265/KOMM XXV. GP

 

Kommuniqué

des Hypo-Untersuchungsausschusses

Veröffentlichung des wörtlichen Protokolls über die öffentliche Befragung der Auskunftsperson Dr. Josef Ostermayer in der 52. Sitzung vom 21. Jänner 2016

 

Der Hypo-Untersuchungsausschuss hat in seiner 70. Sitzung am 11. Mai 2016 einstimmig gemäß § 20 Abs. 1 Ziffer 1 Verfahrensordnung für parlamentarische Untersuchungsausschüsse beschlossen, das in der Beilage enthaltene wörtliche Protokoll der öffentlichen Befragung der Auskunftsperson Dr. Josef Ostermayer nach der erfolgten Entscheidung über Einwendungen und Berichtigungen gemäß § 19 Abs. 3 VO­UA zu veröffentlichen. Die Veröffentlichung erfolgt in sinngemäßer Anwendung von § 39 des Geschäftsordnungsgesetzes des Nationalrates als Kommuniqué im Internetangebot des Parlaments.

 

Wien, 2016 05 11

 

                  Gabriel Obernosterer                                           Doris Bures

                           Schriftführer                                                                         Vorsitzende

 



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Hypo-Untersuchungsausschuss

 

 

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Stenographisches Protokoll

 

 

52. Sitzung/medienöffentlicher Teil

Donnerstag, 21. Jänner 2016

Gesamtdauer der 52. Sitzung

9.05 Uhr – 17.34 Uhr

Lokal VI

 


Befragung der Auskunftsperson Dr. Josef Ostermayer

Vorsitzende Doris Bures: Herr Bundesminister Dr. Ostermayer, herzlichen Dank für Ihr Erscheinen vor dem Untersuchungsausschuss und dafür, dass Sie uns als Auskunftsperson zur Aufklärung der politischen Verantwortung für die Vorgänge rund um die Hypo Alpe-Adria zur Verfügung stehen.

Da mir kein Grund bekannt ist, diese Sitzung nicht medienöffentlich durchzuführen, werde ich die Medienöffentlichkeit zulassen, verweise allerdings darauf, dass auch in medienöffentlicher Sitzung Film- und Tonaufnahmen nicht zulässig sind.

Mir wurde mitgeteilt, dass Sie, Herr Dr. Ostermayer, keinen Einwand dagegen haben, dass es jetzt einen kurzen Kameraschwenk gibt. Ich werde diesen ermöglichen und ersuche, die Kameraleute und Fotografen/Fotografinnen in das Ausschusslokal zu begleiten.

Die Sitzung wird zu diesem Zweck kurz unterbrochen.

*****

(Der medienöffentliche Teil der Sitzung wird um 14.36 Uhr unterbrochen und um 14.38 Uhr als solcher wieder aufgenommen.)

*****

Vorsitzende Doris Bures: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf.

Herr Bundesminister Ostermayer, ich möchte Sie darüber informieren, dass zu Ihrer Linken Herr Professor Binder sitzt, der nach der Verfahrensordnung die Aufgabe hat, als Verfahrensanwalt darauf zu achten, dass Ihre Grund- und Persönlichkeitsrechte gewahrt sind. Wann immer Sie sich über den Ablauf oder während der Befragung beraten wollen, können Sie sich jederzeit vertraulich an Herrn Professor Binder wenden. Ich werde die notwendige Zeit, die Sie dafür benötigen und haben möchten, jederzeit zur Verfügung stellen; auch deshalb, weil Sie von der Möglichkeit, eine Vertrauensperson mitzunehmen, nicht Gebrauch gemacht haben.

Herr Dr. Pilgermair als Verfahrensrichter wird die Erstbefragung durchführen und eine Rechtsbelehrung vornehmen. Auch er wacht über die Wahrung Ihrer Persönlichkeitsrechte als Auskunftsperson, wie das die Verfahrensordnung vorsieht.

Wenn Sie zum Ablauf der Befragung darüber hinaus Fragen haben, können Sie sich jederzeit an mich als Vorsitzende des Ausschusses wenden. Auch wenn Sie eine kurze Sitzungsunterbrechung haben möchten – wir haben eine Soll-Befragungszeit von 3 Stunden, nach 4 Stunden spätestens werde ich die Befragung für beendet erklären –, werde ich die Zeit dafür zur Verfügung stellen.

In diesem Sinne erteile ich nun Herrn Verfahrensrichter Dr. Pilgermair das Wort. – Bitte.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Herr Minister, ich begrüße Sie und bitte Sie, dass Sie vorerst einen Blick auf das Personaldatenblatt werfen und die Richtigkeit dieser Daten prüfen. (Auskunftsperson Ostermayer: Das habe ich selbst ausgefüllt, das ist richtig, ja!) – Stimmt so.

Sie wurden bereits anlässlich der Ihnen zugekommenen schriftlichen Ladung für die heutige Sitzung in allen Details über Ihre Rechte und Pflichten als Auskunftsperson sowie über den Ablauf der Befragung hier im Untersuchungsausschuss in Kenntnis gesetzt. In dieser Belehrung waren auch die Aussageverweigerungsgründe im Einzelnen angeführt. Sollte einer dieser Gründe bei einer Frage, die an Sie gerichtet wird, vorliegen, ersuche ich Sie, darauf hinzuweisen. Ein genereller Aussageverweigerungsgrund kann jedoch nicht geltend gemacht werden.

Auskunftspersonen haben das Recht, den Ausschluss der Öffentlichkeit zu beantragen sowie Beweisstücke und Stellungnahmen vorzulegen und deren Veröffentlichung oder deren Klassifizierung zu beantragen. Sie haben andererseits die Pflicht, wahrheitsgemäß und vollständig auszusagen. Eine vorsätzlich falsche Aussage vor dem Untersuchungsausschuss kann so wie die Fälschung eines Beweismittels oder der Gebrauch eines falschen oder verfälschten Beweismittels nach dem Strafgesetzbuch vom Strafgericht mit Freiheitsstrafe geahndet werden.

Dem Untersuchungsausschuss vorgelegte Akten und Unterlagen dürfen nicht veröffentlicht werden. Jede Person, die nach dem Informationsordnungsgesetz Zugang zu klassifizierten Informationen erhalten hat, ist zur Verschwiegenheit über diese Informationen verpflichtet, und zwar auch noch nach der Beendigung der Befragung und der Tätigkeit dieses Untersuchungsausschusses. Solche Informationen dürfen keinesfalls an unbefugte Personen weitergegeben werden. Wenn Ihnen klassifizierte Unterlagen vorgelegt werden, erkennen Sie diese am entsprechenden Aufdruck. Bitte nehmen Sie keine geschützten Unterlagen mit, auch nicht versehentlich! Von klassifizierten Dokumenten dürfen auch keine Fotos und auch keine Auszüge oder Notizen angefertigt werden.

Herr Minister, haben Sie Fragen zu dieser Rechtsinformation und -belehrung? (Die Auskunftsperson verneint dies.) – Nein.

Dann darf ich Sie abschließend zu diesem Teil auch noch auf das allen Auskunftspersonen zustehende Recht hinweisen, vorab eine einleitende Stellungnahme abgeben zu können, die bis zu 20 Minuten dauern kann. – Wollen Sie von diesem Recht Gebrauch machen?

Dr. Josef Ostermayer: Ich verzichte aus Gründen der Zeitökonomie darauf.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Dann können wir auch schon mit der Erstbefragung starten.

Herr Minister, seit wann und in welchen Funktionen haben Sie mit der Hypo zu tun gehabt?

Dr. Josef Ostermayer: Ich bin am 2. Dezember 2008 als Staatssekretär im Bundeskanzleramt angelobt worden und habe unter anderem auch die Aufgabe übertragen bekommen, die Koordinierung in der Bundesregierung vorzunehmen; also auf der Seite der SPÖ war ich damit beauftragt, auf der Seite der ÖVP die Innenministerin. Damit verbunden ist auch die Aufgabe, dass man versucht oder gewährleistet, dass die Dinge, die in den Ministerrat kommen sollen, vorweg in der sogenannten Koordinierung behandelt werden.

Das erste Mal hatte ich in dieser Funktion mit der Hypo Alpe-Adria oder mit der Hypo Alpe-Adria International zu tun, als es um die Frage des Partizipationskapitals gegangen ist. Es ist ja noch im Herbst 2008, also nachdem Lehman pleitegegangen ist und dann weltweit eigentlich und natürlich auch in Europa und in Österreich Instabilitäten am Finanzmarkt aufgetaucht sind, das sogenannte Bankenrettungspaket beschlossen worden, also das Finanzmarktstabilisierungsgesetz, und ich glaube, das zweite heißt Interbankmarktgesetz. Das Relevante in dem Zusammenhang war aber das Finanzmarktstabilisierungsgesetz, wodurch einerseits dem Finanzminister bestimmte Möglichkeiten eingeräumt wurden, österreichische Banken zu retten, also mit Partizipationskapital und den verschiedenen Maßnahmen, die dort festgelegt wurden. Und da hat das Bundeskanzleramt eine Einvernehmenskompetenz, also der Finanzminister muss das Einvernehmen mit dem Bundeskanzleramt herstellen. Es gibt die zuständige Sektion im Bundeskanzleramt, damals geleitet vom jetzigen Parlamentsdirektor Dr. Dossi.

Es hat sich, ich glaube noch vor Beginn des Dezember, abgezeichnet, dass auch die Hypo Alpe-Adria das braucht. Der Betrag, der letztendlich dann kurz vor Silvester – ich glaube, es war, wenn ich mich an die Zeittabelle im Rechnungshofbericht erinnere, am 29. Dezember ... Es ist ein Partizipationskapital von 900 Millionen € beschlossen worden, und die Bayern haben, glaube ich, eine Kapitalerhöhung von 700 Millionen zugesagt und durchgeführt. Dann war sozusagen einmal quasi das allererste Problem – auch in der Annahme, dass man damit die Eigenkapitalbasis der Hypo Alpe-Adria ausreichend gestärkt hat, dass das Problem sozusagen dauerhaft gelöst ist – geregelt.

Der nächste sozusagen einschneidende Punkt war dann natürlich die Frage der Rettung im Dezember 2009.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Haben Sie dazwischen mit der Hypo nichts zu tun gehabt – zwischen Partizipationskapital und der Rettung?

Dr. Josef Ostermayer: Na ja, es hat immer wieder Situationen gegeben, wo dann die Information kam, dass es doch nicht so gut läuft, dass wiederum …

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Was kamen da für Informationen?

Dr. Josef Ostermayer: Na ja, die wesentlichste kam dann Mitte 2009, als – auch medial nachlesbar, aber auch sonst – die Information kam, dass das Geld wieder nicht ausreicht, dass sich eine neue Lücke auftut, dass die schwache Wirtschaftsentwicklung am Balkan einerseits, die Nichtwerthaltigkeit der Assets andererseits zu neuerlichen Problemen führen.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Hatten Sie von dem Besuch des bayerischen Staatsministers Fahrenschon in Wien Kenntnis, Ende August? (Auskunftsperson Ostermayer: Nein!) – War der da? (Auskunftsperson Ostermayer: Nein!) – Nein.

Ab wann war die Situation für Sie dann besorgniserregend?

Dr. Josef Ostermayer: Also wirklich besorgniserregend wurde es dann am Beginn des Dezember, als zwar einerseits noch Signale von der BayernLB kamen, dass sie Eigenkapitalaufstockung auch mittragen will, andererseits dann aber – das muss irgendwie vor dem 9. Dezember gewesen sein – vom Land Bayern die Mitteilung lanciert wurde, dass man nicht bereit ist, weiteres Geld hineinzugeben.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Von wem sind Sie im Herbst 2009 im Wesentlichen einmal informiert und zum anderen beraten worden?

Dr. Josef Ostermayer: Im Kabinett des Bundeskanzlers war es Dr. Gruber, der sozusagen der Finanzberater war, der ursprünglich in der Notenbank, in der OeNB, dann in der Europäischen Kommission beschäftigt war und dann ins Kabinett kam. Auf der anderen Seite war einer derer, die informiert haben, als es dann wirklich kritisch war, der Notenbankchef, also Nationalbank-Gouverneur Nowotny, mit dem ich dann auch am 9. Dezember einen Termin hatte, als eben der Hinweis stärker wurde, dass es kritisch sein könnte, dass die Bayern möglicherweise die Bank loswerden wollen.

Es hat ja dann mehrere Varianten gegeben, die überlegt wurden. Es gab sozusagen mehrere Szenarien, was passieren könnte.

Die eine Variante, die wir natürlich immer auch vertreten haben, die auch der Bundeskanzler, der Vizekanzler immer öffentlich auch gesagt haben: Wir haben geholfen, und zwar 2008 eben mit dem Partizipationskapital – jetzt ist es Aufgabe der Eigentümer! Und der Bund war ja damals nicht Eigentümer, sondern das war Bayern, das war das Land Kärnten, das war die GRAWE und das war, glaube ich, die Mitarbeiterstiftung, die das Problem lösen müssen, weil es auch ihr Eigentum ist.

Als dann klar war – oder klarer … Es war ja immer noch die Situation: Ist es pokern? Sind die Bayern tatsächlich bereit, die Bank notfalls auch fallen zu lassen? – Ich meine, in einer Verhandlungssituation legt man logischerweise nicht immer gleich die Karten auf den Tisch, also diese Option hat es schon auch noch gegeben.

Die zweite Option war ein sogenanntes Burden Sharing, also es beteiligen sich die Eigentümer, aber auch die Republik daran, bei diesen fehlenden 1,5 – irgendetwas in der Größenordnung – Milliarden, die das Asset Screening ergeben hat, zu unterstützen.

Und dann ist es sozusagen immer weitergegangen. Wir hatten dann am Samstagvormittag eine …

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Bleiben wir vielleicht noch ein bisschen bei vorher! Sie haben zuvor das Datum 9.12. im Zusammenhang mit Nowotny genannt.

Wann sind Ihnen diese von Ihnen jetzt erwähnten Szenarien erstmals bekannt geworden? Am 9.12. oder schon vorher?

Dr. Josef Ostermayer: Also die Varianten oder das ganz intensive Überlegen: Was tun wir, wenn die Bayern sich ganz zurückziehen?, das war zu diesem Zeitpunkt, bei dem Gespräch mit Nowotny. Ob es davor auch schon – von Gruber zum Beispiel – irgendwelche Andeutungen gegeben hat, das weiß ich ehrlich gesagt nicht mehr. Ich führe kein Tagebuch, daher kann ich das auch nicht ganz genau sagen. Aber für mich war das der Moment, in dem ich erstmals ins Überlegen kam, ob die Republik tatsächlich Geld in die Hand nehmen muss. Das wäre auch bei der Variante mit dem Burden Sharing der Fall gewesen.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Bis dahin hatten Sie diese Überlegung noch nicht angestellt, bis zum 9.12.?

Dr. Josef Ostermayer: Bis dahin sind wir immer davon ausgegangen, dass es die Verantwortung eines Eigentümers ist, sich um sein Eigentum zu kümmern.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Jetzt haben aber die Bayern von den beiden anderen Minderheitseigentümern – außer der MAPS –, also von Kärnten, von der Landesholding, und auch von der GRAWE, Geld verlangt, und die waren nicht bereit, etwas zu geben; im Herbst.

Ist Ihnen dieser Umstand bekannt gewesen? (Auskunftsperson Ostermayer: Dass die GRAWE und Kärnten kein Geld für sie …!) – Ja, dass die nicht mehr wollten.

Dr. Josef Ostermayer: Nein. Wir sind alle davon ausgegangen … Also dass sie nicht wollten, davon, glaube ich, hat man ausgehen können, dass jemand nicht zusätzlich Geld in die Hand nehmen will. Der andere Punkt war ja …

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Aber wenn man Geld braucht, und die Bayern waren der Mehrheitseigentümer, und die verlangen es von den beiden anderen, und diese bekunden dann: Wir geben nichts!, ist das dann nicht ein Grund, sich Sorgen zu machen: Was ist jetzt? Auf welche Gedanken werden die Bayern dann kommen?

Dr. Josef Ostermayer: Wenn es um die Frage von Sorge geht: Die Hypo Alpe-Adria war jahrelang ein Sorgenkind. Ich könnte es noch ein bisschen zugespitzter formulieren: nicht nur ein Sorgenkind, sondern ein Ärgernis, und zwar nicht nur erst ab dem Jahr 2008, als wir dann, als die Republik Partizipationskapital in die Hand genommen hat, sondern sie war auch in den Jahren davor ein Ärgernis. Da hat es ja – wenn man sich den Rechnungshofbericht anschaut – verschiedenste Maßnahmen von FMA und so weiter gegeben, es hat Warnungen gegeben, die alle nicht befolgt wurden. Und dass es eine Bank war, die letztendlich dann schon einen ziemlich deutlichen Stempel von Misswirtschaft erworben hat, das war nicht …

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Dann haben sich die Wertberichtigungszahlen 2009 desaströs entwickelt. (Auskunftsperson Ostermayer: Das war ja dann erst Mitte November!) – Mitte des Jahres, das hat sich schon Mitte des Jahres abgezeichnet (Auskunftsperson Ostermayer: Dass sie eine Eigenkapitallücke …!), dass die Wertberichtigung nicht eingehalten werden konnte.

Dr. Josef Ostermayer: Ja, aber da ging es um – weiß ich nicht, ich könnte in der Chronologie des Rechnungshofes nachschauen – 200 irgendwas und so weiter Millionen €. Aber dieser Riesenbetrag von den 1,5, das war irgendwann Mitte November.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Ja, der hat sich spät gezeigt, in der Gesamtsumme. Aber schon das ganze Jahr war von einer schlechten Entwicklung gezeichnet, und es ist dann eben, wie gesagt, zu diesem Besuch der Bayern in Wien gekommen. Es hat das PwC-Asset-Screening stattgefunden, von dem man Zwischenergebnisse erhielt, die eben auch schon furchteinflößend waren. Das meinte ich.

Hat man sich ab diesem Zeitpunkt Gedanken gemacht: Was tun wir, wenn die Bayern es ernst meinen und die Bank loshaben wollen?

Dr. Josef Ostermayer: Man hat weiterhin die Signale ausgesandt, dass wir, also die Republik nicht einspringen will, sondern dass es Aufgabe der Eigentümer ist. Diese Pressemeldungen, Zeitungsberichte und Zitate hat es ja noch bis in den Dezember hinein gegeben.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Die sind durchgehalten worden. Aber hat man für sich als strategisches Vorhaben ein Alternativenszenario entwickelt?

