinnerung nach auch in diesem Fall: Sofort, nachdem der Antrag der Hypo gekommen ist, hat das Finanzministerium die OeNB um ein solches Gutachten gebeten.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Lassen wir die Systemrelevanz weg, das wird auch nach dem Griss-Bericht immer strittig bleiben, das ist auch nicht mein Punkt. Aber es hat zu diesem Zeitpunkt schon zwei Mitteilungen der Kommission gegeben, weil ja unser gesamtes Bankenpaket notifiziert wurde oder so etwas Ähnliches wenigstens. Da geht ja auch hervor, dass – aus Wettbewerbsgründen im Übrigen – eine Unterscheidung in sound oder distressed vorzunehmen ist. Das ist ja immerhin eine Aufgabenstellung, der sich auch das Bundeskanzleramt widmen kann. Jetzt kommt da non-distressed daher. Wir haben Sie reagiert?

Und es war ja auch die Frau Kollegin Itzlinger dabei, glaube ich, wir haben ja da die Unterlagen von dieser Besprechung. Es geht mir also um die Rolle des Bundeskanzleramtes und des Kanzlers. Jetzt kommt non-distressed: Haben Sie einen Kenntnisstand darüber gehabt, dass das eigentlich aus Sicht der Kommission ungenügend war?

Dr. Harald Dossi: Also einerseits denke ich – in Kenntnis dieser diversen Mitteilungen der Kommission –, dass die Terminologie in dieser Hinsicht auch in der Kommission nicht ganz einheitlich war. Aber das dahingestellt lassend war die Situation im Dezember 2008 meiner Erinnerung nach eindeutig so, dass die Fortführungskonzepte der Bank im Zusammenhalt mit der Stellungnahme der Oesterreichischen Nationalbank auf keinen Fall gerechtfertigt hätten, die Hypo damals als distressed zu beurteilen, sodass in meiner Erinnerung ...

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Entschuldigung, woher haben Sie denn das, dass auf keinen Fall distressed sein darf?

Dr. Harald Dossi: Na ich sage Ihnen, wie sich die Situation und wie sich die Gespräche damals zugetragen haben. (Abg. Kogler: Genau!) Ich wollte also jetzt eigentlich noch einen Satz dranhängen und sagen, dass in meiner Erinnerung die Frage der Einstufung der Bank jetzt nicht ein riesengroßes, kontroversielles Thema in diesen Gesprächen war, sondern dass sich die Gespräche in weiterer Folge sicherlich konzentriert haben auf die Frage der Höhe des Partizipationskapitals und vor allem auch der Bedingungen, unter denen das Partizipationskapital gewährt wird.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Ja, aber mit dem Wissen stellt sich im Nachhinein natürlich heraus, dass das das Problem dargestellt hat und nicht die Lösung, dieses Vorbeischwindeln an sound und distressed. Jetzt lasse ich Ihnen einmal dieses Protokoll bringen, offensichtlich vom BMF angefertigt, darf ich hinzufügen, 13687. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Daraus geht hervor, dass Sie zumindest, zumindest bei der Vorbesprechung anwesend waren, das andere lassen wir noch offen. Wenn Sie da auf der zweiten Seite schauen, nach der Teilnehmerliste, wo Sie sich wiederfinden, gleich der zweite Absatz eigentlich, da heißt es: Die „OeNB berichtet (…)“, dass sie „nicht als ‚distressed‘ anzusehen ist.“

So, und jetzt kommt es: „In der Kurzprüfung wurde bei der Einstufung der HGAA als gesunde Bank …“ und so weiter und so fort. Meine Frage dazu, weil das ist ja sozusagen eine Stütze: Wie wurde dieses „distressed“-Gutachten in dieser Vorbesprechung, bei der Sie einmal dabei waren, aufgenommen? Wir wissen, dass viel später der Minister angerufen und gesagt hat, na, das ist eh zu „sound“-Konditionen. Aber schon in dieser Vorbesprechung wird klar, dass dieses „non-distressed“ in „sound“ übersetzt wird. Das brauchen wir auch nicht ergründen, das steht genau so da.

Und jetzt frage ich Sie: Können Sie sich an diesen Vorgang erinnern, dass die Gesprächsteilnehmer aus diesem „distressed“ oder, Entschuldigung, „non-distressed“ ein „sound“ gemacht haben?

Dr. Harald Dossi: Es ist so, wie ich das schon gesagt habe.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Ja, dazu haben Sie noch nichts gesagt.

Dr. Harald Dossi: Ich habe keine Erinnerung daran, dass dieses Thema vertieft und kontroversiell im Rahmen dieser Besprechung abgehandelt wurde. (Abg. Kogler: Ja!) Ich kann Ihnen aus meiner Erinnerung dazu nichts Spezifischeres sagen, es tut mir leid.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Aber was ist jetzt die Rolle des Bundeskanzleramts in dem Ganzen? Jetzt kommt da non-distressed daher: Ist Ihnen im Übrigen bekannt gewesen, dass zu dem Zeitpunkt in der Nationalbank die befassten Mitarbeiter sich schriftlich auch noch festgelegt haben und zum Start dieses ganzen Prozesses – drei oder vier Tage zuvor – ausdrücklich niedergeschrieben haben, dass die Hypo keinesfalls financially oder auch fundamentally sound ist?

Dr. Harald Dossi: Das war mir natürlich nicht bekannt.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Ja, aber jetzt kommt non-distressed daher und plötzlich ist sie sound. Das hat niemanden am Tisch irritiert? Sie sagen, das war für alle klar. Ich meine, das hilft ja dem Ausschuss auch. Ich interpretiere Sie so: Es war eben kein Thema. Die kommen her und sagen non-distressed, und alle sagen super, dann tun wir sound weiter. Wie müssen wir uns das vorstellen?

Und wozu ist das Kanzleramt gut in der ganzen Angelegenheit? Ist das eine Umtauf-Aktion von non-distressed und sound? Ist das eine besondere Weihe? Irgendetwas muss dort ja passieren! Sie haben den Auftrag vom Gesetzgeber, da hinzuschauen, sonst hätte man ja nicht „im Einvernehmen“ hineingeschrieben, und dann wird aus non-distressed sound. Die ganze Republiksspitze ist beteiligt, am Schluss sitzen wir bei 15 Milliarden, und jetzt hören wir uns immer die gleichen Geschichten an.

Und ich frage Sie: Was hat das Kanzleramt hier für eine Rolle gespielt, dass die Hypo auf einmal sound ist?

Vorsitzende Doris Bures: Sie sind in der zweiten Runde.

Dr. Harald Dossi: Ich kann dazu nicht mehr sagen, als dass wir jetzt keine besondere Rolle gespielt haben, und ich kann Ihnen aus meiner Erinnerung nichts Genaueres sagen (Abg. Kogler: Okay!), außer dass, meiner Erinnerung nach, dieses Thema nicht sehr oder überhaupt nicht kontroversiell besprochen wurde.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Sind Ihnen im Vorfeld andere Informationen zugegangen, etwa dass die Staatskommissärinnen, die bei den Aufsichtsratssitzungen der HBInt teilnehmen, ausdrücklich davor gewarnt haben, die Zahlen der Bank zu glauben, die dann die Nationalbank plausibilisiert hat, hinsichtlich der Ertragsrechnungen? Wenn Sie sich damit auseinandergesetzt haben, mussten Sie ja sehen, da werden 350, 450 und 550 Millionen Gewinn prognostiziert, für die Folgejahre 2009 bis 2011.

Ist Ihnen bekannt gewesen, dass es hier auch kritische Stimmen gab? Die Frage lautet eigentlich so, es wäre sonst unfair: Hat man Sie informiert, dass es das gibt? (Auskunftsperson Dossi: Nein!) Das dachte ich mir.

Ist es im Bundeskanzleramt einmal ein Thema gewesen, den Zahlen der Hypo nicht so ohne weiteres Glauben schenken zu sollen, nachdem ja die Nationalbank festgestellt hat – bei zu dem Zeitpunkt gut zehnjähriger Prüftätigkeit –, dass es entweder und oder immer Beanstandungen gegeben hat, und zwar gröberer Art? Und Zweitens: Die Hypo, das sagen die Prüfer sich selber, die Hypo hat nie die richtigen Zahlen vorgelegt, zumindest hat eben immer irgendetwas gefehlt. Ist da dem Kanzleramt eine Information zugegangen?

Dr. Harald Dossi: Zumindest nicht Ende Dezember 2008. Wie wir alle im Nachhinein wissen, hat sich das natürlich im Laufe der kommenden Monate geändert.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Das wissen wir. Ich glaube, das sollte es einmal gewesen sein. – Vielen Dank.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ich würde gerne zwei Dokumente vorlegen, und zwar mit der Nummer 29475 und mit der Nummer 29551. (Der Auskunftsperson werden zwei Schriftstücke vorgelegt.) Da geht es um zwei Besprechungen, also eigentlich um eine Besprechung mit unterschiedlichen Personen, die um 8 Uhr beginnt und um 10 Uhr anscheinend weitergeführt wird.

Es steht hier 10.12. aber wahrscheinlich ist 11.12. richtig, es wurde hier ausgebessert, nicht von mir. Sie waren auch anwesend, Herr Dossi. Wenn Sie sich das vielleicht kurz anschauen! (Auskunftsperson Dossi: Ja! – Die Auskunftsperson liest in den ihr vorgelegten Schriftstücken.) Sind Sie soweit? (Auskunftsperson Dossi: Ja, bitte!)

Zuerst einmal: In welcher Funktion sind Sie dort gesessen?

Dr. Harald Dossi: In der Funktion, die ich beschrieben habe: als Teilnehmer seitens des Bundeskanzleramts. Einmal war es offenbar eine interne Besprechung, und einmal, denke ich, war es eine Runde mit Vertretern des Hypo-Verbandes oder des Hypo-Sektors, um am Laufenden zu sein über die Gespräche in Bezug auf die Hypo Alpe-Adria-Bank.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Haben Sie in beide Richtungen Informationen weitergeleitet, das heißt vonseiten des Bundeskanzleramtes an die Herren bei dieser Besprechung, oder ist es nur in eine Richtung gegangen?

Dr. Harald Dossi: Wie meinen Sie das, welche Unterlagen?

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Waren Sie dort nur jemand, der die Ohren aufsperrt und irgendetwas mitschreibt, um dann zu melden, was dort besprochen wurde, oder haben Sie auch Informationen vonseiten des Bundeskanzleramtes weitergeleitet?

Dr. Harald Dossi: Es war in der Situation – außer, was ich hier auch schon gesagt habe – klarzustellen, aber das musste man nicht regelmäßig machen, dass sämtliche Bemühungen darauf zu konzentrieren sind, die Bayerische Landesbank zu motivieren, an Bord zu bleiben, die anderen Eigentümer zu motivieren, ihre Verantwortung wahrzunehmen. Darüber hinausgehend war es nicht notwendig, Informationen seitens des Bundeskanzleramtes in diese Gespräche einzubringen. Also mit anderen Worten: Die Hauptaufgabe war es sicherlich, diesen Gesprächen zu folgen, auch daran teilzunehmen, Fragen zu stellen, um eben hier Fortschritte zu machen.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Das heißt, Ihr Auftrag war eben, die Bayern dazu zu bewegen, bei der Stange zu bleiben. Das war Ihr Auftrag vom Herrn Faymann?

Dr. Harald Dossi: Ja, das war, denke ich, nicht nur mein Auftrag, sondern das war die auf der österreichischen Seite besprochene Linie, die natürlich primär von den Kollegen des Finanzministeriums wahrgenommen wurde.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Und von Ihnen? (Auskunftsperson Dossi: Ja!) Das heißt, Sie hatten diesen Auftrag und haben sich dementsprechend eingebracht. (Auskunftsperson Dossi: Ja!) Wie haben Sie sich eingebracht?

Dr. Harald Dossi: In internen Sitzungen durch Wortmeldungen, durch Fragen, und in der gleichen Weise auch in Verhandlungen, entweder mit der Bayerischen Landesbank oder auch mit Vertretern des Hypo-Sektors.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ich habe da nichts gefunden, dass Sie sich da irgendwie eingebracht hätten. Sie sind da mehr so als Zuhörer aufgefallen. War da nichts zu besprechen von Ihrer Seite? Ist das eh so gelaufen, wie Sie sich das erwartet haben beziehungsweise der Herr Bundeskanzler?

Dr. Harald Dossi: Ich würde sagen, einen Großteil dieser Woche, in der diese Dinge verhandelt wurden, haben sämtliche Teilnehmer auf der österreichischen Seite – und aufgrund der Zuständigkeitsverteilung war das auch naheliegend –, insbesondere die Kollegen aus dem Finanzministerium, wenn es um juristische Detailfragen gegangen ist, auch die Finanzprokuratur, genau entlang dieser Linie argumentiert, sodass es tatsächlich nur in ganz wenigen Fällen notwendig war, dass ich selbst mich auch hätte zusätzlich einbringen müssen, denn die Linie ist, glaube ich, auf eine sehr, sehr deutliche Art und Weise kommuniziert worden.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Haben Sie sich also selten eingebracht oder gar nicht?

Dr. Harald Dossi: Selten, würde ich sagen.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Wenn Sie sich eingebracht haben, erinnern Sie sich noch, in welcher Art und Weise?

Dr. Harald Dossi: Das waren, denke ich, vor allem in internen Sitzungen eine Bekräftigung der Präferenzen und der Linie des Bundeskanzleramtes, und in Gesprächen mit externen Teilnehmern insbesondere Konstellationen, wo mir dann Dinge auch unklar waren oder ich Fragen gestellt habe. Das waren die hauptsächlichen Fälle.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Das heißt, Sie haben dann dem Herrn Bundeskanzler wahrscheinlich regelmäßig Bericht erstattet, wie die Verhandlungen laufen. War das so?

Dr. Harald Dossi: Ich habe auch darauf schon Bezug genommen. Es hat im Zuge dieser Woche einige Informationstelefonate zwischen mir und dem Bundeskanzler gegeben. Es hat aber sicherlich auch in der Frage der Information des Bundeskanzlers eine Arbeitsteilung mit dem Kollegen Dr. Gruber aus dem Kabinett des Bundeskanzlers gegeben, der bei vielen dieser Termine auch dabei war.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Wann haben Sie den Herrn Bundeskanzler darüber informiert, dass es in die falsche Richtung läuft?

Dr. Harald Dossi: So hat sich das in der Zeit, in der ich an diesen Gesprächen teilgenommen habe, nicht dargestellt. Es war mir und der österreichischen Seite – auch das habe ich schon erwähnt –, ich glaube am 8. Dezember, im Rahmen der ersten Runde mit der Bayerischen Landesbank klar, welche Position die Bayerische Landesbank einnimmt, nämlich nicht mehr in die Hypo investieren zu wollen, sondern in die Richtung zu gehen, dass der Bund die Anteile der Hypo übernimmt, das war klar.

Es hat allerdings bis zum Samstagnachmittag dieser Woche, das war der 12. Dezember, meiner Wahrnehmung nach keine Änderung in der Verhandlungslinie Österreichs gegeben, draufzubleiben, die Bayern nicht aus der Verantwortung zu entlassen, die anderen Eigentümer zu motivieren, ihre Verantwortung wahrzunehmen und auch dem Hypo-Sektor insgesamt gegenüber klarzumachen, dass es einen Anteil des Hypo-Sektors geben muss. Also den Moment, wo ich hätte sagen oder bemerken können, das ist eine Linie und eine Strategie, die überhaupt nicht zum Erfolg führt, den hat es bis zum Samstagnachmittag nicht gegeben.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Wenn Sie sich das anschauen, also vor allem: Diese Besprechung hat um 8 Uhr begonnen. Da waren noch alle Wichtigen von der FMA, der OeNB und der FIMBAG dabei. Dann ist diese Besprechung um 10 Uhr weitergeführt worden, Sie waren auch noch dabei, aber man hat alle Verantwortlichen der OeNB, FMA, FIMBAG hinauskomplimentiert und dafür den Hypo-Verband Miklas und den Rothensteiner von der RZB hereingeholt. Und da ist es dann um diese Interna gegangen, wo Miklas eben sagt – das steht auch hier –, dass es hier ein politisches Problem gibt. Können Sie das kurz ausführen, warum es da plötzlich ein politisches Problem gibt?

