338/KOMM XXV. GP

 

Kommuniqué

des Hypo-Untersuchungsausschusses

 

Veröffentlichung des wörtlichen Protokolls über die öffentliche Befragung der Auskunftsperson Dr. Michael Spindelegger in der 73. Sitzung vom 1. Juni 2016

 

Der Hypo-Untersuchungsausschuss hat in seiner 77. Sitzung am 28. Juni 2016 einstimmig gemäß § 20 Abs. 1 Ziffer 1 Verfahrensordnung für parlamentarische Untersuchungsausschüsse beschlossen, das in der Beilage enthaltene wörtliche Protokoll der öffentlichen Befragung der Auskunftsperson Dr. Michael Spindelegger zu veröffentlichen. Einwendungen oder Berichtigungen gemäß § 19 Abs. 3 VO-UA sind nicht eingelangt. Die Veröffentlichung erfolgt in sinngemäßer Anwendung von § 39 des Geschäftsordnungsgesetzes des Nationalrates als Kommuniqué im Internetangebot des Parlaments.

 

 

Wien, 2016 06 28

 

                            Gabriel Obernosterer                                                               Doris Bures

                                     Schriftführer                                                                          Vorsitzende


 



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Hypo-Untersuchungsausschuss

 

 

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Stenographisches Protokoll

 

73. Sitzung/medienöffentlicher Teil

Mittwoch, 1. Juni 2016

Gesamtdauer der 73. Sitzung

10.05 Uhr – 19.17 Uhr

Lokal VI

 


10.12

Befragung der Auskunftsperson Dr. Michael Spindelegger

Vorsitzende Doris Bures: Wir kommen damit zur Befragung. Herr Dr. Spindelegger, Sie haben von Ihrem Recht, eine Vertrauensperson mitzunehmen, nicht Gebrauch gemacht. Ich möchte Sie aber darüber informieren, dass zu Ihrer Linken Professor Binder sitzt, der die Funktion des Verfahrensanwalts hat und dessen Aufgabe es ist, darauf zu achten, dass während der Befragung Ihre Grund- und Persönlichkeitsrechte gewahrt werden. Wann immer Sie sich mit ihm vertraulich beraten wollen, Fragen an ihn richten wollen, dann können Sie das tun; ich werde Ihnen die dafür erforderliche Zeit zur Verfügung stellen.

Wenn Sie zum Befragungs- oder Verfahrensablauf Fragen haben, können Sie sich auch an Herrn Dr. Pilgermair, der die Funktion des Verfahrensrichters hat, wenden, und selbstverständlich auch an mich als Ausschussvorsitzende; auch wenn Sie eine kurze Sitzungsunterbrechung oder eine Pause haben möchten – whatever –, können Sie sich gerne an uns wenden.

Bevor die Erstbefragung durch Herrn Dr. Pilgermair beginnt, gibt es noch eine kurze Rechtsbelehrung, das sieht die Verfahrensordnung so vor. Ich erteile Herrn Dr. Pilgermair das Wort.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Guten Morgen, Herr Dr. Spindelegger! Ich darf Sie bitten, vorerst noch einen Blick auf das Personaldatenblatt zu werfen. So richtig? (Auskunftsperson Spindelegger: So richtig!) – Ja.

Sie wurden bereits anlässlich der Ihnen zugekommenen schriftlichen Ladung für die heutige Sitzung in allen Details über Ihre Rechte und Pflichten als Auskunftsperson sowie auch über den Ablauf der Befragung hier im Untersuchungsausschuss in Kenntnis gesetzt. In dieser Belehrung waren auch die Aussageverweigerungsgründe im Einzelnen angeführt. Sollte einer dieser Gründe bei einer Frage, die an Sie gerichtet wird, vorliegen, ersuche ich Sie, darauf hinzuweisen. Ein genereller Aussageverweigerungsgrund kann jedoch nicht geltend gemacht werden.

Auskunftspersonen haben das Recht, unter bestimmten Umständen den Ausschluss der Öffentlichkeit erfolgreich zu beantragen sowie auch Beweisstücke und Stellungnahmen vorzulegen und deren Veröffentlichung oder deren Klassifizierung zu beantragen.

Auskunftspersonen trifft aber insbesondere auch die Pflicht, wahrheitsgemäß und vollständig auszusagen. Eine vorsätzlich falsche Aussage vor dem Untersuchungsausschuss kann nach dem Gesetz so wie die Fälschung eines Beweismittels oder der Gebrauch eines falschen oder verfälschten Beweismittels vom Strafgericht mit Freiheitsstrafe geahndet werden.

Jetzt kommt ein Teil, der die Informationssicherheit betrifft: Dem Untersuchungsausschuss vorgelegte Akten und Unterlagen dürfen nicht veröffentlicht werden. Jede Person, die nach dem Informationsordnungsgesetz Zugang zu klassifizierten Informationen erhalten hat, ist zur Verschwiegenheit über diese Informationen verpflichtet, und zwar auch noch nach der Beendigung der Befragung und nach Ende der Tätigkeit dieses Ausschusses. Solche Informationen dürfen auch keinesfalls an unbefugte Personen weitergegeben werden.

Wenn Ihnen klassifizierte Unterlagen vorgelegt werden – dies wird im Rahmen der Befragung der Fall sein –, erkennen Sie diese am entsprechenden Aufdruck. Bitte nehmen Sie nach Beendigung der Befragung nicht versehentlich eine solche Unterlage mit. Von klassifizierten Dokumenten dürfen weder Fotos noch Auszüge oder Notizen angefertigt werden.

Herr Dr. Spindelegger, haben Sie Fragen zur Rechtsbelehrung? (Auskunftsperson Spindelegger: Danke, nein!)  Dann kann ich Sie auch schon auf das allen Auskunftspersonen zustehende Recht hinweisen, vorab eine einleitende Stellungnahme abzugeben, die bis zu 20 Minuten dauern kann. Wollen Sie von diesem Recht Gebrauch machen? (Auskunftsperson Spindelegger: Ja!) – Bitte.

Dr. Michael Spindelegger: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Ich möchte gerne am Beginn aus meiner Sicht in drei Punkten darlegen, warum ich als Bundesminister für Finanzen eine Entscheidung in der Frage der Hypo rasch und in dieser von mir dargebrachten Form getroffen habe.

Ich habe unmittelbar nach meiner Amtsübernahme in der zweiten Hälfte des Dezember 2013 alle Beteiligten aus dem Finanzministerium zusammengerufen, um einen Überblick zu bekommen, und habe dabei festgestellt, dass es sehr unterschiedliche Auffassungen im Ministerium selbst gibt, inwieweit man mit der Hypo zu verfahren hat. Das war für mich insoweit eine Überraschung, als ich mir nicht vorstellen konnte, dass man in so gegensätzlicher Richtung – von Insolvenz bis in Richtung Anstaltsmodell – in der Beamtenschaft des Finanzministeriums grundlegende Auffassungsunterschiede hat.

Für mich war klar, das muss man in der Tiefe ausdiskutieren und in der Tiefe auch beleuchten. Darum habe ich mich entschieden, dass wir sehr rasch zu weiteren Schritten in Richtung Aufträge kommen – die Taskforce für die Hypo war ja damals bereits mit den Vertretern von Finanzmarktaufsicht, Nationalbank, Bundesministerium für Finanzen und privaten Rechtsträgern eingerichtet –, dass man darüber hinaus auch weitere Informationen und Expertisen einholen muss.

Darum habe ich versucht, innerhalb kurzer Zeit ein Team aufzustellen, das parallel dazu diese weiteren Informationen für mich erarbeitet, damit eine gute Entscheidungsgrundlage geliefert wird. Das waren Personen, die von außerhalb eine Expertise in Richtung Kapitalmarkt mitgebracht haben, die auch eine gute Kontaktschiene in Richtung Land Bayern gehabt haben, das waren Personen, die eine Expertise in Richtung Insolvenzrecht, auch international, gehabt haben. Und ich habe mich auch entschieden, verschiedene Gutachten dazu einzuholen, die Ihnen, glaube ich, alle vorliegen.

Insgesamt war es daher klar, dass wir relativ rasch eine Entscheidung treffen müssen, denn im Jänner 2014 haben mich der Vorstand und der Aufsichtsrat der Hypo darüber in Kenntnis gesetzt, dass ein weiterer Zuschussbedarf besteht, wenn nicht unmittelbar eine Entscheidung getroffen wird; wieder ein Zuschussbedarf in Millionen- beziehungsweise sogar Milliardenhöhe, weil sonst die Bank als insolvent anzusehen ist und eine ungeordnete Insolvenz von niemandem gewollt wurde.

Ich habe in der Zeit dieser Erarbeitung auch das Parlament informiert, ich habe die Fraktionsführer aller Parteien informell darüber in Kenntnis gesetzt, wie wir hier vorzugehen gedenken und wie wir auch die einzelnen Verfahrensschritte miteinander diskutieren können. Ich weiß nicht, wie viele Sitzungen es gegeben hat, aber es waren einige; Beteiligte sitzen auch hier am Tisch und wissen das.

Letztlich gab es fünf Modelle, auf die es sich zugespitzt hat.

Das eine war die Anstaltslösung, wie sie auch die Taskforce untersucht hat; eine Anstaltslösung nach deutschem Vorbild, so wie es Deutschland bei dieser großen Krise gehandhabt hat. Das hat aber für mich bedeutet, dass wir damit als Republik Österreich alle nur erdenklichen Forderungen berücksichtigen, und daher habe ich das ausgeschlossen.

Die zweite große Lösung war eine Großbankenlösung. Ich habe damals mit dem Regierungspartner und den großen Banken in Österreich darüber diskutiert, ob nicht die Banken die Hypo übernehmen und wir dafür die Bankenabgabe reduzieren und uns auf ein Modell für die nächsten Jahre einigen. Das ist dann leider gescheitert, weil die Banken nicht bereit waren, sich auf eine solche Lösung einzulassen.

Ich habe zum Dritten die Frage der Insolvenz detailliert untersuchen lassen. Ich habe damals den Bericht, den die Taskforce erstattet hat, zurückgeschickt, weil darin die Frage der Insolvenz aus meiner Sicht nicht beziehungsweise nicht ausreichend untersucht worden ist. Es gab dann einen Ergänzungsbericht, der auch diese Frage noch einmal detailliert behandelt hat, der aber zu dem Ergebnis kam, dass die Risken enorm sind. Es wurden in diesem Gutachten der Taskforce hinsichtlich der Frage, was eine Insolvenz den Staat kosten würde, Milliardenbeträge genannt.

Ich habe zum Vierten ein sogenanntes Hybridmodell in die Diskussion eingebracht. Das hätte geheißen, dass wir ein Jahr lang Zeit haben, in dem wir die Bank unter Geschäftsaufsicht stellen, so wie es im Bankwesengesetz vorgesehen ist, in dieser Zeit mit den Gläubigern verhandeln können und nach einem Jahr entscheiden, ob eine Insolvenz erfolgt oder nicht.

Die letzte Lösung war ein Brückenmodell – das war dann letztlich auch das, was miteinander erarbeitet und entschieden wurde –, wie wir von einer aktiven Bank zu einer Bad Bank mit einer Abwicklung kommen. Das ist letztlich auch die Entscheidung gewesen.

Ich habe parallel dazu Verhandlungen mit dem Land Bayern aufgenommen, habe in einem Vieraugengespräch Ministerpräsident Seehofer getroffen, um eine Grundlage für entsprechende Verhandlungen zu einem Abschluss zu bringen. Dieses erste Gespräch – es gab dann ein weiteres – war auch die Grundlage für den Kompromiss, der letztlich gefunden wurde.

Ich habe für die Hypo einen neuen Aufsichtsrat mit völlig neuen Personen eingesetzt, und ich habe, wie Sie wissen, als Bundesminister für Finanzen zur Klärung der Sachlage der Vergangenheit auch eine Untersuchungskommission unter dem Vorsitz von Frau Dr. Irmgard Griss eingesetzt, die besonders die Frage der Verstaatlichung aufarbeiten sollte; das ist letztlich auch geschehen.

Ich komme damit zu meiner Zusammenfassung: Für mich war bei der Entscheidung, die ich am 13. März 2014 getroffen habe, klar, dass die Bank in eine Bad Bank umgewandelt und abgewickelt wird, dass wir bis dahin kein neues Geld mehr in die Bank einbringen, dass die Nachranggläubiger geschnitten werden und dass das Land Kärnten für diese Frage auch einen Betrag in der Größenordnung von 500 Millionen beizubringen hat. Das war die Entscheidung. Ich habe sie auch mit dem Koalitionspartner abgestimmt. Wir haben im Ministerrat einen einstimmigen Beschluss dazu gefasst und sind letztlich auch in Richtung Umsetzung gegangen. Sie kennen die Gesetze, die in der ersten Hälfte des Jahres 2014 dazu beschlossen wurden.