Dr. Josef Ostermayer: Nein. Solange man die Hoffnung hatte und davon ausgegangen ist, dass die alle ihre Verantwortung wahrnehmen, auch Kärnten seine Verantwortung wahrnimmt, hat man nicht jetzt schon die Katastrophe angedacht oder die Notverstaatlichung oder die Insolvenz angedacht, sondern das hat sich dann abgezeichnet in den Tagen – also ich sage jetzt – 9., 10. und dann eben ganz konkret am Samstag und am Sonntag. Am Sonntag war dann eben die Besprechung unter anderem auch mit Gouverneur Nowotny, dann auch das Telefonat des Kanzlers mit Trichet und Trichet mit Nowotny und dann Trichet …

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Also erst ab 9.12.? (Auskunftsperson Ostermayer: Ja!)

Mit wem auf Regierungspartnerseite haben Sie zu dieser Thematik der Hypo Kontakt gepflogen?

Dr. Josef Ostermayer: Also mein Hauptansprechpartner zu dem Thema war natürlich der Bundeskanzler. Es hat in den letzten Tagen davor auch schon Besprechungen auf Mitarbeiterebene im Finanzministerium gegeben.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Ich habe jetzt gemeint: auf der Seite des Regierungspartners.

Dr. Josef Ostermayer: Wenn die Frage ist, ob ich mit dem Finanzminister zu dem Thema …

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Ja, zum Beispiel. (Auskunftsperson Ostermayer: Nein!) – Nicht.

Mit Ihrem Koordinierungs-Vis-à-vis?

Dr. Josef Ostermayer: Das war in der Phase noch nicht.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Das war in der Phase noch nicht.

Gab es außer mit dem Kanzler ab Herbst andere politische Kontakte Ihrerseits zum Thema Hypo?

Dr. Josef Ostermayer: Nein. Also ich habe weder mit Bayern geredet, falls das irgendwie Hintergrund der Frage ist …

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Ja, zum Beispiel, oder einen europäischen Kontakt? Das war nicht der Fall?

Dr. Josef Ostermayer: Ich habe auch nicht mit Landeshauptmann Dörfler zu dem Thema … Ich habe dann in der Folge mit Landeshauptmann Dörfler sehr viel Kontakt gehabt, weil ich die Ortstafelfrage mit ihm verhandelt habe, aber nicht zu dem Thema.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Aber sonst nicht, ja.

Gab es in Ihre Richtung politische Interventionen?

Dr. Josef Ostermayer: Nein. Ich kann das auch erklären: Aufgrund des Bundesministeriengesetzes gibt es eine klare Zuständigkeit. Ich halte jetzt nicht viel davon, dass dann ständig irgendwelche Quergespräche geführt werden, außer, es gibt das Ersuchen darum. Hätte mich der Finanzminister ersucht, dass ich mit Herrn Landeshauptmann Dörfler rede, dann hätte ich vielleicht das Gespräch geführt, wenn ich es damals für sinnvoll erachtet hätte. Aber ich finde, wenn es einen primär Verantwortlichen gibt – das ist sowohl aufgrund des Bundesministeriengesetzes als auch aufgrund des Finanzmarktstabilitätsgesetzes der Fall –, dann kann es ja auch kontraproduktiv sein, wenn Parallelgespräche geführt werden.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Die abschließende Frage: Waren Sie bei den Verstaatlichungsverhandlungen selbst dabei?

Dr. Josef Ostermayer: Nein.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Danke schön für Ihre Antworten im Rahmen der Erstbefragung. (Auskunftsperson Ostermayer: Danke schön!)

*****

Vorsitzende Doris Bures: Danke vielmals, Herr Dr. Pilgermair, für die Erstbefragung.

Damit steigen wir in die erste Runde der Befragung ein, und diese startet Herr Abgeordneter Dr. Hable. – Bitte.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Herr Bundesminister! Ich möchte gleich anknüpfen: Sie haben von Signalen an die Eigentümer gesprochen, die ausgesendet worden sind, nämlich an Bayern, mit dem Ziel, dass Bayern, also die Eigentümer, in der Verantwortung bleiben. – Habe ich das richtig verstanden?

Dr. Josef Ostermayer: Ja. Also es waren zu der Zeit damals alle öffentlichen Äußerungen – egal, ob das der Kanzler war, egal, ob das der Vizekanzler war – des Inhalts, dass der Eigentümer oder die Eigentümer ihre Verantwortung wahrzunehmen haben. (Abg. Hable: Mhm!)

Die Republik hat ja auf Basis des Finanzmarktstabilitätsgesetzes 2008, wo allen klar war – es ist ja auch einstimmig hier im Haus beschlossen worden –, dass, wenn man nicht will, dass die Gesamtwirtschaft sozusagen kollabiert, man handeln muss … Das war der Beitrag der Republik, damals die 900 Millionen € Partizipationskapital, und danach wollte man natürlich nicht mehr zusätzliches Geld in die Hypo stecken. Daher waren auch die Botschaften immer ganz klar: Die Eigentümer müssen ihr Problem lösen.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Da stimme ich Ihnen auch zu, dass das so ist, das wäre sicherlich die erste Lösung oder Alternative gewesen, dass die Eigentümer mit an Bord bleiben. Allerdings waren die Bayern ja nicht Alleineigentümer, sondern es hat noch zwei andere Eigentümer gegeben, nämlich das Land Kärnten mit circa 12 Prozent und die Grazer Wechselseitige mit circa 20 Prozent.

Hat man Ihrer Wahrnehmung nach auch in diese Richtung Signale ausgesendet, nämlich Signale nicht nur an Bayern, sondern auch an die österreichischen Aktionäre, sie mögen sich doch an dieser ersten aller Lösungen beteiligen?

Dr. Josef Ostermayer: Die Aussagen waren immer „die Eigentümer“, und das umfasst natürlich alle Eigentümer, die es gegeben hat. Es war nicht die Aussage, dass sich nur Bayern sozusagen um sein Eigentum kümmern muss, sondern die Aussage war immer so allgemein „die Eigentümer“, das umfasst natürlich alle.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Aber hat es auch Gespräche gegeben? – Mit den Bayern hat es Gespräche gegeben, das wissen wir, Gespräche, in denen die Bayern auch bis weit in den November 2009 hinein das Angebot gestellt haben, an einer Kapitalerhöhung mitzuwirken, solange die anderen Aktionäre mitziehen – also Grazer Wechselseitige und Land Kärnten.

Hat es in diesem Stadium auch Gespräche mit dem Land Kärnten und der Grazer Wechselseitigen gegeben?

Dr. Josef Ostermayer: Also wenn die Frage war, ob ich Gespräche geführt habe – das habe ich schon beantwortet. (Abg. Hable: Ihrer Wahrnehmung nach!) Ob der Finanzminister oder Vertreter des Finanzministeriums Gespräche geführt haben, weiß ich nicht.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Mhm, okay.

Also an den Verhandlungen vor und in dieser berühmt-berüchtigten Nacht vom 13. auf den 14. Dezember haben Sie nicht teilgenommen, haben wir jetzt schon gehört. – Haben Sie trotzdem Wahrnehmungen dazu gehabt, was da wie abgelaufen ist, also ohne jetzt unmittelbar dabei zu sein, aber einfach durch Informationen, die Sie sonst aufgrund Ihrer Funktion mitbekommen haben, wie sich die Verhandlungen entwickelt haben?

Dr. Josef Ostermayer: Also da ich nicht dabei war, habe ich keine Wahrnehmungen, und ob danach irgendwelche Erzählungen oder Pressemeldungen waren, das halte ich auch nicht für relevant. Ich war nicht dabei, ich kann daher nicht Auskunft darüber geben, wie genau die Verhandlungen verlaufen sind.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Na ja, aber es hätte ja Rückmeldungen ins Bundeskanzleramt geben können, wie die Verhandlungen laufen, wo die Probleme sind, woran es sich spießt, wie es weitergeht. – Solche Rückmeldungen sind Ihnen im Bundeskanzleramt nicht zu Ohren gekommen?

Dr. Josef Ostermayer: Es hat Rückmeldungen zwischen dem Herrn Finanzminister und dem Bundeskanzler gegeben, das weiß ich, weil natürlich dann am Ende die Entscheidung getroffen werden musste, und das Ende war, glaube ich, irgendwann am Morgen, also jedenfalls noch rechtzeitig vor Eröffnung der Bankstunden am Montag, als dann berichtet und auch das Okay gegeben wurde.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Wir wissen, es hat Telefonate des Herrn Bundeskanzlers gegeben, unter anderem mit Trichet und auch Merkel. – Haben Sie dazu Wahrnehmungen? Waren Sie dabei? Waren Sie vielleicht an einem Telefongespräch beteiligt? (Auskunftsperson Ostermayer: Nein!) Das könnte ja sein, als Staatssekretär im Bundeskanzleramt.

Dr. Josef Ostermayer: Ich war nicht beteiligt und ich war nicht dabei. Es war keine Konferenzschaltung.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Gut. Dann fallen mir eigentlich keine Fragen mehr ein. – Danke.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Sie haben gesagt, Mitte November ist es dann als großes Problem wahrgenommen worden, davor als kleineres, als es um Zahlen von 100, 200 Millionen gegangen ist und noch nicht um die Frage, ob der Staat hier noch einmal einspringt.

Können Sie vielleicht ein bisschen chronologisch aus Ihrer Wahrnehmung erzählen, wie sich das entwickelt hat?

Dr. Josef Ostermayer: Ich lege jetzt alles auf den Tisch, nämlich: Ich führe kein Tagebuch, daher habe ich keine genauen Aufzeichnungen. Ich habe auch nicht das exakte Erinnerungsvermögen, wann genau mit wem welches Telefonat, welches Gespräch war. Wenn ich das hätte, würde ich mir, ehrlich gesagt, vorwerfen, dass ich danach zu wenig gearbeitet habe, sodass ich mir das gemerkt habe, was genau im Jahr 2009 alles passiert ist.

Aber ich habe meine Erinnerung insofern aufgefrischt, als ich mir die Chronologie im Rechnungshofbericht angesehen habe, und das, würde ich meinen, stimmt wohl mit der Realität überein, also das würde ich nicht anzweifeln. Und dort ist unter anderem nachzulesen, dass Mitte November, nämlich am 16. November, dieses Asset Screening präsentiert wurde, und ich nehme an, dass ich in den Tagen danach dann auch die Information bekommen habe. Es ist übrigens, glaube ich, dann auch öffentlich gewesen, denn das musste ja auch irgendwie berichtet werden.

Man kann dort auch nachlesen, dass zum Beispiel am 23. April die Information war über „ein negatives Konzernergebnis nach Steuern von 28,6 Mio. EUR“, dass im Juni die Rede von einer Wertberichtigung von 279 Millionen war, und Ende August zeigt das Asset Screening einen weiteren „Wertberichtigungsbedarf von 762 Mio. EUR“, und das ist dann angestiegen.

Ich habe damals, als das sozusagen Thema war, natürlich auch – wie alle wahrscheinlich, die irgendwie die Information hatten – gefragt: Wie kann das sein? – Und die Auskunft war, dass die Assets eben nicht die Werthaltigkeit haben. Die haben sie vielleicht gehabt, und das hat sich dann im Laufe der Zeit auch verändert. Es hat irgendwelche Immobilienprojekte gegeben, die nicht funktioniert haben, die nicht aufgegangen sind, es hat Tourismusprojekte gegeben, die nicht aufgegangen sind, es hat Kreditnehmer gegeben, die nicht zahlen konnten, weil sich schlicht und einfach die wirtschaftliche Lage auf dem Balkan sowie in vielen anderen Ländern verschlechtert hat, eben infolge der Finanzkrise, die es zu der damaligen Zeit gegeben hat.

Ich meine, wenn man sich nur im Detail ein bisschen zurückerinnert: Es hat damals die Diskussion und Aussagen von namhaften Menschen gegeben, die meinten, dass, wenn nicht gehandelt wird – was ja glücklicherweise mit dem Bankenrettungspaket und so weiter passiert ist –, das Gleiche passieren kann wie in den 30er-Jahren des vorigen Jahrhunderts.

Man hat viel abfangen können – man hat damit nicht alles abgefangen –, und dass die wirtschaftliche Entwicklung, die man sich vom Balkan erwartet hat, wo ja die Hypo in sehr expansiver Form hineingegangen ist, nicht eingetreten ist, das hat sich dann eben gezeigt in diesem – wer war das? PwC? PricewaterhouseCoopers? – Asset Screening von PwC, die damals aber natürlich auch nicht 100 Prozent aller Assets anschauen konnten, sondern die haben Stichproben, die haben irgendwelche Gruppierungen gemacht, ob das jetzt der Immobilienbereich, der Tourismusbereich, die Bootsleasing- oder die Flugzeugleasing-Geschichten waren, und so weiter.

Mitte November hat es dann eben sozusagen die Information gegeben, und das war der Moment, in dem klar war: Es schaut dramatischer aus, als man sich gewünscht hätte.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Staatssekretär Schieder hat gestern hier auch gesagt, dass man sehr lange davon ausgegangen ist, dass die Eigentümer – jetzt sage ich einmal – einen gewissen Betrag haben, denn es war klar, es fehlt Eigenkapital und die Eigentümer werden einen gewissen Betrag zur Verfügung stellen, und dass die Frage am Ende des Tages ist, ob es noch einmal Partizipationskapital oder dergleichen gibt, in einer Höhe von einigen hundert Millionen Euro, dass das an und für sich das Thema war bis 9., 10.

Wie war das Ihrer Erinnerung nach?

Dr. Josef Ostermayer: Na ja, man hat noch am 9., glaube ich, die Überlegungen gehabt, ob man nicht doch die Variante mit dem Burden Sharing zustande bringt, also dass zwar die Eigentümer etwas zahlen, die Republik notfalls noch einmal Geld in die Hand nimmt, um gemeinsam eine Lösung zu finden. Dann hat es sich sozusagen immer weiter zugespitzt.

Die Verhandlungsposition war ja auch eine extrem schwierige. Ich darf da noch einmal kurz auf den Rechnungshof Bezug nehmen, der in seinem Bericht gesagt hat:

 „Die Haftungen des Landes Kärnten trugen maßgeblich zur Erlangung einer systemrelevanten Stellung der HYPO ALPE-ADRIA-BANK INTERNATIONAL AG für den österreichischen Finanzmarkt bei. Dem Kreditinstitut eröffnete sich durch die Landeshaftungen eine Wachstumsmöglichkeit, die aus eigener Refinanzierungstätigkeit nicht bestanden hätte.“

Gleichzeitig waren dann natürlich die Haftungen des Landes Kärnten das Hauptproblem für eine relativ schwierige Verhandlungsposition der Republik und der Vorteil für die Verhandlungsposition der Bayern.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Der Bundeskanzler hat heute gesagt, Ihre Funktion in dieser Woche war, dass Sie vor allem die … Also Sie waren so die Hauptanlaufstelle bei ihm im Büro, der Koordinierende für diese Frage, und andere Mitarbeiter – die er auch namentlich genannt hat – des Hauses oder des Büros – Gruber, Dossi und so weiter – haben teilweise an ihn direkt oder teilweise an Sie über den laufenden Stand der Dinge berichtet. Er hat vor allem von Ihnen Informationen bekommen und sich dann außerhalb dessen im Wesentlichen mit, ich glaube, Nowotny, Schieder, Pröll beraten. – Das heißt, die Informationen, die Sie von Mitarbeitern des Büros und des Hauses bekommen haben, haben Sie ihm halt komprimiert weitergegeben?

Dr. Josef Ostermayer: Ja, das ist kein unüblicher Modus, den wir in der Zusammenarbeit pflegen. Das hat natürlich auch mit der Koordinierungsfunktion zu tun, und in dieser Situation – ich glaube, er war dann beim Europäischen Rat in Brüssel, also er wäre ja auch nicht so einfach erreichbar gewesen – haben mir die Mitarbeiter sozusagen von den Sitzungen, von den Besprechungen, die es gegeben hat, auch im Finanzministerium, berichtet. Ich habe dann eben am 9. das Gespräch mit Gouverneur Nowotny gehabt, und am Samstagvormittag, als er aus Brüssel zurückgekommen ist, haben wir uns noch einmal zusammengesetzt, noch einmal beraten, und am Sonntag – zu Mittag, glaube ich, war das; nein, Sonntag, 11 Uhr – war dann das Gespräch, bei dem die Mitarbeiter, der Staatssekretär und Gouverneur Nowotny dabei waren.

Das war auch die Sitzung, in der Gouverneur Nowotny eben auf die unterschiedlichen Risken hingewiesen hat, darauf, welches Risiko die Bayern haben, welches Risiko Österreich hat. Ich weiß es nicht, ich glaube, die Bayern, wenn ich mich richtig erinnere, hatten ein mit 5 irgendwas Milliarden beziffertes Risiko, wir aufgrund der Haftungen des Landes Kärnten eines mit 20 aufwärts.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Und bei den Verhandlungen und so weiter waren Sie dann nicht mehr eingebunden, sondern da waren dann Pröll, Schieder und Nowotny vor Ort, mit Rückmeldung direkt an den Bundeskanzler?

Dr. Josef Ostermayer: Ja. Also es hat dann aus der Sitzung heraus der Finanzminister den Bundeskanzler angerufen und über den Stand der Verhandlungen berichtet.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Okay.

Und wann waren Sie dann wieder beteiligt?

Dr. Josef Ostermayer: Bei der Freigabe des Ministerratsvortrags für die Regierungssitzung am Dienstag danach. Ich habe ihn mit, daher kann ich jetzt gleich sagen, wann genau das war. (Die Auskunftsperson blättert in ihren Unterlagen.) – Das war dann der 15.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Okay. – Danke.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Herr Dr. Ostermayer, Sie waren bis 2007 Geschäftsführer des wohnfonds_wien, ab 2007 im Kabinett des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie und ab 2008 bis 2013 Staatssekretär im Bundeskanzleramt, betraut mit Medienangelegenheiten und Regierungskoordination. – Habe ich das so ungefähr richtig zusammengefasst? Und was ist die Aufgabe eines Regierungskoordinators?

Dr. Josef Ostermayer: Also meine Aufgabe war und ist ja noch immer, dass wir Ministerratsvorträge, dass wir Projekte der Bundesregierung für den Ministerrat vorbereiten.

Wir haben das System, dass es Spiegelministerien gibt, also zum Beispiel auf der einen Seite das Wirtschaftsministerium und auf der anderen Seite das Sozial- und Arbeitsministerium – das gibt es sozusagen in jedem Bereich; Innen- und Verteidigungsministerium et cetera –, und da kann es ab und zu unterschiedliche Positionen geben, aber mit unterschiedlichen Positionen kann man keinen Beschluss im Ministerrat zustande bringen, weil wir das Einstimmigkeitsprinzip haben. Meine Aufgabe ist es dann, gemeinsam mit meiner Koordinationskollegin – das war lange Zeit die jetzige Abgeordnete, frühere Bundesministerin Maria Fekter, jetzt ist es die Innenministerin Johanna Mikl-Leitner – zu schauen, dass wir die Steine, Hürden – egal, wie man sagen kann –, Differenzen aus dem Weg räumen und – wenn es vorweg schon ersichtlich ist, dass Probleme auftauchen könnten – vielleicht schon vorweg Probleme beseitigen. Es ist also eine Vermittlungsfunktion und letztendlich eine Funktion, um aus manchmal unterschiedlichen Standpunkten eine gemeinsame Lösung zu finden.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Sie haben eine ganz wesentliche und wichtige Schnittstellenfunktion – haben Sie auch bei der Kärntner Ortstafellösung gehabt – und die haben Sie in der Regierung und sind somit eben für die Abstimmung von wichtigen Themen und Entscheidungen der Regierung sehr wesentlich verantwortlich.