Dr. Harald Dossi: Also zur gewissermaßen[4] Zusammensetzung der Delegation dürfte das wohl so sein, dass wir – und ich glaube, da gibt es gute Gründe dafür – interne Strategiebesprechungen, auch Besprechungen, wo man sich noch zusätzliche Informationen geholt hat, relativ breit angesetzt haben, insbesondere auch die OeNB und die FMA dazugenommen haben. Aber von Beginn an war vereinbart, dass die Verhandlungen und Gespräche mit externen Teilnehmern in einer kleineren Runde auf der Bundesseite, nämlich insbesondere in der Zusammensetzung Finanzministerium, Bundeskanzleramt und Finanzprokuratur, geführt werden. Ich glaube, das erklärt auch die unterschiedliche Zusammensetzung. Das hat aus meiner Sicht nichts mit Hinauskomplimentieren zu tun, sondern das war so vereinbart, und so ist das dann halt auch durchgeführt worden.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ich glaube Ihnen schon, dass das so vereinbart war. Die Frage ist aber: Warum? Wenn da versucht werden soll, eben die RZB dazu zu bewegen, hier etwas beizutragen, ist es sicherlich nicht schlecht, wenn jemand von der OeNB, FMA oder sonst wer dabei ist, noch dazu, wo Rothensteiner ja ausschließt, dass dementsprechend Hilfeleistung von seiner Seite stattfinden wird. Es wäre ja interessant, wenn das die FMA und die OeNB auch mitbekommen.

Dr. Harald Dossi: Also ich würde auch jetzt im Nachhinein den Mehrwert der Anwesenheit dieser beiden Institutionen nicht sehen. Das, was wir uns vom Hypo-Sektor erwartet hätten, war klar. Das war auch in Vorbesprechungen definiert. Und ich glaube, das ist im Sinne der Effizienz von Sitzungen nicht schlecht, dass die Zusammensetzung relativ begrenzt ist. Ich glaube auch nicht, dass irgendein Argument nicht gebracht wurde, nur weil die OeNB und die FMA da nicht dabei waren.

Und dieses Gespräch – ich glaube, das war mit Rothensteiner und Miklos – war tatsächlich ein erstes Gespräch, in dem gewissermaßen auch denen die Lage, der Ernst der Lage skizziert wurde und ausgelotet wurde, in welcher Weise sich der Hypo-Sektor insgesamt, vor allem auch vor der potenziellen Betroffenheit, wenn das Ganze schiefgeht, einbringen könnte. Das war am 11. sicherlich kein abschließendes Gespräch. Es hat meiner Erinnerung nach am Tag danach noch einmal, oder überhaupt erst am Samstag, einen bilateralen Termin mit dem Hypo-Sektor gegeben.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Warum wurde da bei diesem Termin nicht vorgebracht, dass der Hypo-Sektor hier stark bluten muss, oder war das klar?

Dr. Harald Dossi: Nein, das ist auch passiert. Das ist auch passiert.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ich lese davon nichts im Protokoll. Also ich sehe das hier nicht.

Dr. Harald Dossi: Meiner Erinnerung nach ist bei all diesen Terminen – es hat da ja eine Serie bilateraler Termine gegeben; da war eben der Hypo-Sektor einer, es gab auch Termine mit der Kärntner Landesholding, es gab Termine mit der Grazer Wechselseitigen Versicherung, unter dem Titel: sonstige Eigentümer – es ist bei all diesen Terminen ganz klar kommuniziert worden, dass der Bund nicht daran denkt, die Bank ganz zu übernehmen oder überhaupt zu übernehmen, dass es höchstens infrage kommt, etwa zusätzliche Garantien zu übernehmen, dass das Ganze aber nur dann denkbar ist, wenn der betroffene Sektor – um bei diesem Beispiel zu bleiben – oder auch andere Eigentümer sich weiterhin massiv engagieren. Da ist kein Zweifel gelassen worden.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Genau, und das ist aber so nicht passiert, sondern ganz im Gegenteil. Das heißt, man hat dann genau das Gegenteil von dem getan, was Sie jetzt gesagt haben, nämlich hat man zu 100 Prozent übernommen, und es hat sich niemand beteiligt.

Dr. Harald Dossi: Ich kann Ihnen nur von den Terminen berichten, bei denen ich dabei war. Und da ist das so gelaufen.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Das heißt, bei den Terminen, wo Sie dabei waren, ist das noch in die richtige Richtung gelaufen. Erst als Sie nicht mehr dabei waren, ist es dann in die falsche Richtung gelaufen. Kann man das so sagen?

Dr. Harald Dossi: Das wäre ein Unterton, dem ich nicht zustimmen würde. Das liegt sicherlich nicht an mir persönlich.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Das habe ich auch nicht unterstellt, sondern Sie waren dann einfach nicht mehr dabei, als das dann aus dem Ruder gelaufen ist. Kann man das so sagen?

Dr. Harald Dossi: Ich war ab dem Nachmittag des 12. Dezember nicht mehr dabei.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Höllerer hat gesagt, er hat geblufft, indem er den Bayern gegenüber gesagt hat, die Hypo ist nicht systemrelevant. Haben Sie da Wahrnehmungen in der Richtung, hat er das gemacht?

Dr. Harald Dossi: Das könnte ich jetzt nicht sagen. Kann ich mich nicht erinnern.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Wie hat man überhaupt die Bayern unter Druck gesetzt? Die Bayern haben ja uns unter Druck gesetzt, das ist ganz unwidersprochen geblieben. Mit allen möglichen Maßnahmen wie Liquiditätsentziehung und so weiter, Schieflage der Bank, hat man uns maximal das Messer angesetzt. Aber was hat Österreich getan, um unsererseits irgendwie Druck auszuüben?

Der Herr Höllerer hat eben behauptet, er hat gesagt: Die Bank ist nicht systemrelevant! Also war sozusagen dieses: Ja, lassen wir es in Konkurs gehen!, im Raum. War das alles, was hier als Drohkulisse aufgefahren wurde, oder haben Sie noch eine andere Wahrnehmung?

Dr. Harald Dossi: Möglicherweise ist das jetzt der Kontext. Und das entspricht auch meiner Erinnerung, dass wir natürlich aufgrund dieser Drohung, die da seitens der Bayerischen Landesbank ausgesprochen wurde, nämlich zu sagen, sie denke nicht daran, da frisches Geld hineinzuschießen, sondern stattdessen auch die Insolvenz der Bank in Kauf zu nehmen, da gewissermaßen jetzt nicht einmal aufs Erste verschreckt zurückgezuckt sind, sondern wir haben durchaus dann begonnen, gemeinsam mit der Bayerischen Landesbank durchzudiskutieren, was das für alle Beteiligten bedeuten würde, das Insolvenzszenario nämlich.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Und wie haben die Bayern darauf reagiert?

Dr. Harald Dossi: Es ist mehrmals von den Bayern betont und auch vorgerechnet worden, dass die Summen, die die Bayerische Landesbank als Kaufsumme und in weiterer Folge als Eigentümer in die Bank hineingegeben hat, die mit anderen Worten dann weitgehend verloren wären im Falle einer Insolvenz, für die Bayerische Landesbank insgesamt wirtschaftlich verkraftbar wären. Das war in der Situation das Hauptargument der Bayern.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Aber es ist ja nicht logisch, da der Verlust ja viel größer ist, wenn sie in Konkurs geht. Das heißt, so war der Verlust 2, 3 Milliarden und im Konkursfall bis zu 8,2 Milliarden. Das können die Bayern doch nicht gewollt haben.

Dr. Harald Dossi: Im Nachhinein kann man dazu unterschiedlicher Meinung sein. Die Argumentation der Bayern ist tatsächlich in diese Richtung gegangen – ich kann jetzt nicht bestätigen, ob es tatsächlich 8 Milliarden waren, aber ungefähr in der Dimension –, verbunden mit der Behauptung der Bayern: Das stehen wir durch!

Und unser Problem – ich glaube, das sollte ja auch in der Runde bekannt sein – war halt, dass im Insolvenzfall, insbesondere vor dem Hintergrund der Kärntner Landeshaftungen, das Verlustrisiko auf der Bundesseite ein Vielfaches des Risikos der Bayern gewesen wäre.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Schüssel hat gesagt, dass in Wahrheit der Bund für Kärnten nicht gehaftet hätte. Das heißt, der Bund hätte also nicht einspringen müssen, wenn Kärnten maximal 1 Milliarde von den Haftungen leisten kann. Haben Sie diese Ansicht geteilt?

Dr. Harald Dossi: Das mag meiner Einschätzung nach in Teilbereichen juristisch argumentierbar sein. Ich bin mir nicht sicher, ob, wenn der Fall tatsächlich eingetreten wäre, das juristisch auch das Ergebnis gewesen wäre. Politisch gesehen wäre meines Erachtens der Druck auf der Bundesseite, zumindest teilweise da auch Kärnten beizuspringen, immens groß gewesen (Abg. Lugar: Warum?), weil natürlich die Folgen eines insolventen Bundeslandes mit vielen Leistungen der öffentlichen Daseinsvorsorge, die dann nicht mehr gegeben wären, also aus meiner Sicht, fast unvorstellbar sind.

Vorsitzende Doris Bures: Wir kommen nun in die zweite Runde.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Wie kommen Sie darauf, dass das so gewesen wäre?

Dr. Harald Dossi: Das ist eine Einschätzung, die ich habe. (Abg. Lugar: Ist das Ihre persönliche Einschätzung, oder hat Ihnen das irgendjemand so kommuniziert?) Nein, das ist eine persönliche Einschätzung meinerseits.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Das heißt, im Konkursfall hätte man dann, keine Ahnung, Spitäler in Kärnten verkauft, oder was meinen Sie damit, mit der Daseinsvorsorge?

Dr. Harald Dossi: Na ja, ich glaube, glücklicherweise hat es den Fall in Österreich noch nicht gegeben, aber ich glaube, das sind genau die Fragen, die man sich dann stellen hätte müssen und die man diskutieren hätte müssen.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Aber international gibt es ja solche Fälle, und da wird nichts verkauft. Da haben einfach die Gläubiger ein Problem.

Ja, doch, wenn Länder in Konkurs gehen, passiert einmal gar nichts – außer die, die Geld gegeben haben, verlieren das Geld. Und für jene, die nachkommen und Geld wollen, wird es schwieriger. Und ich glaube, um das ist es ja gegangen. Das heißt, die anderen Länder, ob es jetzt Niederösterreich war oder wer auch immer, die sich am Kapitalmarkt versorgten, hatten Angst, dass, wenn Kärnten fällt, auch sie schwieriger Geld bekommen, und davor hatte man Angst. Ist Ihnen das damals bewusst gewesen?

Dr. Harald Dossi: Die Auswirkungen auf die Bonität des Bundes und der anderen Bundesländer war natürlich ein Problem und ein Thema, ganz klar.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Und ist da jemand von den Ländern, vielleicht Erwin Pröll, an Sie herangetreten oder an den Bundeskanzler, um darauf hinzuweisen, haben Sie da Wahrnehmungen dazu?

Dr. Harald Dossi: Ich habe keine Wahrnehmungen dazu.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ist generell jemand an Sie herangetreten, zum Beispiel der Raiffeisenverband, der hätte ja auch viel zahlen müssen, mit Sorgen, dass das vielleicht eine Schieflage erzeugen könnte bei den verschiedenen Bankinstituten?

Dr. Harald Dossi: Nein.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Wir haben heute schon gehört, dass man auch die Bankinstitute schützen wollte, Höllerer hat das bestätigt. Er hat nur alle gemeint, aber es waren welche besonders betroffen, eben der Hypo-Sektor und Raiffeisen.

Darüber hat es nie irgendwelche Diskussionen gegeben? Auch nicht bei diesem Termin um 10 Uhr am 11., wo genau beide Vertreter da sind und der eine sagt: Das ist ein politisches Problem! Auch da hat es nie eine Diskussion darüber gegeben?

Dr. Harald Dossi: Nein. Die Frage oder das Szenario, dass eine Insolvenz der Hypo Alpe-Adria-Bank ganz unmittelbar für den restlichen Hypo-Sektor und zumindest indirekt auch für andere österreichische Banken vor dem Hintergrund der Glaubwürdigkeit des Bankensystems in Österreich ein großes Problem gewesen wäre, war natürlich bekannt, war auch in den Gesprächen ein Thema, ist in den Gesprächen mit dem Hypo-Sektor und auch mit den anderen Banken, soweit ich dabei war – und ich glaube, solche Gespräche hat es dann am Wochenende danach noch gegeben, das habe ich zumindest gelesen –, sicherlich klar kommuniziert worden.

Also mit anderen Worten: Natürlich ist das Argument auch gebraucht worden, dass eine allfällige Unterstützung für die Hypo durch den Bund, wie immer diese Unterstützung aussieht, in indirekter Weise auch eine Stützung für den gesamten österreichischen Bankensektor ist, und man sich deshalb vom Bankensektor auch einen Anteil oder einen Beitrag erwartet hat.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Das heißt, Sie haben solche Besprechungen erlebt, wo man eben über den Hypo-Sektor gesprochen hat, über die möglichen Kosten, die entstehen, wenn die Insolvenz stattfindet. Auch mit Raiffeisen gab es solche Gespräche, und die haben Sie auch miterlebt?

Dr. Harald Dossi: Also ich glaube, so ein Gespräch mit der Raiffeisen, unmittelbar, habe ich nicht erlebt. Ich glaube, bei dem einen Termin, den Sie jetzt auch in dem Protokoll vorgelegt haben, war meiner Erinnerung nach Herr Rothensteiner in einer Funktion im Bereich des Hypo-Sektors dabei. Da ist es nicht um Raiffeisen gegangen.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Raiffeisen hat nie irgendwo mit Ihnen über mögliche negative Auswirkungen gesprochen?

Dr. Harald Dossi: Nein.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Aber wenn Sie sagen, man hat den Bankensektor im Auge gehabt und einen wichtigen Vertreter des Bankensektors außer Acht gelassen, ist das glaubhaft?

Dr. Harald Dossi: Wie gesagt, ich kann Ihnen jetzt aus persönlicher Wahrnehmung natürlich nur von den Terminen berichten, bei denen ich dabei war. Ich glaube, mich aus Zeitungsberichten der letzten Zeit erinnern zu können, dass es an dem letzten Wochenende – das muss dann wohl am Samstag in der Nacht oder im Laufe des Sonntags gewesen sein – schon unmittelbare Gespräche mit diversen österreichischen Banken gegeben hat. Ich glaube, dass sogar der Gouverneur Nowotny davon berichtet hat, dass er selbst solche Gespräche geführt habe.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Und über den Inhalt wissen Sie nichts?

Dr. Harald Dossi: Nein.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Okay. Wie viel Zeit habe ich noch?

Vorsitzende Doris Bures: Eine knappe Minute noch.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Die spare ich mir auf. – Danke.

Vorsitzende Doris Bures: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Dr. Hable zu Wort. – Bitte.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Herr Dr. Dossi! Wenn ich jetzt zusammenfassen darf, was Sie auch schon bei der Erstbefragung gesagt haben: In den Tagen vor der Übernahme der Hypo von Bayern sind Sie das erste Mal am 4. Dezember dabei gewesen, das letzte Mal am Nachmittag des 12. Dezember und dann nicht mehr – also im Prinzip eine Beteiligung eher am Rande der Geschehnisse, kann man das so sagen? Da stellt sich für mich nur noch die Frage: Wie ist denn der Bundeskanzler regelmäßig informiert worden? Also von Ihnen offensichtlich auch, aber da Sie nicht durchgängig dabei waren, werden Sie nicht die einzige Informationsquelle für ihn gewesen sein. Wie ist der Bundeskanzler über die Geschehnisse informiert worden?