Meine Zusammenfassung ist daher: Ich habe als Finanzminister auch in dem Sinn politische Verantwortung übernommen, dass die Sache entschieden wurde. Ich habe diese politische Verantwortung in dem Sinn verstanden, dass auf einer sachlichen Grundlage eine Entscheidung zu treffen ist, unter Berücksichtigung von Expertisen, auch von Außenstehenden, mit einer umfassenden politischen Abwägung. Diese Abwägung hat zu diesem Brückenmodell geführt, zu dem ich nach wie vor stehe und das, glaube ich, auch für die Republik Österreich den Schaden in dieser großen Krisenfrage Hypo möglichst gering gehalten hat. – Vielen Dank.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Danke für die einleitende Stellungnahme. – Wir beginnen jetzt mit der Erstbefragung.

Herr Dr. Spindelegger, Sie waren von 2.12.2008 bis 16.12.2013 Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten. Hatten Sie in dieser Funktion mit der Hypo zu tun?

Dr. Michael Spindelegger: Ich hatte als Vizekanzler natürlich auch eine Funktion in der Regierung. Ich habe damals mit Finanzministerin Maria Fekter und mit dem Koalitionspartner diese Taskforce eingerichtet, damit wir eine professionelle Begleitung des ganzen Prozesses gewährleisten können.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: In dieser Funktion als Minister für europäische und internationale Angelegenheiten: Was war denn da Ihr Aufgabengebiet im Zusammenhang mit der Hypo?

Dr. Michael Spindelegger: Da gab es kein direktes Aufgabengebiet im Sinne von Verhandlungen, sondern es war eher die Koordinierungsfunktion des Teams, das ich in der Bundesregierung geleitet habe, und eine ständige sachliche Diskussion, auch mit dem Bundeskanzler, in der Führungsebene der Bundesregierung.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Weil Sie Frau Dr. Fekter angesprochen haben: Wie war denn die Übergabe zwischen Ihnen beiden?

Dr. Michael Spindelegger: Die Übergabe hat einfach – am 17. Dezember, glaube ich, war die Angelobung – da stattgefunden, aber wir waren ja davor in ständigem Kontakt, was die Fragen rund um die Hypo betrifft.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Das heißt, Sie hatten schon ein gutes Bild vom Zustand der Hypo?

Dr. Michael Spindelegger: Nicht im Detail. Das bekommt man erst, wenn man selber die Verantwortung hat und alle Beteiligten rund um den Tisch sitzen.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Als Sie dann Finanzminister waren, auf wen haben Sie sich bei der intensiven Informationsaufnahme gestützt? Wer waren da maßgebliche engere Berater?

Dr. Michael Spindelegger: Das waren natürlich die Mitarbeiter im Haus, im Bundesministerium für Finanzen, die mir zur Verfügung gestanden sind, und ein Mitarbeiter aus dem Kabinett, der sich speziell damit auseinandergesetzt hat und die Informationen zusammengetragen hat.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Wer war dieser Mitarbeiter?

Dr. Michael Spindelegger: DI Perner war das.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Gab es auch intensive Beratung aus der Bürokratie des Hauses?

Dr. Michael Spindelegger: Natürlich, wir sind ja bei – ich weiß nicht, wie vielen – Gelegenheiten zusammengesessen, um Details durchzugehen, insbesondere was die Abwägungen mit dem Land Bayern betrifft. Diese Gespräche mussten ja gut vorbereitet werden. Auch in der Gesetzeswerdung, nachdem die Entscheidung getroffen war, haben wir ja viele Schritte setzen müssen in Richtung: Was ist die Grundlage? Welche europäische Richtlinie wird da herangezogen? Und es waren auch viele Hürden in der Aufarbeitung zu überspringen, bis der Gesetzentwurf Wirklichkeit wurde.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Jetzt haben Sie ja auch in der einleitenden Stellungnahme gesagt, dass im Hause selbst eine gewisse, etwas überraschende Vielfalt im Meinungsspektrum vorhanden war. Können Sie das ein bisschen personifizieren und näher zeigen?

Dr. Michael Spindelegger: Es gab ja im Finanzministerium ein Gutachten, das Wyman-Gutachten, das kein umfassendes Gutachten war, aber zumindest in Richtung der Insolvenz klare Linien gelegt hat, die aber von anderen Ministeriumsvertretern, vor allem von der zuständigen Gruppe Banken, sehr in Zweifel gezogen wurden.

Also es hat da sehr unterschiedliche Auffassungen gegeben; das haben Sie im Zuge der Ausschusstätigkeit sicher schon herausgefunden. Das war für mich schon überraschend, dass in einem Ministerium so unterschiedliche Gesichtspunkte, solche Unterschiede, die eben nicht in einer gewissen Bandbreite liegen, sondern sozusagen Extreme beleuchten, zutage treten.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Haben Sie zu dieser Frage der Abwicklung dann auch mit dem Aufsichtsrat oder auch mit Nowotny, mit der Nationalbank als Berater Gespräche geführt?

Dr. Michael Spindelegger: Natürlich! Wir haben mit Gouverneur Nowotny, mit der Finanzmarktaufsicht zu dieser Frage unzählige Besprechungen gehabt. Wir haben immer eine größere Runde eingeladen, um alle Aspekte zu beleuchten. Ich kann nicht sagen, wie viele Gespräche es waren, aber es waren sehr, sehr viele.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Was wurde denn da zum Beispiel von der Nationalbank angeraten?

Dr. Michael Spindelegger: Von der Nationalbank war eine klare Richtung erkennbar: keine Insolvenz, das ist für den Standort Österreich zu gefährlich. Das war der Standpunkt – sehr verkürzt gesagt –, mit vielen Details. Ich habe auch gemeinsam mit dem Bundeskanzler viele Gespräche mit dem Nationalbankgouverneur und auch mit anderen Mitgliedern der Taskforce in der Richtung gehabt, was denn die Gefährdungspunkte sind und wie die verschiedenen Modelle, die ich schon skizziert habe, zu beleuchten sind. Und das war eine klare Richtung: Die Nationalbank war klar gegen jede Art von Insolvenz.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Was ist zu der Zeit, als Sie diese Frage zu lösen hatten, von der Bank selbst gekommen?

Dr. Michael Spindelegger: Da waren natürlich viele operative Schritte, die gesetzt wurden, mit denen ich mich aber nicht auseinandergesetzt habe, weil ich die Meinung vertreten habe, das muss die Bank selber entscheiden. Der Versuch, auch des Vorstands – da gab es ja auch einen Wechsel –, war natürlich immer, alles möglichst auch vom Kabinett und vom Minister absegnen zu lassen. Das haben wir aber vom Prinzip her nicht so verstanden, sondern die Bank musste ihre Entscheidungen selbst treffen. Trotzdem gab es, insbesondere was den Zuschussbedarf für das Jahr 2014 betrifft, auch – wie soll ich sagen? – sehr handfeste Diskussionen, weil ich mit dem nicht einverstanden war.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Kann man sagen – Sie haben das in Ihrer einleitenden Stellungnahme angesprochen –, dass der hohe Bedarf, der sich für 2014 abgezeichnet hat, ausschlaggebend für die Entscheidung war, dass man das jetzt rasch lösen und in die Hand nehmen muss?

Dr. Michael Spindelegger: Absolut, weil jede Verzögerung bedeutet hätte, dass dann die Bank absolut in die ungeordnete Insolvenz rutscht, und das wollten wir nicht. Daher haben wir auch gesehen, dass es notwendig ist, eine rasche Entscheidung zu treffen.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Hat sich bei diesem Zuschussbedarf nicht immer wieder gezeigt und schon abgezeichnet, dass da noch nicht das Ende der Fahnenstange erreicht ist?

Dr. Michael Spindelegger: Ich habe Ende 2013, als ich das Amt übernommen habe, mit dem damaligen Aufsichtsratsvorsitzenden Dr. Liebscher ein Gespräch geführt – das war ja erst gerade passiert, dass dieser Zuschuss von, glaube ich, etwas über einer Milliarde Euro gewährt wurde –, und da war das Gegenteil von dem, was ich immer gehört habe, der Fall, nämlich dass man damit die Bilanz für das Jahr 2013 schreiben kann und dass im Augenblick kein Zuschussbedarf erkennbar ist – natürlich immer mit der Relativität, dass sich das ändern kann, aber zumindest, dass ein paar Wochen später ein Zuschussbedarf von einer weiteren Milliarde erkennbar ist, war für mich absolut ... (Verfahrensrichter Pilgermair: Also das war innerhalb dieser kurzen Zeit?) – So ist es!

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Das erstaunt natürlich von außen, aber es erstaunt dann nicht mehr, wenn man, so wie wir hier im Ausschuss, nachvollziehen musste – nicht nur konnte, sondern musste –, in welch kurzen Abständen die Zahlen der Bank nicht gehalten haben und immer neue Wertberichtigungsbedarfe vorgelegen sind. Liebscher hat Ihnen als Aufsichtsratsvorsitzender noch gesagt, dass man positiv werden könne, und dann ist innerhalb von wenigen Wochen dieser hohe Betrag aufgetaucht?

Dr. Michael Spindelegger: So ist es.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Wie ist denn das erklärt worden?

Dr. Michael Spindelegger: Es wurde eben mit neuen Wertberichtigungsnotwendigkeiten, mit neuen Vorkommnissen erklärt. Es war ja eine Bank, die in vielen verschiedenen Ländern aktiv war, da und dort ist etwas aufgetreten, was bisher nicht sichtbar war, et cetera, et cetera. Nur, das war für mich auch nicht nachvollziehbar.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Wenn Sie uns vielleicht noch einmal die Gründe dafür erklären, warum Sie dann die Gutachten eingeholt haben. Es macht Sinn, aber vielleicht sagen Sie es noch einmal. Wenn ohnehin schon so viele Meinungen da waren, wieso hat man das noch einmal aufgenommen? Und für wen hat man sich dann weshalb entschieden?

Dr. Michael Spindelegger: Um es noch einmal auf den Punkt zu bringen: Für mich war die Frage: Insolvenz, ist das eine Möglichkeit?, eine wichtige Frage, der ich auch wirklich detailliert bis auf den Grund gehen wollte, und dazu war das, was mir vorgelegen ist, nicht ausreichend. Ich habe dann diesen Ergänzungsbericht der Taskforce gelesen, dieser hat sich zwar über einige Seiten mit der Frage der Insolvenz auseinandergesetzt, aber nicht in der Tiefe, die ich gerne gehabt hätte. Darum wollte ich, dass wir noch einmal eine externe Meinung einholen, denn klar war schon, auch unter einfachen wirtschaftlichen Gesichtspunkten, dass natürlich nur eine Insolvenz ein wirklich besseres Abschneiden für die Republik Österreich bringen kann, aber die Gefährdungspunkte natürlich auch zu berücksichtigen sind.

Ich glaube, dass das zeb-Gutachten damals sehr gut auf den Punkt gebracht hat, welche Vorteile eine Insolvenz für die Republik Österreich bringt, aber – und das konnte auch niemand ausräumen – der Punkt, der bleibt, ist die Gefahr, dass es zu einem Bank Run, nicht nur auf die Hypo, sondern möglicherweise auch auf andere österreichische Banken kommt, und zwar in den Balkanländern, wo sie alle – Erste Bank, Raiffeisen, Bank Austria – aktiv sind. Dieser Punkt, den wir diskutiert haben, hat letztlich auch dazu geführt, dass wir dieses Risiko nicht eingegangen sind.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Kann man sagen, dass das letztgenannte Gutachten für Sie ein besonders nachvollziehbares war?

Dr. Michael Spindelegger: Es war ein nachvollziehbares Gutachten. Wir haben es ja in relativ kurzer Zeit eingeholt, von denen, die es erstellt haben, auch persönlich erläutert bekommen und uns intensiv damit auseinandergesetzt. Wenn ich „wir“ sage, dann war das dieser Kreis, den ich da um mich gebildet habe. Dieser Punkt, wie weit das Auswirkungen auf andere österreichische Banken und damit auf den Standort Österreich hat, war eben einer der großen Unsicherheitspunkte.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Für die Gründung der Taskforce war was maßgeblich? Welche Erwartungen hat man da gehabt?

Dr. Michael Spindelegger: Die Taskforce, die, glaube ich, früher, 2013, gegründet wurde, war für mich deshalb notwendig, um auch den Prozess in Richtung Brüssel zu begleiten, denn die Briefe, die Kommissar Almunia an Österreich geschrieben hat, waren schon alarmierend, insbesondere der zweite Brief, denn dort steht ja im letzten Absatz – soweit ich das jetzt auswendig in Erinnerung habe – ziemlich klar, wenn Österreich diese Voraussetzungen nicht schafft, dann wird man einen negativen Bescheid erlassen, was Beihilfen betrifft. Das hätte geheißen, dass die Beihilfen sofort von der Bank an die Republik hätten zurückgezahlt werden müssen, damit war die Insolvenz sozusagen im Augenblick da, und das war schon ein großer Gefahrenpunkt.