Jetzt haben wir heute Vormittag das Gefühl gehabt – ich zumindest –, dass doch in dieser Schnittstelle vieles verloren gegangen oder nicht richtig kommuniziert worden ist, weil der Herr Bundeskanzler offensichtlich von vielen Dingen nicht die Informationen gehabt hat, die er – wovon wir ausgegangen sind – hätte haben müssen.

Jetzt war ja zu der Zeit, 2008, natürlich die Finanzkrise allgegenwärtig, sie war wahrscheinlich eines der wesentlichen Themen in diesen Koordinationsgesprächen, und ebenso die Maßnahmen daraus. – Oder war das für Sie nicht so das Schwerpunktthema? (Auskunftsperson Ostermayer: 2008?) – 2008, ja; 2008, 2009, in diesen Jahren.

Dr. Josef Ostermayer: Thema Finanzmarktstabilitätsgesetz, Bankenrettungspaket, das ist noch vor meiner Funktion – auch vor der Funktion des Bundeskanzlers, der hat ja zeitgleich begonnen – hier im Haus beschlossen worden, als Lehman pleite... (Abg. Angerer: Gusenbauer/Molterer-Regierung damals, ja!) Die Lehman-Pleite war am 15.9. – es gibt bestimmte Gründe, warum ich mir das Datum genau merke; das sind persönliche Gründe, hat mit Geburtstagen in der Familie zu tun –, das heißt, das ist ja schon vorher passiert. Es hat ja zuerst, auch noch unter der Kanzlerschaft Gusenbauer, Abstimmungsgespräche auch auf der europäischen Ebene gegeben. Damals ist akkordiert worden, dass alle Kanzler, Ministerpräsidenten möglichst zeitgleich, möglichst abgestimmt das Signal senden: Wir retten die Volkswirtschaften in Europa! Die Diskussionen über Partizipationskapital haben damals auch schon stattgefunden. Also die Frage zum Beispiel mit der Kommunalkredit ist auch vor unserer Zeit schon ein Thema gewesen. Die sozusagen operative Vorbereitung, nämlich die Einvernehmensherstellung nach dem Finanzmarktstabilitätsgesetz, ist natürlich auf der Ebene der zuständigen Abteilung oder Sektion im Finanzministerium mit der zuständigen Sektion im Bundeskanzleramt erfolgt. Ursprünglich war ja ein wesentlich höherer, ein wesentlich größerer Betrag der Wunsch, und Ende Dezember ist dann der Betrag mit den 900 Millionen beschlossen worden.

Ich habe natürlich – wenn die Informationen gekommen sind – logischerweise Dinge auch hinterfragt, auch in der Größenordnung hinterfragt, aber da gibt es ja jeweils entsprechende – ich sage jetzt – Gutachten von Wirtschaftsprüfern, von OeNB, die dem zugrunde liegen, welcher Betrag dann tatsächlich sozusagen der erforderliche ist, um das sogenannte Tier-1-Kapital herzustellen, das nach dem Bankwesengesetz und so weiter erfüllt werden muss, damit eine Bank nicht einen Konzessionsentzug hat.

Diese Aufgabe habe ich wahrgenommen und ich habe natürlich dann auch immer die entsprechenden Informationen dazu bekommen. (Abg. Angerer: Okay, da sind wir eh genau bei dem Punkt, wo ich auch hinwollte!) Aber das ist, muss man jetzt ehrlicherweise sagen, dann auch etwas, das schon logischerweise auf der Verwaltungsebene abgehandelt und abgearbeitet und – ich gehe davon aus – auch dort unterzeichnet wurde.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Na ja, aber im Endeffekt hat die Politik doch mitentscheiden müssen. Ich glaube, wir können jetzt die politische Verantwortung nicht auf „kleine Beamte“ abschieben (Auskunftsperson Ostermayer: Nein, nein!); unter Anführungszeichen, um das nicht misszuverstehen. Ich glaube, irgendwo sollte ein Politiker schon auch eine Verantwortung haben. (Auskunftsperson Ostermayer: „Kleine Beamte“, da würde ich widersprechen, aber gut!) Ich als kleiner Bürgermeister übernehme die Verantwortung jeden Tag, und ich gehe davon aus, ein Minister tut das auch, dass er die Verantwortung übernimmt. Also wir können jetzt nicht sagen, das ist auf Beamtenebene passiert.

Dr. Josef Ostermayer: Ich übernehme für all die Dinge, soweit ich damals Verantwortung übernehmen konnte, die Verantwortung. Ich könnte jetzt aber – formal geantwortet – nicht die Verantwortung für einen Regierungsbeschluss übernehmen, weil ich als Staatssekretär nicht stimmberechtigt bin (Abg. Angerer: Ja, klar! Aber die Regierung besteht aus Politikern und nicht Beamten!) – ja, ja –, trotzdem übernehme ich die Verantwortung. Aber das Staatsgefüge besteht nicht nur aus der Regierung, sondern das Staatsgefüge besteht auch aus der Verwaltung, logischerweise, sonst würde der Staat nämlich nicht funktionieren; egal, auf welcher Ebene das ist.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Aber jetzt ein ganz wichtiger Punkt, damit wir näher zur Hypo kommen: Sie haben also diese Koordinationsrolle wahrgenommen, waren informiert, waren abgestimmt. Sie haben auch das PartKapital erwähnt, das die Hypo bekommen hat, die 900 Millionen, das war mit Ihnen und dem Finanzministerium abgestimmt. (Auskunftsperson Ostermayer: Und auch mit den anderen Institutionen!) – Ja, klar; also mit anderen Institutionen meinen Sie Bankenaufsicht, OeNB und so weiter? (Auskunftsperson Ostermayer: Genau! Ja!)

Ich wollte gerade zur Institution FIMBAG kommen. – Wie war dort die Koordination oder die Kommunikation in dem Fall zu Ihnen?

Dr. Josef Ostermayer: Die FIMBAG hat natürlich primär Kommunikation in Richtung Finanzministerium geführt. Ich finde, das sollte man nicht außer Acht lassen: Wir haben die Einvernehmenskompetenz. Wir haben, der Bundeskanzler hat sich natürlich bei den strategisch relevanten Dingen immer auch mit dem Finanzminister abgestimmt. Das war – was ich vorhin schon gesagt habe – sozusagen auch immer das Signal an die Eigentümer: Es ist eure Verantwortung!

Im Bereich der FIMBAG bin ich relativ wenig involviert gewesen. Also ich habe schon auch Gespräche gehabt, unter anderem mit dem Kollegen Wala und dem Kollegen Spranz, aber ob das jetzt im Konnex mit der Hypo war, weiß ich nicht.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Zu den Verträgen, die dann zur Genehmigung des PartKapitals abgeschlossen worden sind: Wer hat diese Verträge erhalten, wem wurden diese Verträge übermittelt? Haben Sie diese Verträge – ganz konkret gefragt – bekommen?

Dr. Josef Ostermayer: Nein.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Dann war das nur das Finanzministerium?

Dr. Josef Ostermayer: Und die zuständige Sektion im Bundeskanzleramt, die damals Sektionschef Dossi geleitet hat.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Also Herr Dossi hat das erhalten? Die Beamten haben die Unterlagen gehabt?

Dr. Josef Ostermayer: Der hat sogar gegenzeichnen müssen, ja.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Okay.

Gehen wir weiter, Thema Verstaatlichung! Sie haben gerade vorhin erwähnt, Sie kannten die unterschiedlichen Term Sheets, die in der Phase Herbst 2009, sage ich jetzt einmal, erstellt worden sind. – Ist das so richtig?

Dr. Josef Ostermayer: Ich habe nicht gesagt, dass ich die unterschiedlichen Term Sheets kenne, sondern ich habe gesagt, dass ich mit Gouverneur Nowotny am 9. – und die weiteren Gespräche waren eben am Samstag und Sonntag …, dass die Varianten sozusagen vorgestellt wurden und wir über die Varianten geredet haben, die eine Lösungsmöglichkeit sein könnten.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Wie haben Sie diese Varianten bewertet? Was war das aus Ihrer Sicht? Waren das Angebote der Bayern?

Dr. Josef Ostermayer: Nein.

Wenn die Bayern gar nichts beitragen, ist die Variante sozusagen Insolvenz oder Notverstaatlichung. Wenn die Bayern etwas beitragen, bedeutet das das Modell Burden Sharing, also wir nehmen noch einmal Geld in die Hand, die Eigentümer nehmen Geld in die Hand, um eben nicht in die Insolvenz zu geraten. (Abg. Angerer: Okay!) – Das waren die Varianten.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Okay, das war ein Missverständnis. Ich habe die Varianten der Term Sheets gemeint, und Sie reden von den Varianten, die die Nationalbank erarbeitet hat, Insolvenz, Burden Sharing und so weiter. (Auskunftsperson Ostermayer: Ja!) – Auch gut, denn in diesen Varianten, wenn Sie sie kennen, ist einmal das Wissen, das man gehabt hat, dass das Risiko der Bayern – Sie haben es heute auch schon genannt – in einer Größenordnung von zumindest 5 bis 6 Milliarden € gelegen ist. Dieses Wissen war vorhanden. Die Nationalbank listet darin auch auf, wie viel davon in Form von Krediten – von den Bayern gewährt – in der Bank war; rund 3,5 bis 4 Milliarden €.

Jetzt gibt es ein ausnahmsweise einmal – nach meiner politischen Erfahrung im Nationalrat – sehr einfaches Gesetz, das auch ein Nicht-Jurist, so wie ich einer bin, deuten kann, und wenn ich mir den § 1 des Eigenkapitalersatz-Gesetzes durchlese:

„Ein Kredit, den eine Gesellschafterin oder ein Gesellschafter der Gesellschaft in der Krise gewährt, ist Eigenkapital ersetzend.“,

dann muss ich fragen: Können wir davon ausgehen, dass sich die Bank damals, die Hypo, in einer Krise befunden hat?

Dr. Josef Ostermayer: Wollen Sie mit mir jetzt die Diskussion führen zwischen …? Das ist ja Thema eines Prozesses gewesen – oder? (Abg. Angerer: Nein, ich kann aber die Frage gleich anschließen!) –, wo wir als Republik oder das Finanzministerium dann auch gemeinsam mit der Finanzprokuratur die These vertreten haben, das ist nicht Kredit, sondern das ist Eigenkapital.

Das ist aber ... Ich weiß jetzt nicht, ist das noch prozessanhängig oder ist das Teil dessen, wo ein Vergleich geschlossen wurde? (Abg. Angerer: Jetzt gibt es – genau! – einen Vergleich!) Jedenfalls haben wir … (Ruf: … ist noch prozessanhängig!) – Dieser Teil ist noch prozessanhängig – ja, genau! –, wo die Bayern intensiv bestreiten, dass das Eigenkapital ist.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Heute!

Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter, Sie kommen in die zweite Runde.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Ja, danke.

Aber die Begründung gibt es auch dazu, die hat sogar der derzeitige Finanzminister im Bundesrat vor Kurzem selbst genannt: Wenn man natürlich über Jahre Kredite, die vom Eigentümer – damals von den Bayern – in der Bank sind, bedient – und das hat die Republik die letzten Jahre getan –, dann ist das heute natürlich schwer argumentierbar, dass das eigenkapitalersetzend ist.

Das war die Aussage – das kann man nachlesen im Protokoll einer Bundesratssitzung – von Herrn Finanzminister Schelling.

Meine Frage wäre ganz konkret: Ist damals – oder haben Sie Wahrnehmungen dazu – irgendjemand auf die Idee gekommen, dieses Gesetz herauszuziehen und zu sagen, eigentlich ist das Eigenkapital, was die Bayern hier in der Bank haben – die Kredite –, oder man wandelt es um?

Dr. Josef Ostermayer: Die Argumentation, dass es Eigenkapital ist, ist dann später erfolgt, um eben eine Gegenposition der Bayern zu konterkarieren oder eine Gegenposition der Bayern einzunehmen.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Wann später?

Dr. Josef Ostermayer: Das kann ich Ihnen jetzt nicht sagen, wann dann dieser Streit …

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): 2009 oder erst später?

Dr. Josef Ostermayer: Ich denke, das war nach 2009, aber ich kann Ihnen jetzt nicht sagen, wann genau diese verschiedenen Prozesse …

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Entschuldigung, wenn ich Sie jetzt unterbreche, aber für mich die brennende Frage ist: Ist zu diesem Zeitpunkt – ich gehe davon aus, dass ja auch bei dieser Gesetzeswerdung hochrangige Beamte mitgearbeitet haben, die die Gesetze eigentlich kennen müssten, wenn sie im Finanzministerium sitzen, das Gesetz hat ja nicht irgendein Politiker geschrieben –, ist zu diesem Zeitpunkt 2009 einmal jemand auf die Idee gekommen, das bei den Verhandlungen mit den Bayern zum Thema zu machen?

Dr. Josef Ostermayer: Mir ist das jetzt nicht bewusst. Was mir in Erinnerung ist, ist, dass damals der Diskussionsstand war, dass das Risiko der Bayern in der genannten Größenordnung ist, also 5 bis 6 Milliarden €, das Risiko Österreichs irgendetwas in der Größenordnung von, ich glaube, 20 Milliarden €, und wenn man auch noch das Risiko des Finanzplatzes dazurechnet, war, glaube ich, wenn ich mich jetzt richtig entsinne, ein Betrag von 27 Milliarden € da.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Sie reden aber immer von Konkurs, aber ich rede noch lange nicht vom Konkursszenario. Ich rede nur davon, ob man in dieser Phase – weil wir immer von den Eigentümern reden, und jetzt nehme ich die Kärntner nicht aus, ich bin selbst ein Kärntner, das wissen Sie, die haben ja auch Kapital in der Bank gehabt – einmal gesagt hat: Burschen, da gibt es ein Gesetz, das Kapital, das ihr in der Bank habt, das können wir jetzt einmal geschwind in Eigenkapitalersatz umwandeln!?

Dann reden wir weiter.

Dr. Josef Ostermayer: Gewusst habe ich nicht, dass Sie Kärntner sind, aber es hat sich ein bisserl so angehört.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Das kann man vielleicht ableiten, von der Ortstafelfrage (Auskunftsperson Ostermayer: Das ist ja österreichweit bekannt geworden!) über den Dialekt ...

Dr. Josef Ostermayer: Ich kann mich jetzt nicht entsinnen, dass damals jemand die Risikosituation im Vergleich zwischen Bayern und Österreich anders eingeschätzt hätte, nein.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Es hat also niemand die Idee gehabt, das einmal zu thematisieren und dieses Gesetz herauszuziehen.

Sie haben vielleicht den Liveticker gelesen (Auskunftsperson Ostermayer: Was habe ich gelesen?), den Liveticker heute Vormittag, und werden vielleicht mitbekommen haben, oder vielleicht haben Sie kurz mit Herrn Krainer oder mit dem Herrn Bundeskanzler geredet, dass ich gefragt habe … (Auskunftsperson Ostermayer: Heute, meinen Sie?) – Ja. (Auskunftsperson Ostermayer: Ich habe weder mit dem Bundeskanzler nach der Befragung noch mit dem Herrn Krainer geredet!) – Ist mir aber egal, ist jetzt nicht mein Thema. (Auskunftsperson Ostermayer: Ja, okay, nur damit es gleich klargestellt ist!) Ich hätte kein Problem damit. (Auskunftsperson Ostermayer: Aber ich rede häufig mit dem Herrn Bundeskanzler, nicht so häufig, seit der U-Ausschuss ist, mit dem Herrn Krainer!)

Wir haben heute Vormittag dem Herrn Bundeskanzler den Vertrag mit den Bedingungen für die Gewährung des PartKapitals vorgelegt, zu dem Sie vorhin selbst erwähnt haben, dass er im Bundeskanzleramt gegengezeichnet werden musste. – Ist Ihnen der Vertrag bekannt?

Dr. Josef Ostermayer: Nein.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Dann lege ich ihn einmal vor. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.) Dabei geht es um die Bedingungen für die Genehmigung des PartKapitals.

Die Frage, die ich heute auch schon dem Herrn Bundeskanzler gestellt habe, bezieht sich auf den § 9, das Wandlungsrecht, das bedeutet, dass ich Kapital, das ich in der Bank habe – also PartKapital –, in Aktien wandeln kann und damit sofort Mitaktionär in der Bank wäre. – Das hat man ja wahrscheinlich nicht nur zum Spaß in diesen Vertrag hineingenommen, sondern man hat sich dabei etwas gedacht. Wir finden jedoch in fünf Millionen Seiten Unterlagen keinen Hinweis darauf, dass diese Variante in Betracht gezogen worden wäre oder dass man einmal Vor- und Nachteile dieser Variante aufgelistet hätte. Es gibt keine Akten.

Die Aktennummer lautet übrigens 151. Wenn Sie die Seite 39 – das ist das dritte Blatt – aufschlagen, dann steht unten das Wandlungsrecht, und das gibt dem Bund die Möglichkeit, die 900 Millionen € Kapital sofort in Aktien umzuwandeln und Aktionär zu werden.

Meine Frage auch hier: Ist das bei den Besprechungen, bei denen Sie dabei waren, einmal thematisiert worden?

Dr. Josef Ostermayer: Wir haben generell im Zuge der Zurverfügungstellung von Partizipationskapital über Bedingungen diskutiert. Unter anderem war ja auch damals die Diskussion, wie hoch der Zinssatz ist, den wir dafür verlangen. Die Republik hat ja an sich für das PartKapital ganz gut Zinsen bekommen. Das war auch einerseits als Anreiz gedacht, dass wir nicht nur Geld zur Verfügung stellen, sondern dass auch etwas zurückkommt – wir haben ja das Geld immer Privaten zur Verfügung gestellt –, dass das wieder möglichst rasch, wenn es den Banken besser geht, zurückgezahlt wird. Das heißt, ich gehe davon aus, dass das in den einzelnen Verträgen mit den – ich glaube – fünf Banken, denen wir Partizipationskapital zur Verfügung gestellt haben, dort überall drin ist.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Ich habe gelesen, die Raiffeisenbank hat sich dagegen gewehrt.