Dr. Harald Dossi: So, wie ich das gesagt habe: An diesen Tagen, an denen ich bei diesen Gesprächen dabei war, wo auch weitestgehend der Herr Dr. Gruber aus dem Kabinett des Bundeskanzlers anwesend war, haben wir uns diese Aufgabe geteilt. Und ich gehe davon aus, dass in den restlichen eineinhalb bis zwei Tagen diese Information wohl vor allem durch den Herrn Dr. Gruber erfolgt ist, der in weiterer Folge dann ab dem 12. am Nachmittag dann auch noch dabei war.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Der Herr Dr. Gruber war bei den gesamten Verhandlungen bis zum Ende dabei?

Dr. Harald Dossi: Ja.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Okay, vorerst keine Fragen. – Danke.

Vorsitzende Doris Bures: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Mag. Greiner zu Wort.

Abgeordnete Mag. Karin Greiner (SPÖ): Herr Dr. Dossi! 19.12.2008, der Termin, an dem das Bundesministerium für Finanzen, die Oesterreichische Nationalbank, die Finanzprokuratur, Hypo-Vertreter und auch Sie anwesend waren. Da ging es um diese Stellungnahme der OeNB. Wir alle kennen das Ergebnis dieser Stellungnahme, das Urteil: not distressed. Was hat dieses Urteil bedeutet?

Dr. Harald Dossi: Wie ich schon erzählen durfte, meiner Erinnerung nach war das nicht der Kern der Diskussionen, sondern der Kern der Diskussion war ganz allgemein die Frage, ob es vor dem Hintergrund der Bedeutung der Hypo Alpe-Adria-Bank für den österreichischen Markt, für den internationalen Markt und auch vor allem vor dem Hintergrund der Fortführungskonzepte der Bank selbst gerechtfertigt und sinnvoll ist, hier Partizipationskapital zu investieren. Und da war ein weiteres wesentliches Eckdatum sicherlich das Wissen, dass unmittelbar davor die Bayerische Landesbank auch einen erheblichen zusätzlichen Eigentümerbeitrag geleistet hat.

Abgeordnete Mag. Karin Greiner (SPÖ): Es stand einerseits Ihren Ausführungen zufolge die Systemrelevanz klarerweise im Vordergrund, und dieses Urteil hat bedeutet, dass die Bank das Partizipationskapital zu Bedingungen einer sound bank bekommen hat (Auskunftsperson Dossi: Ja!), was sich ja wiederum auf die Konditionen ausgewirkt hat.

Zum damaligen Zeitpunkt, also wir sind im Dezember 2008: Das Partizipationskapital ist geflossen, eigentlich ist ein wesentlicher Schritt erledigt, man kann den Jahresabschluss machen. Und Sie haben vorhin schon die Worte in den Mund genommen: Eigentlich hätte man davon ausgehen können, dass man alles in den Griff bekommt. Gibt es darüber hinaus dazu noch eine Sicht, die das BKA genau zu diesem Punkt hatte: Eigentlich müsste ja alles passen!? War das die Sicht?

Dr. Harald Dossi: Ich habe nach der Zeichnung des Partizipationskapitals für die Hypo mehrere Monate keine in irgendeiner Weise besorgniserregenden Informationen seitens der Bank oder des Finanzministeriums bekommen. Ich kann mich sogar daran erinnern, ich habe das auch in meinem Kalender noch einmal nachgeprüft, dass ich am 9. September 2009 – ich glaube – einen Routinetermin mit dem Kollegen Lejsek aus dem Finanzministerium hatte, wo wir die Situation aller Banken durchgegangen sind, die in der Zwischenzeit Partizipationskapital gezeichnet haben oder sonstige staatliche Stützungen erhalten haben.

Und im Rahmen dieses Termins ist natürlich auch die Hypo Alpe-Adria-Bank angesprochen worden, und bei diesem Termin am 9. September ist mir gegenüber eher der Eindruck erweckt worden, dass die Dinge einigermaßen im Lot seien, dass vor allem auch das Hauptproblem das noch laufende Beihilfeverfahren der Europäischen Kommission sei und dass man bis Jahresende auch das unter Dach und Fach bringen könnte. Also mit anderen Worten, für mich war diese Einladung am 4. Dezember dieses Jahres wirklich eine große Überraschung – und dort dann zu erfahren, wie es mit der Bank in der Zwischenzeit steht.

Abgeordnete Mag. Karin Greiner (SPÖ): Zum damaligen Zeitpunkt war also soweit alles im Lot, mittlerweile sind wir ja bedauerlicherweise eines Besseren belehrt worden. Ich spreche da den Wertberichtigungsbedarf an, der sich in der Hypo dann entwickelt hat, beginnend ab 2008. Im Jahr 2009 waren es im April 300 Millionen, es waren im Juni 700 Millionen, gegipfelt hat das Ganze dann im November in einem Betrag von 1,4 Milliarden.

Was war Ihre Sicht dazu, zu diesem hohen Risiko? Zu dieser Risikovorsorge, zum Wertberichtigungsbedarf?

Dr. Harald Dossi: Ich habe von dieser Entwicklung, die Sie da jetzt skizzieren, erst am Ende des Jahres 2009 im Nachhinein erfahren. Es hat im Verlaufe des Jahres 2009 mir und meiner Sektion im Bundeskanzleramt gegenüber solche Informationen nicht gegeben.

Abgeordnete Mag. Karin Greiner (SPÖ): Hat es abseits dessen irgendeine Wahrnehmung Ihrerseits gegeben, dass es zu diesem Punkt eine Kommunikation mit dem Bundesministerium für Finanzen gegeben hätte?

Dr. Harald Dossi: Nein.

Abgeordnete Mag. Karin Greiner (SPÖ): Kommen wir zum 8. beziehungsweise 9.12., die Daten, die Sie schon angesprochen hatten, im Vorfeld der Verstaatlichung. Können Sie bitte noch einmal in wenigen Worten kurz skizzieren, wie die beschriebene Lage der Bank in diesen Tagen war?

Dr. Harald Dossi: Na ja, wir waren ausgehend von diesem ersten Termin am 4. Dezember und in weiterer Folge dann auch in der Woche von 7., 8., 9. Dezember mit der Information, die seitens des Finanzministeriums, der OeNB und der FMA gekommen ist, konfrontiert, dass sich die Lage der Hypo Alpe-Adria-Bank zunehmend verschlechtert, dass es inzwischen auch aufgrund von Informationen, die an die Öffentlichkeit gekommen sind, eine Situation gibt, wo zunehmend Mittel abfließen, wo außergewöhnlich hohe Abhebungen von Privatkunden, von Firmenkunden passieren, dass zum Teil auch Eigentümer Liquiditätslinien abziehen und kündigen, dass also mit anderen Worten eine Erstellung der Bilanz der Bank ohne erhebliche Zusatzleistungen der Eigentümer nicht möglich sein wird.

Das war die sehr unerfreuliche und dramatische Information und Lage, die sich uns da dargestellt hat.

Abgeordnete Mag. Karin Greiner (SPÖ): Es ist vorhin schon kurz angeklungen: Die OeNB hat ja mehrere Varianten skizziert, wie es mit der Hypo weitergehen könnte. Diese drei Varianten waren die Insolvenz, die Verstaatlichung und das sogenannte Burden Sharing. War Ihnen das im Detail bekannt, oder …?

Dr. Harald Dossi: Ja, dass … Die OeNB hat von Beginn an – und ich glaube, das war meiner Erinnerung nach bereits im Rahmen der ersten diesbezüglichen Sitzung am 4. Dezember  keinen Zweifel daran gelassen, dass sie absolut gegen eine Insolvenz der Bank ist. Also das waren noch nicht Varianten, und es ist auch seitens der OeNB meiner Erinnerung nach bis zuletzt eigentlich nicht das Konzept der Verstaatlichung propagiert worden, sondern es waren die Argumente der OeNB da, alles zu unternehmen, auch durchaus in Verhandlungen mit der Bayerischen Landesbank, mit den anderen Eigentümern, um eine Insolvenz zu vermeiden, weil die OeNB eben sehr drastisch die nachteiligen Folgen für die österreichische Volkswirtschaft, für die Bankenlandschaft, möglicherweise auch für den gesamten Euroraum skizziert hat, wenn die Bank insolvent werden sollte.

Abgeordnete Mag. Karin Greiner (SPÖ): Haben Sie in diesem Zusammenhang auch die Haftungen in der Höhe von doch sehr beträchtlichen 20 Milliarden bewertet?

Dr. Harald Dossi: Ja, natürlich. Das war von Beginn an eine …

Abgeordnete Mag. Karin Greiner (SPÖ): Wie hat man die bewertet?

Dr. Harald Dossi: Na ja, ich würde einmal sagen, als riesengroßes Handicap in allen Gesprächen mit der Bayerischen Landesbank, weil denen natürlich auch klar war, in welcher unangenehmen Situation Österreich vor dem Hintergrund dieser immensen Haftungen für den Fall der Insolvenz wäre. Das war uns sehr bewusst.

Abgeordnete Mag. Karin Greiner (SPÖ): Ich mache dann später weiter.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Herr Dr. Dossi! Ich möchte noch einmal auf das Thema Dezember 2008 zurückkommen: Sie haben gesagt, Sie waren mit der Hypo erstmals 2008 mit dem Partizipationskapital, Genehmigung Bankenhilfe befasst. Hat es Ihrer Wahrnehmung nach in diesem Zeitraum politische Interventionen gegeben, speziell von Kärnten aus, von Kärntner Politikern?

Dr. Harald Dossi: Nicht für mich wahrnehmbar.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Darf ich Ihnen dazu ein Dokument vorlegen, das Dokument mit der Nummer 38317. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.) Das ist ein Schreiben des Herrn Ing. Reinhart Rohr, damals Landeshauptmann-Stellvertreter, an Herrn Bundeskanzler Werner Faymann, „Unterstützung für die Hypo-Alpe-Adria Group“.

„Sehr geehrter Herr Bundeskanzler,

lieber Werner!

Zuerst ist es mir ein Anliegen, Dir ganz herzlich zu Deiner Angelobung zum Bundeskanzler der Republik Österreich zu gratulieren. Ich freue mich für Dich persönlich aber auch für die österreichische Sozialdemokratie über diesen schönen Erfolg!

Ich wende mich heute allerdings auch gleich mit einem großen Anliegen an Dich: Wie Du sicher mitbekommen hast, gibt es auch in der größten Bank im Land Kärnten, der Hypo Alpe-Adria-Bank International AG einen großen Bedarf an Eigenkapital. Die Unterstützung des Mutterkonzerns Bayerische Landesbank durch den Freistaat Bayern ist ohnehin in den letzten Tagen durch die Medien gegangen.

Allein in Kärnten sind mehr als 1300 Menschen in der Hypo beschäftigt, weshalb diesem Institut sowohl als Headquarter-Standort und vor allem auch als Arbeitgeber in unserer Region eine besondere Bedeutung zukommt. Auch soll das Institut als wichtiger Partner für den südosteuropäischen Raum erhalten bleiben.

Ich darf Dich daher ersuchen, seitens der Bundesregierung sämtliche Maßnahmen zu ergreifen, die im Rahmen des Banken-Unterstützungspaketes des Bundes für dieses Unternehmen möglich sind. Der Kapitalbedarf der Bank aus dem Bankenpaket beläuft sich auf 1,3 bis 1,5 Milliarden Euro.

Wir brauchen im Land diese Unterstützung ganz dringend, um die bestehenden Arbeitsplätze zu sichern.

Mit der Bitte um Deine Mithilfe in dieser entscheidenden Frage und

mit freundlichen Grüßen nach Wien

Dein Reinhart Rohr.“

Wie würden Sie dieses Schreiben beurteilen? Ist das ein Glückwunschschreiben zum Bundeskanzler oder eine Intervention, um ein Bankenhilfspaket in Anspruch zu nehmen?

Dr. Harald Dossi: Ihre vorherige Frage war allerdings in die Richtung, ob bei mir interveniert wurde, wenn ich das richtig verstanden habe.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Nein, ob Sie etwas wahrgenommen haben.

Dr. Harald Dossi: Nein, habe ich nicht. Und ich denke, meiner Erinnerung nach sehe ich dieses Schreiben zum ersten Mal.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Okay, also ist es Ihnen im Bundeskanzleramt nicht untergekommen?

Dr. Harald Dossi: Ich glaube nicht, nein.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Nicht. Glauben Sie, oder kann es sein in Replik auf Herrn Abgeordneten Kogler , dass dieses Schreiben einen Einfluss auf die Bewertung der Bank als sound gehabt hat, eine Rolle gespielt hat, und darauf, dass man PartKapital zur Verfügung gestellt hat?

Dr. Harald Dossi: Glaube ich nicht, ich habe das auch davor schon gesagt. Ich habe nämlich – um vielleicht auch jetzt die Verbindung herzustellen – im Dezember 2008 keinerlei Vorgabe oder Weisung des Bundeskanzlers in dieser Frage bekommen, sondern auf der Basis der Informationen, die wir im Dezember 2008 gehabt haben – nämlich die Konzepte der Bank, die Stellungnahme der Oesterreichischen Nationalbank –, waren aus damaliger Sicht sämtliche Voraussetzungen erfüllt, um der Hypo Alpe-Adria-Bank Partizipationskapital zur Verfügung zu stellen.

Das war ja auch der Sinn dieses Gesetzes, österreichischen Bankinstituten, die vor dem Hintergrund der Finanzkrise in Schwierigkeiten geraten sind, auch staatlich unter die Arme zu greifen. Ich denke, dass ein solches Schreiben oder auch ähnliche Schreiben, die es geben mag, meiner Wahrnehmung nach da jetzt nicht in irgendeiner Weise entscheidend waren.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Werden solche Schreiben in der Regel beantwortet oder landen die in der Rundablage? Wie geht man mit solchen Schreiben normalerweise im Bundeskanzleramt um?

Dr. Harald Dossi: Da ich es nicht kenne, kann ich nicht sagen, was mit diesem Schreiben passiert ist. Dass ganz generell Schreiben, die von außen kommen, nicht systematisch abgelegt werden, sondern in irgendeiner Weise bearbeitet, behandelt, beantwortet werden, entspricht eher der Regel.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Aber Sie wissen, in dem Fall – wo es ganz konkret um das Bankenhilfspaket geht und Sie bei den Besprechungen am 19.12. dabei waren war das kein Thema. Der Bundeskanzler hat Sie nicht darauf angesprochen (Auskunftsperson Dossi: Nein!) und gesagt, da hat mein Kollege, mein Parteikollege aus Kärnten bei mir interveniert?

Dr. Harald Dossi: Nein.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Ganz das gleiche Schreiben hat im Übrigen auch der Herr Finanzminister Pröll damals bekommen.

Dr. Harald Dossi: Minus Gratulation, oder?

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Auch mit Gratulation, zum Finanzminister, und der Rest ist gleich.

Dann darf ich Ihnen auch noch, einfach um den Zusammenhang zu dem Protokoll herzustellen, das Ihnen schon vorliegt – das Ihnen die Grünen vorgelegt haben , noch ein Schreiben der BayernLB vorlegen: Dokument Nummer 11250. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.) Das ist ein Schreiben der BayernLB an die österreichische Finanzmarktaufsicht, auch in diesem Zeitraum, auch am 3. Dezember, komischerweise der gleiche Tag, an dem Herr Rohr geschrieben hat.