Darum: Das zu begleiten, das auch auf entsprechender Mitarbeiterebene ordentlich zu verhandeln, vorzubereiten, war auch ein Auftrag an die Taskforce. Das hat damals der Leiter der Taskforce, Dr. Liebscher, sehr gut gemacht.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: War die strategische Position der Kommission konsequent?

Dr. Michael Spindelegger: Aus meiner Sicht war das schon konsequent, aber die Zuspitzung, insbesondere im zweiten Brief, war für mich schon auch eine Überraschung. Wenn man lange mit Brüssel arbeitet, sieht man ja auch, wie Stellungnahmen abgegeben werden, aber dass ein Kommissar diese Drohung so deutlich in einem Brief schreibt, war schon, würde ich sagen, ein Wink mit dem Zaunpfahl, der nicht zu übersehen war.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Worauf könnte dieser doch sehr deutliche Wink zurückzuführen gewesen sein?

Dr. Michael Spindelegger: Auch auf die Verzögerungen im Prozess, die es gab. Das, was Österreich damals versprochen hat, konnte nicht in dem Maße erfüllt werden.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: War das schon auch ein bisschen eine strategische Verzögerung, über die sich der Kommissar dann im Endeffekt geärgert haben mag?

Dr. Michael Spindelegger: Was seine persönlichen Beweggründe sind, weiß ich nicht. Für mich war klar – das war auch nachvollziehbar –, warum man diese Verzögerungen hatte, aber das wurde von der Kommission dann nicht mehr anerkannt, und darum hat man eben diesen dramatischen Schritt angekündigt. Wenn der gesetzt worden wäre, wäre das, wie gesagt, nicht nur ein Reputationsschaden für Österreich gewesen, sondern auch eine Katastrophe, weil eine ungeordnete Insolvenz niemand wollte.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: War das ein ernst zu nehmendes Drohszenario, das der Kommissar da angesprochen hat?

Dr. Michael Spindelegger: Absolut! Er ist der Kommissar für Wettbewerb gewesen, der diese Entscheidung hat treffen können. Er hätte zwar die Zustimmung der Kommission gebraucht, aber wenn der Wettbewerbskommissar sagt, das muss man jetzt so machen, dann ...

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Gab es da auch schon Beispiele, anhand derer man gesehen hatte: Das kann herauskommen!, oder wäre das eine Novität gewesen?

Dr. Michael Spindelegger: Das kann ich Ihnen jetzt nicht mehr aufzählen, aber die Wettbewerbskommissare der Europäischen Union haben immer wieder Entscheidungen von großer Tragweite getroffen, ob das Strafen waren, ob das Untersagungen bei Fusionen waren – also Konsequenzen gab es da immer genug.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Welche konkreten Konsequenzen hat man denn innerstaatlich aufgrund dieses doch massiven Vorgehens Almunias gezogen?

Dr. Michael Spindelegger: Die Konsequenzen waren, die Verhandlungen zu intensivieren, und zwar auf allen Ebenen, das gut vorzubereiten und letztlich zu einem Kompromiss zu kommen. Der ist ja dann auch gelungen: Im September 2013 gab es dann ein positives Schreiben des Kommissars und eine Genehmigung der Beihilfen mitten im Wahlkampf. Es war aber wichtig für Österreich, dass dieser Schritt von der Europäischen Kommission getroffen wurde.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Im Nachhinein betrachtet: Hat die Taskforce Ihre Erwartungen erfüllt?

Dr. Michael Spindelegger: Die Arbeit war umfangreich, das ist gar keine Frage. Wenn Sie sich die Berichte anschauen, sehen Sie, dass man verschiedene Lösungsmodelle sehr in der Tiefe entwickelt hat. Wie gesagt, mein Kritikpunkt war, dass man sich mit der Insolvenz nicht auseinandergesetzt hatte, das wurde letztlich ergänzt, für mich nicht ganz ausreichend, aber insgesamt kann man schon sagen, dass das eine zufriedenstellende Arbeit war.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Die Zeit der Erstbefragung ist vorbei, danke für Ihre Antworten.

*****

Vorsitzende Doris Bures: Danke vielmals für die einleitende Stellungnahme und auch für die Erstbefragung.

Damit steigen wir in die erste Runde ein. Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Tamandl. – Bitte.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Herr Dr. Spindelegger, du hast in deiner einleitenden Stellungnahme und auch jetzt während der Erstbefragung durch den Herrn Verfahrensrichter über die Taskforce und über die Einrichtung der Taskforce gesprochen. Ich möchte ganz kurz bei dieser bleiben.

Ich möchte ganz gerne wissen, wie der Informationsfluss mit der Taskforce damals funktioniert hat, nämlich auch, was die Rückkoppelungen betrifft. Oder hat die Taskforce gearbeitet und wurde in längeren Abschnitten darüber berichtet? Kannst du das kurz ausführen?

Dr. Michael Spindelegger: Ich habe von der Taskforce immer wieder einen Zwischenbericht bekommen, vor allem in der Form, dass die Vorsitzenden, sowohl Dr. Liebscher wie auch Dr. Nowotny, dem Bundeskanzler und mir berichtet haben, in welche Richtung es geht. Ziel war es, dann einen umfassenden Bericht vorzulegen. Aber wir haben auch zwischendurch – ich habe zum Beispiel schon die Großbankenlösung skizziert – miteinander geredet, ob das nicht eine Möglichkeit wäre. Wir haben auch mit der Taskforce gearbeitet, dass eine solche Lösung vorbereitet wird, und dann letztlich die Gespräche mit den Großbanken auch miteinander geführt.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Das war in der Zeit als Vizekanzler?

Dr. Michael Spindelegger: Das ist richtig.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Haben sich diese Kontakte in der Zeit als Finanzminister dann noch intensiviert?

Dr. Michael Spindelegger: Haben sich intensiviert! Ich habe oft mit dem Gouverneur der Nationalbank und auch mit Dr. Liebscher gesprochen, und wir haben dann die ersten Entwürfe für die Lösungen bekommen, insbesondere was dieses Brückenmodell anlangt. Ich habe das sehr zusammengefasst, es gab ja nicht nur eine Lösung, sondern innerhalb des Brückenmodells gab es viele verschiedene Varianten, die wieder skizziert wurden. Das wurde auch miteinander erläutert, mit dem auch zuständigen Dr. Krakow, der diese Dinge innerhalb der Taskforce sehr vorangetrieben hat.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Im Februar 2014 ist Herr Dr. Liebscher als Vorsitzender der Taskforce zurückgetreten. Du hast vorhin gesagt, im Jänner 2014 hat es noch geheißen, es sind keine zusätzlichen Mittel notwendig. Wie hast du diesen Rücktritt wahrgenommen, und wie kam es dann zur Entscheidung, dass Herr Gouverneur Nowotny den Vorsitz weiterführt?

Dr. Michael Spindelegger: Die Vorsitzführung durch Dr. Nowotny war klar, er war bisher der Stellvertreter. Nachdem Dr. Liebscher zurückgetreten ist, war sowohl für den Bundeskanzler wie für mich klar, dass Dr. Nowotny den Vorsitz in der Taskforce übernimmt; er war auch bereit dazu.

Die Frage des Rücktritts des Vorsitzenden, vor allem auch als Aufsichtsratsvorsitzender der Hypo, kam nicht ganz überraschend. Wir hatten im Jänner, nachdem der Vorstand und der Aufsichtsrat mir erklärt haben, es gibt einen weiteren hohen Zuschussbedarf, ein sehr – wie soll ich sagen? – intensives Gespräch. Ich habe den Vorstand und den gesamten Aufsichtsrat zu mir gebeten, habe die Finanzmarktaufsicht, die Nationalbank dazugebeten und habe auch erklärt, dass ich mir das nicht vorstellen kann, dass man innerhalb weniger Wochen einen Zuschussbedarf neu von über 1 Milliarde € ausmacht.

Ich habe da auch gesagt, dass ich mir vorstelle, dass zukünftig eine andere Vorgangsweise in der Bank gefunden wird und sowohl der Vorstand wie auch der Aufsichtsrat eine andere Rolle zu übernehmen haben, denn man kann nicht alles einfach nur dem Ministerium weiterleiten wie eine Durchgangspost, sondern man muss eben selber das Heft in die Hand nehmen. Das war auch der Ausgangspunkt für den einen oder anderen Konflikt, den es mit dem Aufsichtsrat gab. Darum war dann der Rücktritt von Dr. Liebscher auch nicht mehr ganz überraschend.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Es ist ja so gewesen, dass auch in den vergangenen Jahren nach kurzer Zeit wieder Kapitalbedarf gegeben war. Meine Fraktion hat das in den letzten Monaten hier im Untersuchungsausschuss so bezeichnet, dass die Bank und die Bankorgane die Eigentümervertreter eigentlich immer ziemlich am Schmäh gehalten haben: Mit dem Kapitalbedarf ist jetzt einmal alles geregelt! – und kurze Zeit später gab es wieder zusätzlichen Bedarf.

Hast du das Gefühl, dass sich das zu deiner Zeit als Finanzminister dann gebessert hat – außer dem, was du gerade angesprochen hast –, hat sich das dann gebessert? Hat man dann seitens des Finanzministeriums das Gefühl gehabt, jetzt hat man alle Zahlen auf dem Tisch, oder hast du dir dann schon gedacht: Na, jetzt müssen wir eh rasch eine Entscheidung treffen, und jetzt werden wir das Ding sowieso bald einmal einer Lösung zuführen!?

Dr. Michael Spindelegger: Dieser im Jänner dann dargestellte neue Zuschussbedarf war schon – wie soll ich sagen? – ein Keulenschlag, und das macht man einmal, aber nicht noch einmal. Darum war für mich auch klar, dass wir Veränderungen brauchen, insbesondere auch beim Aufsichtsrat. Ich habe dann den gesamten Aufsichtsrat ausgetauscht, aber im Einvernehmen mit den Mitgliedern. Das war aus meiner Sicht auch ein richtiger Schritt. Ich habe damals Herrn Dr. Walter, der Erfahrung im Bereich von Banken dieser Art gehabt hat, als Aufsichtsratsvorsitzenden bestellt, und das war auch, glaube ich, ein guter Schritt. Und ich habe auch gleich alle anderen Mitglieder des Aufsichtsrats ausgetauscht, was notwendig war, weil auch er ein neues Team haben sollte, mit dem er die Bank als Aufsichtsrat auf einen anderen Weg führt.

So ist halt Stück für Stück dann auch die Entscheidung gekommen, wie wir das in eine Bad Bank umwandeln. Wir haben in diesem intensiven Gespräch mit Vorstand und Aufsichtsrat alt und dem Wirtschaftsprüfer damals eben auch skizziert, wie wir über die Runden kommen, ohne dass wir neues Geld in die Hypo stecken müssen.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Du hast jetzt das Wort Bad Bank selbst auch genannt: Wie war denn der Informationsfluss in der Zeit als Vizekanzler? Es ist ja seitens der Bank schon im Jahr 2010/2011, aber dann auch durch den Aufsichtsrat im Jahr 2012 immer wieder die Forderung gekommen, man möge doch eine Bad Bank machen. Wie waren deine Wahrnehmungen als Vizekanzler? Ist es in den Regierungssitzungen Thema gewesen, oder gab es andere Gespräche zu diesem Thema?

Dr. Michael Spindelegger: Wir haben immer wieder mit Werner Faymann als Bundeskanzler, mit der Finanzministerin, ich glaube, auch Dr. Ostermayer war dabei, eine Regierungsbesprechung dazu abgehalten, wie wir dieses Problem Brüssel in den Griff bekommen.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Wann war das in etwa?

Dr. Michael Spindelegger: Wir haben die Taskforce ja aus so einem Anlass heraus eingesetzt, schon als der erste Brief von Almunia kam – ich glaube, das war im Frühjahr 2013 –,dann haben wir uns eben entschlossen – wie können wir das auf professionelle Beine stellen? –, und dann wurde die Idee entwickelt, dass man eine Taskforce mit allen Beteiligten – Finanzinstitutionen in Österreich und dem Bundesministerium – einsetzt, um eine entsprechende Begleitung für diesen Prozess in Brüssel aufzusetzen.

Diese Entscheidung war dann der erste Schritt, das auch stärker auf Regierungsebene zu heben, da wir erkannt haben, dass das nicht nur für den Finanzminister oder damals für die Finanzministerin eine Aufgabe sein kann, sondern für ganz Österreich bedeutend ist. Darum versuchten wir, alle Beteiligten in diese Taskforce zusammenzuholen und diesen Prozess entsprechend professionell aufzusetzen. Das ist dann auch gelungen. Diese Verhandlungen auf der Beamtenebene in Brüssel, aber dann auch auf der politischen Ebene wurden in der Form geführt, dass es dann letztlich im September 2013 zum positiven Bescheid kam.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Kam es da auch schon vorher zu Gesprächen im Zusammenhang mit der Bad Bank, beispielsweise zwischen dir und Gouverneur Nowotny? Oder hat man auch schon vor dieser Zeit versucht, mit dir über eine mögliche Bad-Bank-Lösung zu sprechen?