Dr. Josef Ostermayer: Das kann ich jetzt nicht sagen, und wenn sie sich gewehrt hat, heißt das ja noch nicht, dass der Passus nicht drinsteht. Ich überlege nur: Welchen Sinn hätte es gehabt, dass man in einer Situation, wo man die Position vertritt, die Eigentümer müssen sich um ihr Eigentum kümmern, sagt, ich will in der Bank – wenn man dann wusste, dass es Probleme gibt – plötzlich wandeln und damit 50 Prozent Eigentümer sein? Unsere Position war ja bis zum Schluss: Wir wollen das nicht haben, wir wollen die Hypo nicht haben, sondern die Eigentümer sollen sich um die Hypo kümmern!

Also ich verstehe nicht, was das für einen Sinn ergeben hätte, wenn man in einer Situation ist, in der man sagt: Ich will es nicht haben, die Eigentümer müssen das Problem, das sie haben, selber lösen!, dass wir dann eine Position vertreten hätten, wir wandeln, damit wir 50 Prozent Eigentum haben. – Um Ihre Frage konkreter zu beantworten: Ich kann mich nicht erinnern, dass das überhaupt in Erwägung gezogen oder dass das diskutiert wurde.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Das ist eigentlich der Punkt. Über den Sinn mag man diskutieren und streiten, ich hätte darin einen Sinn gefunden, aber das war ja nicht meine Aufgabe, ich war nicht dabei, um das zu beurteilen, aber – und das ist die Kernfrage, die Sie ja gerade beantwortet haben; und das verstehe ich nicht – man hat es nicht einmal in Erwägung gezogen und nicht einmal die Vor- und Nachteile überlegt?!

Dr. Josef Ostermayer: Das habe ich nicht gesagt. Ich habe nicht gesagt, dass man es nicht in Erwägung gezogen hat, sondern dass ich mich nicht erinnern kann, dass es in Erwägung gezogen wurde.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Okay, aber wir finden auch nichts bei den Unterlagen.

Dr. Josef Ostermayer: Vielleicht haben es die Finanzprokuratur, das Finanzministerium, die Notenbank diskutiert und verworfen; mir gegenüber nicht.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Man hat das Gesetz, das vorgelegen ist, den Kredit in Eigenkapital umzuwandeln, nicht in Anspruch genommen und nicht diskutiert, man hat offensichtlich auch die Möglichkeit der Umwandlung von PartKapital in Aktien nicht diskutiert und nicht in Erwägung gezogen. – Das ist jetzt meine Conclusio, so wie ich es zusammenfasse. (Vorsitzende Bures: Redezeit! Eine kurze Frage noch!)

Dr. Josef Ostermayer: Ich habe gesagt, mir gegenüber, ich kann mich nicht erinnern, dass es mir gegenüber diskutiert wurde, aber vielleicht wurde es unter den Fachleuten – Finanzprokuratur, OeNB, Bankenabteilung Finanzministerium – doch diskutiert. Ich weiß es nicht, habe ich gesagt.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Und wir finden darüber keinerlei Unterlagen oder Nachweise in den Akten. (Abg. Krainer: Besser suchen!)

Dr. Josef Ostermayer (das ihm von Abg. Angerer vorgelegte Schriftstück in die Höhe haltend): Frau Präsidentin, darf ich eine Frage stellen? Jetzt habe ich dieses Dokument – was mache ich jetzt damit? Ist das eines, das ich ... (Verfahrensanwalt Binder: Liegen lassen!) – Liegen lassen, gut!

Vorsitzende Doris Bures: Das hat Ihnen Dr. Pilgermair bei der Rechtsbelehrung erklärt, Herr Bundesminister! Bitte nicht einstecken – liegen lassen, es wird dann wieder eingesammelt. (Auskunftsperson Ostermayer: Ah ja, hier oben steht „nicht öffentlich“, jetzt habe ich es gesehen! Gut, danke!) – Danke. (Heiterkeit.)

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Sie sehen, Herr Bundesminister, man lernt immer noch dazu (Auskunftsperson Ostermayer: Täglich!), und auch im Untersuchungsausschuss gibt es noch immer Neuerungen.

Wenn wir jetzt diese ganze Zeit Revue passieren lassen, von der Zeit der Vergabe des Partizipationskapitals – zu der Sie gerade erst ins Amt des Staatssekretärs gekommen sind, die Bundesregierung erst ins Amt gekommen ist – bis zur Verstaatlichung im Dezember 2009: Wie würden Sie die Rolle der Nationalbank in diesem Zusammenhang einschätzen? Die Nationalbank hat ja eine wesentliche Stellungnahme zur Erteilung des Partizipationskapitals abgegeben, nicht nur für die Hypo, sondern auch für die anderen Banken. Sie haben vorhin schon gesagt, fünf Banken haben Partizipationskapital bekommen. Das Partizipationskapital hat jeweils sehr unterschiedliche Voraussetzungen erfüllt, bei den einen Banken quasi als Vorbeugung und bei den anderen Banken, wie bei der Hypo, eben schon in einer anderen Phase.

Wie würden Sie die Rolle der Nationalbank als Sachverständige, als unabhängige Gutachterin einschätzen? War es üblich, dass man als Bundesregierung die Nationalbank eingebunden und als Berater kontaktiert hat? Können Sie uns das einmal sagen?

Dr. Josef Ostermayer: Erstens würde ich es als absolut üblich empfinden, nicht nur aufgrund formaler Zuständigkeiten, die es gibt, denn die Nationalbank ist ja aufgrund ihrer Zuständigkeit auch für die Begutachtung des Finanzmarktes zuständig. Wenn also die Finanzmarktaufsicht eine Expertise zur Beurteilung von Maßnahmen, die die FMA zu setzen hat, braucht, dann ist die gutachtende Stelle auch die Oesterreichische Nationalbank; aufgrund der Einbindung in die EZB natürlich auch eine Stelle, die einen besonders guten Zugang und damit auch besonders gutes Know-how hat, wie sich Finanzmärkte generell entwickeln, wie sich die Geldwirtschaft generell entwickelt. Der Gouverneur der Notenbank sitzt ja auch im – ich glaube, es heißt – EZB-Rat, ist natürlich in enger Abstimmung auch mit den Notenbankchefs der anderen europäischen Länder.

Und das war ja nicht nur – das muss man, glaube ich, immer wieder in Erinnerung rufen – ein Thema, das Österreich betroffen hat, sondern die Frage der Finanzmarktproblematik war eine, die ganz Europa betroffen hat. Es sind ja nicht nur in Österreich Banken mit großen Kapitalleistungen unterstützt worden, sondern es sind auch in anderen Ländern Banken von Staaten aufgefangen worden, wodurch ein Kollaps im Finanzsystem, im Finanzmarkt verhindert worden ist. Es hat ja damals auch das Problem gegeben, dass das Misstrauen untereinander so groß war, dass auch der Interbankenmarkt fast zum Erliegen gekommen ist – also die eine Bank der anderen Bank kein Geld geborgt hat, auch wenn sie das Geld gehabt und die andere gerade Geld gebraucht hat, um einen Kredit zu vergeben.

Das ist damals alles in der Situation gewesen, die höchst kritisch war. Das ist auch der einzige Grund, warum man erklären kann, dass auch hier im Haus das Bankenrettungspaket beschlossen wurde, damals in einem Ausmaß von 100 Milliarden €. Ich glaube, es haben auch alle Staaten damals in Europa gesagt, die Einlagensicherung wird unbegrenzt gegeben. Ich meine, das ist ja auch eine extrem unübliche Maßnahme gewesen, aber besonders kritische Zeiten brauchen halt besonders kritische Maßnahmen.

Die OeNB hat da immer, nicht nur in der jetzigen Phase oder in der Phase der Hypo, sondern auch mit ihrer Expertise generell im ganzen Finanzmarktbereich eine wichtige Rolle gespielt. Und ich finde, dass wir halt auch ein besonderes Glück hatten, dass dort jemand ist, der erstens – würde ich sagen – persönlich besonders gute Nerven und zweitens auch im Laufe seines Lebens eine extrem große Erfahrung gesammelt hat. Ewald Nowotny war nicht nur lange Zeit Professor an der Uni oder an verschiedenen Unis zum Bereich Finanzmarkt, sondern er hat auch in der Europäischen Investitionsbank als Vizepräsident gearbeitet, er hat dann selbst die Verantwortung gehabt, eine kriselnde Bank zu leiten, ist dann, relativ knapp bevor Lehman kollabiert ist oder kollabiert gelassen wurde, OeNB-Chef geworden und hat für uns und – wie ich meine – für die Republik eine ganz, ganz wesentliche und wichtige Rolle gespielt und spielt sie noch immer.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Das heißt, nach dem, was Sie uns gerade geschildert haben, würden Sie sagen, die Republik beziehungsweise die politischen Entscheidungsträger mussten sich und müssen sich auf das, was die Nationalbank ihnen als Beratung und als Expertise als Grundlage für Entscheidungen gibt, verlassen können?

Dr. Josef Ostermayer: Ich dachte, Sie sagen „müssen sich verlassen“. Da hätte ich gesagt, verlassen muss man sich nicht. (Abg. Tamandl: Nein, verlassen können!) Verlassen können: Ich finde, es ist wunderbar, wenn man die Möglichkeit hat, so eine Einrichtung zu haben, mit sehr vielen Mitarbeitern und eben diesem Chef, dass man sich darauf verlassen kann und guten Gewissens verlassen kann.

Die Einschätzung, welche Folgen zum Beispiel ein Kollaps, eine Insolvenz der Hypo hätte, hat aber auch in dem Telefonat mit dem Bundeskanzler und mit dem Notenbankchef der EZB-Präsident, damals Trichet, vertreten.

Ich denke, wir haben aber nicht nur in der OeNB gute Mitarbeiter, sondern auch die Expertise im Finanzministerium oder in der Finanzprokuratur ist eine, auf die man sich verlassen können muss und auch verlassen kann – und zwar auch dann, wenn man eigentlich am liebsten ein anderes Ergebnis hätte. Und die Situation hatten wir ja! Es haben ja sowohl Vizekanzler und Finanzminister Josef Pröll als auch der Bundeskanzler die Position vertreten, dass wir die Bank nicht übernehmen wollen. Erst nachdem die Konsequenzen aufgezeigt wurden in dieser instabilen Situation, in der wir 2009 noch immer waren, mit dem Fokus oder den Scheinwerfern, die auch auf Österreich gerichtet waren … Man muss ja auch bedenken, dass unter anderem auch kritisiert oder als kritisch angemerkt wurde, dass Österreich besonders engagiert in den neuen Mitgliedstaaten war. Das war lange Zeit ein wirtschaftlicher Erfolg, dann ist es natürlich auch kritisch geworden; es hat dann ja diese „Vienna Initiative“ gegeben, wo um Vertrauen geworben wurde. Es war, glaube ich, im April, als der Nobelpreisträger Paul Krugman damals gesagt hat, dass Österreich gefährdet ist.

Man muss das in diesem Gesamtkontext sehen.

Jetzt muss man auf der anderen Seite sagen, die ganzen Maßnahmen … Wir haben damals für zehnjährige Staatsanleihen 4 Prozent aufwärts bezahlt und hatten im Vergleich zu Deutschland relativ hohe Risikoaufschläge auf unsere Staatsanleihen und wir sind jetzt in einer Phase, dass wir annähernd gleich wie Deutschland und andere als stabil erachtete Staaten sind. Also ich will mir auch jetzt nicht ausmalen, was passiert wäre, wenn wir damals die Entscheidung getroffen hätten, die wir eigentlich – sagen wir einmal – gefühlsmäßig hätten treffen wollen.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Können Sie sich noch erinnern, warum die Republik dem Ansuchen der Hypo auf Höhe des Partizipationskapitals von 1,45 Milliarden nicht entgegengekommen ist und es letztendlich nur 900 Millionen geworden sind? Können Sie sich daran erinnern, wie das zustande kam, dass man zwar gesagt hat, okay, aufgrund der Stellungnahme der Nationalbank, die die Bank nicht als notleidend bezeichnet hat, wird Partizipationskapital erteilt, aber nicht die 1,45 Milliarden, sondern eben nur die 900 Millionen? Haben Sie da eine Wahrnehmung?

Dr. Josef Ostermayer: Das Bestreben war natürlich generell, so wenig wie möglich und so viel wie gerade nötig zur Verfügung zu stellen. Ich meine, das ist ja auch Steuergeld gewesen, von dem wir da reden. Jetzt könnte man sagen, wir hätten, wenn wir immer die Gewissheit gehabt hätten, dass wir es zurückkriegen, eine relativ gute Veranlagung gemacht, weil wir deutlich höhere Zinsen verlangt und bezahlt bekommen haben, als wir für Staatsanleihen selbst zahlen mussten. Aber es ist natürlich klarerweise immer auch ein Risiko mitgeschwungen.

Ich weiß jetzt nicht mehr, wie das Ergebnis genau zustande kam, aber ich gehe davon aus, dass die Expertise dann war, dass die 900 notwendig sind, um das notwendige Kernkapital, Tier-1-Kapital, zu erreichen, aber nicht mehr gegeben werden soll. Und natürlich war damals auch die Annahme und ist man damals in der Situation, im Dezember 2008, davon ausgegangen, dass es dann wieder ausreichend ist und auch die Bank wieder ausreichend stabilisiert ist.

Dass danach die Wirtschaft deutlich bergabgegangen ist … Wir haben ja damals auch ein negatives Wirtschaftswachstum gehabt, wie die meisten anderen Staaten in Europa auch. Wir haben zwar versucht gegenzusteuern und haben auch gegengesteuert, indem wir damals Konjunkturpakete beschlossen haben und als Staat ziemlich intensiv auch in Bauprojekte et cetera, in Kurzarbeit investiert haben.

Ich meine, Kurzarbeit ist ja das gleiche Thema. Auch da war es eine Einschätzung: Schaffen wir es, dass wir die Industrie über die Runden bringen, dass die Betriebe die Mitarbeiter nicht kündigen, unterstützen wir die Kurzarbeit, um nicht das Know-how für den Wirtschafts- beziehungsweise Industriestandort zu verlieren? – Ob das aufgeht, hat damals niemand gewusst. Ich meine, es ist zum Glück aufgegangen, aber es hätte genauso auch nicht funktionieren können.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Selbst der damalige Vorstandsvorsitzende Tilo Berlin hat hier ausgesagt, dass er der Meinung war, die Bank war noch nie so gut kapitalisiert wie nach einer Spritze der Bayerischen Landesbank von 700 Millionen und dem Partizipationskapital in der Höhe von 900 Millionen, insgesamt 1,6 Milliarden €. Jetzt wissen wir aber: Erstes Halbjahr 2009, Sommer 2009 – nach diesem Asset Review der PricewaterhouseCoopers und auch vom Viability Report der FIMBAG –: Es geht wieder bergab. Das ist also nicht aufgegangen, wenn man das mit Ihren Worten sagen kann. (Auskunftsperson Ostermayer: Mhm!)

Sie haben heute schon bei der Erstbefragung gesagt, dass erst am Verstaatlichungswochenende so richtig bewusst geworden ist, dass sich die Bayern aus der Eigentümerverantwortung herausstehlen wollen. – Können Sie sich an Gespräche erinnern, bei denen Sie dabei waren oder worüber Sie unmittelbar informiert worden sind, dass es schon irgendwelche Hilferufe gab, beispielsweise vom Landeshauptmann Dörfler aus Kärnten, dass man versucht hat, den Finanzminister zu bitten, Hilfe zu leisten, eventuell noch einmal mit Partizipationskapital zur Verfügung zu stehen?

Dr. Josef Ostermayer: Ist mir nicht bewusst. (Abg. Tamandl: Gar nicht?) – Nein.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Es kam, wie es kommen musste. Die Bayern haben vorher noch im November angeboten, sie würden noch einmal Eigenkapital zuschießen, aber natürlich – Sie haben es heute auch schon einmal ausgeführt – hat man an die Eigentümer appelliert, dass sie ihre Eigentümerverantwortung ernst nehmen und wahrnehmen.

Die Kärntner oder die Kärntner Verantwortlichen dürften da ziemlich – sage ich jetzt einmal – auf die Verantwortung der Republik hingesteuert oder darauf hingespielt haben, dass man Kärnten doch nicht im Stich lassen würde, denn die Kärntner haben sich eigentlich relativ schnell auf den Standpunkt gestellt: Von uns kommt kein zusätzliches Geld mehr. Das war dann wahrscheinlich auch der Grund, warum die Bayern gesagt haben: Wenn die anderen nicht mitziehen – und das war ja dann klar –, machen wir auch nichts mehr und wollen sofort und so schnell wie möglich die Bank weiter haben.

Wir haben gehört, beispielsweise von Herrn Staatssekretär Schieder, vom ehemaligen Finanzminister Pröll, und wir haben es heute vom Bundeskanzler gehört: Es wollte ja niemand in Wirklichkeit die Verstaatlichung, weil die ja nicht unbedingt die erste Priorität war. Das ist ja ganz klar, man hat auch versucht, noch andere Möglichkeiten zu bringen. – Wie haben Sie diese Informationen erlebt? Mit welcher Brisanz kamen diese Informationen an Sie, beispielsweise was den Notenbank-Gouverneur betrifft, die Informationen aus Europa, wo man sich darauf verständigt hat, dass keine europäische Bank in Insolvenz geschickt werden darf?

Wir reden heute, und auch Frau Griss hat in ihrem Bericht immer eine Vermischung dessen, was wir heute wissen und was man heute vielleicht anders machen könnte, aber damals hat man natürlich … (Zwischenruf des Abg. Kogler.) – Das ist meine Interpretation, Kollege, auch Sie interpretieren immer!

Ich kann nur sagen, heute versucht man immer zu sagen, was man nicht alles hätte machen können, aber damals hat man ganz einfach eine brisante Situation gehabt. Man hat entscheiden müssen – und es war ganz einfach wichtig, eine Entscheidung zu treffen, die eben für die Republik und für den ganzen Finanzplatz Österreich entscheidend ist.

Wie haben Sie diese Brisanz und diese Gespräche rund um diesen Zeitdruck wahrgenommen? Sie haben gesagt, Sie haben nicht selbst verhandelt – aber Sie werden das doch wahrgenommen haben?

Dr. Josef Ostermayer: Wenn ich zuerst noch eine scherzhafte Anmerkung mit einem gewissen ernsten Kern machen darf: Sie haben immer „die Kärntner“ gesagt, Frau Abgeordnete. Ich lege viel Wert auf die Unterscheidung zwischen den Kärntnern und den Kärntnerinnen und den damaligen politischen Verantwortlichen. Sie auch, ich weiß es. (Heiterkeit des Redners. – Abg. Tamandl: Ja!)