Da nimmt man Bezug „auf Ihr Schreiben vom 03.12.2008“ – also von der Finanzmarktaufsicht –, da „erlauben wir uns, wie folgt Stellung zu nehmen:“.

Da ist der zweite Absatz sehr interessant.

„Vizekanzler und Bundesminister der Finanzen, Herr Pröll, hat heute in einem Telefongespräch mit dem bayerischen Staatsminister der Finanzen, Herrn Fahrenschon, die Gewährung von Partizipationskapital bei einer entsprechenden Kapitalerhöhung der bestehenden Anteilseigner in Aussicht gestellt.“

Also hat man offensichtlich auch auf politischer Ebene zwischen Bayern und dem Finanzminister und dem österreichischen Finanzminister schon telefoniert und gesprochen, und man hat in Aussicht gestellt, dass man Geld zur Verfügung stellen wird. Ist Ihnen dieses Schreiben in irgendeiner Form bekannt oder dass es politische Gespräche zwischen Bayern und Österreich betreffend Zurverfügungstellung aus diesem Hilfspaket gegeben hat?

Dr. Harald Dossi: Dieses Schreiben hier ist mir bis jetzt nicht bekannt gewesen. Was allerdings in der Zeit rund um den 19. Dezember tatsächlich bekannt war – und wie ich ja auch schon gesagt habe –: Eine wesentliche Voraussetzung für die Gewährung von Partizipationskapital durch den Bund war der Umstand, dass die Bayerische Landesbank als Eigentümerin der Hypo Alpe-Adria auch gewissermaßen zeitgleich einen substanziellen zusätzlichen Eigenkapitalzuschuss leistet, was ja dann auch erfolgt ist. (Abg. Angerer: Genau!) Und gewissermaßen im Zusammenhalt – war ja auch die Idee dieser beiden Maßnahmen – sollte man die Hypo Alpe-Adria wieder in einen Zustand bringen, um einigermaßen mit Aussichten auf Erfolg weiterarbeiten zu können.

Dass da im Hintergrund sicherlich auch technische, vielleicht politische Kontakte stattgefunden haben, scheint mir wenig verwunderlich. Ich habe damals im Detail dazu nichts gewusst.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Man bezieht sich ja in diesem Schreiben im ersten Absatz – um darauf jetzt zurückzukommen – auch auf diese Verwaltungsratssitzung, die Sie jetzt gerade erwähnt haben, in der beschlossen worden ist, dass Bayern eben 700 Millionen Eigenkapital einbringt und aufstockt. Das war übrigens dieselbe Sitzung, wie wir heute wissen – haben Sie wahrscheinlich damals auch nicht gewusst, heute werden Sie es vielleicht auch wissen –, in der auch gleichzeitig beschlossen wurde, dass man sich aus der Hypo zurückziehen wird.

Dieser Beschluss ist zeitgleich gefallen, wo man zwar eine Kapitalerhöhung noch einmal zugesagt hat – warum auch immer, vielleicht um eben dieses Bankenhilfspaket in Österreich in Anspruch nehmen zu können , aber gleichzeitig auch in der gleichen Sitzung beschlossen hat, dass man sich aus der Bank zurückzieht.

Auf der zweiten Seite ist dann in weiterer Folge bei der Verstaatlichung ein interessanter Punkt – wenn Sie bitte umblättern auf Seite 2! –, Ende erster Absatz, da geht es um die Bank und die strategische Ausrichtung der BayernLB und so weiter. Da schreiben die Bayern: „Deshalb sehen wir es auch weiterhin als unsere Verpflichtung an, dass die Hypo Alpe-Adria-Bank International AG stets ausreichend mit Kapital ausgestattet ist.“

Sie haben das hier ganz offen nicht irgendjemandem, sondern der Bankenaufsichtsbehörde mitgeteilt, sie werden die Bank jederzeit und immer ausreichend mit Kapital ausstatten, sie stehen zur Bank.

Das haben wir auch von mehreren Seiten gehört. Sie haben das auch noch ein Jahr darauf im Herbst 2009 gegenüber den österreichischen Politikern und Behörden, Verhandlern bekundet, sie stehen zur Bank und werden weiterhin zur Bank stehen, obwohl sie 2008, eben an diesem 29.11., schon beschlossen hatten, dass sie sich zurückziehen werden. Und hier schreiben sie noch einmal: Wir werden aber immer schauen, dass die Bank Geld hat.

Für mich ist jetzt die Frage: Ist im Zuge der Verstaatlichungsgespräche oder Verhandlungen dann dieses Schreiben irgendwann einmal von der Finanzmarktaufsicht herausgezogen worden? Hat man die Bayern an ihre schriftliche Abgabe dieser Verpflichtung, zur Bank zu stehen und auch Kapital einzubringen, erinnert? Hat man das vielleicht auch rechtlich geprüft?

Dr. Harald Dossi: Ob jetzt dieses oder ein ähnliches Schreiben im Zuge dieser Gespräche gewissermaßen über den Tisch gereicht wurden, kann ich nicht mehr sagen. Was ich aber sagen kann, ist, dass ja unsere Ausgangssituation und unsere Information Ende 2009 tatsächlich die war, dass es bis weit in den Herbst hinein solche Absichtserklärungen seitens der Bayerischen Landesbank gegeben hat, dass uns etwa auch vom Finanzministerium in internen Besprechungen berichtet wurde, dass es auf politischer Ebene ähnliche Signale und Zusagen gegeben habe. Umso erstaunter waren wir bei diesem allerersten Termin am 7. Dezember dann, das erste Mal so ausdrücklich mit der Position der Bayerischen Landesbank konfrontiert zu sein, dass es eben genau in die Gegenrichtung gehen soll. 

Also mit anderen Worten: Ich kenne dieses Protokoll des Verwaltungsrats aus dem Jahr 2008 nicht und habe das auch damals in keiner Weise gewusst, dass da möglicherweise schon deutlich im Vorfeld Entscheidungen getroffen wurden. Das war uns allen sicherlich nicht bekannt.

Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter, Sie sind schon in der Redezeit der zweiten Runde.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Klar, das glauben wir auch. Da sind wir auch der Meinung, dass das damals nicht bekannt war. Es ist nur einfach ein Bild, das sich zeichnet, dass Bayern hier sehr strategisch vorgegangen ist.

Offensichtlich aber noch dieser konkrete Punkt: Sie selbst sagen, es hat so viele schriftliche und mündliche Aussagen gegeben, die wir vielleicht jetzt gar nicht kennen, zur Bank zu stehen, hier schriftlich vom Bayern-Vorstand Dr. Kemmer unterschrieben, von Dr. Rudolf Hanisch unterschrieben. Die sind ja rechtlich in einer solchen Situation auch relevant.

Ist das von der österreichischen Seite geprüft worden, ob das rechtlich relevant ist und ob man jetzt einfach am Schluss sagen kann, jetzt interessiert mich mein Unternehmen nicht mehr und ich gebe jetzt kein Kapital mehr, obwohl ich es vorher schriftlich der Aufsichtsbehörde mitteile, dass ich das jederzeit tun werde und zur Bank stehe, und daraufhin auch 900 Millionen österreichisches Steuergeld bekomme. Das ist die große Frage. Ist das in dieser Situation einmal rechtlich geprüft worden?

Dr. Harald Dossi: Das Thema hat tatsächlich in den Gesprächen im Dezember 2009 eine Rolle gespielt. Die Bayerische Landesbank wurde tatsächlich mit ihren Aussagen in diese Richtung konfrontiert. Die Antwort, die die Bayerische Landesbank damals gegeben hat, ist in die Richtung gegangen, dass im Jahr 2008 und auch noch Beginn 2009 der wahre Zustand und die Richtung der wirtschaftlichen Entwicklung der Hypo Alpe-Adria-Bank auch für die Bayerische Landesbank noch nicht absehbar war, und dass eben – ich glaube, die Frau Abgeordnete hat das auch davor jetzt schon zitiert – gewissermaßen mit jeder Quartalsprüfung oder mit jeder Zwischenbilanz sich die Dinge so verschlechtert haben, dass das Argument dann da[5] war: Also wenn sich die Dinge vom Tatsächlichen her so deutlich ändern, dann wäre es nur naheliegend und gerechtfertigt, auch die Strategie der Eigentümerin zu ändern.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Das ist jetzt für mich und, ich glaube, für uns alle sehr interessant, dass Sie sagen, das ist wirklich geprüft worden, weil: Das haben wir bis jetzt noch nicht gehört, dass das auch rechtlich geprüft und hier diskutiert worden ist, dass dieses Schreiben oder diese Absichtserklärungen Thema waren.

Jetzt würde mich interessieren: Von wem? Von wem wurde das dann von unserer Seite vorgebracht in diesen Gesprächen und wer hat da den rechtlichen Standpunkt vertreten aus Sicht Österreichs?

Dr. Harald Dossi: Nur noch einmal, um ganz präzise zu sein: Ob dieses Schreiben (Abg. Angerer: Ja, aber diese schriftlichen …!) artikuliert wurde, kann ich nicht sagen. Ich glaube, ich habe das davor noch nicht gesehen.

Aber ja – und ich glaube, das ist ganz klar –, es hat natürlich auch eine Rolle gespielt und wurde den Bayern gegenüber klar argumentiert, dass wir halt sehr erstaunt waren – auch aus damaliger Sicht – über die Meinungsänderung, die da bei den Bayern stattgefunden hat. Und das waren Argumente, die – ich kann das jetzt nicht mehr ganz präzise sagen – aber wohl von den Kollegen und Kolleginnen aus der Finanzprokuratur und aus dem Finanzministerium gebracht wurden.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Also jetzt sind zwei Dinge schon sehr hinterfragenswert – nicht bei Ihnen, aber bei der Finanzmarktaufsicht –, und zwar: Wenn die Finanzmarktaufsicht dieses Schreiben nicht vorgelegt hat, das ja doch nicht unrelevant ist in einer Phase, wo man mit dem Eigentümer verhandelt, ob jetzt noch Kapital eingebracht wird oder nicht, dann muss man die Finanzmarktaufsicht wahrscheinlich fragen, warum sie das nicht getan hat. Das ist das eine.

Das Zweite ist das Argument der Bayern, zu dem Zeitpunkt 2008 nicht gewusst zu haben, wie sich die Bank entwickelt oder wie es sich darstellt. Das hat ja Österreich auch nicht gewusst, erstens einmal – gehe ich davon aus –, obwohl dort laufend Prüfer waren von der Nationalbank, seit 2006, seit den Swapverlusten, seit die bekannt geworden sind, laufend.

Aber das ist ja noch weniger Argument, dass man dann die Bayern aus der Verantwortung lässt. Das waren ja viele Argumente, dass man heute sagen kann: Bitte, meine Herren, mag schon sein, dass ihr das nicht gewusst habt. Wir haben es auch nicht gewusst. Warum lässt man die dann aus der Verantwortung? Das verstehen wir bis heute nicht. Warum lässt man die zu 100 Prozent aus der Bank hinaus?

Dr. Harald Dossi: Ich kann das im Nachhinein nur so erklären und deuten, dass die zur Verfügung stehende Alternative, nämlich die Insolvenz der Bank, insbesondere auch in der Einschätzung des Bundes, die deutlich schlechtere Alternative gewesen wäre.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Das ist schon okay. Das glaube ich auch, dass das eine schlechte Alternative gewesen wäre. Nur, wenn man den Bayern in der Verhandlung diese gesamten Dokumente, Unterlagen, vorlegen kann und sagen: Meine Herren, seid ihr euch bewusst, eine Bank in Insolvenz zu schicken, wo ihr allen Prüfungsorganen, den Aufsichtsorganen mitteilt, ihr steht zur Bank, ihr werdet Eigenkapital einbringen, wenn es notwendig ist, da jetzt zu sagen, ich ziehe mich einfach zurück und lasse die Bank in Konkurs gehen, das wird rechtlich nicht so leicht gehen! – Hat man das einmal versucht?

Dr. Harald Dossi: Ob da eine jetzt noch vertiefte rechtliche Überprüfung stattgefunden hat, kann ich nicht sagen.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Also zumal ja auch der Herr Trichet wahrscheinlich – oder wie wir wissen, wahrscheinlich – auch mit den Bayern gesprochen hat, der Herr Nowotny hat mit dem Herrn Trichet gesprochen und, und, und, und alle waren der Meinung: In Europa – und ich gehe davon aus, Bayern gehört auch zu Europa – darf keine Bank in Konkurs gehen. Also die haben ja genauso gewusst, die können die Bank gar nicht in Konkurs gehen lassen.

Da haben wir dann gehört: Das ist eine österreichische Bank mit österreichischer Lizenz. Deswegen lässt man sie in Konkurs gehen.

Also letzte abschließende Frage noch einmal, vielleicht auch Ihre Wahrnehmungen am Schluss in der letzten Phase: Warum ist man nicht auch hier hergegangen … Oder ist es von Ihrer Seite vielleicht einmal verlangt worden, vom Bundeskanzler, sich hier auch entsprechend rechtlich beraten zu lassen, über die Finanzprokuratur hinaus?

Dr. Harald Dossi: Ich habe über all die Tage, die diese Verhandlungen stattgefunden haben, eigentlich nie den Eindruck gehabt, dass wir durch die Finanzprokuratur nicht ausreichend und gut rechtlich beraten und unterstützt werden. Also diese Frage hat sich in der Dimension für uns nicht gestellt.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Obwohl die Bayern internationale Investmentbanker und internationale Rechtsvertreter mit dabei hatten?

Dr. Harald Dossi: Ich habe das auch in den Gesprächen durchaus verfolgt. Ich hatte nicht den Eindruck, dass unsere Seite, juristisch gesehen, da deutlich unterlegen gewesen wäre.

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Herr Dr. Dossi, wissen Sie davon – jetzt ergänzend zu meinem Vorrednerkollegen aus Kärnten bezüglich Interventionen damals, dieser Brief von Landesrat Rohr –, dass am 19. November in Kärnten auch eine Resolution in der Kärntner Landesregierung beschlossen wurde, eingebracht vom Finanzreferenten und vom Landeshauptmann, damals Dobernig und Dörfler, dass es da eine Resolution von Kärnten gegeben hat mit der Bitte an Wien, bei dem Hilfspaket für die Hypo wieder das Bestmögliche zu tun?

Dr. Harald Dossi: Ist mir nicht erinnerlich. Nein.

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Ich wollte das einfach nur sagen. Es hat damals einen einstimmigen Beschluss gegeben in Kärnten, der Kärntner Landesregierung, eingebracht von den Freiheitlichen, beschlossen von SPÖ, ÖVP und von der Freiheitlichen Partei, die das eingebracht hat.

Ist damals bei den Verhandlungen kurz vor der Verstaatlichung oder bei der Verstaatlichung auch darüber gesprochen worden, dass die Kärntner Landesholding – die ja hundertprozentiges Eigentum der Kärntner Landesregierung ist – am 10. und 11. Dezember 107 Millionen € abgezogen hat zu anderen Banken hin?

Dr. Harald Dossi: Ja, dass es hier einen Abzug von Liquidität gegeben hat, war in diesen Tagen bekannt. Es hat meiner Erinnerung nach auch zwei bilaterale Termine des Bundes mit Vertretern der Kärntner Landesholding gegeben, ich glaube, einmal nur mit den beiden Vorständen der Kärntner Landesholding, und beim zweiten Mal – das war wohl am Samstag, am 12. Dezember am Vormittag – war auch der Leiter der Finanzabteilung des Amtes der Kärntner Landesregierung dabei.

Das waren zwei dieser bilateralen Termine, wo wir sehr viel Zeit und Energie darauf verwendet haben, um auch die Kärntner Landesholding beziehungsweise das Land Kärnten an die – gewissermaßen – Mitverantwortung und Hauptverantwortung zu dieser Problematik zu erinnern und auszuloten, in welcher Weise die Kärntner Landesholding, aber in weiterer Folge auch das Land Kärnten sich beteiligen könnte an einer konsensualen Lösung mit der Bayerischen Landesbank, mit den anderen Eigentümern und mit dem Bund. Also diese Termine hat es gegeben, ja.