Dr. Michael Spindelegger: Ich kann mich nicht erinnern, dass das in der Zeit, als ich Vizekanzler und Außenminister war, der Fall gewesen ist, sondern damals hat man sich auf den Brüssel-Prozess konzentriert. Das war eben sozusagen im Zentrum der Überlegungen, und dass die Taskforce Lösungen ausarbeitet, wie man dort hinkommt; aber da wurde noch nicht im Detail darüber geredet.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): War es jemals Thema, dass man die Bad Bank aufgrund von Maastricht-Kriterien nicht machen könne, beispielsweise was die Schuldenquote betrifft, aber auch das Maastricht-Defizit zum Zeitpunkt der Errichtung der Bad Bank? Kannst du dich an so etwas erinnern?

Dr. Michael Spindelegger: Ich kann mich nur erinnern, dass wir das bei der Diskussion der verschiedenen Modelle natürlich mitberücksichtigt haben, was sozusagen auf welches Kriterium angerechnet wird. Damals war aber schon im Fluss, dass auf europäischer Ebene das strukturelle Defizit die entscheidende Rolle spielen wird, und es war auch klar, dass es keine Auswirkungen darauf hat, wenn man sozusagen in einem Einzelfall wie der Hypo einen Zuschussbedarf sieht.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Ich möchte zu einem anderen Thema kommen, und zwar zum Thema Aufarbeitung der Vergangenheit. Es ist ja so, dass nach der Verstaatlichung die sogenannte CSI Hypo im Jahr 2010 eingerichtet worden ist und es notwendig war – über den Fortbestand und das Weiterexistieren der Hypo hinaus –, auch die Vergangenheit aufzuarbeiten, wie es zu den ganzen faulen Krediten gekommen ist, wie es überhaupt zum Zustand der Hypo gekommen ist, wie er dann war.

Hast du eine Wahrnehmung über diese Aufarbeitung beziehungsweise über die Zusammenarbeit der Hypo im Zusammenhang mit der Aufarbeitung?

Dr. Michael Spindelegger: Bevor ich Finanzminister wurde, habe ich mich mit den Fragen nicht beschäftigt, um das ganz klar zu sagen. Das bekommt man am Rande mit, wie jeder andere, aber das war nicht in meinem Fokus.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Das heißt, die Friktionen, die es zwischen dem Präsidenten der Finanzprokuratur Peschorn und der Bank in diesem Zusammenhang gab, hast du nicht wahrgenommen.

Dr. Michael Spindelegger: Im Vorfeld, bevor ich Finanzminister wurde, nein.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Wie hast du zu deiner Zeit als Finanzminister die Zusammenarbeit mit den Aufsichtsräten und mit den Vorständen – du hast gesagt, du hast mit ihnen dann öfter das Gespräch gesucht, um eben Klarheit zu haben und um nicht ständig von neuen Forderungen über Kapitalbedarf überrascht zu werden –, mit den Organen der Bank empfunden?

Dr. Michael Spindelegger: Es war ein Problemfall mit dem Finanzvorstand der Hypo, der unmittelbar verantwortlich war. Dieses Problem soll man auch nicht verschweigen, denn letztlich war dann auch die Überlegung im Raum, ob man den Finanzvorstand ablöst. Im Zuge dieser kurzen Zeit, die zur Verfügung stand, sind wir aber zur Auffassung gekommen, das nicht zu tun, denn bis sich ein Nächster eingearbeitet hat, hätte das zu lange gedauert, und da wir ohnehin vorhatten, das im März 2014 zu entscheiden, sind wir nicht dazugekommen.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Wer war dieser Finanzvorstand?

Dr. Michael Spindelegger: Beim Namen muss ich jetzt passen.

Vorsitzende Doris Bures: Sie kommen jetzt in die Fragezeit der zweiten Runde.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Wie war die Zusammenarbeit mit Herrn Dr. Picker?

Dr. Michael Spindelegger: Dr. Picker war, glaube ich, dann im Jänner als neuer Generaldirektor der Hypo-Bank im Amt. Wir haben uns am Beginn seiner Amtszeit einmal getroffen, aber da konnte er noch nicht viel sagen. Ich habe es immer so empfunden, dass er sich sehr bemüht hat, möglichst rasch einen Überblick zu bekommen, aber auch kein leichtes Leben in der Bank hatte, da er eben von außen kam – die ganze Vergangenheit, und das war ja sehr viel Vergangenheitsaufarbeitung in Richtung Assets bewerten, verschiedene Destinationen und verschiedene Banken in den einzelnen Ländern des Westbalkans –, und dass er Mühe hatte, wirklich einen Überblick zu bekommen.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Es ist ja anderen vor ihm nicht einmal gelungen, sich innerhalb von zwölf Monaten einen Überblick zu verschaffen, somit wäre das ja in der Zeit zwischen Jänner 2014 und dem Zeitpunkt, als es die HETA-Gesetzeslösung gab, sowieso nicht möglich gewesen.

Ich möchte noch zum Thema Insolvenz und zu den Bankengesprächen, die du auch erwähnt hast, kommen. Als Erstes vielleicht einmal die Bankengespräche: Wie wollte man die Lösung mit den Banken herbeiführen?

Du hast gesagt, die Banken hätten die Hypo übernommen, und dann hätten die Banken auch Forderungen gestellt. Kannst du noch einmal ganz kurz ausführen, unter welchen Bedingungen die Banken dieser Lösung zugestimmt hätten? Die Banken, die Großbanken, die Bankenvertreter, waren ja schon vor der Verstaatlichung einmal involviert. Da gab es auch die Möglichkeit, beispielsweise Kapital zuzuschießen oder eben nur Liquidität. Damals war es für die Banken zum Beispiel völlig unmöglich, da Kapital zuzuschießen, damals gab es aber die Bankenabgabe noch nicht.

Kannst du uns deine Wahrnehmungen im Zusammenhang mit den Gesprächen mit den Banken und die Forderungen der Banken vielleicht noch einmal kurz skizzieren?

Dr. Michael Spindelegger: Ich erinnere mich an ein Gespräch, das ich mit dem damaligen Vorsitzenden im Bereich der Banken Dr. Rothensteiner geführt habe, in dem die Überlegung war: Wenn die Banken, die großen Banken Österreichs die Hypo übernehmen, weil sie Erfahrung haben, nämlich auch genau dort aktiv sind, wo die Hypo ihre Niederlassungen in den verschiedenen Ländern hat, dann könnte das eine gute Synergie ergeben. Das heißt, mit der Fachkompetenz, die man hat, damit, dass man möglicherweise in den Ländern, wo die Banken Österreichs und die Hypo aktiv sind, zu Synergieeffekten kommen kann, kann sich eine leichtere Abwicklung, eine bessere Verwertung der Assets ergeben, als wenn das der Staat in Österreich macht. – Das war die Grundüberlegung, aber dafür musste man den Banken auch etwas anbieten.

Die prinzipielle Ausrichtung war, dass wir die Bankenabgabe, die wir hatten, sozusagen für einen bestimmten Zeitraum erlassen beziehungsweise reduzieren und dafür die Banken die Hypo und ihre Assets und die Teile der Hypo übernehmen. Das war die Grundüberlegung, der Dr. Rothensteiner durchaus zustimmen konnte, aber es war dann eine Voraussetzung, dass innerhalb des Bankenverbands Gespräche geführt werden.

Wir haben dann eine gemeinsame Sitzung mit den drei Großbankenvertretern und dem Bundeskanzler, Nowotny, Liebscher und meiner Person anberaumt und haben uns dort noch einmal über die Details unterhalten. Dort war aber dann ziemlich schnell klar, dass die Banken nicht bereit sind – Dr. Rothensteiner war damals leider nicht dabei –, dass die anderen nicht bereit sind, sich näher auf solche Möglichkeiten einzulassen.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Weil es keine Einigung darüber gab, dass die Bankenabgabe angerechnet werden wird?

Dr. Michael Spindelegger: Innerhalb der Bundesregierung hätten wir da eine Lösung gefunden, davon bin ich fest überzeugt. Nein, es war eher so, dass die Banken dieses Risiko nicht übernehmen wollten und sich nicht auf die Übernahme der Hypo oder von Teilen der Hypo einlassen wollten.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Wurden in diesem Bankengespräch auch die Insolvenz und die generelle Auswirkung auf den Finanzplatz Österreich besprochen?

Dr. Michael Spindelegger: Ich kann mich nicht erinnern, dass die Insolvenz in diesem Gespräch ein Thema war.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Herr Gouverneur Nowotny, hast du gesagt, war eindeutig gegen die Insolvenz. Kannst du ausführen, was seine konkreten Gründe dafür waren, die Insolvenzlösung nicht in Betracht zu ziehen?

Dr. Michael Spindelegger: Die Hauptbegründung war immer, dass das für die Reputation Österreichs einen großen Schaden bringen würde, da wir damit als unverlässlicher Partner auf dem Kapitalmarkt angesehen werden. Eine Republik, die sozusagen Eigentümerin einer Bank ist, kann nicht einfach die Bank in die Insolvenz schicken. – Das war seine Argumentation, in einer Zusammenfassung.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Dann gab es natürlich in dieser ganzen Situation oder in Abwägung aller Möglichkeiten immer noch das Damoklesschwert der Haftungen des Landes Kärnten.

Dr. Michael Spindelegger: Natürlich war das auch immer eine sehr große Belastung für alle, da man, das wissen wir, Kärnten nicht im Stich lassen wollte. Es gab keine Rechtsregelung, wie das mit der Insolvenz eines Bundeslandes ist, unabsehbare Folgen, die da drohen. Für mich war aber immer entscheidend, dass auch Kärnten einen Beitrag leisten muss, denn letztlich, wenn man an den Ursprung zurückgeht, war natürlich der Verkauf der Bank um 800 Millionen €, glaube ich, und eine Haftung, die man mit über 20 Milliarden eingegangen ist, eine totale Unverhältnismäßigkeit, die sozusagen zu dieser ganzen Belastung der Zukunft dann geführt hat.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Wie sind die Gespräche mit den Kärntner Vertretern geführt worden?

Dr. Michael Spindelegger: Wir haben das eher auf der Ebene der Bundesregierung miteinander besprochen und uns darauf geeinigt, dass zumindest in der Größenordnung von 500 Millionen ein Beitrag Kärntens geleistet werden muss. Warum 500 Millionen? – Von dem damaligen Verkaufserlös von 800 Millionen waren noch 500 Millionen in einem Zukunftsfonds, glaube ich, wie das hieß, und damit war klar, dass zumindest dieser Beitrag von Kärnten geleistet werden muss – nicht, indem man den Zukunftsfonds einfach auflöst, das hätte man auch anders darstellen können, aber die Größenordnung musste doch zumindest miteingerechnet werden, da die Republik einen großen Schaden erlitten hat.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Die Insolvenz hätte ja in Wirklichkeit auch das sofortige Schlagendwerden der Haftungen ausgelöst.

Dr. Michael Spindelegger: Natürlich hätte es das sofort ausgelöst, und dann war die Frage: Kann man ein Bundesland in die Insolvenz schicken? Was hat das für Auswirkungen, nämlich: Was ist sozusagen für eine Insolvenz an Assets anrechenbar und was nicht? Dass das große Probleme gebracht hätte, wissen wir, das wissen wir bis heute.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Wie viel Zeit habe ich noch?

Vorsitzende Doris Bures: Knapp über zwei Minuten.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Die nehme ich in die zweite Runde mit. – Danke.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Guten Tag noch einmal! Ich möchte erstens vorausschicken – auch aus Transparenzgründen für den Ausschuss, der Herr Vizekanzler außer Dienst hat es erwähnt –, dass wir in diesen Tagen und Wochen, Beginn 2014, in einem intensiven Kontakt standen und ich meine Befragungen dann möglicherweise durchaus auch auf diesen Eindrücken aufbauen werde und nicht nur auf den Akten und Medienberichten; ich kann es nicht immer auseinanderhalten. Das wollte ich hinzufügen.

Zweitens, eine Wertung vorweg: Ich habe den Eindruck gewonnen, dass es erstens ein korrektes Verhalten und zweitens überhaupt das erste Regierungsmitglied war, das sich umfassend und so gut es ging, glaube ich, überhaupt einmal mit dieser Sache auseinandergesetzt hat. – Das vorweg.

Jetzt aber hinsichtlich der Chronologie noch ein paar Nachfragen: Die Übergabe von Ihrer Vorgängerin ist schon angesprochen worden. Wir kennen ihre Aussagen, dass sie gleich nach ihrer Amtsübernahme eine Insolvenz bevorzugt hätte, deshalb die Frage: Haben Sie, als Sie ins Ministerium für Finanzen gewechselt sind, Vorarbeiten angetroffen, die ein Insolvenzszenario hätten auf die Reise bringen können? Das kann man ja nicht einfach so machen. Haben Sie irgendetwas vorgefunden, außer dass die Beamten diskutiert haben und widersprüchlicher Meinung waren?