Wie habe ich es wahrgenommen? – Zugespitzt hat sich das Ganze eben an dem Sonntagvormittag-Termin oder 11-Uhr-Termin, wo wir dann noch einmal mit dem Gouverneur die Situation durchbesprochen haben: Was ist, wenn wir sagen: Wenn ihr euer Eigentum nicht rettet, dann geht eben in Konkurs oder in die Insolvenz!?

Es war ja die Situation, dass die FMA aufgrund des Bankwesengesetzes schon den Regierungskommissär bestellt hatte, der dann am Montag die Geschäfte der Bank übernommen hätte; wobei das meiner Erinnerung nach auch eine Situation war, die letztendlich zum Ende der Bank geführt hätte, denn er hätte keine Gelder mehr auszahlen dürfen, um die Gläubiger zu schützen und so weiter.

Es war also in der ganzen und vollen Dramatik am Sonntagvormittag bei diesem Termin die Diskussion: Was passiert, wenn wir in Konkurs gehen lassen, also in die Insolvenz gehen lassen, nichts zahlen, auch nicht selbst übernehmen?

Da war dann eben die Darstellung, was passiert. Welches Risiko haben die Bayern auf der einen Seite, welches Risiko hat die Republik, welches Risiko hat Kärnten? – Es ist ja nicht fixiert, dass die Republik hätte einspringen müssen, sondern es wäre dann die Insolvenz Kärntens gewesen. Die Situation hat sich übrigens auch nicht verändert. Ich weiß nicht, ob heute jemand die „Kleine Zeitung“ gelesen hat, aber der Herr Finanzminister hat noch einmal klargestellt: Wenn die HETA-Lösung nicht funktioniert, dann bedeutet das die Insolvenz Kärntens, und zwar mit all den Ungewissheiten, weil wir kein eigenes Konkursrecht haben. „Kärnten bliebe die Insolvenz“ heißt auch der Titel dieser Geschichte. – Und was bedeutet das in der Folge für die Wirtschaft in Österreich, vielleicht auch für die Wirtschaft und für die Finanzmärkte in Europa?

In dieser Abwägung ist dann eben die Entscheidung gefallen, Gleiches natürlich bei Vizekanzler und Finanzminister, dass es unverantwortlich wäre, dieses Risiko in Kauf zu nehmen. Und Auslöser sozusagen waren natürlich die Haftungen, die Kärnten eingegangen ist, wo die Beträge irgendwie dann zwischen – weiß ich nicht – 18 und 20 Millionen waren. (Abg. Tamandl: Milliarden!) – Milliarden, danke. Millionen, das wäre schön gewesen. Dann wäre tatsächlich die Notverstaatlichung ein Fehler gewesen; so sehe ich es nicht.

Vorsitzende Doris Bures: Frau Abgeordnete, ich wollte Sie vorhin nicht unterbrechen, aber Sie sind natürlich schon längst in der Redezeit der zweiten Runde.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Ja, danke.

Sie haben vorhin gesagt – der Regierungskommissär ist ja schon eingesetzt gewesen seitens der Finanzmarktaufsicht – und Sie haben das auch so dargestellt – ich glaube, das ist genau das, was da von manchen immer ganz gerne vom Tisch gewischt wird –, nämlich dass die Einsetzung des Regierungskommissärs beziehungsweise die Geschäftsaufsicht eine Vorstufe zur Insolvenz gewesen wäre.

Was hätte sich denn verbessern sollen, wenn man zu keiner Lösung kommt, am nächsten Tag in der Früh beziehungsweise am selben Tag – nach der Nacht – in der Früh der Regierungskommissär in der Bank steht, vielleicht keine Guthaben mehr auszahlt, die Leute vom Bankomaten kein Geld mehr bekommen, so wie das auch in Griechenland der Fall war, als täglich nur 50 € abgeholt werden durften?

Das heißt, ohne eine weitere Lösung, ohne weiteres frisches Kapital wäre oder ist diese Lösung der Geschäftsaufsicht nichts anderes als eine Vorstufe zur Insolvenz. – Ist das auch so in den Gesprächen besprochen worden?

Dr. Josef Ostermayer: So ist es auch dargestellt worden, ja.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Können Sie sich noch erinnern, welche Position Herr Landeshauptmann Dörfler in den Verhandlungen eingenommen hat?

Dr. Josef Ostermayer: Ich war nicht dabei, daher kann ich es nicht sagen. Ich weiß nur, dass die Aussagen am Montag von vielen als ziemlich ärgerlich empfunden wurden; weil man sich zwar einerseits über die Notverstaatlichung gefreut hat, gleichzeitig aber dargestellt hat, dass Kärnten jetzt quasi der große Sieger ist. Wie es in den Verhandlungen abgelaufen ist, kann ich nicht sagen – und aus eigener Wahrnehmung schon gar nicht.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): In Wirklichkeit ist man ja mit den 200 Millionen ganz schön ausgestiegen, weil man zuerst einmal die Insolvenz verhindern konnte. Ich meine, was wir heute wissen. Was uns heute vielleicht noch droht, wird man noch sehen, aber zum damaligen Zeitpunkt waren es circa 19 Milliarden € an Haftungen, die bei einer Insolvenz sofort schlagend geworden wären.

Ich sage das, weil immer wieder ein Mythos aufgebaut wird, dass der Schaden nicht automatisch und sofort 19 Milliarden € sind. Es wäre trotzdem zuallererst zum Regress gekommen, was die Einlagensicherung betrifft. Die Gläubiger hätten sich sofort am Land Kärnten schad- und klaglos halten können. Das heißt, man hätte in Wirklichkeit zuerst einmal als Land Kärnten in Vorlage treten müssen, und das hätte sich das Land mit einem 2-Milliarden-Budget und mit fast dem Zehnfachen an Landeshaftungen überhaupt nicht leisten können. Das heißt, das hätte das Land zum damaligen Zeitpunkt total in die Pleite gerissen.

Herr Landeshauptmann Dörfler war ja vorige Woche auch hier – und was uns hier im Ausschuss komisch anmutet, ist, dass er einerseits der Meinung ist, man hätte ihn nur so kurzfristig eingeladen, er hätte sich nicht darauf vorbereiten können, dass er aber andererseits gesagt hat, er hat schon im November Kontakt mit dem Finanzminister aufgenommen und wollte unbedingt einen Termin, weil er wollte, dass der Finanzminister sich eine Lösung für die Hypo überlegt, nämlich dass er die Hypo rettet.

Haben Sie darüber damals eine Wahrnehmung gehabt?

Dr. Josef Ostermayer: Also eine eigene Wahrnehmung darüber habe ich auch nicht gehabt.

Das mit dem Ärgern: Natürlich kann man sagen, aus Kärntner Sicht ist Kärnten damals zumindest temporär ein Mühlstein abgenommen worden. Ich glaube, die Erwartungshaltung war, dass ein bisschen mehr Demut herrschen sollte, weil ja allen klar war, dass das Problem, auch das Problem der Verhandlungsposition, die man hatte, eben die Kärntner Haftungen waren, weil die eben in dieser Dimension von Kärnten wahrscheinlich über Jahrzehnte nicht hätten bedient werden können – oder nicht nur wahrscheinlich, sondern sicher nicht –, auf der anderen Seite hat dann natürlich die Republik sozusagen aufgrund der Versäumnisse in einem Bundesland in der damaligen Zeit eben dieses Problem gehabt.

Vorsitzende Doris Bures: Ich möchte nur auf die Zeit hinweisen. (Abg. Tamandl: Ja, ja!)

Dr. Josef Ostermayer: Zur Frage: Welcher Qualität sind diese Haftungen? – Ich meine, letztendlich ist es egal, ob man die Haftungen nach Abdeckung der Schulden der Gläubiger durch die Assets hätte oder gleich am Beginn. Ich glaube, die überwiegende Position, die ich kenne – ich glaube, das hat auch der Rechnungshof so gesehen –, ist, dass diese Bürgschaft nach § 1356 im Konkursfall sofort schlagend geworden wäre, also nicht erst sozusagen nach der Bedienung aus den Assets, wenn das nicht ausreicht, sondern eben sofort. Ich glaube, es ist sehr eindeutig, dass das eine Haftung, eine Bürgschaft im Sinne des § 1356 ABGB ist, und da gibt es die klare Regelung, dass die im Insolvenzfall sofort schlagend ist.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Eine letzte Frage noch, die die Geschäftsaufsicht betrifft: Auch dazu wird immer wieder gesagt, es stimme nicht, dass die Haftungen auch in einem gewissen Ausmaß bereits bei der Geschäftsaufsicht schlagend werden würden. Dazu stellt die Finanzprokuratur eindeutig fest, dass sehr wohl auch Regressansprüche bereits aus der Einlagensicherung schlagend werden würden, falls es keine Auszahlungen in der Geschäftsaufsicht mehr gibt.

Wie wurde das damals besprochen, was die Geschäftsaufsicht betrifft?

Dr. Josef Ostermayer: Dass die Geschäftsaufsicht letztendlich genauso zur Insolvenz führt und damit die gleichen Probleme auftauchen. Das ist das, woran ich mich erinnern kann. Ob dann in den Verhandlungen noch vertiefende Erörterungen oder andere Erörterungen waren, weiß ich nicht, weil ich nicht dabei war.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Danke.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Herr Minister, Sie haben heute angeführt, dass es Hinweise gegeben hat, dass die Bayern die Bank loswerden wollten. – Wie waren diese Hinweise?

Dr. Josef Ostermayer: In Pressemeldungen unter anderem, und es hat auch noch relativ am Schluss unterschiedliche Signale gegeben. Die einen Signale kamen aus der BayernLB, wo es sozusagen noch die Bestrebungen gegeben hat, Hauptversammlung zu machen, wo natürlich auch irgendwie die Idee mit Kapitalaufstockung war. Und irgendwann einmal – ich weiß nicht, wann das war, Anfang Dezember oder so etwas – hat Bayern dann noch einmal gesagt, dass es nicht bereit ist, Geld zur Verfügung zu stellen.

Aber wie ich schon am Beginn zu Herrn Dr. Pilgermair gesagt habe: In so einer Situation ist klar, dass jeder Signale sendet, da wird gepokert, niemand will gerne Geld zahlen. Aber in den letzten – ich weiß nicht – zwei Tagen oder so ist es dann schon so ernst geworden oder gewesen, dass man ernsthaft die Sorge haben musste: Die sind auch bereit, das in Konkurs gehen zu lassen.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Sie sprechen von Medienberichten. – Hat es andere Hinweise gegeben?

Dr. Josef Ostermayer: Also mir hat Bayern es nicht gesagt. Ich kenne es von Medienberichten. Ob bei den Besprechungen, die es in den letzten Tagen dann im Finanzministerium gegeben hat, auch etwas geäußert wurde, weiß ich jetzt nicht.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Sie haben auch vom Ärgernis Hypo gesprochen, die bereits in den Jahren vor 2008 Probleme gemacht hat, was ja immer wieder ausgeführt worden ist. Insofern stellt sich natürlich auch die Frage: War das dann jemals Thema in der Koalition? (Auskunftsperson Ostermayer: In der Koalition?) – Ja. Eine Bank, eine große Bank ... (Auskunftsperson Ostermayer: Sie meinen, als es um das PartKapital ging?) – Beispielsweise, oder auch zu einem anderen Zeitpunkt, wenn in der Koordinierung der Koalition das Thema war: Was tun wir mit diesem Problemfall Hypo?

Dr. Josef Ostermayer: Na ja, aufgrund der Landeshaftungen – ich habe das vorhin schon zitiert aus dem Rechnungshof – und der damit finanzierten und ermöglichten großen Expansion ist die Bank dann systemrelevant geworden.

Das ist eine besonders unangenehme Situation, wenn klar ist, eigentlich ist eine Bank too big to fail, und gleichzeitig hat die Bank in der Vergangenheit immer Ärger gemacht. Insofern war das sicher ab und zu ein Thema, dass man sich über sie ärgert. Aber es gibt zwei unterschiedliche Situationen. Das eine ist sozusagen die emotionale Ebene: Man ärgert sich. Außerdem gibt es die zweite Ebene, nämlich die rationale Ebene: Was muss ich tun (Abg. Lichtenecker: Aber es ...!), damit dieses Ärgernis nicht zu einem Tsunami wird oder zu einem Dominoeffekt führt? – Wie das auch Präsident Trichet gesagt hat.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Ganz konkret: Das Finanzministerium, der Finanzminister selbst ist nicht in dieser Form einmal dagestanden, in der Koordinierung der Koalition, und hat gesagt: Da gibt es ein Problem, da haben wir Handlungsbedarf, die FMA wird sich das noch genauer anschauen!, was auch immer?

Dr. Josef Ostermayer: Sie meinen, zum Partizipationskapital? – Ich verstehe jetzt ganz konkret die Frage nicht.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Generell zum Thema Finanzmarkt, Hypo und Probleme, die die Hypo hat.

Dr. Josef Ostermayer: Das Thema Finanzmarkt hat uns ab dem 2. Dezember ... (Abg. Lichtenecker: Ich weiß: in Permanenz beschäftigt!) Ja, auf allen Ebenen! Also auf meiner Ebene, auf der Ebene von Kanzler und Vizekanzler, auf der Ebene der Europäischen Union, des ...

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Es wäre ein Wunder, wenn es nicht so gewesen wäre! (Auskunftsperson Ostermayer: Ja!) Aber die Frage war eben ganz konkret zur Hypo: Hat sich irgendjemand mit der Hypo ...?

Dr. Josef Ostermayer: Das war sicher immer auch Teil davon! Ich habe es ja vorhin gesagt: Wir haben in Summe fünf Banken mit Partizipationskapital gehabt. Als dann auch die Medienberichte aufkamen: Da tut sich schon wieder ein Loch auf ... Also später hat das dann irgendwie den Titel bekommen: Fass ohne Boden.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Aber heißt das, man ist in der Koordinierung auf Medienberichte angewiesen gewesen? Oder hat es konkret faktische Unterlagen seitens des Ministeriums gegeben, wo die Dinge auf den Tisch gelegt wurden?

Dr. Josef Ostermayer: Ehrlich gesagt, wir haben ein Arbeitsverhältnis: Wenn, ich sage jetzt, der Finanzminister sagt, ich habe die Information bekommen, da wird der Asset Review gemacht, und wenn dann irgendwie bekannt wird – ich glaube, es ist ja dann irgendwann einmal auch die Information ans Finanzministerium gegangen –, dass da ein Loch von tausend, also 1,5 Millionen[1] ist, dann sind das sicher Dinge, die besprochen wurden. Wir treffen uns ja, oder es wurde telefonisch oder am Rande eines Ministerrats besprochen. Natürlich ist darüber geredet worden. Das ist ja auch klar, denn sonst hätte man sich nicht sozusagen die Strategie ausmachen oder sich abstimmen müssen, dass man sagt, wir vertreten die Position: Es ist die Aufgabe der Eigentümer, ihr Problem mit ihrem Eigentum zu lösen!

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Dann komme ich wieder zu den verschiedenen Alternativen, die von der Finanzprokuratur aufgezeigt wurden. Ich darf Ihnen das Dokument 29483 übermitteln. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Das ist eine tabellarische Übersicht über die Alternativen: Verstaatlichung, vertragliche Übernahme, Geschäftsaufsicht und Insolvenz, jeweils mit den verschiedenen Gruppierungen, mit der Frage, was für Kosten das für den Bund verursacht hätte, Risiken, Folgewirkungen und so weiter.

Ist Ihnen die Übersicht in dieser Form bekannt, beziehungsweise die Inhalte der Übersicht?

Dr. Josef Ostermayer: Bei den Inhalten darf ich jetzt kurz nachlesen. (Abg. Lichtenecker: Selbstverständlich!) Die Übersicht sagt mir spontan nichts. (Die Auskunftsperson liest in dem ihr vorgelegten Schriftstück.)

Übrigens, da kommt auch der Begriff „Fass ohne Boden?“ vor, mit Fragezeichen.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Das ist von Freitag, den 11. Dezember, ergangen an Herrn Peschorn. Der Betreff ist: Verstaatlichung. (Die Auskunftsperson liest weiter in dem Schriftstück.)

Gehen wir zum Punkt „Folgewirkungen“, Herr Minister! Sowohl bei der Verstaatlichung als auch bei der vertraglichen Übernahme ist ausgeführt:

„Bund treffen wirtschaftliche Auswirkungen der Unterkapitalisierung; ,Fass ohne Boden?‘“

Jetzt werden ja diese Alternativen diskutiert worden sein, in den verschiedenen Kategorien, auch denen der Auswirkungen und der Kosten. Das Thema „Fass ohne Boden?“ war ja auch auf dem Tisch. – Wie ist man mit diesem Thema umgegangen beziehungsweise wie ist das diskutiert worden?

Dr. Josef Ostermayer: Ich habe mit der Finanzmarktaufsicht darüber nicht diskutiert, ich war bei den Verhandlungen nicht dabei. Ich habe das Gespräch gehabt, wo ich dann dabei war, mit Gouverneur Nowotny, wo die Abwägung war: Welche Folgen hat Insolvenz? Da war ja in ...

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Sie sprechen von dem Termin am 13.12., 11 Uhr (Auskunftsperson Ostermayer: Genau!), Treffen Ostermayer mit Bundeskanzler Faymann, Nowotny, Schieder und so weiter? (Auskunftsperson Ostermayer: Genau!) – Da wird man ja diese Varianten diskutiert haben?!

Dr. Josef Ostermayer: Nein. Es hat sich dann zugespitzt – in meiner Erinnerung – auf die Varianten, was ist, wenn sozusagen die Bayern darauf bestehen, quasi Insolvenz auf der einen Seite beziehungsweise Notverstaatlichung auf der anderen Seite, weil an dem Tag, also am Sonntagvormittag, schon ziemlich klar war, sie werden zum Beispiel auf das Thema Burden Sharing nicht einsteigen.

Ich habe mit der Finanzmarktaufsicht keine Besprechung gehabt, daher ist mir auch der Zettel nicht in Erinnerung.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Das ist von der Finanzprokuratur; nur der Genauigkeit halber.

Dr. Josef Ostermayer: Finanzprokuratur, ja, Entschuldigung!

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Kein Problem!

Dennoch, es muss ja auch das Thema gewesen sein – auch von Herrn Nowotny, dessen Expertise Sie heute schon sehr betont haben –, dass eine der Folgewirkungen bei der Notverstaatlichung sein kann, dass das de facto ein „Fass ohne Boden“ wird.

Dr. Josef Ostermayer: Na ja, ich glaube, damals hat die OeNB noch nicht ... Also wir hatten sozusagen die Situation, dass ja das Asset Screening vorgelegen ist. Dass das Asset Screening von PwC dann wieder nicht hält und noch weitere Probleme auftauchen, das war, ehrlich gesagt, meiner Erinnerung nach damals nicht das Thema. Wir haben dann später – ich meine, wir oder auch Sie reden jetzt sozusagen immer mit der Weisheit aus 2016, wir reden aber über den Dezember 2009 ...