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Bei der Verstaatlichung damals hat ja der Beitrag der Kärntner 200 Millionen € ausgemacht. Nebenbei mussten ja in Kärnten noch die Beschlüsse gefasst werden, dass man die Kärntner Anteile an der Hypo an den Bund abtritt. Das heißt: Ohne den Beschluss der Kärntner und die Zustimmung der Kärntner wäre diese Art der Verstaatlichung, so wie sie über die Bühne gegangen ist, nicht möglich gewesen. Sehe ich das richtig?

Dr. Harald Dossi: Ich kann Ihnen das jetzt leider nicht im Detail beantworten, denn diese Entwicklung mit der letztlichen Beteiligung des Landes Kärnten hat zu einem Zeitpunkt oder in einer Phase der Verhandlungen stattgefunden, offensichtlich, wo ich selbst nicht mehr dabei war. Das muss dann wohl am 12. in der Nacht, im Laufe des 13. passiert sein. Aber dass es die Erwartungshaltung gibt, dass eine Beteiligung des Bundes, wie auch immer die ausschauen mag, ohne einen Kärntner Beitrag nicht denkbar ist, das ist in allen Vorgesprächen den Vertretern des Landes Kärnten ganz deutlich signalisiert worden. Aber bei den Terminen, bei denen ich dabei war – und das waren gewissermaßen technische Termine, da war keine politische Beteiligung –, ist uns von den Vertretern der Landesholding, aber auch vom Leiter der Finanzabteilung immer gesagt worden, dass sie kein politisches Mandat hätten, uns eine konkrete Zusage oder überhaupt eine Zusage machen zu können.

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Ja, das ist mir schon klar, die Beschlüsse sind ja dann in Kärnten noch im Dezember gefasst worden. – Danke vielmals.

Vorsitzende Doris Bures: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Dr. Lichtenecker zu Wort. Ich muss Sie darauf aufmerksam machen, dass Sie in dieser Runde noch knapp 1,5 Minuten Restredezeit haben, danach verweise ich Sie auf die dritte Fragerunde. – Bitte.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Guten Nachmittag, Herr Dr. Dossi. Herr Dr. Dossi, ist Ihnen ein Positionspapier zum Thema Hypo Alpe-Adria aus dem November 2009 aus dem Bundeskanzleramt bekannt?

Dr. Harald Dossi: Nein, könnte ich jetzt nicht sagen. November 2009?

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Ja.

Dr. Harald Dossi: Nein. Nein.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Wenn es ein solches gibt, wo könnte das denn erstellt worden sein?

Dr. Harald Dossi: Keine Ahnung.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Ich komme zu einem nächsten Bereich, und zwar zu den Verhandlungsrunden mit der Bayern Landesbank, an denen Sie bei zweien teilgenommen haben, und zwar die vom 8. Dezember und die vom 9. Dezember. Ich darf Ihnen das Protokoll vom 8. Dezember übermitteln, das ist das mit der Nummer 29472. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.) Hier haben seitens der Republik Österreich die Vertreter des Finanzministeriums, Lejsek, Höllerer, teilgenommen, Peschorn für die Finanzprokuratur und fürs Bundeskanzleramt Herr Dr. Dossi und ein Mitarbeiter, von der Bayern Landesbank, die sehr prominent vertreten war mit einer ganze Reihe von Leuten, Dr. Kemmer, Ermisch, Häusler, Köglmeier, und dann von Morgan Stanley die entsprechenden Vertreter. Haben Sie noch Erinnerung an diese Verhandlungsrunde?

Dr. Harald Dossi: Ja.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Wie waren da Ihre Wahrnehmungen zu dieser Sitzung?

Dr. Harald Dossi: Das war meiner Erinnerung nach – warten Sie, lassen Sie mich jetzt nachschauen –, glaube ich, der erste Termin mit der Bayerischen Landesbank, wo das erste Mal ganz ausdrücklich die Position der Bayerischen Landesbank vertreten wurde, dass sie nicht bereit ist, über ein weiteres zusätzliches finanzielles Engagement in der Hypo Alpe-Adria-Bank zu reden, und auch dort wurde bereits skizziert, dass man sich das durchgerechnet habe und eine Insolvenz seitens der Bayerischen Landesbank zu verkraften wäre.

Das war meiner Erinnerung nach eine sehr emotionale Sitzung, weil tatsächlich das für uns ganz, ganz neu war – und auch seitens Österreichs. Das hat also vor allem der Kollege Lejsek für das Finanzministerium argumentiert mit vielen Begründungen. Und da hat auch das eine Rolle gespielt, was jetzt gerade früher auch Thema war, nämlich dass bisherige Äußerungen der Bayerischen Landesbank in eine ganz andere Richtung gegangen sind. Und dieser Termin, der meiner Erinnerung nach gar nicht sehr lange gedauert hat, hat relativ abrupt geendet, mit einem Abbruch der Gespräche, weil seitens Österreichs gesagt wurde, dass diese Position der Bayern völlig unakzeptabel sei und sie gewissermaßen noch einmal nachdenken sollten über ihre Position.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): So wie Sie das ausgeführt haben, ist es auch im Protokoll nachvollziehbar. Herr Lejsek, ich zitiere, kommentiert dieses Angebot wie folgt: „Das kommt mir vor wie Hans im Glück. Er hat nichts mehr, ist aber froh, dass er gegangen ist.“ Die Verärgerung ist über weite Strecken aus dem Protokoll herauszulesen, und es geht dann auch um die Sitzungsunterbrechung oder Abbruch.

Die Frage, die sich hier stellt: Nach dieser Sitzung – nehme ich an – sind die Vertreter der Republik Österreich noch zusammengesessen. Hat man dann beraten, wie man weiter vorgeht, oder was ist nachher dann passiert?

Vorsitzende Doris Bures: Für weitere Fragen muss ich Sie dann auf die nächste Runde verweisen.

Dr. Harald Dossi: Es hat meiner Erinnerung nach einen Abbruch und nicht eine Unterbrechung für diesen Tag gegeben. Ich glaube, es hat an dem Tag keine weitere Runde mehr mit der BayernLB gegeben. Es gab danach, meiner Erinnerung nach, tatsächlich natürlich noch eine interne Nachbesprechung, in der seitens des Finanzministeriums, auch vor dem Hintergrund der jetzt für uns völlig neuen Position der Bayern, bekräftigt wurde, dass der Vizekanzler sehr, sehr ablehnend wäre hinsichtlich einer Übernahme der Bank durch die Republik oder durch den Bund und dass man einfach mit allen Argumenten, die man hat, in den nächsten Tagen mit den Bayern weiterverhandeln will. Es ist gewissermaßen eine interne Bekräftigung passiert, dass wir nicht bereit waren, auch nur im Ansatz den Bayern in dieser Frage entgegenzukommen.

Abgeordnete Mag. Karin Greiner (SPÖ): Ich habe keine weiteren Fragen an die Auskunftsperson. – Danke schön an Sie!

Aber ich möchte schon generell die Frage nach der Sinnhaftigkeit diverser Ladungen aufwerfen und dass wir uns auch die Fragen stellen sollten: Ist es zeitökonomisch? Wie sinnvoll ist es überhaupt, haben wir neue Erkenntnisse gewonnen und, vor allem, hat die kritische Öffentlichkeit Verständnis für eventuelle Leerläufe? Ich empfehle uns, dass wir uns 2016 wirklich auf das Wesentliche konzentrieren! – Danke.

Vorsitzende Doris Bures: Als Nächste in der dritten Runde: Frau Abgeordnete Dr. Lichtenecker – Bitte.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Herr Dr. Dossi, ich möchte jetzt in der nächsten Runde fortfahren, nämlich mit dem Folgetag von dem, was wir vorhin besprochen haben, mit dem 9.12., und darf Ihnen ein Dokument mit der Nummer 29473 übermitteln, das de facto der zweiten Verhandlungsrunde entspricht. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Dr. Harald Dossi: Soll ich mir das zur Gänze durchlesen oder wollen Sie irgendwie spezifisch eine Frage stellen? (Zwei Mitarbeiter, die sich in der ersten Sitzreihe zueinander gebeugt besprechen, verdecken die Sicht auf die Abgeordnete.)

Vorsitzende Doris Bures: Entschuldigen, könnten wir die Frau Abgeordnete Lichtenecker sehen, ich würde den ... (Abg. Lugar: Sie könnte sich auch in die erste Reihe setzen!) Das entscheidet der Abgeordnete oder die Abgeordnete selbst. (Die beiden Mitarbeiter ziehen sich in den hinteren Teil des Saales zurück.) – Bitte, Frau Abgeordnete.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Genau so ist es. – Herr Dr. Dossi! Es haben wieder teilgenommen: für die Finanzprokuratur Dr. Peschorn, für das BKA Herr Dr. Gruber und Sie, Herr Dr. Dossi, dann die Bayerische Landesbank, jetzt in reduzierter Form mit den Herren Dr. Kemmer, Ermisch und Haas, und die Besprechung ist in dieser Form weitergegangen.

Können Sie sich erinnern, wie dieser Termin am Folgetag zustande gekommen ist? Am Vortag ist abgebrochen worden. Hat es dann in der österreichischen Gruppe den Beschluss gegeben, es wird doch am nächsten Tag weiterverhandelt, oder wie war da das Prozedere?

Dr. Harald Dossi: Der Umstand, dass der 8. eher emotional und turbulent zu Ende gegangen ist, hat nicht bedeutet, dass man so beleidigt war, dass man nicht mehr reden wollte. Wie im Detail dann der Folgetermin vereinbart wurde, kann ich Ihnen jetzt nicht mehr genau sagen, aber es war allen klar, dass vor dem Hintergrund des großen Zeitdrucks jeder Tag, wenn es nur irgendwie geht, genutzt werden muss.

Dieser Termin am 9. hat dann meiner Erinnerung nach eher erst am Abend begonnen, möglicherweise auch deswegen, weil die bayerischen Vertreter in der Zwischenzeit wieder in München waren und dann noch einmal anreisen mussten – das kann ich Ihnen nicht genau sagen –, aber es war klar, dass die Gespräche weitergehen müssen.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Diese zweite Besprechung, diese zweite Verhandlungsrunde ist – wie Sie heute schon zu Beginn ausgeführt haben – eine sehr lange Runde gewesen, in der von 19 Uhr bis 1 Uhr nachts verhandelt worden ist. Wir haben schlichte zweieinhalb Seiten Dokumentation davon. Insofern stellt sich die Frage, wieweit Sie sich an diese Sitzung erinnern können beziehungsweise welche Wahrnehmungen Sie von dieser Verhandlungsrunde mit der Bayerischen Landesbank mitgenommen haben.

Dr. Harald Dossi: Ich glaube, diese Sitzung hat auch deswegen so lange gedauert, weil am Beginn dieser Sitzung das erste Mal eine schriftliche Unterlage der Bayerischen Landesbank vorgelegt wurde, in der die am Tag zuvor mündlich geäußerte Position sehr detailliert, auch mit sehr vielen technischen Einzelheiten, vorgelegt wurde.

Meiner Erinnerung nach ist die lange Sitzungsdauer insofern eine virtuelle, als es da eine ganze Anzahl von längeren Unterbrechungen gegeben hat, weil wir dieses Papier natürlich studieren und bewerten mussten und an diesem Tag – meiner Erinnerung nach – stattgefunden hat, dass man Punkt für Punkt durch dieses Papier durchgegangen ist, aber vor dem Hintergrund, dass natürlich ein Kernpunkt in diesem Papier nach wie vor die bayerische Position war, dass der Bund die Hypo Alpe-Adria-Bank übernimmt, dieser Abend ohne Einigung zu Ende gegangen ist.

Es gab dann meiner Erinnerung nach einen Vorschlag Österreichs, am nächsten Tag weiterzuverhandeln, und da gab es dann aber die Antwort der Bayern, dass sie am Tag darauf – das war der 10. – nicht könnten, nicht zur Verfügung stehen würden, und ich glaube, dass es dann tatsächlich am 10. Dezember als einzigem Tag in dieser Woche keinen Verhandlungstermin mit den Bayern gegeben hat und der nächstfolgende erst wieder am 11. stattgefunden hat.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Herr Dr. Dossi, hatten Sie den Eindruck, dass bei dieser Sitzung, bei dieser langen Verhandlungsnacht von doch an die 6 Stunden, nächtens, mit diesem detaillierten Papier, die beiden Verhandlungsteams Österreich und Bayern ausgeglichen waren? (Auskunftsperson Dossi: Ja!) – Also inhaltlich?

Für mich stellt sich einfach die Frage: Wenn von der Bayerischen Landesbank drei Bankexperten da sind, von Freshfields und Morgan Stanley auch noch einmal drei, sind sechs ausgewiesene Bank- und Insolvenzrechtsexperten und so weiter unterwegs, und vom BMF, bei allem Respekt und aller Wertschätzung, sozusagen ein Kabinettsmitarbeiter und so weiter – wie spezialisiert ist man im Bankenbereich?

Ohne das jetzt zu relativieren: Von den Qualifikationen her erscheint mir das – von der Detailliertheit des Papiers, so, wie es geschildert worden ist, und von dem, was an Verhandlungsmacht von den Bayern mit reingebracht worden ist – doch sehr gewichtig.

Dr. Harald Dossi: Ich hatte nicht den Eindruck, dass wir aufgrund der Kenntnisse und der Expertise, die Kollege Lejsek, insbesondere, was bankspezifische Fragen betrifft, und im juristischen Bereich Herr Dr. Peschorn eingebracht haben, in irgendeiner Weise benachteiligt gewesen wären.

Vorsitzende Doris Bures: Es liegt mir jetzt keine Wortmeldung vor. Ich frage, ob es noch Wortmeldungen gibt? – Bitte, Herr Abgeordneter Angerer.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Jetzt habe ich gar nicht damit gerechnet, dass ich so schnell drankomme.

Herr Dr. Dossi! Noch einmal zu einem Dokument, dieses liegt Ihnen schon vor. Es ist dieses Protokoll vom 19.12.2008, da geht es um das Partizipationskapital, das haben Ihnen die Grünen vorgelegt. Wir können es Ihnen sonst auch noch einmal vorlegen, aber Sie haben es, glaube ich. Oder?

Dr. Harald Dossi: Ich muss schauen. (Die Auskunftsperson blättert in den Unterlagen.)

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Bei diesem Termin waren Sie ja anwesend, zumindest zum Teil.

Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter, einen Moment nur! (Auskunftsperson Dossi: Okay! Ja!)

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Besprechung zum Thema Partizipationskapital, 19.12.2008 – haben Sie es? Dort bitte die Seite 8 von 9. Sie sind am Anfang angeführt, dass Sie bei der Sitzung dabei sind. Sie haben aber, glaube ich, heute schon erwähnt …

Dr. Harald Dossi: Entschuldigung! Wie kommen Sie zu dieser Paginierung? – Ich habe da Seite 195 von 666.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Aha, weil es ein anderes Dokument ist. Dann müssen wir unseres vorlegen. – Entschuldigung! Das ist nicht die gleiche Seite. Das ist eine andere Nummer, die Dokumente kommen öfter vor. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Es ist das Dokument mit der Nummer 1176088, die Seite 8 von 9. Es geht da um das PartKapital, um die Genehmigung des PartKapitals, und da hat man sich offensichtlich im Vorfeld, nach Besprechungen mit Nationalbank, Finanzprokuratur, BMF, BKA und so weiter, darauf geeinigt, dass man der Hypo 720 Millionen € aus dem Bankenhilfspaket anbietet. Dann gibt es ein Time-out, weil offensichtlich – und das hat uns Herr Berlin gesagt und gestern auch der Mitarbeiter von Deloitte – die Bayern gesagt haben, oder in dem Fall die Hypo: 720 Millionen €, nein, das ist für uns nicht interessant, das nehmen wir nicht. Waren Sie da noch dabei? Haben Sie dazu noch eine Wahrnehmung?