Dr. Michael Spindelegger: Es gab dieses Wyman-Gutachten, das klar in die Richtung einer Insolvenz Argumente aufgelistet hat, aber wenn man sich das näher angeschaut hat, war es eben ein – wie soll ich sagen? – Überblicksgutachten. Das war nicht in die Tiefe gerichtet. Das gab es, und darüber wurde auch heftig diskutiert. Das habe ich in meinen ersten Eindrücken auch festgestellt, aber detaillierte Maßnahmen, wie eine Insolvenz zu erfolgen hätte und welche Punkte da zu beachten sind, gab es nicht.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Haben Sie, die österreichische Realverfassung reflektierend, juristische Vorarbeiten vorgefunden – denn in Österreich entsteht ein Gesetz bekanntermaßen nicht im Parlament, leider –, dass ein Insolvenzrecht für Banken vorbereitet worden wäre, ohne auf die EU-Lösung zu warten, die erst später kam?

Dr. Michael Spindelegger: Nein, also in Österreich gab es das aus meiner Sicht nicht, aber auf der EU-Ebene wurde das intensiv diskutiert. Gleich bei meinem Einstieg haben diese Verhandlungen darüber gerade stattgefunden, wie man das zukünftig organisiert, dass Steuerzahler bei Insolvenzen von Banken zukünftig nicht mehr in Mitleidenschaft gezogen werden. Sie kennen das alles in den Details, die nachher beschlossen wurden, und es war gerade im Finale, das im Rat, im ECOFIN, einmal zu besprechen. Danach gab es dann die Verhandlungen mit dem Europäischen Parlament und letztlich eine Einigung im Jahr 2014.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Ja, aber davor? – Immerhin hat der österreichische Nationalrat mit großer Mehrheit im Frühjahr 2012 beschlossen, durchaus in Erwartung und Berücksichtigung der EU-Abläufe, auch ein Insolvenzrecht für Banken zu schaffen, und zwar rasch. Haben Sie da irgendetwas gefunden? – Die Debatte war ja so: In Deutschland gab es ein Sonderinsolvenzrecht für Banken, in Österreich eben nicht.

Dr. Michael Spindelegger: In Österreich hat man sich auf diese europäische Ebene und die Fragen, die mit dem Richtlinienentwurf gekommen sind, konzentriert, und ich habe da nichts Spezielles für Österreich vorgefunden, eine Sondergesetzregelung; das wäre aus meiner Sicht in der kurzen Zeit aber auch nicht sinnvoll gewesen, weil das ja im Finale war.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Ja, dann nicht mehr. Aber Sie haben sozusagen aus der Zeit Ihrer Vorgängerin nichts vorgefunden?

Dr. Michael Spindelegger: Vorgefunden habe ich nichts, nein.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Haben Sie irgendwelche Spuren dahin gehend gefunden, dass ein Insolvenzrecht für Bundesländer vorbereitet worden wäre?

Dr. Michael Spindelegger: Nein, das wurde auch nicht vorbereitet, war aber, bevor diese Hypo-Geschichte hochgekocht ist, ehrlich gesagt, auch kaum denkbar.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Hat man Ihnen unterbreitet, dass hier im Parlament, und zwar schon vor der sogenannten Notverstaatlichung im Dezember 2009, Anträge eingebracht wurden, die ein Insolvenzrecht für Bundesländer gefordert hatten? – Das mussten Sie als Außenminister ja gar nicht mitbekommen. Hat man Ihnen das aber dann bei der Übergabe vorgelegt?

Dr. Michael Spindelegger: Bei der Übergabe wurde es nicht vorgelegt. Herr Abgeordneter, Sie wissen auch, wie viele Anträge im Parlament diesbezüglich in alle verschiedenen Richtungen vorgelegt werden, diskutiert werden, aber solange die Dringlichkeit nicht unmittelbar da ist, gibt es eben auch auf Regierungsebene nicht den Nachdruck, sich damit intensiv auseinanderzusetzen.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Okay, dann relativieren wir, dass es vorher nicht diskutiert worden wäre.

Die Taskforce-Gründung und die Gründe dafür sind erwähnt worden. Jetzt kommen wir zu einem besonderen Umstand, der die ständige Zahlenverwirrung – um nicht zu sagen: Täuschung – betrifft; darüber haben Sie sich hier auch aufgeregt, und zwar nicht nur betreffend die Bilanz 2013 – das ist erörtert worden, da habe ich keine Nachfragen mehr –, aber es gab ja noch eine Zahlenverwirrtheit.

Picker ist ja auch gefragt worden; von dem kam das ursprünglich, was den zusätzlichen Schaden betrifft. Ich will da seriös bleiben: Mag sein, dass er in der ersten Runde gemeint hat, es geht um den regulatorischen Weiterbedarf an Kapital, um das überhaupt über die Runden zu bringen, denn damals hat er ja noch nicht gewusst, wie die Abbaulösungen ausschauen. Er sagte: null bis 4 Milliarden; aber schon am Tag danach ist das von allen, insbesondere von Gouverneur Nowotny, als Zahl für den maximalen zusätzlichen Gesamtschaden genannt worden. Der Einzige, der die Frage gestellt hat, ob sich das ausgeht, waren nämlich Sie.

Jetzt frage ich Sie, und zwar hinsichtlich der Rolle des Herrn Nowotny: Es wird der zusätzliche Schaden – und damals, in diesem Jänner, Februar 2014, ist wirklich alles auseinandergeflogen – von null bis 4 Milliarden kolportiert. Herr Nowotny kommt in alle Medien und sagt, das sei sehr plausibel – wortwörtlich wieder: plausibel –, dass das die Obergrenze des Schadens sei.

Wie haben Sie im Ministerium nachgefragt, wie Herr Nowotny zu seinen Plausibilisierungen kommt? – Natürlich sind wir heute gescheit und wissen, es ist das Doppelte, aber das ist ja das intrinsische Problem dieser Nationalbank: Sie geht als Berater Ihrer Regierung spazieren und täuscht sie immer mindestens um die Hälfte. Wie haben Sie das vernommen? – Ich meine, Sie haben das angezweifelt. Schildern Sie dem Ausschuss, wie Sie das Gefühl gehabt haben, dass die Notenbank immer zu ihren Über-Nacht-Expertisen kommt!

Dr. Michael Spindelegger: Herr Abgeordneter, wir haben das ja auch damals, kann ich mich erinnern, in unseren Besprechungen immer wieder erörtert. Für mich waren Zahlen dieser Art deshalb nicht nachvollziehbar, weil ich auch damals immer gesagt habe – ich glaube, auch öffentlich –: Erst am Ende wird ein Strich darunter gemacht, und dann wird man sehen, was der Schaden wirklich ausmacht. Bevor nicht die letzten Assets verwertet sind und wir dann insgesamt wissen, wie sich die Zahlen wirklich darstellen, kann man das nicht prognostizieren. Darum habe ich das in der Vergangenheit auch immer bezweifelt und angezweifelt, dass man mit diesen Zahlen, null bis 4 Milliarden, wirklich reüssieren kann.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Ja, Sie haben es angezweifelt, dass es maximal noch einmal 4 Milliarden kostet, sagen aber dann – so zitiert Sie die APA vom 15.3.2014 –:

„Wenn der Vorstand diese Zahlen auf den Tisch lege und der Nationalbankgouverneur dies de facto gestern bestätigt habe,“ – das geht ja schon zwei Monate so dahin –, „dann gehe er“ – also Sie – „davon aus, dass das der maximale Schaden sei, sagte der Finanzminister.“

Jetzt weiß ich, dass Sie das schon relativiert haben, aber ich wollte eigentlich der Sache auf den Grund gehen, wie es möglich ist, dass die Bundesregierung sich immer genau auf so wenige Experten verlassen muss und diese Sie dann doch dazu bringen, zu sagen: Sie gehen davon aus, dass das der maximale Schaden sei – Klammer, nicht ausgesprochen: es ist immerhin der Gouverneur der Nationalbank. Sie müssen sich ja auch auf etwas verlassen.

Vorsitzende Doris Bures: Sie sind schon in der zweiten Runde.

Dr. Michael Spindelegger: Das muss man genau so sehen. Sie haben schon recht, ja, aber was soll ich als Finanzminister anderes tun, als Zahlen, die einmal in den Raum geworfen wurden, eben auch als solche darzustellen. Wenn die Berechnungen von Vorstand und Nationalbank sozusagen bestätigt sind, dann werde ich als Finanzminister nicht sagen: Nein, das sind ganz andere Zahlen!, denn dann würden Sie als Nächstes fragen: Na, was sind es dann wirklich für Zahlen?

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Hat das bei den anderen Beratern, die Sie, Gott sei Dank, geholt haben, und in den Gesprächen mit dem Herrn Bundeskanzler – diese waren damals zahlreich, das geht aus allen Terminkalendern und auch aus den Akten hervor – nie eine Rolle gespielt, dass das jene Notenbank war, die sozusagen Ihren Vorvorgänger Pröll dazu verleitet hat, nach Brüssel zu melden, dass die Bank gesund und nicht krank ist oder dass der Kapitalbedarf bei der Verstaatlichung zwischen 1 und 2 Milliarden – sagen wir einmal in der Mitte, 1,5; so haben die gefuhrwerkt – liegen wird, und der Chef Ihrer Finanzprokuratur zu der Zeit, nämlich im Dezember 2009, schon auf der Pirsch war und einen damaligen Schaden von 11 Milliarden nachweist?

Da muss man sich dann irgendwann einmal fragen: Sind das die richtigen Experten? – Darauf will ich hinaus. Sie haben sich ja offensichtlich gefragt. Was haben alle anderen gesagt?

Dr. Michael Spindelegger: Wir haben ja andere Experten eingeladen, uns entsprechende Gutachten vorzulegen, vor allem, was die Insolvenz betrifft. Ich habe schon auf das zeb-Gutachten ...

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Nein, ich meine nur diese Zahlenverwirrtheit, die da immer herumgeistert.

Dr. Michael Spindelegger: Ja, aber wir haben andere Experten auch nicht befragt, was der wirkliche Schaden sein wird, wenn wir das eine oder andere Szenario zum Zug kommen lassen.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Gut, und was hat der Herr Bundeskanzler gesagt? – Das war die Frage. Hat er auch irgendetwas dazu gesagt? – Er hat Nowotny ja immer verteidigt.

Dr. Michael Spindelegger: Noch einmal: Ich habe in den Besprechungen immer das Gleiche gesagt, auch bei zahlreichen sonstigen Medienkontakten, nämlich dass erst am Schluss der Strich darunter gemacht wird, weil ich das nicht für ganz seriös halte. Aber es gab keine anderen Zahlen, die das widerlegt hätten, weil man es auch nicht richtig ausrechnen kann. Das ist aus meiner Sicht auch fachlich gar nicht möglich. Letztlich entscheidet erst der Verkauf eines Assets darüber, welchen Preis man dafür erzielt, und das kann ich nachher nicht relativieren.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Das ist klar, aber der Gouverneur der Nationalbank hat es eben anders gemacht. Unserer Wahrnehmung nach war es dem Herrn Bundeskanzler (Abg. Krainer: Vorlegen!), unserem damaligen Herrn Bundeskanzler, total recht. Er hat immer auf den Gouverneur verwiesen, dieser hat dort jeden Tag Medienauftritte gehabt, vom Fernsehen dreimal bis irgendwohin (Abg. Krainer: Vorlegen!), und hat der Welt erklärt: Das ist der maximale Schaden. – Deshalb reite ich so darauf herum. (Abg. Krainer: Kann man das vorlegen, bitte?) – Du kannst die ganzen Medienartikel nachher kopiert haben, kein Problem. (Abg. Krainer: Wenn ich es vorhalte, sollte ich es auch vorlegen können!) – Ja, das werden wir dann noch nachholen, immerhin sind das Medienartikel, die noch nicht so alt sind.

Im Lichte dessen, was ich hier gefragt habe: Wieso war es selbstverständlich, dass Herr Nowotny Herrn Liebscher beerbt? – Für mich wäre das überhaupt nicht selbstverständlich.

Dr. Michael Spindelegger: Für mich war schon klar, dass der bisherige Stellvertreter, der alle Sitzungen mitgemacht hat, der natürlich mit der Nationalbank eine ganz wichtige Institution für Finanzfragen in Österreich ist, dann den Vorsitz übernimmt. Letztlich ist Liebscher von heute auf morgen zurückgetreten, und wir brauchten sofort einen Ersatz. Der Bericht war bereits im Endstadium, und da jemand anderen zu bestellen, hätte ich auch nicht für sinnvoll gehalten.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Wie erklären Sie sich, dass die präferierte Variante der Taskforce immer das Bankenbeteiligungsmodell war, mit denen aber offenkundig bis zum Schluss kaum geredet wurde und es viele Experten – diesmal aber echte – nicht überrascht hat, und Sie offensichtlich auch nicht, dass sich die dort nicht beteiligen wollen?