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Die Finanzprokuratur hat am 11. Dezember, also zwei Tage vor der berühmten Verstaatlichungsnacht, diese Übersicht erstellt und da bei den Folgewirkungen dezidiert angeführt: „Fass ohne Boden?“

Dr. Josef Ostermayer: Ja. Frau Abgeordnete, Sie haben mich gefragt, ob ich es kenne. – Mir ist es erstens nicht in Erinnerung. (Abg. Lichtenecker: Nein, mir ist es jetzt darum gegangen: Ist das mit Nowotny thematisiert worden?) Zweitens: Ich habe mit der Finanzprokuratur kein Gespräch gehabt.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Nein, nein, das ist klar.

Dr. Josef Ostermayer: Ja, und das habe ich auch beantwortet.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Die Frage war, ob das mit Nowotny auch ein Thema war.

Dr. Josef Ostermayer: Ich kann mich nicht erinnern, dass wir über diesen Zettel geredet haben, sondern dass wir über die Frage geredet haben: Wenn die es zuspitzen auf Insolvenz, weil sie anderen Varianten, also Burden Sharing, nicht zustimmen – ist dann Insolvenz oder ist dann Notverstaatlichung?

Um diese zugespitzte Frage ist es am Sonntag um 11 Uhr folgend gegangen. Auf diese Frage hat es sich ja letztendlich dann offenbar auch in der Verhandlungsnacht zugespitzt. (Abg. Lichtenecker: Mhm, nichtsdestotrotz ...!)

Dann war in der Verhandlungsnacht das Ergebnis: Wie kann man die anderen, also die bisherigen Eigentümer, noch in die Pflicht nehmen? Wie weit sind die bereit, mitzumachen?

Das Ergebnis – immer unter der Voraussetzung, wie gesagt, Insolvenz wird sozusagen als Katastrophe für den Finanzmarkt angesehen – und die Verhandlungsposition ist: Wir haben das Packl mit den Haftungen Kärntens am Rücken!

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Gut, in dem Gespräch wurden also Insolvenz und Verstaatlichung – Notverstaatlichung, wie es jetzt benannt wurde – debattiert.

Was wurde seitens des Gouverneurs an Risken bei der Verstaatlichung erläutert?

Dr. Josef Ostermayer: Frau Abgeordnete, das war im Dezember 2009, ich kann Ihnen die Details jetzt schlicht und einfach nicht mehr sagen.

Ich kann Ihnen sagen, worum es ging und wie dann die Entscheidung war und welches Risiko die einen haben, welches Risiko die Republik mit Kärnten hat und welches Risiko es am österreichischen Finanzmarkt gibt. – Das waren dann die Pole, um die es gegangen ist.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Herr Minister, ich darf Ihnen noch ein Dokument mit der Nummer 24179 übermitteln. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Das ist das Protokoll, das ausgeführt worden ist „über die Vorbesprechungen zu den Verhandlungen des Bundes hinsichtlich einer Lösung für die HGAA“. Es geht um Gespräche FMA/BMF, 12. Dezember, erste und zweite Runde.

Ich weiß, dass Sie nicht dabei waren. (Auskunftsperson Ostermayer: Ja!) Es geht mir auf der Seite 6 von 7 um einen Absatz bezüglich des Herrn Gouverneurs Nowotny, um den drittletzten Absatz. Da wird beim letzten Satz ausgeführt, Herr Gouverneur Nowotny „rate jedenfalls davon ab, dass die BayernLB ihre Anteile komplett abgibt und ausschließlich der Bund die Beteiligungen an der HGAA hält“. – Also sozusagen die Überzeugung vom Gouverneur, das nicht zu tun.

Das ist am 12. gewesen. Am 13. hat es auch das Treffen gegeben. – Hat der Herr Gouverneur noch erläutert, warum es jetzt sozusagen ein Umdenken gibt, sodass Lösungen, die vorher angedacht waren, am nächsten Tag kein Thema mehr sind?

Vorsitzende Doris Bures: Zweite Runde, Frau Abgeordnete. (Abg. Lichtenecker: Danke!)

Dr. Josef Ostermayer: Ehrlich gesagt, die Frage hätten Sie dem Gouverneur stellen sollen; aber vielleicht haben Sie sie ihm eh gestellt. Was bei ihm stattgefunden hat und warum, kann ich relativ schwer einschätzen, das kann ich gar nicht mitteilen.

Was ich Ihnen sagen kann, ist: Er hat natürlich – davon gehe ich aus – auch nicht das große Interesse gehabt, dass Österreich die Bank übernimmt. Aber unter Abwägung all der Vor- und Nachteile hat er in der Besprechung, die wir hatten, große Überzeugungsarbeit geleistet – das war nämlich notwendig, weil der Bundeskanzler ja die andere Position hatte –, große Überzeugungsarbeit geleistet, dass wir sie eben nicht in Insolvenz schicken, sondern notfalls verstaatlichen.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Sie haben vorhin auch das Burden Sharing angesprochen. Das ist ja auch da ein Thema gewesen, noch am Tag zuvor. Ich gehe davon aus, dass man darüber debattiert hat, warum das nicht mehr möglich ist und warum wir jetzt in dieser Situation sind.

Dr. Josef Ostermayer: Na weil es einen Partner dazu braucht! Und wenn der Partner sagt: Ich will mit der Bank nichts mehr zu tun haben, notfalls schicke ich sie in Konkurs!, dann kann man schwer Burden Sharing vereinbaren. Das ist leider im Leben so.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Da haben Sie sicherlich recht. (Auskunftsperson Ostermayer: Danke! – Heiterkeit.) Die Frage ist immer nur, warum es so eine Entwicklung innerhalb von einem Tag in dieser Form gibt, dass am Tag vorher noch sozusagen das eine und am nächsten Tag das andere ist, ob es da noch irgendwelche Erläuterungen gegeben hat, die ein Stück erhellender sind, was das in dieser Form betrifft, außer den berühmten Trichet-Telefonaten – durch die Bank.

Dr. Josef Ostermayer: Meinen Sie jetzt beim Bundeskanzler oder bei Gouverneur Nowotny? Oder wie hätte ich diese Frage verstehen sollen?

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Beim Herrn Gouverneur gibt es ohnehin das ausführliche Protokoll darüber, wie das abgelaufen ist, und so weiter. Aber gleichzeitig war es natürlich die Frage, wie das bei Ihnen in der Gruppe beziehungsweise mit dem Herrn Bundeskanzler und mit Ihnen als politische Verantwortungsträger debattiert worden ist.

Dr. Josef Ostermayer: Ich kann das gerne noch einmal wiederholen. Ich meine, es wird dadurch nicht mehr, aber wenn Sie es gerne haben, sage ich es noch einmal. Wenn nicht, verweise ich auf das, was ich schon gesagt habe.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Nein, wir haben das schon zur Kenntnis genommen (Auskunftsperson Ostermayer: Ja, okay, gut!), dass das sozusagen nicht weiter in dieser Form ein Thema war.

Auch die Dringlichkeit – warum das dann so schnell hat gehen müssen – ist ja ein Thema gewesen. – Hat es da irgendwelche Argumentationen gegeben? War das nicht einmal ein Thema, dass man sagt, wir versuchen Zeit zu gewinnen, um die Bank wirklich prüfen zu können, um das ordentlich abwickeln zu können?

Dr. Josef Ostermayer: Was Sie gerade sagen, hätte bedeutet, dass man der FMA, also einer Behörde, den Auftrag gibt, nicht den Regierungskommissär einzusetzen. Das ist der Grund gewesen, warum es sich dann auch zeitlich so zugespitzt hat, weil ja klar war, dass ab dem Öffnen der Bank, also am Montag, der Regierungskommissär die Geschäfte übernimmt. Da war eben die Einschätzung der namhaften Fachleute die, dass das letztendlich zu einem Bank Run führen wird, mit all den Konsequenzen, die sich daraus ergeben.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Es gibt andere Beispiele, wo man weiß, dass das nicht zwingend eintreten muss, wenn man es ordentlich abwickelt.

Dr. Josef Ostermayer: Ich sage ja nur, das war die Einschätzung der Fachleute. Die Situation ist am Wochenende, sozusagen an diesem berühmten Wochenende, dann die gewesen, dass klar war – das war die Einschätzung all der Fachleute, die involviert waren –: Man muss vor Öffnen der Bank das Problem gelöst haben!

Aber den Zeitpunkt hat die FMA bestimmt, und zwar aufgrund einer Anweisung dieser Behörde, und die wiederum hat das auf Basis von Gesetzen gemacht. Wenn man also die FMA angewiesen hätte, das nicht zu tun, wäre das – vermute ich jetzt einmal – eine rechtswidrige Weisung oder möglicherweise Amtsmissbrauch gewesen. (Abg. Kogler: Aber die FMA hat in ihren Vorschriften ...!)

Vorsitzende Doris Bures: Es besteht die Möglichkeit, dass die Fraktion den Redner wechselt.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Es passt schon.

Ich darf Ihnen noch ein Dokument übermitteln, das Dokument mit der Nummer 24167. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

E-Mail an Direktor Reading, OeNB, vom Dienstag, den 15. Dezember, zweiter Satz:

„Das BMF ersucht um Begründung der Dringlichkeit der Staatsbeihilfen für die HypoGroup Alpe Adria.“

Dr. Josef Ostermayer: Wo steht das?

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Entschuldigung! Das ist die Seite 9, wenn Sie oben schauen.

Dr. Josef Ostermayer: Die Seite 9? – Ich habe keine Seite 9. Vielleicht eine andere Nummerierung?

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Nein, stimmt, das ist korrekt. Es ist bei Ihnen auf der ersten Seite. (Auskunftsperson Ostermayer: Ach so, am Deckblatt?) Der zweite Satz:

„Das BMF ersucht um Begründung der Dringlichkeit der Staatsbeihilfen für die HypoGroup Alpe Adria.“

Jetzt ist das Ganze dringlich. Das ist fünfmal durchargumentiert worden, das BMF ist sozusagen federführend in der ganzen Geschichte – und braucht dann trotzdem die Begründung der Dringlichkeit. Ist das nicht ein bisschen seltsam?

Dr. Josef Ostermayer: Das sollten Sie das BMF fragen. Ich kann Ihnen ...

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Ich frage Sie, der auch gut informiert war in Bezug auf die Dringlichkeit und im Rahmen dessen, dass es um die Zeit der Verstaatlichung geht und weil ja Sie beziehungsweise auch der Bundeskanzler von der Dringlichkeit haben überzeugt werden müssen.

Dr. Josef Ostermayer: Von der Dringlichkeit, dass man vor Öffnen der Bank fertig ist? Das meinen Sie?

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Dass man das partout am 14. macht oder sich noch Zeit lässt und die Dinge besser prüfen kann.

Dr. Josef Ostermayer: Ich habe Folgendes ausgesagt – ich kann das gerne noch einmal zusammenfassen –: Die FMA hat einen Regierungskommissär eingesetzt ... (Abg. Lichtenecker: Das ist klar! Das ist vollkommen klar!)

So, und die Aussage und Einschätzung all der Fachleute, die involviert waren – sie haben gesagt: Wenn wir nicht bis dorthin die Lösung haben und der Regierungskommissär seine Tätigkeit beginnen muss, weil keine Lösung quasi für die Lücke gefunden wird, dann hat das die Konsequenz, dass wahrscheinlich so eine Beunruhigung entsteht, dass ein Bank Run die Folge ist.

Was das mit dem zu tun hat, ehrlich gesagt, das müssen Sie wirklich die zuständigen Leute im Finanzministerium fragen.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Aber es erscheint Ihnen nicht als seltsam?

Dr. Josef Ostermayer: Ich kenne nicht die Mail-Korrespondenz, die das Finanzministerium hin- und herschickt.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Frau Abgeordnete, nach dem Wortlaut Absender, Adressaten und solche, die als Copy-Adresse auftreten, ist die Auskunftsperson sichtlich nicht tangiert. Sie könnten fragen, richtig zutreffend fragen, ob die Auskunftsperson von diesem Schreiben etwas weiß, ob sie davon Kenntnis hat, und wenn ja, ob sie auch weiß, was damit bezweckt wurde. Aber die Auskunftsperson – die das ja in der Zwischenzeit auch schon von sich aus und freiwillig gesagt hat – zu fragen, was sich die anderen dabei gedacht haben oder wie sie selbst das einschätzt, das ist keine Wahrnehmungsfrage, sondern eine andere.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Gut, ich nehme das zur Kenntnis.

Jedenfalls sind das interessante Details beziehungsweise Erscheinungen, die sich rund um die Verstaatlichung ergeben. Und es ist auch um das Thema der Dringlichkeit beziehungsweise darum gegangen, wie bewusst man sich dessen im Ministerium war und ob das auch in dieser Form Thema gewesen ist. Danke, ich mache in der nächsten Runde weiter.

Vorsitzende Doris Bures: Ihre Redezeit war jetzt fast auf die Sekunde genau ausgeschöpft.

Abgeordnete Martina Schenk (STRONACH): Herr Dr. Ostermayer, ich möchte noch einmal in die Vergangenheit gehen. Sie haben schon vorhin gesagt, Sie haben nicht mehr viel Erinnerung, da es ja doch schon einige Jahre zurückliegt. Aber vielleicht gibt es doch noch ein paar Erinnerungen, Wahrnehmungen auf meine Fragen, die jetzt folgen werden, speziell einmal zu den Runden, wo Sie im Vorfeld der Verstaatlichung dabei waren.

Diese Runden waren ja, glaube ich, ausschließlich mit roten Parteikollegen. Oder waren Sie auch bei der Vorbesprechung zur Verstaatlichung, haben Sie hier auch Gespräche mit Vertretern vom Koalitionspartner, also auch mit ÖVP-Leuten geführt?

Dr. Josef Ostermayer: Nein, die maßgeblichste Besprechung, die am Sonntag und die am Samstag ... Also die am Samstag war eine Bürobesprechung mit dem Bundeskanzler und den beiden Mitarbeitern. Im Finanzministerium selbst war ich bei keinen Gesprächen dabei.

Abgeordnete Martina Schenk (STRONACH): Und am 9.12. hat es ja eine Bankenrunde gegeben, wo Sie auch dabei waren. – Haben Sie da noch eine Erinnerung, ob es Wünsche der Banken gegeben hat, wie mit der Hypo Alpe-Adria-Bank weiter vorgegangen werden soll oder was damit passieren soll? Können Sie sich da noch an Gespräche erinnern, an Wünsche?

Dr. Josef Ostermayer: Ich kann Ihnen jetzt nicht mehr mit Bestimmtheit – weil es im Kalender nicht daneben gestanden ist – sagen, wer aller dabei war. Aber ich gehe davon aus, das war Gouverneur Nowotny – also das ist der Termin mit Gouverneur Nowotny –, und ich nehme an, dass auch entweder Gruber oder Szemeliker dabei waren; sonst, glaube ich, niemand.

Abgeordnete Martina Schenk (STRONACH): Und Werner Muhm, der AK-Direktor in Wien – er ist ja, glaube ich, auch ein Berater des Kanzlers –, war der im Vorfeld dieser Gespräche vor der Verstaatlichung dabei? Haben Sie da noch eine Erinnerung oder Wahrnehmung?

Dr. Josef Ostermayer: Kann ich mich nicht erinnern, glaube ich auch nicht.

Abgeordnete Martina Schenk (STRONACH): Okay. Und am 13. Dezember, also unmittelbar nach der Verstaatlichung, da waren auch nur: Kanzler, Sie, Nowotny, Schieder, also auch nur Vertreter Ihrer Fraktion?

Dr. Josef Ostermayer: Ja.

Abgeordnete Martina Schenk (STRONACH): Okay.

Sagt Ihnen ein Gutachten etwas, das angeblich von der Regierung in Auftrag gegeben wurde – Sie waren ja damals Regierungskoordinator – an den Herrn Bachler, den ehemaligen Kommandanten der Sondereinheit Cobra, im Zusammenhang mit Geldwäsche und Hypo? Sagt Ihnen so ein Gutachten etwas, das in Auftrag gegeben wurde?

Dr. Josef Ostermayer: Nein.

Abgeordnete Martina Schenk (STRONACH): Okay.

Dann kommen wir zu Herrn Androsch, auch ein ehemaliger Parteikollege von Ihnen, oder immer noch. Als Regierungskoordinator: Sagt Ihnen ein Schreiben etwas, das Herr Androsch im Dezember 2009 an den Herrn Kanzler gerichtet hat? Das Schreiben wird gerade vorgelegt: 38319. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Also in dem Schreiben kritisiert Herr Androsch die Bankenrettung, dass immer nur kaputte Banken gerettet werden, dass aber kein Gesamtkonzept für den Bankenstandort Österreich gemacht wird, dass das eben fehlt. Und das urgiert er in diesem Schreiben.

Dr. Josef Ostermayer: Es kann sein, dass ich das Schreiben kenne oder dass das auch bei mir gelandet ist. Jedenfalls die Wortfolge „overbanked, overbrunched“ und „overexposed“ ist mir nicht unbekannt; wobei Hannes Androsch das auch öffentlich immer wieder gesagt hat.

Abgeordnete Martina Schenk (STRONACH): Und ist da irgendetwas gemacht worden? Gibt es ein Gesamtkonzept? Wurde dieser Anregung von Herrn Androsch Folge geleistet oder nicht? – Sie können es gerne noch einmal lesen.

Dr. Josef Ostermayer: Das ist eine Kopie, die Androsch … Er verweist sozusagen darauf, dass er an den zuständigen Minister dieses Ansuchen geschrieben hat. (Abg. Schenk: Mhm!) Da würde ich auch bitten: Fragen Sie Josef Pröll, ob das entwickelt wurde! Dass es insgesamt viele Maßnahmen gegeben hat – um einerseits zu konsolidieren – und dass in Wirklichkeit der Bankenmarkt selbst entsprechende Konsequenzen aus all diesen Handlungen oder aus den Entwicklungen gezogen hat, das ist ja evident.

Also die Volksbanken haben sich radikal verändert, die Kommunalkredit (Abg. Schenk: Kommunalkredit!) hat sich radikal verändert, die Hypo auch, indem beispielsweise Teile auch verkauft wurden. Und dass es insgesamt auch – sagen wir – in der Dichte des Filialnetzes in den letzten Jahren Veränderungen gegeben hat und auch in der Zukunft geben wird, ist mittlerweile auch evident.

Also man könnte zusammenfassend sagen: Die Dinge, die Hannes Androsch angeführt hat, sind zum Teil ja sowieso eingetreten.