Dr. Harald Dossi: Wenn ich jetzt am Ende dieses Dokuments lese, dass das Ende der Verhandlungsrunde um 20 Uhr war, und ich in meinem Kalender – was ich gecheckt habe – an diesem Tag einen Termin im Finanzministerium zwischen 9 und 10 Uhr in der Früh für eine Vorbesprechung vermerkt habe, bin ich mir sehr sicher, dass ich bei diesem Teil der Besprechung nicht dabei war.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Okay. Dann brauchen wir über die Details nicht zu reden, aber es hat da ein Time-out gegeben, das kann man ja nachlesen. Ich kann es ja auch nur nachlesen, ich war ja auch nicht dabei. Nach diesem Time-out hat es im Hintergrund offensichtlich ein Gespräch – ein Telefonat oder was auch immer –gegeben, und dann hat man den Bayern, oder in dem Fall der Hypo – wie immer man es sehen will – das Angebot gelegt: Okay, wenn ihr 720 Millionen € nicht haben wollt, dann geben wir euch 900 Millionen €, und wir machen die Bank zu sound.

Haben Sie eine Wahrnehmung, ob das in dieser Phase der Entscheidung, von 720 Millionen und not distressed auf 900 Millionen und sound, ein Alleingang des Finanzministers war, oder hat es in dieser Frage eine Abstimmung mit dem Bundeskanzler gegeben?

Dr. Harald Dossi: Das kann ich nicht beantworten. Ich weiß es nicht.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Okay, danke, dann können wir das beiseitelegen. Dann möchte ich zu einem zweiten Punkt kommen, dazu möchte ich Ihnen ein Dokument vom Rechnungshof vorlegen. Es ist eigentlich nur ein Rechnungshof-Dokument, ein Auszug, da gibt es keine Nummer – Bund 2015/5, Rechnungshofbericht.

Sie haben gesagt, Sie haben erstmals im Dezember, ich glaube, am 7. Dezember, wahrgenommen, dass sich die Bayern gänzlich aus der Bank zurückziehen wollen. Ist das so richtig?

Dr. Harald Dossi: Ich glaube, es war der 8. Dezember.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Jetzt schreibt hier der Rechnungshof im zweiten Absatz: „Andererseits sank die Bereitschaft des Mehrheitsaktionärs BayernLB, sich an einer Rekapitalisierung der HBInt zu beteiligen. War am 10. November 2009 noch eine Beteiligung der Republik Österreich von Seiten der BayernLB erwartet worden, so bot diese am 23. November 2009 ihren Anteil der Republik Österreich um 302 Mio. EUR zum Kauf an und zog eine Insolvenz der HBInt in Betracht.“

Laut Rechnungshofbericht hat am 23. November die BayernLB Österreich die Bank um 302 Millionen € angeboten und hat eine Insolvenz in Betracht gezogen. Haben Sie dazu Wahrnehmungen?

Dr. Harald Dossi: Zu diesen Vorgängen, wie sie da in Bezug auf den November 2009 geschildert wurden, keine unmittelbaren. Was da möglicherweise passiert ist, war mir damals nicht bekannt. Es hat im Zuge der Verhandlungen mit der BayernLB tatsächlich seitens der Bayern das Argument gegeben, so ungefähr: Wundert euch nicht allzu sehr, wir haben euch das ja schon im November gesagt!

Das war ein Moment in den Gesprächen, wo ich persönlich sehr überrascht war, weil ich tatsächlich erst am 4. Dezember überhaupt von der Situation und dann am 8. Dezember von dieser Position der Bayerischen Landesbank erfahren habe. Allerdings kann ich mich daran erinnern, dass im Zuge der Gespräche in der Woche zwischen dem 8. und dem 12. – wann auch immer dieses Argument gefallen sein mag – seitens des Finanzministeriums die Richtigkeit dieser Darstellung bestritten wurde.

Da ist zwar bestätigt worden, dass es offenbar im November bereits Gespräche zwischen der Bayerischen Landesbank und dem Finanzministerium gegeben hat, aber so, wie das das Finanzministerium dargestellt hat, sei damals nicht in dieser Deutlichkeit eine Übernahme der Anteile durch den Bund im Raum gestanden.

Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter! Sie haben Ihre Redezeit in dieser Runde bereits ausgeschöpft, aber ich unterbreche Sie nicht. Mir liegt nämlich jetzt keine Wortmeldung mehr vor.

Ich habe doch noch eine Wortmeldung. Haben Sie noch eine kurze Frage, oder soll ich Sie für die nächste Runde vormerken?

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Eine ganz kurze Frage noch, nur, ob ich Sie jetzt richtig verstanden habe: Also, Sie selbst haben das erst am 4.12. überhaupt gehört, und am 8.12., dass sie aussteigen wollen. Das war dann aber Thema, dass man das schon im November angekündigt hätte. Das bestätigt sich auch aus Aussagen von Herrn Lejsek, der sogar sagt, dass es das gegeben hat, und aus einem Schreiben an Herrn Höllerer, das wir heute vorgelegt haben. Aber offensichtlich hat es da keine Information seitens des Finanzministeriums an das Bundeskanzleramt gegeben?

Dr. Harald Dossi: Richtig!

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Dr. Dossi! Ich darf Ihnen ein Dokument mit der Nummer 24179 übermitteln. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.) Jetzt kommen wir zu dem Tag, wo Sie gesagt haben, das waren die letzten Besprechungen, bei denen Sie nach der Verstaatlichung dabei waren, und zwar ist das ein Mail von Dr. Hrdlicka an Herrn Ittner und so weiter, wo im Protokoll die Sitzungen zwischen 12. und 14. Dezember angeführt sind.

Herr Dr. Dossi! Ich darf auf die Seite 2 gehen …

Dr. Harald Dossi: Darf ich Sie davor fragen, wer Frau Hrdlicka ist?

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Das ist die Mitarbeiterin von der Oesterreichischen Nationalbank. (Auskunftsperson Dossi: Aha! Okay! – Bitte!)

Auf Seite 2, Punkt 2: Besprechung im Finanzministerium von 15 Uhr bis 16.15 Uhr. Die Teilnehmer seitens des Bundes: Pröll, Schieder, Peschorn, Lejsek, Höllerer, dann die Vertreter vom BMF und BKA. Ich gehe davon aus, dass Sie dabei waren, da Sie hinten auf Seite 4 zitiert werden.

Dr. Harald Dossi: Aber: „Besprechung in der FMA“?

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Nein, im BMF.

Dr. Harald Dossi: Da steht „Besprechung in der FMA“ – auf Seite 2.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Seite 2, die Nummerierung unten. Entschuldigung! Die Nummerierung ist ein bisschen schwierig – Seite 3.

Dr. Harald Dossi: Ach so – BMF! Okay! – Bitte, ich bin jetzt an der richtigen Stelle.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Ihr Name ist nicht angeführt, aber ich gehe davon aus, dass Sie – weil Sie im Protokoll dann auf der Seite 5 zitiert sind – bei dieser Sitzung anwesend waren. – Ist das korrekt?

Dr. Harald Dossi: Ich glaube, ich war da dabei, ja.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Jetzt gibt es von dieser Sitzung am 12. Dezember im Finanzministerium ein Zitat auf der Seite 4 oben, wo ausgeführt wird: „HBMF Pröll“ – ich übersetze: der Herr Bundesminister für Finanzen Pröll – „ergänzt, dass die Hypothekenbanken sowie der restliche Bankensektor auf Bereitschaft gestellt seien.“

Können Sie sich noch an diese Aussage erinnern? – Zweiter Absatz, Seite 4.

Dr. Harald Dossi: Ich habe jetzt nicht eine spezifische Erinnerung an genau diesen Satz, aber wenn er das bedeutet, was ich vermute, nämlich, dass Vertreter von Institutionen an diesem Wochenende, von dem man angenommen hat, dass es bei Verhandlungen durchgehen wird, auf Abruf bereitstehen sollen, für den Fall, dass man sie bei Gesprächen beiziehen soll oder dass man sie für bilaterale Gespräche braucht, so scheint mir das ganz selbstverständlich zu sein.

Ich glaube auch, das hat ja nach dem, was ich danach gelesen habe, auch stattgefunden, dass in diesen sehr intensiven Stunden nicht nur bilaterale Verhandlungen Österreich mit Bayern, sondern auch eine Vielzahl von Subverhandlungen, auch mit Banken, mit dem Hypo-Group-Sektor und so weiter, stattgefunden haben.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Wenn ich den Satz davor lese: „Die österr. Finanzwirtschaft müsse ebenfalls einen Beitrag leisten“, dann hätte ich jetzt als Leserin dieses Protokolls von dieser Sitzung vermutet, dass de facto der Finanzminister beabsichtigt, dass sich der Bankensektor und die Hypothekarbanken an dem Ganzen beteiligen – nicht nur gesprächstechnisch, sondern tatsächlich finanztechnisch.

Dr. Harald Dossi: Das deckt sich auch mit meiner Erinnerung, dass wir ja in den Tagen davor in technischen Vorgesprächen vor allem dem Hypo-Sektor gegenüber ganz deutlich gemacht haben, dass es hier eine Beteiligung geben muss. Und es ist sicherlich richtig, dass auch die Erwartungshaltung bestanden hat, dass andere österreichische Banken solche Beiträge leisten.

Der vorletzte Satz in dem Absatz, gibt das, glaube ich, ganz korrekt wieder. Der Folgeabsatz, glaube ich, bedeutet tatsächlich nur diese organisatorische Information: Wenn es so weit ist, werden sie greifbar sein, auch wenn es Wochenende ist.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Das heißt nichts anderes, als dass am Samstag, dem 12. Dezember, am späteren Nachmittag noch immer klar war: Die Banken und der Hypothekarsektor müssen oder sollen sich daran beteiligen?

Dr. Harald Dossi: Dass es die Erwartungshaltung des Bundes gibt, dass das so ist. – Ja, korrekt.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Gibt es von Ihrer Seite eine Idee, warum das dann so nicht eingetreten ist, obwohl das noch wenige Stunden vor der Verstaatlichung klar dargestellt wurde?

Dr. Harald Dossi: Ich kann Ihnen jetzt nur als Medienkonsument antworten, dass ich mich zu erinnern glaube, dass Gouverneur Nowotny dazu etwas Nützliches gesagt hat, nämlich, dass er im Rahmen dieses Wochenendes im Auftrag des Finanzministers genau solche Gespräche mit Spitzenvertretern österreichischer Banken geführt habe und seiner Wahrnehmung nach eine Zusage österreichischer Banken für eine Beteiligung hatte und dann sehr enttäuscht gewesen sei, dass das zumindest in dieser Form nicht zustande gekommen sei. Aber weitere Hintergründe dazu weiß ich natürlich nicht. Ich habe keine unmittelbare Wahrnehmung dazu.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Aber Sie selbst als Teilnehmer in dieser Runde am Samstagnachmittag haben nichts Näheres erfahren?

Dr. Harald Dossi: Nein, weil eben, wie gesagt, diese Vorbesprechung beim Herrn Vizekanzler der letzte Termin war, an dem ich im Rahmen dieser Gespräche teilgenommen habe.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Danke, Herr Dr. Dossi.

Frau Präsidentin! Ich beantrage am Ende der Befragung einen vertraulichen Teil für die Sitzung, da ich ein Dokument einbringe mit der Geheimhaltungsstufe 2 – aber wie gesagt, bitte keine Sitzungsunterbrechung, sondern am Ende.

Vorsitzende Doris Bures: Danke vielmals. Mir liegt auch jetzt noch eine Wortmeldung vor. – Herr Abgeordneter Darmann, bitte!

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Dr. Dossi! Schönen guten Abend! Ich habe einige Nachfragen und dann eine Vorlage eines Dokuments im Hinblick auf eine meiner Nachfragen.

Zum einen haben Sie selbst vorhin angeführt, dass aufgrund, ich zitiere, „des großen Zeitdrucks jeder Tag (…) genutzt werden muss“. Können Sie das noch einmal ausführen, wie das mit dem „großen Zeitdruck“ gemeint war?

Dr. Harald Dossi: Es war vor dem Hintergrund der auch gesellschaftsrechtlich notwendigen Vorläufe, um eine Bilanz für das Jahr 2009 zu erstellen – nämlich rechtzeitig –, klar, dass man bis etwa Mitte Dezember 2009 eine endgültige Entscheidung über die Kapital- und Liquiditätsausstattung der Bank braucht. Da die Gespräche mit den Bayern eigentlich erst am 7. beziehungsweise 8. Dezember begonnen haben, war naturgemäß dann der Zeitdruck gegeben.

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Das war ja, wenn ich so unseren Wissensstand zusammenfassen kann, nur Ihre Sicht der Dinge, dass die Gespräche mit den Bayern am 7. und am 8. Dezember begonnen haben, weil in Wahrheit – das belegen ja schon viele Aktenstücke bis jetzt – Monate zuvor Gespräche über die Kapitalisierung der Hypo begonnen haben. Das heißt, es hat ja regelmäßig einen Austausch zwischen Fahrenschon, Pröll, Höllerer und dergleichen gegeben, aber es muss natürlich nicht sein, dass Sie darüber informiert waren, das ist mir schon klar. (Auskunftsperson Dossi: Ich war nicht informiert darüber!)

Ja, also Ihr Wissensstand war 7., 8. Dezember, ab dort ist mit den Bayern genau darüber gesprochen worden, und vorher haben Sie keinen Wissensstand gehabt? (Auskunftsperson Dossi: Ja!)

Ist Ihnen bekannt, dass die Republik Österreich seit Erteilung des Partizipationskapitals im Jahr 2008 das Recht auf Einsicht und Buchprüfung in der Hypo hatte, nämlich das jederzeit auszuübende Recht – einseitig, ohne Widerspruchsmöglichkeit durch die Bayern?

Dr. Harald Dossi: Ja, das weiß ich, das entspricht auch meines Wissens der Gesetzeslage beziehungsweise der Vereinbarung mit der Bank und war, wenn ich das recht sehe, ja treuhänderisch übertragen an die FIMBAG.

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Das ist einmal korrekt zusammengefasst. Fakt ist aber genauso, dass genau ab dieser Rechtserteilung aufgrund der vertraglichen Verhältnisse bei der Erteilung des Partizipationskapitals die Republik Österreich bis hin zur Verstaatlichung auf dieses Recht verzichtet hat, eine Due Diligence durchzuführen. Haben Sie das auch gewusst?

Dr. Harald Dossi: Also, jetzt im Nachhinein weiß ich das (Abg. Darmann: Ja, aber damals?), das war mir im Verlauf des Jahres 2009 nicht bewusst.

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Nicht bewusst. Wieso frage ich das? – Aus dem Grund, weil unseres Erachtens dieser Zeitdruck, den Sie definiert haben oder zumindest ausgesprochen haben, sicherlich selbst verschuldet war, denn man hätte sich schon längst zuvor erkundigen können – durch eine ausführliche Due Diligence, die auch angebracht gewesen wäre im Zuge eines Unternehmenserwerbs –: Wie ist der Stand der Dinge, was sind die wahren Zahlen, die Risiken hinter dieser Bank, hinter diesem Konzern? Man hat das einfach nicht gemacht seitens der zuständigen Behörden, die dazu berufen gewesen wären.