Hat das bei den Bewertungen, die Sie mit Ihrem engeren Kreis vorgenommen haben, irgendeine Rolle gespielt? Die Taskforce ist ja auch nicht sakrosankt. Sie erklärt immer: So geht es sich aus, dann kommen wir mit der Schuldenquote durch – obwohl es den Ratingagenturen eh schon wurscht war –, und das war das Hauptmotiv. Geredet worden ist erst im Jänner/Februar.

Dr. Michael Spindelegger: Ich gebe Ihrer Kritik recht, dass die Taskforce das Bankenmodell nicht gut vorbereitet hatte, weil wir in dieser Runde mit den Großbanken dann relativ schnell gesehen haben, dass da wenig Grund aufgearbeitet war und man gar nicht zum Detail gekommen ist, sondern das eigentlich prinzipiell von den Banken abgelehnt wurde. Das mag aber auch damit im Zusammenhang stehen, dass durch die öffentliche Diskussion immer mehr Details bekannt wurden, was die Hypo betrifft, und man sicher auch die Lust verloren hat, so einen Moloch zu übernehmen.

Vorsitzende Doris Bures: Eine kurze Frage noch, Herr Abgeordneter.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Sie waren der Erste, der hier das fünfte Modell, das sogenannte Hybridmodell mit einer zeitlichen Überbrückung, genannt hat. So finden wir es in den Akten, das war auch ein Ansatz im zeb-Gutachten, das haben ja auch Sie in Auftrag gegeben.

Können Sie dem Ausschuss sagen, vor allem wer und natürlich mit welchen Gründen da den Ausschlag gegeben hat, dass die Variante, dass man ein Jahr Zeit gewinnt – Geschäftsaufsichtsverfahren – und dann die Verhandlungen mit den Gläubigern sucht, in Bundesanleihen tauscht – 30 Prozent Abschlag, so war es ja im Raum – ...

Vorsitzende Doris Bures: Ich mache Sie auf die Redezeit aufmerksam.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Ja, genau.

Vorsitzende Doris Bures: Genau.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Das war ja eine plausible Variante, die im Übrigen auch Herr Kleiner vertreten hat, der vorher immer schon gutachterlich für die Republik tätig war. Können Sie dem Ausschuss sagen, wie es zu dieser Lösung nicht kam?

Dr. Michael Spindelegger: Es war eine der Varianten, die wir diskutiert haben, die aber natürlich immer einen großen Schattenpunkt hatte: Das war die Gefahr, dass dieser Funke von der Hypo auf andere Banken überspringt, genau in den betroffenen Ländern, in denen es dann zu einem Bank Run kommen kann.

Diese Gefahr konnte auch niemand ausschließen, und die Gefahr war natürlich schon auch eine beträchtliche. Man hätte sie eingehen können, aber das hätte natürlich mit sich gebracht, dass eine große Unsicherheit bleibt, und letztlich haben wir uns nach langen Diskussionen entschieden, eine andere Variante vorzusehen, eben dieses Brückenmodell.

Das andere wäre vielleicht gut gewesen, vielleicht hätte das weniger Schaden angerichtet, mag sein, aber die Gefahr, dass das auf andere Banken überspringt, wäre natürlich schon beträchtlich gewesen. Wäre das eingetreten, wäre der Schaden noch um vieles größer gewesen.

Abgeordneter Christoph Hagen (STRONACH): Herr Dr. Spindelegger, Sie waren für mich immer der Ehrlichste in der Causa Hypo als Finanzminister. Sie haben auch immer ganz deutlich gesagt, dass Sie eine Insolvenz präferieren, und waren davon überzeugt. Sie haben das dementsprechend auch kundgetan und mich auch überzeugt.

Ich habe einmal einen Politiker kennengelernt, der auch von etwas überzeugt war, und zwar beim Abfangjägerkauf von den russischen MiG, und der dann aufgrund eines WC-Besuchs, bei dem er dementsprechend unter Druck gesetzt worden ist, plötzlich seine Meinung kurzfristig geändert hat.

Ich hoffe, dass das bei Ihnen nicht so war, darum werde ich Sie jetzt ein wenig im Detail fragen, und zwar lautet die erste Frage: Wer informierte Sie bei Ihrer Amtsübernahme im Finanzministerium im Detail über die Hypo Alpe-Adria?

Dr. Michael Spindelegger: Das waren die Mitarbeiter des Finanzministeriums aus dem Kabinett; DI Perner war ja schon bei Maria Fekter im Kabinett, und natürlich die zuständigen Gruppenleiter, Sektionsleiter, die für Banken zuständig waren.

Abgeordneter Christoph Hagen (STRONACH): Spielte Herr Lejsek da eine Rolle?

Dr. Michael Spindelegger: Natürlich, er war der Gruppenleiter für Banken.

Abgeordneter Christoph Hagen (STRONACH): Hat er Sie richtig informiert?

Dr. Michael Spindelegger: Davon gehe ich aus, dass er mich richtig informiert hat. Ich habe keine Ansätze, dass er etwas Falsches gesagt hätte.

Abgeordneter Christoph Hagen (STRONACH): Wen aus Ihrem Kabinett betrauten Sie mit der Causa Hypo Alpe-Adria? Wieder DI Perner oder jemand anderen?

Dr. Michael Spindelegger: DI Perner, der in den ganzen Fall eingearbeitet war, und er hat das auch in meiner Zeit als Finanzminister wahrgenommen.

Abgeordneter Christoph Hagen (STRONACH): Welche Arbeitsschwerpunkte setzten Sie hinsichtlich der Aufarbeitung der Vergangenheit der Hypo Alpe-Adria?

Dr. Michael Spindelegger: Ich habe mich entschieden, eine Untersuchungskommission unter Vorsitz von Frau Dr. Irmgard Griss einzusetzen. Ich habe mit ihr damals vereinbart, dass sie sich ein eigenes Team suchen kann, dass sie Zugang zu allen Unterlagen bekommt, dass sie auch eine entsprechende personelle und finanzielle Ausstattung bekommt, um einen solchen Bericht zu machen, und ich glaube, im Nachhinein kann man auch sagen, dass dieser Bericht sehr fundiert war, sehr sachlich und letztlich auch viel Licht ins Dunkel gebracht hat, was die Vergangenheit betrifft.

Abgeordneter Christoph Hagen (STRONACH): Sie geben in dem Dokument 473283 auf Seite 23 an (Abg. Tamandl: Vorlegen!) – kommt schon! –, dass eine Insolvenz „nicht kalkulierbar“ war. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Jetzt meine Frage: Wer hat das zu Ihnen gesagt? – Sie waren ja zunächst davon überzeugt, dass eine Insolvenz sehr gut ist, und auch die Gutachten von zeb und Wyman haben ganz klar eine Insolvenz präferiert?

Dr. Michael Spindelegger: Ich darf das noch einmal erläutern. Ich habe nicht immer gesagt: Ich bin für die Insolvenz!, sondern ich habe gesagt: Die Insolvenz ist eine der Lösungen, die wir im Detail aufarbeiten müssen, nämlich in die Richtung: Was spricht dafür, was spricht dagegen?

Letztlich blieb, ich habe es gerade erläutert, natürlich ein großer Bedrohungspunkt für die Zukunft, nämlich der Punkt, dass – wenn eine Insolvenz eintritt – ein Bank Run in den Ländern, in denen die Hypo aktiv ist, eintritt und dieser Bank Run sich nicht nur auf die Hypo bezieht, sondern auch auf andere österreichische Banken.

Wie Sie im zeb-Gutachten sehen, wird das dort natürlich auch nicht ausgeschlossen – es kann auch nicht ausgeschlossen werden. In der Erläuterung der Gutachter selbst, damals im Finanzministerium, war das ein entsprechender Punkt, der eben blieb: wenn Insolvenzlösung, dann ist das ein großer Gefahrenpunkt, den man auch nicht ausschließen kann.

Abgeordneter Christoph Hagen (STRONACH): Wir haben vorhin gehört, Dr. Nowotny hat da eine große Rolle gespielt. Ist Ihnen bekannt, dass Herr Lejsek und Herr Dr. Nowotny irgendwie in starker Verbindung in diesem Bereich gestanden sind?

Dr. Michael Spindelegger: Das nehme ich an, dass der Leiter der Bankengruppe im Finanzministerium mit der Nationalbank und der Finanzmarktaufsicht in einer ständigen Verbindung ist. Das ist auch notwendig.

Abgeordneter Christoph Hagen (STRONACH): Waren die auch politisch nahestehend?

Dr. Michael Spindelegger: Das weiß ich nicht.

Abgeordneter Christoph Hagen (STRONACH): Okay. Wer aus der Taskforce hat Sie dann schlussendlich mit welchen Argumenten überzeugt, eine Insolvenz doch nicht zuzulassen?

Dr. Michael Spindelegger: Das war nicht die Taskforce, die mich davon überzeugt hat, sondern ausschlaggebend war letztlich dieses zeb-Gutachten und die Erläuterung dazu durch die Gutachter. Und wir haben ja dann noch einmal im kleinen Kreis in der Regierung darüber beraten, wie, in welche Richtung, wir jetzt diese Entscheidung lenken, und sind das noch einmal durchgegangen, also auch das Hybridmodell, auch die Möglichkeit, ein Brückenmodell vorzuschlagen oder doch das Anstaltsmodell, das am Beginn ja auch von Teilen der Taskforce sehr befürwortet wurde.

Abgeordneter Christoph Hagen (STRONACH): Ja, aber die Argumente hätte ich gerne gewusst. Welche Argumente waren ausschlaggebend?

Dr. Michael Spindelegger: Das Argument, das gegen die Insolvenz gesprochen hat, war dieser Gefahrenpunkt, den ich Ihnen gerade erläutert habe, und für das Brückenmodell hat gesprochen, dass wir de facto eine Bad Bank gründen und damit nicht auf alle Forderungen eingehen, die die Gläubiger haben – das wäre eben bei der Anstaltslösung der Schmerzpunkt für die Republik gewesen, einfach alles zu akzeptieren. Und dann stand natürlich auch noch im Raum, ob man, und das habe ich sehr befürwortet, mit dem Land Bayern einen Vergleich anstreben soll, weil letztlich ja dort noch Milliarden an Forderungen da waren, die auch in einem Rechtsstreit bereits Gegenstand von Auseinandersetzungen waren, und auch dort war das ein Thema, wo wir zu einer Lösung kommen mussten.

Ich habe schon erläutert, ich habe zwei Treffen mit dem Ministerpräsidenten gehabt, einmal unter vier Augen, einmal auch mit anderen Mitarbeitern von ihm und vom Bundesministerium für Finanzen, um auszuloten, ob ein solcher Kompromiss möglich ist, und wie ich dann später gesehen habe, ist das auch finalisiert worden.

Abgeordneter Christoph Hagen (STRONACH): Sie haben jetzt von einem kleinen Kreis in der Regierung gesprochen. Wer war der kleine Kreis? Ist da der Bundespräsident dabei gewesen, war Herr Nowotny auch dabei, oder Minister Brandstetter, oder wer war das alles?

Dr. Michael Spindelegger: Mit „in der Regierung“ meine ich immer, dass der Bundeskanzler und ich das besprochen haben, mit unterschiedlichen anderen Teilnehmern – ob das Dr. Nowotny war, ob das der Bundesminister für Justiz war, unterschiedlich. Wir haben uns ja oft getroffen, um nächste Schritte in der Begleitung der Arbeit der Taskforce zu beraten, auch die ersten Ergebnisse präsentiert zu bekommen. Mit dem Bundespräsidenten gab es nur ein einziges Gespräch, das war ein Dreiergespräch, Bundespräsident, Bundeskanzler und ich, und das war meiner Erinnerung nach am 13. März am Abend.

Abgeordneter Christoph Hagen (STRONACH): Welche Position vertrat Justizminister Brandstetter bei den Gesprächen?

Dr. Michael Spindelegger: Bundesminister Brandstetter hat mit mir gemeinsam die Grundlagen für die Gesetzwerdung erarbeitet. Wir haben miteinander und mit den Experten beider Häuser sehr intensiv versucht, möglichst rasch ein solches Gesetz ins Parlament zu bringen. Warum? – Weil natürlich jede Zeitverzögerung wieder erfordert hätte, dass man in die Hypo neues Geld einbringt.

Wäre dieser Prozess etwas länger gestaltet worden, hätte man noch einmal etwas einlegen müssen, weil sonst die Insolvenz sofort da gewesen wäre. Das heißt, es war ein unglaublicher Zeitdruck, das bis Juni fertigzustellen, durch den Ministerrat und dann im Parlament auch durch die Ausschüsse zu bringen und letztlich einen Beschluss zu fassen, damit im Herbst diese Bad Bank auch gegründet werden kann. Dieser Zeitdruck hat es notwendig gemacht, mit den Mitarbeitern des Finanzressorts, Legistik, aber auch des Justizressorts und den beiden Ministern entsprechende Besprechungen abzuhalten, Dinge zu entscheiden – gleich ad hoc –, ob man in die eine oder in die andere Richtung geht, damit dieser Gesetzesprozess entsprechend vorangetrieben wird.