Das „overexposed“: Da hat tatsächlich dann in der Folge – jetzt weiß ich allerdings nicht, wann das war – die OeNB auch quasi eine Richtlinie rausgegeben – wie sie jetzt technisch heißt, weiß ich nicht –, wo die – ich suche jetzt nach dem Begriff (die Auskunftsperson blättert in dem ihr vorgelegten Schriftstück) – Loan-/Deposit Ratio in den osteuropäischen Ländern entsprechend justiert wurde, damit sozusagen das Verhältnis der Geldeinlagen zu den Krediten, die gegeben werden, in einem bestimmten Ausmaß ist und damit auch reduziert wird, dass quasi Geld aus Österreich dort zur Verfügung gestellt wird, um Kredite zu finanzieren.

Ich vermute, dass das möglicherweise der Hintergrund Ihrer Frage und der Vorlage des Dokuments war. Auf die Frage: Verstaatlichung Hypo oder nicht?, hat es keine Auswirkungen gehabt.

Abgeordnete Martina Schenk (STRONACH): Na ja, es besteht ja noch die Möglichkeit, dass wir Herrn Androsch hier im Ausschuss befragen. Ich möchte auch gleich bei ihm bleiben, meine nächste Frage schließt wieder dort an. – Haben Sie Erinnerungen, Wahrnehmungen, was mit der verstaatlichten Hypo hätte passieren sollen? Da muss es ja schon vor der Verstaatlichung Gedanken, Gespräche gegeben haben. Können Sie sich daran erinnern? Was macht man dann mit der verstaatlichten Hypo?

Dr. Josef Ostermayer: Was es damals, also relativ kurzfristig danach, übrigens auch dann öffentlich ... Wo man Konsens hatte, war die Diskussion, dass das, was man befürchtet, nämlich dass dort manches nicht gesetzeskonform abgelaufen ist, entsprechend untersucht wird. Da hat es ja dann diese CSI Hypo gegeben; so ist das dann genannt worden vom Finanzminister. Sie ist dann eingesetzt worden, um der Misswirtschaft, die man vermutet hat, tatsächlich auf den Grund zu gehen.

Es hat ja dann in der Folge auch eine größere Zahl an Strafanzeigen bei der Staatsanwaltschaft gegeben, und es hat auch schon einige Verurteilungen gegeben. Aber wenn die Frage jetzt darauf hinaus...

Abgeordnete Martina Schenk (STRONACH): Nein, es geht um die Verwertung.

Dr. Josef Ostermayer: Wollte ich gerade sagen: ... darauf hinauszielte, ob man und wann man die Bank wieder lukrativ sozusagen loskriegen kann, das war in dem damaligen Moment, zu dem damaligen Zeitpunkt überhaupt nicht absehbar.

Abgeordnete Martina Schenk (STRONACH): Da möchte ich jetzt auch wieder bei Herrn Androsch anschließen. Der gab unmittelbar nach der Verstaatlichung – das Dokument wird gerade vorgelegt (der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt); die Nummer 02003925 – ein Interview, „WirtschaftsBlatt“, vom 5.1.2010, wo er eben von 20 Investmentgesellschaften spricht, die Interesse an Teilen der Hypo haben, und wo er auch eine versteckte Parteienfinanzierung rund um den Verkauf vermutet.

Können Sie dazu etwas sagen? Es ist halt relativ schlecht zu lesen, aber es geht gerade noch. In der letzten Spalte ist das, vorletzter Absatz.

Dr. Josef Ostermayer: Also wenn Sie das Markierte meinen, würde ich sagen, es ist gar nicht lesbar. (Heiterkeit der Auskunftsperson. – Abg. Schenk: Also ich kann es sogar noch ohne Brillen lesen, es geht noch!) – Bitte? (Abg. Schenk: Ich kann es sogar noch ohne Brillen lesen! Es ist zwar sehr schwer, aber es geht!) – Das ist aber toll für Sie. (Allgemeine Heiterkeit.)

Abgeordnete Martina Schenk (STRONACH): Also das mit den 20 Investmentgesellschaften, das ist nicht unterlegt, das ist das letzte Wort im vorletzten Absatz, und dann geht es weiter mit: Teile der Hypo; und dann ist eben das grün Unterlegte.

Dr. Josef Ostermayer (auf Verfahrensrichter Pilgermair und Verfahrensanwalt Binder weisend): Also wir drei scheitern, aber ich kenne ...

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Könnten Sie es vorlesen, Frau Abgeordnete, wenn Sie so ...

Abgeordnete Martina Schenk (STRONACH): Na ja, also das mit den 20 Investmentgesellschaften, das kann man ja lesen. Ich glaube, das geht auch bei den Herren mit Brille.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Es geht nur um den dunklen Balken rechts.

Abgeordnete Martina Schenk (STRONACH): Ach so, ist das jetzt dunkel kopiert? Ist das nicht farbkopiert? (Abg. Krainer: Ich hab’ ihm schon ...!) – Danke für den netten Einwurf, darauf hätten wir jetzt aber auch verzichten können!

Also wissen Sie etwas darüber?

Dr. Josef Ostermayer: Nein, ich kenne das nicht.

Abgeordnete Martina Schenk (STRONACH): Sie kennen das nicht (Auskunftsperson Ostermayer: Nein!), und Sie haben auch keine Gespräche, keine Wahrnehmungen ...

Dr. Josef Ostermayer: Also ich weiß auch nicht, was Hannes Androsch da meint.

Abgeordnete Martina Schenk (STRONACH): Sie wissen nicht, was er meint?

Dr. Josef Ostermayer: Ich kann ihn nicht interpretieren.

Abgeordnete Martina Schenk (STRONACH): Okay, na dann werden wir ihn vielleicht befragen müssen, um da ein bisschen Licht ins Dunkel zu bringen und vielleicht dann auch eine bessere Qualität zu haben.

Danke, das war es fürs Erste.

Vorsitzende Doris Bures: Damit gelangen wir zur zweiten Runde, und ich frage jetzt die Fraktionen durch, für die es auch noch Redezeit in der zweiten Runde gibt. NEOS? (Abg. Hable: Nein!) Nein. Sozialdemokraten? (Abg. Krainer: Nein!) Nein. Frau Abgeordnete Schenk? (Abg. Schenk: Nein!)  Nein.

Dann gelangen wir zur dritten Runde, und ich frage, ob es Wortmeldungen gibt? (Die Abgeordneten Lichtenecker und Angerer geben ein Handzeichen.) – Da muss ich jetzt auf die Fraktionsreihenfolge schauen. Sie sind der Erste, Herr Abgeordneter Angerer. – Bitte.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Herr Dr. Ostermayer, Sie haben vorhin gesagt, Burden Sharing wäre nicht möglich gewesen, weil man dazu einen Partner braucht. Jetzt sage ich, dass das einfach nicht stimmt! Wenn Sie die Unterlage, die Sie vorhin weggelegt und gefragt haben: Was soll ich damit?, hernehmen und dieses Wandlungsrecht des Partizipationskapitals in Aktien angewandt hätten, wäre es genau dieses Burden Sharing gewesen. Sie wären selbst in der Bank als Aktionär gesessen, und das ist nichts anderes als die Variante Burden Sharing.

Sie haben vorhin genau auf diese Frage, die ich Ihnen gestellt habe, geantwortet: Was hätten wir von 50 Prozent Anteilen in der Bank gehabt? Genau das ist es aber, was Herr Nowotny damals schon empfohlen hat und was die Variante Burden Sharing ist. – Wollen Sie jetzt eine konkrete Frage dazu? (Allgemeine Heiterkeit.)

Dr. Josef Ostermayer: Also ich habe vermutet, dass sie kommt, aber ich kann es auch auf den Punkt bringen.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Warum wurde das Wandlungsrecht nicht angewandt und damit das Burden Sharing als die beste Variante umgesetzt? Die Frage ist ganz einfach.

Dr. Josef Ostermayer: Weil sich – soweit ich mich erinnern kann – die Einschätzung damals, als wir uns am 13., also am Sonntag, getroffen haben, auf diese beiden Fragen oder auf diese beiden Optionen zugespitzt hat, nämlich auf die Option der Insolvenz und die Option der Verstaatlichung.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Das haben Sie uns vorhin schon sehr ausführlich und nett erzählt (Auskunftsperson Ostermayer: Ich gebe Ihnen jetzt schon ...!), aber das ist keine Antwort auf meine Frage.

Dr. Josef Ostermayer: Ich gebe Ihnen jetzt schon eine Prognose: Ich werde auf die gleichen Fragen gleich antworten, auch wenn sie mehrfach gestellt werden, weil ich das sage, was in meiner Erinnerung ist, und dabei bleibe ich.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Ich möchte Ihnen jetzt noch einmal ein Dokument vorlegen, und zwar Dokument Nummer 2118594, die Aussage von Herrn Dr. Nowotny, den wir heute auch schon heiliggesprochen haben, hier im Hypo-Untersuchungsausschuss. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Der Verfahrensrichter hat Herrn Dr. Nowotny die Frage zu dieser Variante Burden Sharing gestellt, und Herr Nowotny hat gesagt:

„Ich glaube, das wäre auch die vernünftigere Variante gewesen – das glaube ich nach wie vor (...)“

Das heißt, auch heute glaubt er das noch. (Auskunftsperson Ostermayer – in dem Schriftstück blätternd –: Wo sind Sie jetzt?) Ganz unten, Dr. Nowotny, ganz unten, seine letzte Antwort auf dieser Seite.

Dr. Josef Ostermayer: „Nein, das Asset Screening (…)“  dieser Absatz?

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Nein, das mit der Alternative. Also die Frage war von Herrn Pilgermair, es ist um das Burden Sharing gegangen …

Dr. Josef Ostermayer: „Tut man sich 50 Millionen einfach so unterm Jahr an?“ – Nein?

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Haben wir das falsche Dokument? (Auskunftsperson Ostermayer – weiter in dem Schriftstück blätternd –: Ach so, auf der ersten Seite!) Ja, ja, erste Seite.

Dr. Josef Ostermayer: „Haben Sie ein Faible für diese Alternative gehabt?“ (Abg. Angerer: Nein, ich nicht, der Herr Nowotny!) Nein, das war die Frage von ... (Allgemeine Heiterkeit.) Ich will ja nur, dass wir beim Protokoll auf der gleichen Seite, beim gleichen Absatz sind (Abg. Angerer: Okay!), und das Faible bezieht sich auf … Soll ich es zuerst lesen?

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Nein. Das Faible ist vom Herrn Verfahrensrichter gekommen, also bei Faible ist das Burden Sharing gemeint.

Dr. Josef Ostermayer: Aber falls die Frage ist, ob ich das Protokoll kenne: Das kenne ich nicht.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Nein, Sie brauchen es nicht zu kennen. (Auskunftsperson Ostermayer: Okay!) Es geht mir darum, was Herr Nowotny gesagt hat, auch heute noch. (Zwischenruf der Abg. Greiner.)

„Ich glaube, das wäre auch die vernünftigere Variante gewesen – das glaube ich nach wie vor –, also das, was wir dann quasi unter Burden Sharing sehen, denn das hätte erlaubt, diese Bank in Ordnung abzuwickeln, genau das zu machen, was ja auch in anderen Fällen geschehen ist, nämlich Teilung in eine Bad Bank und in eine Bank, die dann eben entsprechend kapitalisiert ist.

Das hätte letztlich, glaube ich, auch für die Bayern die bessere Lösung bedeutet, war aber, glaube ich, politisch nicht mehr durchsetzbar, weil natürlich – und das muss man sehen – die Bayern ja selbst in einem EU-Wettbewerbsverfahren waren und aus dem heraus, glaube ich, der politische Druck dann sehr stark war, quasi kein Geld mehr nach Österreich zu schicken.“

Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter, Sie müssen jetzt die Frage formulieren.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Ja. Es wird wahrscheinlich eh keiner mehr fragen, dann kann ich weiterreden.

Die Frage ist – noch einmal das Gleiche –: Herr Nowotny sieht immer noch als die beste Lösung dieses Burden Sharing. Sie hätten die Möglichkeit gehabt mit dieser Umwandlung des Partizipationskapitals und Sie haben es nicht gemacht. – Warum?

Dr. Josef Ostermayer: Herr Abgeordneter, ich lese da jetzt, Herr Dr. Nowotny sagt: „Da waren wir noch eher der Meinung, es wird dazu kommen, dass die Bayern auch wieder bereit sind, Geld einzuschießen.“

Dann war aber das Ergebnis, dass die Bayern nicht bereit sind, Geld einzuschießen, und daher ist es nicht zum Thema Burden Sharing gekommen, wo wir uns auch beteiligt hätten, wenn sich die anderen beteiligt hätten. Da die aber gesagt haben: Wir wollen uns nicht mehr beteiligen!, ist nur mehr die Option A, Insolvenz, oder die Option B, Verstaatlichung, übrig geblieben.

Das sagt doch Gouverneur Nowotny hier, und das war die Situation, in der wir waren an dem Sonntag um 11 Uhr folgend, als dann am Abend oder am Nachmittag die Verhandlungen begonnen haben.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Herr Minister, ich möchte zum Ministerratsvortrag zur Rettung der Hypo Group Alpe-Adria im Dezember kommen. Ich nehme an, Sie haben diesen selbst super parat. (Die Auskunftsperson hält ein Schriftstück in die Höhe.) – Perfekt, wir haben die idente Unterlage. (Auskunftsperson Ostermayer: Sehr gut!)

Auf der letzten Seite sind die österreichischen Kreditinstitute Thema, und zwar im ersten Satz: „Auch von den österr. Kreditinstituten gibt es eine Zusage € 500 Mio. an liquiditäts- und kapitalstärkenden Maßnahmen beizutragen.“

Von der Kapitalstärkung – das hat zum Beispiel gestern Herr Dr. Harold ausgeführt – war nie die Rede, immer nur von Liquidität.

Jetzt ist die Frage: Wie weit wurde das in dieser Form dann auch erfüllt?

Dr. Josef Ostermayer: Kann ich Ihnen jetzt nicht beantworten, ich weiß es nicht. Wir haben – und das war die Situation, in der ich am Montag dann war – die Information vom Finanzministerium bekommen, was sozusagen besprochen wurde mit den verschiedenen Akteuren. Und auf Basis dessen ist dann dieser Ministerratsvortrag entstanden, also der Ministerratsvortrag ist im Finanzministerium formuliert worden, ist uns geschickt worden, das ist angeschaut worden – ich weiß nicht, von wem jetzt genau, ich nehme an vom Kollegen Gruber –, abgeklärt worden natürlich auch mit Staatssekretär Schieder, und so ist er dann im Ministerrat beschlossen worden.

Was genau dort besprochen wurde – ich kann Ihnen nur sagen, was sozusagen vorgelegt wurde –, kann ich Ihnen jetzt nicht im Detail sagen, weil ich nicht dabei war. Also ich kann es auch nicht aus eigener Wahrnehmung sagen, weil ich nicht dabei war, und, ehrlich gesagt, ob dann in der Folge kapitalstärkende, also liquiditätsstärkende Maßnahmen gesetzt wurden, das kann ich Ihnen jetzt auch nicht beantworten, weil ich mich darauf nicht vorbereitet habe.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Dann möchte ich noch zum Thema Systemrelevanz – das Sie heute schon selbst angesprochen haben – kommen, und auch zum Thema Burden Sharing. Die Hypo hat ja in manchen der südosteuropäischen Länder einen sehr hohen Marktanteil gehabt, beispielsweise in Bosnien an die 21 Prozent und in Montenegro an die 16 Prozent. Für mich stellt sich da natürlich die Frage: Ist es jemals Thema gewesen, dass auch diese Länder einen Beitrag leisten, da die Hypo ja für ihre Volkswirtschaft durchaus ein wesentlicher Player war?

Dr. Josef Ostermayer: Also im Ministerratsvortrag – ich hoffe, die Zahlen haben damals gestimmt – steht Bosnien-Herzegowina 20 Prozent und Montenegro 20 Prozent. Die waren nicht Teil der Verhandlungen, sondern die Verhandlungspartner waren andere, mit denen das verhandelt wurde. Es war eher das Risiko – wenn ich mich jetzt richtig erinnere –: Was wäre, wenn die dann verstaatlichen würden? Also wenn wir die Hypo hätten fallen lassen, wäre ja wohl der Effekt gewesen, dass die dort gleich verstaatlicht hätten und dann sozusagen die Gelder, die auch von der Hypo Österreich dort hineingegeben wurden, weggefallen wären. Das ist die Erinnerung, die ich habe.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Also die Zahlen, die ich genannt habe, sind die …

Dr. Josef Ostermayer: Ob es vom Finanzministerium oder vom Finanzminister mit den anderen Staaten Gespräche gegeben hat, das weiß ich nicht.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Ja, aber die Zahlen, die ich genannt habe, das sind die aus dem Rechnungshofbericht beziehungsweise von der Oesterreichischen Nationalbank. Die differieren dann in dieser Form vom Ministerratsvortrag.

Aber zusammenfassend: Wiewohl die Hypo dort einen sehr hohen Marktanteil hatte – war es in dieser Form nicht Thema, dass Gespräche geführt wurden, um hier auch entsprechende Beteiligungen zu bekommen?

Dr. Josef Ostermayer: Nicht in Gesprächen mit mir. Aber ich war auch nicht …

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Aber es hat auch der Finanzminister nicht berichtet, dass er sich um so etwas kümmert (Auskunftsperson Ostermayer: Nein, also ist mir nicht bekannt!), dass auch hier ein entsprechender Beitrag geleistet wird, was ja durchaus logisch wäre, in dieser Form?

Aber prinzipiell: War das Thema Systemrelevanz Thema oder nie Thema, in einer gröberen Form?

Dr. Josef Ostermayer: Es ist ja nicht eine Frage, ob die Politik sagt, es ist systemrelevant oder nicht, sondern die zuständige ...

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Nein, nein, es geht mir jetzt nicht um die Politik. Aber war das Thema? Hat man das debattiert?

Dr. Josef Ostermayer: Nein, da hat es ja die entsprechende Stellungnahme gegeben, und, ehrlich gesagt, ich kann jetzt noch einmal den Rechnungshof zitieren, ich meine, das ist vom Vorjahr, und der Rechnungshof sagt auch: „Die Haftungen des Landes Kärnten trugen maßgeblich zur Erlangung einer systemrelevanten Stellung der Hypo Alpe-Adria-Bank International AG für den österreichischen Finanzmarkt bei.“

Er begründet auch sozusagen, dass die sich auch daraus ergibt, weil durch die Landeshaftungen eine Wachstumsmöglichkeit geschaffen wurde, die sonst nicht bestanden hätte, nämlich aus eigener Refinanzierungstätigkeit.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Der Sprecher vom Finanzminister, Harald Waiglein, jetziger Sektionschef im Ministerium, wird einige Wochen vor der Verstaatlichung, 27.11.2009, im „Format“ zitiert: „(…) Harald Waiglein, Sprecher von Finanzminister Josef Pröll (…) lässt durchblicken, dass die Bank für Österreich zum derzeitigen Zeitpunkt nicht mehr unbedingt systemrelevant sei.“

Darum auch die Frage: Ist es debattiert worden, wenn der Sprecher …

Dr. Josef Ostermayer: Die OeNB hat die andere Meinung vertreten und der Rechnungshof offenbar auch.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Der Rechnungshof hat überhaupt keine Meinung vertreten, der hat einfach das von der Oesterreichischen Nationalbank übernommen, so die Ausführung vom Rechnungshofpräsidenten hier bei uns im Untersuchungsausschuss. Also der Herr Waiglein ...