Das ist jetzt nicht unbedingt ein Vorwurf in Ihre Richtung, aber ich wollte nur dieses Thema Zeitdruck von einer anderen Seite beleuchten, denn der Zeitdruck ist nicht am 7., 8. Dezember entstanden, weil dann erst interne Gespräche begonnen haben, sondern weil die Republik ein Jahr lang verschlafen hat, von ihrem Recht Gebrauch zu machen, Einblick in diese Bank zu nehmen, so wie es sich für einen ordentlichen Kaufmann gebühren würde, wenn man da Fakten schaffen will, um dann entscheiden zu können, also praktisch eine Entscheidungsgrundlage zu suchen. Das möchte ich insofern einmal festgehalten haben.

Da es Ihnen aber nicht bekannt war, brauche ich Sie auch …

Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter, Sie müssen jetzt zur Frage kommen! (Abg. Darmann: Bitte?) Ich muss auf die Redezeit achten, denn mir liegt, wenn ich es richtig gesehen habe, eine Wortmeldung vor. Ist das so, Herr Mag. Kogler?

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Dann ziehe ich zurück, ich kann auch zurückziehen!

Vorsitzende Doris Bures: Ich habe gesagt, Sie haben jetzt noch für eine Frage Zeit. Wenn mir keine Wortmeldung vorliegt, dann können Sie die Ausführungen so lange fortsetzen, wie nötig.

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Dann meine nächste kurze Frage: Wie war Ihr persönlicher Kenntnisstand und der Kenntnisstand des BKA in den Wochen vor der Verstaatlichung hinsichtlich der Einbindung von Experten der OeNB in die Verhandlungen zwischen der Republik Österreich und Bayern?

Haben Sie gewusst, oder, in anderen Worten, sind Sie informiert worden durch das Finanzministerium, dass Experten aus der Oesterreichischen Nationalbank die Verhandlungen des BMF mit dem bayerischen Finanzministerium begleiten? (Auskunftsperson Dossi: Sie meinen, in der Zeit vor dem 4. Dezember, oder?) – In der eigentlichen Verstaatlichungsphase, auch die letzten Wochen vor der Verstaatlichung, aber vor allem in der Verstaatlichungsphase, praktisch: Anfang Dezember bis zur Verstaatlichung.

Dr. Harald Dossi: Was in den Tagen und Wochen vor dem 4. Dezember passiert ist, kann ich nicht sagen, weil ich, wie gesagt, erst am 4. Dezember die erste Information bekommen habe, dass ab dem 4. Dezember die Oesterreichische Nationalbank und die FMA in die internen Verhandlungsvorbereitungen und Gespräche eingebunden waren. Das war allseits gewollt und ist so erfolgt.

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Jetzt würde ich gerne weiterfragen, ich weiß aber nicht, ob ich darf.

Vorsitzende Doris Bures: An sich liegen mir zwei Wortmeldungen vor, aber … (Abg. Kogler: Ich habe schon gesagt, ich ziehe zurück!) – Ja, Sie sind aber nicht der Einzige, der sich noch zu Wort gemeldet hat. Ich gehe aber jetzt davon aus, dass Sie jetzt noch diesen Frageblock beenden können, und dann gehe ich in der Rednerreihenfolge vor und frage auch die Fraktionen noch einmal.

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Gut, danke vielmals. Dann darf ich ein Aktenstück vorlegen, nämlich die Nummer 9304, Lieferant Oesterreichische Nationalbank. Ich darf darum ersuchen, Herr Dr. Dossi, die Seite 15 von 43 – rechts oben – aufzuschlagen. Es geht um das Protokoll Nr. 40 der Direktoriumssitzung vom 7. Dezember 2009 in der Oesterreichischen Nationalbank. Anwesende waren Raidl, Nowotny, Duchatczek, Zöllner, Ittner.

Wenn Sie auf der Seite 15 von 43 unter Punkt 1 lesen, „Hypo Group Alpe Adria“, dann sehen Sie in der Mitte des Absatzes folgende Formulierung: „Es wird festgehalten, dass die OeNB nicht in die Verhandlungen des Finanzministeriums eingebunden ist, obwohl auf die hohen Risiken hingewiesen wurde.“

Jetzt haben Sie gesagt, ab dem 4. war das durchwegs gewollt, dass die Experten der OeNB eingebunden sind, und da hat es eine Direktoriumssitzung am 7. Dezember gegeben, in der noch darauf hingewiesen wird, unter den Direktoren: Wir haben auf die hohen Risiken in diesen Verhandlungen hingewiesen, aber wir sind nicht eingebunden. Wie können Sie sich das erklären?

Dr. Harald Dossi: Das ist möglicherweise jetzt ein Spiel mit Worten, aber ich glaube, ich habe das davor ja auch schon angesprochen: Es war besprochen, und ich kann mich nicht daran erinnern, dass Vertreter der OeNB oder der FMA das in irgendeiner Weise hinterfragt oder kritisiert hätten, dass in den internen Vorbereitungsrunden, Nachbereitungsrunden auf Bundesseite die OeNB und die FMA voll eingebunden sind – das hat auch damit begonnen, dass bereits am 4. Dezember 2009 bei dieser allerersten bundesinternen Besprechung sowohl OeNB als auch FMA dabei waren und sich auch sehr eingebracht haben –, dass aber bei den Verhandlungsrunden, das ist vielleicht jetzt die Antwort auf Ihre Frage, nämlich Verhandlungen mit Externen, mit den Bayern, mit dem Hypo-Sektor und so weiter, die OeNB und die FMA nicht an diesen Verhandlungsrunden teilnehmen.

Das ist meiner Erinnerung nach so besprochen gewesen, und ich kann mich nicht daran erinnern, dass die OeNB und die FMA das kritisiert hätten in unseren internen Besprechungen. Also insofern kann ich jetzt diese Protokollbemerkung, die tatsächlich etwas kritisch klingt, nicht einordnen.

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Sie haben es auf den Punkt gebracht: Ja, es ist wirklich eine kritische Wertung herauszulesen aus diesem Satz. Umsonst formuliert man nicht so klar, dass wir auf die hohen Risiken hingewiesen haben und trotzdem nicht in die Verhandlungen eingebunden sind. Das hat natürlich eine gewisse Schlüssigkeit, was Sie gerade sagen, dass es möglicherweise diese externen Verhandlungsrunden betrifft, die da gemeint sind. Nur, Herr Doktor, Sie sagen, man hat sich drauf verständigt, dass es so sein soll. Wäre es nicht vernünftig, oder hat es irgendwer angesprochen, von irgendeiner Seite – vielleicht sogar das Bundeskanzleramt –, dass es doch vernünftig wäre, auch bei den externen Verhandlungsrunden Experten dabei zu haben? Anders gefragt: Wieso hat man sich darauf verständigt, Experten nicht bei den externen Verhandlungsrunden dabei zu haben?

Dr. Harald Dossi: Ich glaube, da ist es weniger um die Frage gegangen, ob das Experten oder Nicht-Experten sind, sondern die Rolle der Nationalbank und der FMA war die einer Aufsichtsbehörde, und ob Aufsichtsbehörden bei derartigen Verhandlungen notwendigerweise dabei sein sollten, erschließt sich für mich nicht unmittelbar. Mir schien das damals schlüssig, und, wie gesagt, ich kann mich auch wirklich nicht daran erinnern, dass Vertreter einer der beiden Institutionen in irgendeiner Weise die Vorgangsweise kritisiert hätten.

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Ja, in diesem Schreiben ist es, wie gesagt, kritisch angemerkt.

Dr. Harald Dossi: Ja. Ich nehme das zur Kenntnis, aber ich kann Ihnen nur meine Erinnerung sagen.

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Natürlich, die ist ja gefragt. Wir kommen noch zu einem weiteren Dokument vom 9. November 2009 mit der Aktenzahl 24176. Da geht es um die Seite 2 von 13, um einen Aktenvermerk, Gegenstand „Hypo Group Alpe-Adria“, Notiz ergeht an „BMF zu Handen Herrn (…) Mag. Lejsek“.

Da wird festgehalten, ich zitiere:

„Anlässlich einer schon vor einigen Wochen vereinbarten routinemäßigen Besprechung in der FIMBAG am 5. November 2009 wurde von GD Pinkl folgender Sachverhalt dargelegt:“

Dann werden einige Punkte aufgezählt. Wenn Sie jetzt auf die Seite 3 von 13 gehen, dann wird darauf verwiesen, dass die BayernLB … – das beginnt schon auf der Seite 2 unten:

„Die Bayern LB hat sich prinzipiell bereit erklärt, an einer Kapitalerhöhung mitzuwirken, erwartet jedoch ein Mitziehen von GRAWE und Kärntner Landesholding zumindest im Verhältnis der von diesen Aktionären derzeit gehaltenen Anteile. Erstere ist wie schon bei der letzten Kapitalerhöhung nicht bereit und die Kärntner Landesholding sieht sich nicht in der Lage mitzuziehen.“

Und jetzt kommt es, nämlich zwei weitere Punkte, die von Pinkl der FIMBAG mitgeteilt wurden, und Pinkl wird sich das nicht selber aus den Fingern gesogen haben, sondern wohl vom Haupteigentümer BayernLB instruiert gewesen sein. Der nächste Punkt:

„Als Alternative dürfte die BayernLB einen österreichischen Beitrag in der Form erwarten, dass anstelle der Zeichnung von Stammaktien durch die österreichischen Aktionäre die Republik Österreich neuerlich Partizipationskapital einbringt. (Pro domo: Die österreichischen Aktionäre hätten ca. 1/3 von 1,4 Mrd. EUR, also knapp unter 0,5 Mrd. EUR aufzubringen.)“

Nächster Punkt: „In der Diskussion wurden diesbezüglich etwaige beihilfenrechtliche Hindernisse aufgezeigt und als denkmögliche Alternative auch Bundesgarantien für Aktiva angesprochen.“

Das heißt, da wurden zwei weitere Varianten von den Bayern ins Spiel gebracht, wie man mit dieser Problemstellung Hypo umgehen könnte. Ich sage nicht, dass das ehrlich gemeint war von den Bayern, aber zumindest wurde es von den Bayern einmal angesprochen. Waren das Themen, die auch Ihnen kommuniziert wurden, auch im Bundeskanzleramt, welche Varianten da alle, so gesehen, im Verstaatlichungsspiel sind? Was man auspacken könnte, um in der Verhandlung eventuell noch einen Trumpf zu haben? Ihr habt das vorgeschlagen – machen wir das!

Denn genau die Experten, von denen ich vorher gesprochen habe, haben diesen ganzen Informationsstand gesammelt gehabt, aber es ist nicht sicher, ob Sie und auch das Finanzministerium den Wissensstand gehabt haben, was da schon für Vorschläge gemacht wurden, weil immer Mittelsmänner gesprochen und verhandelt haben, aber schlussendlich die Entscheidungsträger dann diese Mittelsmänner nicht mehr mitgenommen haben zur finalen Verhandlungsrunde, und darum geht es. Die Experten haben den vollen Wissensstand gehabt, und die Verhandler haben vielleicht ein Ziel gehabt, aber nicht die Grundlagen, um diese Entscheidung zu treffen.

Dr. Harald Dossi: Vorweg: Dieses Dokument und auch den Inhalt und die Informationen aus diesem Dokument habe ich im November 2009 nicht gehabt, allerdings sind genau diese Varianten, die da aufgezeigt wurden als Alternativen zu einer Übernahme der Bank – entweder Beteiligungen oder zusätzliches finanzielles Engagement vor allem der anderen Eigentümer, also Grazer Wechselseitige, Land Kärnten, möglicherweise auch im Hypo-Sektor abzustützen durch staatliche Garantien … Das hat eine Rolle gespielt in den Verhandlungen mit der BayernLB, und wir haben intern auch diskutiert, dass sozusagen als letzte Option zusätzliches weiteres Partizipationskapital durch die Republik Österreich eine Denkmöglichkeit wäre.

Also: Ja, diese Varianten waren bekannt. Das waren naheliegende Varianten, die auch mit der Bayerischen Landesbank besprochen wurden, die allerdings, soweit ich das in den Gesprächen verfolgen konnte, von den Bayern in der Phase ab dem 8. Dezember immer abgelehnt wurden mit dem Argument: Darüber brauchen wir gar nicht zu reden, denn wir Bayern wollen raus, und ihr müsst die Bank übernehmen, ansonsten Insolvenz!

Aber das waren sozusagen, um Ihre Frage noch einmal zu beantworten, keine Varianten, die uns unbekannt gewesen wären, sondern die haben tatsächlich eine Rolle gespielt.

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Wissen Sie die Motivation hinter dieser Strategieänderung der BayernLB, was diese Alternativlösungen oder Alternativvorschläge betroffen hat? Denn es muss ja irgendetwas passiert sein zwischen dem Vorschlag, der anscheinend von Bayernseite gemacht wurde in Richtung Republik Österreich, und dann dem Termin 7., 8., irgendwann, Dezember, wo Sie sagen, ab diesem Zeitpunkt oder in den Verhandlungen – sagen wir es einmal so, ein bisserl neutraler, was den Termin betrifft, im Dezember – sind die Bayern abgesprungen von diesen Vorschlägen und haben gesagt: Kommt nicht mehr infrage, machen wir nicht mehr. Wissen Sie, ist das angesprochen worden von österreichischer Seite: Was ist jetzt los, ich meine, das habt ihr vorgeschlagen, machen wir es?, und dann sagen sie: Nein, jetzt machen wir es nicht mehr! Da muss ja irgendeine Begründung dahinter sein.

Dr. Harald Dossi: Die Antwort liegt für mich in der Quelle dieser Information. Die Quelle dieser Information, die Sie mir vorgelegt haben, war nicht ein Vertreter der BayernLB, sondern der Vorstandsvorsitzende der Hypo Alpe-Adria-Bank, der Herr Pinkl, und wir konnten im Zuge der Verhandlungen mit den Bayern, wo zum Teil auch Vertreter der Bank, also der Hypo Alpe-Adria dabei waren, mehrmals feststellen, dass es in wesentlichen Verhandlungsfragen zwischen der Bank und ihrer Eigentümerin, nämlich der BayernLB, nicht immer idente Interessensstandpunkte und deswegen auch nicht idente Positionen gegeben hat – was für mich auch nicht verwunderlich war, weil natürlich der Vorstand der betroffenen Bank in gewissen Fragen andere Einschätzungen, andere Präferenzen hatte als seine Eigentümerin. Das scheint da ja auch sehr vorsichtig formuliert zu sein: Als Alternative dürften die Bayern, und so weiter, also für mich ist das zumindest ein Teil einer Antwort.

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Ja, die Formulierung wird insofern mit „dürfte“ und vorsichtig formuliert sein, weil der Aktenvermerk ja nicht von Herrn Pinkl kommt, sondern von der FIMBAG.

Dr. Harald Dossi: Ja. Aber jedenfalls: Es war Pinkl, der das vorgetragen hat, und nicht die BayernLB selbst.

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Da ist es unzweifelhaft so gegeben, das stimmt, aber Fakt ist doch, dass der Herr Pinkl Generaldirektor der Hypo war, Vorstandsvorsitzender der Hypo war und von den Bayern entsprechend auch dort inthronisiert wurde, wie wir im Nachhinein wissen, auch mit einem Sideletter ausgestattet wurde, dass er entsprechende Prämien bekommt, wenn er die Bank zumindest teilverstaatlicht oder gar verstaatlicht. Das heißt, das ist ja erst der Wissensstand ex post, natürlich, aber er musste natürlich somit aus seiner Vorstandsfunktion heraus auch alles andere als Zurückhaltung üben – nicht unbedingt vielleicht sogar anstreben –, dass endlich die Republik Österreich neuer Eigner dieser Bank wird, um das einmal vorsichtig zu formulieren.

Also er hat durchaus zumindest eine vertragliche, wenn auch geheimvertragliche Motivation dahinter gehabt, auch in diese Richtung arbeiten zu können – nicht zu müssen, aber zu können –, und das wäre in dem Fall ja sogar schlüssig im Sinne der BayernLB gewesen, darauf hinzuwirken, dass genau das zustande kommt, was schlussendlich auch zustande gekommen ist, nämlich die Verstaatlichung. Gut, das heißt, das war Ihnen zum damaligen Zeitpunkt nicht bekannt, aber es ist diskutiert worden. Das ist praktisch die Conclusio zu diesem Dokument. – Dann danke ich fürs Erste.