Abgeordneter Christoph Hagen (STRONACH): Welche Position vertrat der damalige Bundeskanzler Faymann in der Angelegenheit?

Dr. Michael Spindelegger: Bundeskanzler Faymann und ich haben das, was alle Varianten betrifft, intensiv diskutiert, und letztlich hat er sich dann auch klar in Richtung des Brückenmodells ausgesprochen.

Abgeordneter Christoph Hagen (STRONACH): Wer hat die Modelle 5-aI, 5-aII und 5-b als präferierte Modelle aus dem Projekt Lux ausgewählt?

Dr. Michael Spindelegger: Da müssen Sie mir noch einmal sagen, welche genauen Modelle da dahinter waren. Das kann ich auswendig nicht mehr sagen.

Abgeordneter Christoph Hagen (STRONACH): 5-b wäre „Variante HBInt als Anstalt“.

Dr. Michael Spindelegger: „HBInt als Anstalt“, das wollte ich persönlich nie, weil eine Anstalt, so wie in Deutschland die Abwicklung damals passiert ist, bedeutet hätte, dass die Republik alle Forderungen erfüllt, insbesondere auch die Forderungen des Landes Bayern, und das hätte für uns einen unglaublichen Schaden bedeutet, wenn wir uns nicht auf etwas anderes einigen können.

Abgeordneter Christoph Hagen (STRONACH): 5-a ist die „Ausgangsvariante neue Anstalt“, das wäre 5-a.

Dr. Michael Spindelegger: Es waren im Rahmen der Diskussion der Taskforce verschiedene Varianten, auch innerhalb der einzelnen Großmodelle, denkbar, und es hat sich dann innerhalb der Taskforce auch ergeben, welche man näher in Betracht zieht. Da wurde für jedes einzelne Modell und Untermodell eine Bewertung vorgenommen, das konnte man dann in einem Sheet auch zusammenfassen, welche Auswirkungen sozusagen für die Republik zu erwarten sind, und das war sicher eine wesentliche Grundlage, um dem einen oder anderen Modell dann näherzutreten. Wir haben uns aber dann, nach vielen Diskussionen, klar in die Richtung eines Brückenmodells entschieden, also dafür, eine Bad Bank zu schaffen und damit sozusagen Stück für Stück die Bank abzuwickeln.

Abgeordneter Christoph Hagen (STRONACH): Nach welchen Kriterien haben Sie den Berater Dirk Notheis ausgewählt und warum diesen?

Dr. Michael Spindelegger: Ich habe den Berater Dr. Notheis deshalb ausgewählt, weil er erstens im Bereich Finanzmarkt ein ausgewiesener Experte war, ein deutscher Experte, und zum Zweiten, weil er auch entsprechende Kontakte – und zwar gute Kontakte – in Richtung des Landes Bayern hatte. Das war – vorausgedacht – notwendig, um auch dort, was einen möglichen Kompromiss mit Bayern betrifft, Grundlagen zu schaffen, denn wenn von vornherein eine Landesregierung sagt: Nein, wir wollen keinen Kompromiss!, dann hätten wir das auf dem Rechtsweg austragen müssen, was lange Jahre gedauert hätte, wobei immer noch sozusagen eine Milliardenforderung für Österreich im Raum gestanden wäre.

Abgeordneter Christoph Hagen (STRONACH): Welche Modelle präferierte Dr. Notheis und warum?

Dr. Michael Spindelegger: Mit Dr. Notheis sind wir – er war involviert in diesen kleineren Kreis – alle Modelle durchgegangen, und er hat primär auch diese Insolvenzfrage gemeinsam mit anderen detailliert angesprochen, hat das auch lange Zeit vertreten, aber letztlich dann in der Abwägung dieser Unsicherheit, die ich schon genannt habe, auch mir geraten, dieses Brückenmodell, das letztlich entschieden wurde, zu präferieren.

Abgeordneter Christoph Hagen (STRONACH): Trat Herr Dr. Notheis für ein Geschäftsaufsichtsverfahren gemäß §§ 81 ff. BWG ein?

Dr. Michael Spindelegger: Das war eben das sogenannte Hybridmodell, das nach unserem Bankwesengesetz eine Geschäftsaufsicht vorsieht, das heißt, dass die Finanzmarktaufsicht jemanden bestellt, der die Bank für ein Jahr führt, und innerhalb dieses Jahres entschieden wird, ob es eine Insolvenz gibt, ja oder nein. Das war eine rechtliche Möglichkeit, die bestanden hat, aber noch einmal, ich brauche es nicht zu wiederholen: Die Unsicherheit wäre natürlich auch bei diesem Modell bestehen geblieben, inwieweit dann, wenn man so etwas einsetzt, nicht gleich ein Bank Run auf die Hypos in den verschiedenen Ländern und Auswirkungen auf andere österreichische Banken zu befürchten sind.

Abgeordneter Christoph Hagen (STRONACH): Hätte dies zwangsweise in die Insolvenz geführt?

Dr. Michael Spindelegger: Nicht zwangsweise, wenn in den entsprechenden Ländern, in denen die Hypo aktiv war, die nationalen Aufsichtsbehörden auch gehalten hätten, aber das kann man letztlich sehr schwer vorherbestimmen. Es hätte natürlich auch dazu führen können, dass Staaten die Hypo dort verstaatlichen; diese Gefahr hätte natürlich auch bestanden.

Abgeordneter Christoph Hagen (STRONACH): Welche Auskünfte an Kaufinteressenten konnte Dr. Notheis liefern?

Dr. Michael Spindelegger: Ja, Kaufinteressenten waren nicht so zahlreich zu finden. Ich meine: Wer sollte die Hypo kaufen? Letztlich war es eine Frage, ob man möglicherweise Teile der Hypo jemandem verkauft – ob das einzelne Assets sind oder ganze Teile der Hypo, Untergesellschaften gab es ja genug –, das war auch ein Thema; aber das ist nie näher in Betracht gezogen worden, weil sozusagen der negative Teil der Hypo so überwogen hat, dass de facto kein Käufer für alles zu finden war, und nur die guten Teile vorweg zu einem kleinen Preis abzugeben, hätte auch keinen Sinn gemacht.

Abgeordneter Christoph Hagen (STRONACH): Wie hätte sich das bei Carlyle dargestellt? (Auskunftsperson Spindelegger: Entschuldigung, bei?) – Bei Carlyle.

Dr. Michael Spindelegger: Das sagt mir nichts.

Abgeordneter Christoph Hagen (STRONACH): Dokument Nummer 60, Seite 2 wäre das.

Dr. Michael Spindelegger: Ich verfüge nicht über das Dokument, darum kann ich das leider nicht beurteilen. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Abgeordneter Christoph Hagen (STRONACH): Wie viel Zeit habe ich noch?

Vorsitzende Doris Bures: In der ersten Runde noch eine Minute, dann beginnt die Redezeit der zweiten Runde. Sie können diese Minute auch in die zweite Runde mitnehmen.

Abgeordneter Christoph Hagen (STRONACH): Ich nehme sie mit. – Danke.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Herr Dr. Spindelegger, kehren wir doch noch einmal zurück zum Beginn, also zu der Übergabe im Finanzministerium von Ihrer Vorgängerin an Sie. Sie haben schon berichtet, dass Sie dann eine große Runde einberufen haben, um die Fragen zu diskutieren, aber grundsätzlich einmal: Welche Informationen, was den Zustand der Hypo betrifft, sind Ihnen denn von Anfang an zur Verfügung gestellt worden?

Dr. Michael Spindelegger: Ich habe mich sofort nach meiner Amtsübernahme, nach der Parlamentsdebatte, mit dem zuständigen Mitarbeiter im Kabinett zusammengesetzt, der mir chronologisch die ganze Hypo-Geschichte nahegebracht hat und mir sozusagen auch die letzten Informationen, was den letzten Stand betrifft, übermittelt hat. Wir sind das gemeinsam durchgegangen, um einmal den ersten Überblick zu haben, und dann habe ich die Runde, die ich schon erwähnt habe, einberufen.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Was waren denn so die großen Schlagwörter, die Ihnen in diesem Briefing berichtet worden sind? Was ist Ihnen da in Erinnerung?

Dr. Michael Spindelegger: In Erinnerung ist mir, dass er mir eben gesagt hat, mit dieser Finanzspritze, die es im Jahr 2013 gegeben hat, kann die Bilanz offensichtlich, laut Mitarbeitern der Hypo, erstellt werden, und damit haben wir eine gewisse Atempause; aber – das hat er mir von vornherein auch gesagt –, es gibt sehr unterschiedliche Ansichten, was die Asset-Bewertung betrifft, und diese Unterschiede können sehr schnell wieder aufbrechen, darum ist es notwendig, möglichst rasch eine Entscheidung in eine bestimmte Richtung zu treffen. Und das zweite ...

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Was war mit Unterschieden in der Asset-Bewertung gemeint?

Dr. Michael Spindelegger: Unterschiede in der Asset-Bewertung sind klar: Ob ein Grundstück mit X oder Y bewertet wird, das kann halt zwischen denen, die es bewerten, sehr differieren. Die Bewertungen, die die Bank vorgenommen hat, können möglicherweise sehr schnell hinterfragt werden. Es gab ja Details, die erschreckend waren: Grundstücke, die damals gekauft wurden, um entsprechende Hotelprojekte zu berücksichtigen; die Grundstücke waren aber gar nicht am Strand gelegen, sondern im Hinterland, damit war eine Verwertbarkeit im Sinne von Hotelbau und zukünftigem Tourismus gar nicht gegeben, et cetera, et cetera. Das sind so ein paar Schlaglichter gewesen, die da immer wieder an die Oberfläche gekommen sind.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Hat es auch ein Gespräch mit Frau Fekter gegeben?

Dr. Michael Spindelegger: Zum Thema Hypo nicht, denn in dem Augenblick, in dem jemand ein Finanzministerium an einen Nachfolger übergibt, ist der Nachfolger zuständig, und da gibt es ohnehin genügend Experten im Hause, die über alle Details Bescheid wissen.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Also eine persönliche Übergabe von Altfinanzministerin zu neuem Finanzminister gibt es nicht, das machen alleine die Beamten im Finanzministerium.

Dr. Michael Spindelegger: In den Details! Die Übergabe gab es natürlich schon: Wir haben ja alle Mitarbeiter des Finanzministeriums zur Übergabe eingeladen, und die hat auch offiziell so stattgefunden.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Ich möchte Ihnen ein Dokument mit der Nummer 14350 über eine Besprechung im Finanzministerium schon im November 2010 vorlegen. Da geht es aus meiner Sicht darum, was an Wissensstand schon damals, im November 2010, gegeben war. Man sieht ja auch an der Teilnehmerliste: Der gesamte Bankvorstand war dabei, die Spitzenbeamten aus Finanzministerium und Kanzleramt.

Ich nehme einmal ein paar Sachen raus: Auf Seite 3, dritter Absatz, wird erläutert, dass die Bilanz des Jahres 2009 falsch ist und dass sie neu aufgesetzt werden muss. Gründe dafür sind falsches Rechenwerk, der PwC-Asset-Review aus dem Jahr 2009 wäre unvollständig und „bewusste Malversationen“, also Bilanzfälschung. Ausgehend davon müsste die Bilanz 2009 aufgemacht und neu erstellt werden.

Auf der nächsten Seite, Seite 4, ganz oben, liest man, dass Vorstand Edelmüller sagt, dass die Bilanzen bis ins Jahr 2005 zurück nicht ordnungsgemäß abgebildet worden sind.

Auf der nächsten Seite, Seite 5 in der Mitte, wird von Ausfallsquoten bis zu 80 Prozent berichtet, und zu guter Letzt, auf Seite 6 ganz oben, ist auch – sehr bemerkenswert – vermerkt: Wenn die „Beteiligungbuchwerte für die Tochterbanken“ – also dort, wo sich das Hauptgeschäft der Hypo befindet – richtig dargestellt wären, dann „wäre die HB Int zu schließen“.

Das sind sehr bemerkenswerte, brisante Informationen, die schon im November 2010 vorgelegen sind, und nicht nur in der Bank, sondern auch im Finanzministerium und im Kanzleramt. Die Geschichte, dass das Bankmanagement – so fragwürdig dessen Rolle auch ist – alles nur verschleiert hätte und die Politik nie Bescheid wusste, lässt sich aufgrund dieses Dokuments so nicht nachvollziehen.

Das halte ich Ihnen auch nicht vor, weil nicht aus Ihrer Zeit, aber was mich interessieren würde: Sind Ihnen diese Informationen so übermittelt worden, nämlich diese falschen Bilanzen, also auch Bilanzfälschungen, Jahre zurück – das heißt eigentlich, das ganze Rechenwerk stimmt nicht –, auch der Hinweis darauf, dass die Hypo zu schließen wäre, wenn man das korrigieren würde? Sind Ihnen diese Informationen in dieser Brisanz und Dramatik so vermittelt worden?