Dr. Josef Ostermayer: Das ist der Rechnungshofbericht aus dem letzten Jahr. (Abg. Lichtenecker: Ja, ja, ich weiß!) Auf Seite 11 heißt es: „Die Haftungen (…) trugen maßgeblich zur Erlangung einer systemrelevanten Stellung der Hypo Alpe-Adria-Bank International AG für den österreichischen Finanzmarkt bei.“

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Brauchen wir heute nicht abzuhandeln, haben wir schon mit Herrn Moser abgehandelt.

Dass Herr Waiglein mit „nicht unbedingt systemrelevant“ zitiert wird, war in dieser Form nicht Thema? – Dann können wir das abschließen. (Auskunftsperson Ostermayer: Was?) Dass Herr Waiglein, der Sprecher vom Finanzminister, mit „nicht unbedingt systemrelevant“ zitiert wird, war nie Thema, dass man das dann näher diskutiert hätte?

Dr. Josef Ostermayer: Kann ich mich nicht erinnern. Es war aus meiner Sicht damals ohne Zweifel, was die Oesterreichische Nationalbank gesagt hat, dass das relevant ist.

Vorsitzende Doris Bures: Frau Abgeordnete, Ihre Redezeit in dieser Runde ist ausgeschöpft. Da mir aber keine Wortmeldung mehr vorliegt – ich frage nur noch einmal –, werde ich Sie jetzt auch nicht unterbrechen.

Ich habe nun doch eine Wortmeldung. (Abg. Angerer: Sie kann ihre Befragung gerne zu Ende führen!)

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Ja, dann möchte ich das mit dem Thema der Systemrelevanz noch abschließen, und zwar hat es nicht lange auf sich warten lassen, nämlich bis zum Dienstag, den 15. Dezember, als es natürlich auch eine Übersicht über die medialen Reaktionen in der internationalen Finanzwelt beziehungsweise in der internationalen Medienlandschaft gegeben hat. Da wird in einer APA-Meldung vom 15. Dezember die „Neue Zürcher Zeitung“ mit folgendem Titel zitiert: „Unnötige Rettung einer nicht systemrelevanten Bank“. Also die „Neue Zürcher Zeitung“ – jetzt nicht unbedingt als wirtschaftsfern bekannt – schreibt von unnötiger Rettung einer nicht systemrelevanten Bank.

War das jemals Thema, wie das von außen gesehen wurde, also außerhalb Deutschlands und Österreichs, in anderen Bereichen?

Dr. Josef Ostermayer: Entschuldigen Sie, Frau Abgeordnete, aber ich halte es für wesentlich: Wenn ich hoch qualifizierte Experten, Fachleute in den verschiedenen Institutionen des Staates habe und ich nicht irgendein total schlüssiges Gegenargument habe oder Informationen habe, die die nicht haben, dann gehe ich doch in einem Staatsgefüge davon aus, dass ich diesen Expertisen folge und nicht der Frage, wie das die „NZZ“ oder wer auch immer einschätzt.

Also wenn wir uns in Zukunft darauf stützen, wie Medienkommentare bei hoch diffizilen Angelegenheiten sind – und jetzt gehe ich davon aus, dass die Personen in der „NZZ“ oder wo auch immer nicht den gleichen Informationszugang haben können, nicht die gleiche Entscheidungsbasis haben können, nicht die gleiche Fachexpertise haben können wie die Institutionen, die im österreichischen Staatsgefüge dafür verantwortlich und zuständig sind … Ehrlich gesagt, da bin ich beruhigt, dass wir diese Institutionen haben und wir auf diese Ratschläge hören können.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Es ist die Frage, wie weit diese Expertisen in dieser Form tatsächlich zuverlässig sind. Aber letztendlich sind das nicht die einzigen Bereiche, die ich jetzt angeführt habe, sondern es gibt auch andere, wo es durchaus die Frage gibt, zu Recht gibt, wie weit die Bank für Österreich tatsächlich systemrelevant war oder ob es nicht vordergründig auch der südosteuropäische Raum war und ob die deswegen auch einen entsprechenden Part hätten beitragen sollen beziehungsweise müssen, um hier entsprechende Sicherheiten herzustellen.

Ich schließe meine Befragung.

Vorsitzende Doris Bures: Danke vielmals.

Dr. Josef Ostermayer: Darf ich noch etwas sagen?

Vorsitzende Doris Bures: Natürlich, Herr Bundesminister, wenn Sie darauf antworten wollen.

Dr. Josef Ostermayer: Ich wollte nur darauf sagen – weil ich das vorhin nicht erwähnt habe –: Ich halte auch die fachliche Einschätzung der EZB für wichtiger als die der „NZZ“.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Das muss ich jetzt noch in aller Kürze kommentieren: Darum ist es nicht gegangen, Herr Minister!

Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter Angerer, ich werde Sie nicht unterbrechen, außer es meldet sich noch jemand zu Wort. Sie können jetzt mit Ihren Fragen beginnen. – Bitte.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Da ich leider auf die Frage nach den Varianten von Ihnen keine andere Antwort mehr bekommen werde als die Möglichkeit Insolvenz oder Verstaatlichung, werde ich einfach für mich die mir vorliegenden Fakten noch einmal zusammenfassen.

Es hätte das Eigenkapitalersatz-Gesetz gegeben, mit dem Sie die Kredite der Bayern in der Bank in Eigenkapital hätten umwandeln können.

Es hat das gesetzlich und vertraglich sichergestellte Wandlungsrecht für die 900 Millionen PartKapital gegeben. Damit wäre die Insolvenzdrohung von den Bayern vom Tisch gewesen, denn dann hätten sie die Mehrheit in der Bank nicht mehr gehabt. Sie wären Mitaktionär gewesen, Sie hätten die Bank weiterhin entsprechend abwickeln können, mit einer Good-Bank-, Bad-Bank-Lösung unter Beteiligung aller Mitaktionäre, und somit eine Lösung – die Herr Gouverneur Nowotny auch heute noch bevorzugt – umsetzen können: das sogenannte Burden Sharing. – Zu dem Thema, das schließen wir jetzt ab (Abg. Tamandl: Gott sei Dank!), habe ich keine Frage mehr, weil ich ja keine andere Antwort erhalte.

Jetzt möchte ich noch eines wissen, und zwar: Herr Schieder hat uns gestern gesagt, er hat am 12.12.2009 erstmals die Information erhalten, dass die Bayern mit der Bank nichts mehr zu tun haben wollen.

Jetzt ist das für mich sehr unglaubwürdig, weil es sehr verschiedene Aussagen gibt, auch von Ihnen, dass Sie vorher schon etwas gewusst haben, dass Herr Schieder erst am 12. in diese ganzen Gespräche als Finanzstaatssekretär eingebunden wurde.

Können Sie uns dazu etwas sagen?

Dr. Josef Ostermayer: Vielleicht ist der Unterschied in der Frage des Wissens gelegen, dass die Bayern nicht mehr bereit sind, oder der Sorge, dass das vielleicht doch kein Bluff ist, kein Pokern ist, die Aussage, dass sie nichts mehr damit zu tun haben wollen. Gewusst hat man es in Wirklichkeit natürlich erst ab dem Moment, als dann die Verhandlungen so intensiv waren, dass es klar war, und das war, glaube ich, tatsächlich … Also ich glaube, es hat am 12. oder jedenfalls um diese Zeit herum auch im Finanzministerium andere Besprechungen schon gegeben, wo sich die Sorge sozusagen immer mehr konkretisiert hat und in Richtung Gewissheit gegangen ist.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Zweiter Punkt, weil Frau Kollegin Tamandl vorhin erwähnt hat, dass Herr Dörfler einen Brief an die Bundesregierung, glaube ich, mit dem Ersuchen geschrieben hat, dass man noch einmal mit PartKapital hilft: Es hat eine Resolution in der Kärntner Landesregierung gegeben, der damals alle Parteien zugestimmt haben, dass man das machen soll. Man hat mit dieser Resolution verabschiedet, dass aus Sicht Kärntens Bund und BayernLB einen Vorschlag ausarbeiten sollen, und wenn dieser am Tisch liegt, dann mit Kärnten in Kontakt treten sollen.

Ist Ihnen diese Resolution bekannt? Können Sie uns dazu etwas sagen?

Dr. Josef Ostermayer: Also jetzt ist mir der Text konkret nicht bekannt, ich kann mich im Moment auch nicht erinnern, dass es die Resolution gegeben hat. Ich zweifle es aber nicht an, wenn Sie sagen, es hat im Kärntner Landtag eine Resolution gegeben. Ich verstehe auch alle Politiker, die in der Situation sind, und sagen: Helft uns! Es ist ja auch jetzt so, in der jetzigen Situation, dass Kärnten sagt: Helft uns!

Ich bin auch ab und zu involviert worden – nach der Ortstafelthematik –, wenn irgendwelche Kärntner Probleme waren, ob wir da nicht unterstützen können, egal, ob das jetzt im Kunst- und Kulturbereich oder sonst irgendwo war.

Aber ich weiß jetzt nicht, was das für eine Bedeutung haben soll (Abg. Angerer: Mir geht es nur darum, dass …!), dass Kärnten oder dass die verantwortlichen Politiker zu einem bestimmten Zeitpunkt, wenn irgendwo ein grobes Problem auftaucht oder ein Problem, das grob ist und schon Jahre vorhanden ist, ganz ernst wird, dann um Hilfe schreien. Das ist noch nicht überraschend.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Es geht mir nur darum – auch für das Protokoll –, dass nicht nur immer dargestellt wird, vor allem von Frau Tamandl, dass das die Position Dörflers war und er das wollte. Das war eine einstimmige Position Kärntens, der gesamten Landesregierung. Wir können es auch gerne vorlegen, aber es ist, glaube ich, nicht relevant.

Dann hätte ich noch eine Frage: Herr Nowotny hat gesagt, er hätte mit Ihnen gemeinsam in der entscheidenden Phase den Herrn Bundeskanzler überzeugt – überredet hat er gesagt –, der Verstaatlichung zuzustimmen. – Können Sie uns dazu etwas sagen?

Dr. Josef Ostermayer: Das kann ich auch gerne wiederholen: Das ist dieser Termin, der am Sonntag, den 13., glaube ich, um 11 Uhr war, wo eben der Bundeskanzler dabei war, wo Gouverneur Nowotny, Staatssekretär Schieder dabei waren, wo, glaube ich, Thomas Gruber, Leo Szemeliker und ich dabei waren; also zwei Mitarbeiter des Bundeskanzlers, die beiden Staatssekretäre – also Schieder und ich – und der Bundeskanzler. Und das ist genau das, was ich vorhin und jetzt auch schon mehrfach ausführlich erläutert habe: dass damals der Bundeskanzler eigentlich sehr deutlich dagegen war, dass wir die Hypo notverstaatlichen.

Bei diesem Termin hat dann eben Gouverneur Nowotny auch dargestellt, wie sozusagen die Risikosituation ist, was eine Insolvenz alles bedeuten kann oder würde: das Schlagendwerden der Haftungen, die Kärnten eingegangen ist – ich glaube, das Budget Kärntens ist 2 Milliarden, die Haftungen waren fast zehnmal so hoch –, all die negativen Folgen für den Finanzplatz Österreich, die Gefährdung der wirtschaftlichen Stabilität; also dass all die Dinge, die wir eigentlich mit dem Finanzmarktstabilitätsgesetz sozusagen – wie gesagt, einstimmig beschlossen – vermeiden wollten, dass all das eintreten könnte; abgesehen von den Folgen, die dann noch in Südosteuropa stattfinden können, aber allein sozusagen auch in Österreich, in einer Situation, wo der Finanzmarkt nach wie vor sehr volatil, sehr unsicher, sehr unstabil war, wo sich eigentlich die Staats- und Regierungschefs in Europa verständigt haben, dass man keine Bank fallen lässt wegen des auch schon mehrfach genannten Dominoeffekts. Das war ja dann auch das, wovor Präsident Trichet so gewarnt hat.

Und in dieser Abwägungssituation, eigentlich will ich mit der Bank nichts zu tun haben, auch weil natürlich die Sorge war, was da noch schlummern kann … Das war ja auch der Grund, warum man gesagt hat, man will das alles aufklären, die Frage von sehr dubiosen Geschäften und Geschäftspraktiken. Man ist ja dann in der Folge auch draufgekommen, dass man eine Hotelliegenschaft ohne Zugang gekauft hat, und so weiter, all diese Dinge sind ja immer wieder aufgetreten, die Frage des Bootsleasings, des Flugzeugleasings et cetera.

Vor diesem Hintergrund, was können wir uns da eigentlich antun, ist der Kanzler eigentlich sehr, sehr kritisch zum Erwerb dieser Bank gestanden.

Auf der anderen Seite waren eben dann die Argumente, was das alles für Folgen haben kann. In dieser Abwägungssituation – kann man dieses möglicherweise immense, nicht bewältigbare Risiko eingehen – ist dann die Entscheidung gefallen: Können wir wohl doch nicht.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Da Sie jetzt zwei Dinge erwähnt haben, möchte ich sie auch noch einmal erwähnen: Das Bootleasing und die verschwundenen Jachten haben wir auch hier bei der Befragung von Herrn Hauke von PwC thematisiert, woher das gekommen ist, weil sich ja im Nachhinein herausgestellt hat, dass das eigentlich nicht stimmt. Herr Hauke von PwC hat dann zur Antwort gegeben: Von PwC aus wurde das nie gesagt, dass irgendwo Jachten verschwunden wären. Er weiß auch nicht, wo das herkommt.

Da brauchen Sie jetzt nichts dazu zu sagen. Das ist auch im Protokoll über die Befragung von Herrn Hauke nachzulesen.

Dr. Josef Ostermayer: Für mich nicht. (Heiterkeit der Auskunftsperson.) Später irgendwann, nehme ich an.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Sie können aber natürlich etwas dazu sagen.

Dr. Josef Ostermayer: Ich kann schon etwas dazu sagen. Also ich weiß nicht, wo die Quelle her ist, aber ich kann es auch allgemeiner formulieren, dann sind wir weg von der Boots- und Flugzeugfrage.

Vielleicht ist das Thema, das ich jetzt mit der Hotelliegenschaft ohne Zugang erwähnt habe, auch erst später gekommen, das weiß ich nicht, das ist ja nicht immer so ganz einfach, sechs Jahre später genau zuzuordnen, wann man genau welche Information bekommen hat. Dass das eine Bank ist, wo der Verdacht nahegelegen ist oder im Raum gestanden ist und immer wieder thematisiert wurde, dass sie erstens ein bisschen schnell gewachsen ist und wo möglicherweise auch nicht alles ganz sauber war, war schon auch damals Thema. Nicht umsonst hat es dann in der Folge auch so viele Strafanzeigen und ja auch tatsächlich Verurteilungen gegeben. Ich weiß jetzt nicht, was davon schon rechtskräftig ist oder nicht. Aber dass wir, sagen wir, nicht das Paradies kaufen, war, glaube ich, als Einschätzung nicht falsch.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Ich glaube, dass das Management da auch kriminelle Handlungen gesetzt hat, steht ja außer Diskussion, es sind ja auch einige Verurteilungen passiert. Es geht eher um die politische Verantwortung – ausschließlich eigentlich für uns.

Da Sie Herrn Trichet erwähnt haben, noch eine Frage zu etwas, das eigentlich nicht ganz klar ist: Das kennen Sie ja (der Redner hält ein Schriftstück in die Höhe), Sie haben es ja selbst erwähnt. Das ist diese Briefingunterlage von der OeNB, in der die möglichen Varianten, die Szenarien dargestellt werden.

Wir können es Ihnen auch vorlegen, ich will aber nicht unbedingt ein Detail fragen, sondern nur einen Widerspruch aufgreifen, den ich da herauslese. Hier steht nämlich bei der Darstellung Insolvenz, die EU-Kommission würde die Lösung wahrscheinlich begrüßen.

Das heißt – das war damals offensichtlich die Einschätzung der Nationalbank –, dass die EU-Kommission eine Lösung, sprich Insolvenz, wahrscheinlich begrüßen würde, und wir wissen durch die Aussagen von Herrn Nowotny, dass es Telefonate mit Herrn Trichet gegeben hat, die eigentlich völlig in die andere Richtung gehen. – Können Sie uns dazu irgendetwas sagen, wie man vielleicht damals zu dieser Einschätzung gekommen ist?

Dr. Josef Ostermayer: Also ich kenne jetzt die Einschätzung der Kommission nicht oder wie es zu der Einschätzung gekommen ist, falls sie da war. Dass die Kommission eine Insolvenz begrüßen würde, täte mich jetzt überraschen. Ich habe nicht von der Kommission gesprochen, sondern von der Europäischen Zentralbank. Und da war die Position ganz klar, aber nicht nur von Trichet im Telefonat mit dem Bundeskanzler und dem Notenbank-Gouverneur geäußert, sondern auch öffentlich gesagt.

Trichet ist auch in Zeitungen zitiert worden, wo er vom Dominoeffekt und von der Ansteckungsgefahr – ich weiß nicht, ob er Ansteckungsgefahr gesagt hat, aber das war einer der Begriffe, die damals in der Zeit auch regelmäßig verwendet wurden nach Lehman und AIG, das gerade noch abgewendet wurde, Northern Rock und, ich weiß nicht, wie die alle geheißen haben, Dexia, da hat es ja eine Summe, eine Unzahl an Banken gegeben, die gewankt haben und dann letztendlich aufgefangen wurden – …

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Okay. – Vielen Dank.

Vorsitzende Doris Bures: Herr Dr. Pilgermair, haben Sie abschließend noch ergänzende Fragen an den Herrn Bundesminister?

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Nein, danke, Frau Vorsitzende!

Vorsitzende Doris Bures: Dann erkläre ich die Befragung für beendet und bedanke mich bei Ihnen, Herr Bundesminister Dr. Josef Ostermayer für Ihr Kommen.

 

 



[1] Abgelehnte erhobene Einwendung der Auskunftsperson:dass da ein Loch von tausend, also 1,5 Millionen ist, dann…“ Korrekt sollte es lauten: „dass da ein Loch von tausend oder 1500 Millionen ist, dann…“