Vorsitzende Doris Bures: Damit gelangen wir zur 5. Fragerunde. Ich frage jetzt in der Fraktionsreihenfolge durch: ÖVP? – Nein. Grüne? – Herr Abgeordneter Mag. Kogler, bitte.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Dr. Dossi! Jetzt nur ein paar Punkte, die den Ausschuss hier immer schon beschäftigt haben und bei denen es sinnvoll ist, zu klären, wieweit das Bundeskanzleramt, allenfalls der Kanzler, überhaupt informiert worden ist. Nur zum Hintergrund der Fragen: Wir haben aufgehört bei der Frage, dass die Europäische Kommission eigentlich nie daran geglaubt hat – und die äußern das auch –, dass es sich hier um eine sound bank handeln sollte, vielmehr distressed.

Sie haben in Ihrer Antwort vorher schon das ganze Beihilfeverfahren erwähnt und waren schon beim Oktober und noch viel später. Und jetzt die Frage: Wurde dem Bundeskanzleramt Ihrer Erinnerung nach mitgeteilt, dass die EU-Kommission laufend Zweifel eingemeldet hat? – telefonisch, da gibt es ja viele Kontakte, es sind ein paar Österreicher dort, auch in dieser Abteilung, und offensichtlich gute Kontakte.

Zweitens: Im Mai ist offiziell – offiziell! – das Schreiben an das BMF gekommen, dass es sich wohl um eine distressed Bank handeln würde und darauf das Beihilfeverfahren aufbauen werden wird. Ist das Ihnen mitgeteilt worden im Bundeskanzleramt?

Dr. Harald Dossi: Ich habe keine spezifische Erinnerung daran. Ich kann mich daran erinnern – und das war immer wieder auch Gegenstand von Kontakten oder von Informationen seitens des Finanzministeriums –, dass das Beihilfeverfahren sich eher schwierig anlasse, dass es sehr viele Termine brauche. Aber in dieser Genauigkeit, wie Sie mir das jetzt vortragen, ist mir das nicht mitgeteilt worden.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Die Nationalbank hat am 15. Mai, zwei Tage später, also können wir das offensichtlich mit 13. Mai vordatieren, an das BMF geschrieben. Nachdem Ihnen jetzt die Stellungnahme der Kommission bekannt ist und man diese 700 Millionen Kapital, das von der schon distressten Mutterbank BLB gekommen ist, so nicht hätte einrechnen dürfen, schreibt auch die Notenbank in der Folge:

Unter all diesen Voraussetzungen – ich kürze auch das ab, es wird Ihnen medial vielleicht bekannt sein, das mündet beziehungsweise endet mit dem Satz – hätten wir – also die Nationalbank – auch die Hypo als distressed eingeordnet. – Zitatende.

Sie werden es aus den Medien kennen, aber ist Ihnen das damals – mich interessiert ja das – vom BMF mitgeteilt worden?

Dr. Harald Dossi: Ich weiß es, ja, tatsächlich im Nachhinein aus den Medien. Ob mir das damals unmittelbar bekannt geworden ist? – Ich kann es wirklich nicht mehr sagen. (Abg. Kogler: Okay!) Da vermischt sich dann auch, wie Sie sagten, das Wissen im Nachhinein.

Nur – das habe ich zuerst schon gesagt – der Umstand, dass die BayernLB Ende 2008 ihre 700 Millionen zusätzlich noch hineingeschossen hat, hat meiner Erinnerung nach in der Phase Dezember 2008 sehr wohl eine Rolle gespielt bei der Grundsatzentscheidung, überhaupt Partizipationskapital zu geben, weil das der von uns erwartete zusätzliche Eigentümerbeitrag war. Das hat aber meiner Erinnerung nach bei der Frage der Einstufung der Bank keine Rolle gespielt.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Ja, aber im Nachhinein schon. Und dann hat es auch die Nationalbank anders gesehen. Ich will es gar nicht diskutieren. Die einzelnen Fraktionen haben, glaube ich, hier ihre Eindrücke. Aber mir geht es darum, wie das BKA überhaupt informiert worden ist.

Ganz ähnlich gelagert – und jetzt wird es wirklich insofern noch einmal interessant: Das BKA ist notwendig, dass im Einvernehmen zugestimmt wird. Dann ist die FIMBAG am Zug. Die FIMBAG verwaltet dann treuhänderisch. Das kann sie aber nur, weil das BKA zugestimmt hat, denn sonst hätte es das gar nie gegeben.

Nun ist die FIMBAG für bestimmte Beobachtungen zuständig, und es ist auch falsch, dass die nichts getan hätten. Sie haben zum Beispiel diesen sogenannten Viability Report … Der musste dann geschrieben werden, weil die Einstufung in Brüssel auf sound gestellt wurde; sonst hätten sie gleich einen Umstrukturierungsplan vorlegen müssen, der es wohl in sich gehabt hätte. Das war nämlich der Unterschied zwischen sound und distressed –nicht um die Zinsen und nicht um die Voraussetzungen, sondern darum ging es. Wenn das noch dazu öffentlich bekannt geworden wäre, hätten wir eine ganz andere Folgeentwicklung gehabt und vor allem dieser Umstrukturierungsplan hätte her müssen.

Mittlerweile muss ein Viability-Plan her, und jetzt kommt die FIMBAG im Interesse der Steuerzahler und zerreißt diesen de facto in der Luft im Ergebnis, weil die sagen … Zuerst glauben sie die Zahlen von der Bank nicht, haben hier auch PwC eingeschaltet und wieder einmal und andere.

Am Gipfel dieser Entwicklung – die geht schon seit März –, am 22. Juli, schreibt die FIMBAG, zunächst aber nur an das Finanzministerium, dass zu erwarten ist – übersetzt: eigentlich zu befürchten –, dass die Hypo nicht nur das Kapital nicht zahlen wird können bis 2018 – das muss man sich einmal vorstellen aus der Perspektive 2009! –, sondern nicht einmal die Zinsen.

Das heißt, es hat innerhalb der Republiksinstitutionen und nicht nur bei den Bayern – die entweder einen guten oder einen bösen Plan ausgeheckt hätten, lassen wir das weg –, es hat innerhalb von Österreich bei einer Institution, die dafür zuständig ist, da hinzuschauen, einen klaren Befund gegeben: Hallo, da stimmt etwas nicht!

Meine Frage ist jetzt – weil das unmittelbar mit dem PartKapital zusammenhängt, denn die haben das ja als Vertreter, treuhänderisch, der Interessen des Steuerzahlers gemacht –:

Ist Ihnen bekannt – wir finden das in den Akten nicht, so viel darf ich Ihnen vorausschicken, das ist keine Fangfrage –, dass das Bundeskanzleramt, Ihre Mitarbeiter, Sie persönlich oder möglicherweise der Kanzler, in einem Gespräch darauf hingewiesen wurden, dass unsere treuhänderisch agierende FIMBAG schon im frühen Sommer schreibt, dass die Hypo das niemals zurückzahlen wird können, nachdem man wenige Monate davor Ihr Okay eingeholt hat?

Dr. Harald Dossi: Meiner Erinnerung nach hat es diese Information nicht gegeben.

Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter! Mir liegt eine Wortmeldung vor und Sie haben die Redezeit von 3 Minuten ausgeschöpft. (Abg. Kogler macht deutlich, dass er noch Fragen an die Auskunftsperson hat.) – Herr Abgeordneter Mag. Kogler, gut, dann sind Sie weiter am Wort. Und wenn Sie mit Ihren Ausführungen fertig sind, werde ich das Wort Herrn Abgeordnetem Angerer erteilen.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Danke für die Kooperation. Diesen Teil hätten wir dann abgeschlossen.

Es hat aber in Ihrem Haus auch kritische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gegeben – weil das vorher untergegangen ist. Sie haben Herrn Dr. Gruber erwähnt, der da immer wieder als Fachmann, glaube ich, mit war. Es gibt aber auch die Kollegin Itzlinger.

Ist Ihnen bekannt, dass bei dieser Partizipationskapitalerteilung die Frau Kollegin Itzlinger länger dort geblieben ist? Es ist plausibel, dass Sie früher weggegangen sind, das geben auch die Aktenspuren her, insofern deckt sich das mit Ihrem Kalender. Geblieben ist aber, das geben die Akten aber noch mehr her, die Frau Itzlinger. Die gehört ja zum Bundeskanzleramt. Ist das richtig?

Dr. Harald Dossi: Das ist richtig und auch durchaus plausibel, dass sie bei dem Termin dabei war. Die Frau Dr. Itzlinger war in der Phase die in meiner Sektion unter anderem für Bankenfragen zuständige Abteilungsleiterin.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Genau. Haben Sie noch eine Erinnerung daran, was sie erzählt hat über dieses Treffen, wo immerhin 900 Millionen € den Besitzer gewechselt haben, nämlich vom Steuerzahler zur Hypo und nie mehr zurück?

Dr. Harald Dossi: Ich habe dazu jetzt keine detaillierte Erinnerung, vor allem keine Erinnerung einer sehr kritischen Berichterstattung. Meines Wissens war auch diese eine Runde am 19. Dezember die einzige unmittelbare Verhandlungsrunde, die da stattgefunden hat.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Genau. Sie haben also keine Erinnerung, darum sage ich es nur fürs Protokoll. Und ich darf auch gar nicht viel weiter zitieren, denn das wird dann in die Vertraulichkeitsecke fallen, da kommen wir aber heute noch hin.

Ich darf Ihnen nur versichern, dass sich zur Frage sound or distressed – weil Sie sagen, das war nicht so ein Thema – genau diese Ihre Kollegin und Mitarbeiterin laut diesen Protokollen äußerst kritisch geäußert hatte und anschließend noch alle möglichen Verlangen gestellt hat. Aber es ist Ihnen offensichtlich nicht bekannt!?

Dr. Harald Dossi: Ich kann mich zumindest nicht daran erinnern.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Herr Dr. Dossi! Ich möchte Ihnen noch ein Dokument vorlegen. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.) Es geht um die Verstaatlichungsszenarien, also, sagen wir so, die Szenarien bei den Verhandlungen mit den Bayern. Das Dokument hat die Nummer 29483, Lieferant der Rechnungshof.

Und zwar ist dieses Dokument per Mail von der Frau Michaela Annemaria Faller an den Herrn Peschorn und in Cc auch an die Herren Fuchsbauer, Anselm; Steiner, Robert und Windisch, Martin gesendet worden. Der Betreff ist: „Verstaatlichung gemäß.doc“.

Kennen Sie dieses Dokument? Denn wir haben ja gemerkt, dass offensichtlich die Kommunikation zwischen Bundeskanzleramt und Finanzministerium nicht optimal war. (Auskunftsperson Dossi: Also ich kann jetzt nur …!) – Kennen Sie diese Varianten beziehungsweise Variantendarstellungen?

Dr. Harald Dossi: Ich kann jetzt nur auf den ersten Blick sagen: Das sieht aus wie ein Auszug aus einem Rechnungshofbericht, und die sind ja alle öffentlich. Also insofern ...

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Aber sind das die Varianten, die dann auch tatsächlich besprochen wurden? Und sind die einzelnen Punkte in den Varianten dann auch so umgesetzt worden? Oder welche Variante ist da umgesetzt worden?

Dr. Harald Dossi: Na ja, das sind auf den ersten Blick tatsächlich einige der Varianten, die überlegt und auch diskutiert wurden, so gewissermaßen an einem Ende des Spektrums die „Verstaatlichung“, am anderen Ende die „Insolvenz“ und dann Zwischenvarianten, wobei auch die Variante „Geschäftsaufsicht“ im Grunde nichts anderes ist als eine Vorstufe zur Insolvenz und die „Vertragliche Übernahme“ ist gewissermaßen eine Sonderform der Verstaatlichung.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Das war ja eigentlich dann die Variante, die man gewählt hat.

Dr. Harald Dossi: Das sind natürlich … Das ist jetzt eine Aufzählung der sozusagen schlimmen Varianten. Aber das, was ich hier auch zu erklären versucht habe, ist, dass wir im Zuge der Verhandlungen auch eine ganze Reihe von anderen (Abg. Angerer: Varianten überlegt!) Varianten diskutiert und angeboten haben.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Aber diese Variante beziehungsweise nicht genau diese, aber eine Variante, angelehnt an die vertragliche Übernahme, ist dann umgesetzt worden, oder? Denn es hat ja dann einen Kaufvertrag gegeben, und die damaligen Eigentümer haben ihre Aktien und Anteile an den Bund um 1 € veräußert, zu gewissen Bedingungen. Also war es eigentlich eine vertragliche Übernahme? (Auskunftsperson Dossi: Ja, wohl ja!) – Sie würden das also auch so sehen.

Jetzt hier bei den Punkten noch unten durchgesehen, sind die „Folgewirkungen“ interessant: „Bund treffen wirtschaftliche Auswirkungen der Unterkapitalisierung; ‚Fass ohne Boden?‘“ – Wie wurde das diskutiert? Heute wissen wir, dass es ein Fass ohne Boden ist. Damals hat man es offensichtlich auch gewusst – mit Fragezeichen dahinter.

Dr. Harald Dossi: Na ja, der genau gleiche Satz findet sich auch links in der Variante „Verstaatlichung“. Und ich glaube, das ist genau die Konsequenz, die uns am Beginn der Verhandlungen bewusst war, dass nämlich jede Lösung einer Übernahme der Bank durch den Bund, in welcher Rechtsform auch immer, dazu führt, dass die volle Verantwortung eines Eigentümers dann den Bund trifft. Ja, natürlich war das klar.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Dann ist vielleicht noch der letzte Punkt interessant, ganz unten, „Landeshaftung“: „de facto Freistellung des Landes, solange der Bund die Anteile hält und damit die Bank am Leben erhalten will; Land wird wohl kündigen“. Was heißt das?

Dr. Harald Dossi: Kann ich nicht sagen, weiß ich nicht.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Okay, Danke. Keine Fragen mehr.

Vorsitzende Doris Bures: Mir liegt jetzt keine Wortmeldung mehr vor.

Herr Dr. Pilgermair, haben Sie ergänzende Fragen? (Verfahrensrichter Pilgermair: Nein!) – Danke, dann beende ich den medienöffentlichen Teil der Befragung und bedanke mich bei den Vertreterinnen und Vertretern der Medien.

Wir gehen jedenfalls noch in einen vertraulichen Sitzungsteil, wie gewünscht wurde. Es ist nur so, dass wir ein paar technische Vorkehrungen treffen müssen, auch was das Protokoll und die Filmaufnahmen betrifft.

Dafür unterbreche ich für kurze Zeit die Sitzung.

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(Die medienöffentliche Befragung wird um 18.05 Uhr unterbrochen. – Fortsetzung der Befragung in vertraulicher Sitzung von 18.16 Uhr bis 18.23 Uhr – dieser Teil des Protokolls ist gem. § 4 Abs. 1 Z 2 Informationsordnungsgesetz mit „Stufe 2 vertraulich“ klassifiziert.)

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[1] Abgelehnte erhobene Einwendung der Auskunftsperson: Zusammenspiel statt Zusammenhang

[2] Ursprünglicher Text: […] dass es eine gute Woche war […]

Angenommene Einwendung der Auskunftsperson: das statt es

[3] Ursprünglicher Text: […] Ich will ich gar nicht […]

Angenommene Einwendung der Auskunftsperson: ich streichen

[4] Abgelehnte erhobene Einwendung der Auskunftsperson: gewissermaßen streichen

[5] Abgelehnte erhobene Einwendung der Auskunftsperson: da streichen