Dr. Michael Spindelegger: Dieses Schriftstück kannte ich nicht, wurde mir auch damals nicht vorgelegt, aber das stammt auch aus dem Jahr 2010, und ich bin erst im Dezember 2013 Finanzminister geworden.

Ich habe jedoch bereits gesagt, ich habe ja, was die Vergangenheit betrifft, damals auch eine Untersuchungskommission eingesetzt, welche die Zeit der Verstaatlichung, aber auch die Zeit danach aufarbeiten sollte. Das hat Frau Dr. Griss gemacht. Ich nehme an, dass das auch in die Untersuchungskommission miteingeflossen ist.

Letztlich sind aber solche Besprechungen auch dazu da, Konsequenzen zu ziehen. Ich kann jetzt nicht sagen, welche Konsequenzen damals daraus gezogen wurden, aber ich nehme an, wenn so gravierende Missstände festgestellt werden, dann gibt es auch Konsequenzen, und es gab ja auch diverse Vorstandsveränderungen in der Hypo aufgrund von Vorkommnissen, die offensichtlich nicht in einer Linie damit sind, was man für ein gutes Bankmanagement hält.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Um konkret zu fragen: Ist Ihnen mitgeteilt worden, dass die Bilanzen falsch sind?

Dr. Michael Spindelegger: Dass die Bilanzen falsch sind, ist mir nicht mitgeteilt worden; das würde ja auch strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen müssen. Ich kann Ihnen zu dieser Zeit, in der ich nicht Finanzminister war, auch nicht mehr sagen. Ich kenne den gesamten Aktenverlauf nicht.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Aber überrascht es Sie, dass dann diese Bilanzen eben nicht aufgemacht worden sind, eben nicht neu aufgestellt worden sind? Das hat ja auch Konsequenzen für das gesamte Rechenwerk, also die gesamten Bilanzen in der Folge.

Dr. Michael Spindelegger: Ich kann das nicht beurteilen, ob die Bilanzen dann verändert wurden oder nicht oder ob das so gelaufen ist. Das war nicht meine Zeit als Finanzminister.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Gehen wir einmal die fünf Modelle durch, die Sie geschildert haben. Die Anstaltslösung haben Sie als erstes genannt. Warum ist die ausgeschieden?

Dr. Michael Spindelegger: Weil die Anstaltslösung nach deutschem Vorbild de facto eine Anerkennung aller Forderungen mit sich gebracht hätte, insbesondere auch die Forderungen der Hypo, von der deutschen Seite, vom Land Bayern, und das wäre natürlich für die Republik Österreich eine Anerkennung dieser Forderung von mehreren Milliarden, die im Rechtsstreit verhangen sind, gewesen.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Das ist mir nicht ganz klar, warum das automatisch die Anerkennung von umstrittenen Forderungen bedeutet. Das ist ja nur ein organisatorisches Modell, das bedeutet nicht, dass Forderungen, die im Streit sind, automatisch anerkannt werden.

Dr. Michael Spindelegger: Die Anstaltslösung, so wie sie damals die Taskforce vorgesehen hat, hat sich streng danach orientiert, wie es Deutschland damals abgewickelt hat, und darum kann ich das auch sagen. Deutschland hat damals alle Forderungen erfüllt und alles anerkannt, und das wollten wir in Österreich nicht, darum habe ich dieses Modell auch ausgeschieden.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Wie gesagt, ist aber rechtlich nicht miteinander verbunden.

Das zweite Modell, das mit der Beteiligung der Banken, lasse ich aus, denn das kann niemand wirklich ernst gemeint haben – außer vielleicht die Taskforce selbst.

Wir kommen zum dritten Modell, das Sie genannt haben: die Insolvenz. Ich habe jetzt bei Ihrer bisherigen Argumentation herausgehört, dass das, was das Insolvenzmodell dann sozusagen beendet hat, die Gefahr eines Bank Runs war.

Vorsitzende Doris Bures: Zweite Runde.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Wie ist es Ihnen genau argumentiert worden, warum eine Insolvenz der Muttergesellschaft einen Bank Run auslösen würde?

Dr. Michael Spindelegger: Weil ja nicht in allen Ländern, in denen die Hypo aktiv war, eine Einlagensicherung existiert hat und weil natürlich jeder, der sieht, eine Bank gerät in Gefahr, danach trachten wird, sein Geld zu retten. Das ist wohl eine ganz natürliche Reaktion.

Und noch einmal: Der Schaden, der eben nicht ausgeschlossen werden konnte, war der, dass möglicherweise auch andere österreichische Banken, die in diesen Ländern aktiv sind, von diesem Bank Run betroffen sind. Das war der Hauptpunkt, warum diese Insolvenzlösung ausgeschlossen wurde.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Detaillierter ist Ihnen das nicht argumentiert worden?

Dr. Michael Spindelegger: Das haben wir in allen Details miteinander diskutiert. Es bleibt aber immer bei diesem Punkt hängen, weil das eben nicht einschätzbar und nicht ausschließbar ist.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Schauen wir es uns im Detail an! Bank Run bedeutet, die Sparer fürchten um ihr Geld, rennen zur Bank und wollen alles abheben.

Der Haken an dieser Argumentation ist, dass die Hypo Alpe-Adria nie eine Sparerbank war. Das war nie die Bank, zu der alle Leute hingelaufen sind, um ihre Spareinlagen einzulegen. Deswegen hat sie ja die Anleihen aus den internationalen Finanzmärkten mit der Landeshaftung im Hintergrund gebraucht, weil sie eben die Finanzierung durch die Spareinlagen in diesem Ausmaß gar nicht hatte – schon etwas, aber nicht sehr viel.

Wie kann Ihnen die Taskforce bei diesem eher bescheidenen Ausmaß argumentieren, dass das jetzt alle Märkte in den Abgrund reißen würde?

Dr. Michael Spindelegger: Der Reputationsschaden wurde von der Taskforce besonders ins Zentrum gestellt. Das zeb-Gutachten hat diese Frage Bank Run besonders ins Zentrum gestellt, vor allem in der mündlichen Erläuterung im Finanzministerium.

Das ist eben nicht auszuschließen. Es war ja nicht die Frage bezüglich des Bank Runs auf die Hypo, die als besondere Gefahr angesehen wurde, sondern das Übergreifen auf andere österreichische Banken, die an diesen Plätzen aktiv sind. Und das hätte ja zum Schaden besonderer Natur beigetragen. Dieser Schaden wäre beträchtlich gewesen, und darum haben wir dieses Modell ausgeschieden.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Warum sollten die Sparer anderer österreichischer Banken – ich weiß nicht, Raiffeisen, Erste und so weiter –, die da auch aktiv sind, bei denen die Türen einrennen?

Dr. Michael Spindelegger: Da fragen Sie mich etwas, was Sie die Sparer fragen müssen, die in einem Land ihre Geldeinlagen bei verschiedenen Bankinstituten haben. Ein Bank Run ist auch kein rationales Thema, sondern das ist eines einer Massenbewegung, die dann nicht zu stoppen ist. Ein Bank Run ist für jede Bank eine Katastrophe, weil eine Bank nicht über so viele Barmittel verfügt, um das bedienen zu können.

Aus meiner Sicht ist das klar ein Gefahrenpunkt – und das wissen Sie auch.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Nein, eben nicht, denn die Praxis, zumindest in jenen Finanzmärkten, in denen man gegenüber der Insolvenz von Banken aus guten Gründen wesentlich entspannter ist – zum Beispiel in Amerika –, zeigt, dass das gang und gäbe ist. Also wenn Banken in der Größe der Hypo Alpe-Adria – vor allem auch in der Größe, in der sie dann 2014 war; sie ist ja geschrumpft, Neugeschäft hat es de facto nicht gegeben – in Amerika in Insolvenz gehen, bewegt das keine großen Finanzmärkte.

Also wenn das die Evidenz ist – und wir machen ja hoffentlich alle evidenzbasierte Politik –, dann müssen Ihnen doch diese Leute, allen voran Herr Nowotny, irgendwie erklären, warum das denn angesichts internationaler Erfahrungen, angesichts der Tatsache, dass die Hypo gar keine Masse an Spareinlagen hat, zu einem Bank Run führt.

Dr. Michael Spindelegger: Also erstens glaube ich nicht, dass man die Vereinigten Staaten von Amerika mit Ländern, wie Kroatien, Serbien und Montenegro, vergleichen kann, um nur einige zu nennen, in denen die Hypo Alpe-Adria aktiv war, und zum Zweiten ist das auch nicht das Argument von Gouverneur Nowotny gewesen – er hat immer den Reputationsschaden Österreichs ins Zentrum gestellt, wenn wir eine Insolvenz für die Bank vorsehen –, sondern es war insbesondere der Gutachter von zeb, der das nicht ausschließen konnte.

Vorsitzende Doris Bures: Eine Frage noch in dieser Runde, Herr Abgeordneter.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Eine Frage noch, das ist nicht viel.

Gehen wir weiter zum vierten Modell, jenem mit der Geschäftsaufsicht! Wir werden das wahrscheinlich jetzt in dieser Runde nicht fertig machen können. Das ist mir in der Argumentation auch nicht klar, warum man diese Variante nicht gewählt hat. Man hätte ja, wie Sie richtig gesagt haben, ein Jahr Zeit gehabt – und dafür ist ja die Geschäftsaufsicht da –, um zu prüfen, ob die Bank saniert werden kann oder ob man sie – andere Variante – doch in die Insolvenz gehen lassen muss.

Warum hat man im Jahr 2014, als keine internationale Finanzkrise mehr vorhanden war, dieses Modell nicht ernsthaft geprüft oder angedacht?

Dr. Michael Spindelegger: Na ja, also wenn Sie sagen, im Jahr 2014 gab es keine internationale Finanzkrise mehr, dann würde ich das so nicht stehen lassen – aber wie auch immer.

Die Modelle waren immer von politischen Abwägungen, die man auch treffen muss, begleitet. Und wenn man eine Abwägung in der Richtung eines Hybridmodells eingeht, das war eine Variante ... (Abg. Hable: ... politische Abwägungen?!) – Politische Abwägungen heißt, auch das Umfeld mitzuberücksichtigen. Auch die Frage eines Bank Runs ist eine politische Abwägung, die man ins Kalkül miteinbeziehen muss. Und aus meiner Sicht hat in der Diskussion in der Bundesregierung das in der Richtung, welcher Reputationsschaden für Österreich durch das Wählen eines Hybridmodells eingegangen wird und wie die Auswirkungen auch nach einem Jahr gesehen werden können, auch einen Ausschlag gegeben.

Rein theoretisch wäre es ein wunderbares Modell gewesen, in einem Jahr zu entscheiden – Insolvenz: ja oder nein? – und bis dahin Verhandlungen mit den Gläubigern zu führen. Aber noch einmal: Die Reputation selbst und die Frage, welche Auswirkungen das auf andere österreichische Banken hat, stehen auf einem anderen Blatt. Das fällt unter politische Abwägungen.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Herr Vizekanzler, Sie haben vorhin dieses Wyman-Gutachten erwähnt. Wie haben Sie davon Kenntnis erlangt?

Dr. Michael Spindelegger: Kenntnis erlangt, indem ich mir als Finanzminister alles, was in den letzten Monaten und Jahren sozusagen spektakulär zum Thema Hypo zu wissen war, habe vorlegen lassen. So habe ich Kenntnis davon erlangt.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Wissen Sie noch, wer es Ihnen vorgelegt hat?

Dr. Michael Spindelegger: Ich nehme an, das war auch DI Perner, der mich darüber informiert hat.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ist Ihnen auch gesagt worden, dass das Gutachten, bevor es beauftragt wurde, schon vorlag?

Dr. Michael Spindelegger: Nein, das wusste ich nicht.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Wurde Ihnen nicht gesagt, dass Wyman von sich aus ein sogenanntes Pro-bono-Gutachten gestellt hat, das am Mittwoch Ende November einging? Am Donnerstag gab es eine Sitzung, in der man nicht gesagt hat, dass man schon etwas hat, sondern: Wir sollten doch ein Gutachten beauftragen!

Das wurde dann am selben Tag beauftragt; und am Montag war es da. Und das ist inhaltlich fast ident mit dem, das am Mittwoch im Ministerium schon vorgelegen ist. Also das Ministerium hatte 100 000 € weniger, was aber im Vergleich zu den Gutachten, die bei der Hypo so vorgekommen sind, sehr günstig ist, muss man sagen.

Das ist Ihnen nie gesagt worden?

Dr. Michael Spindelegger: Ich kann mich nicht erinnern; möglicherweise, aber es ist mir zumindest jetzt nicht präsent.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Das wurde ja nicht von der Lejsek-Abteilung – also schon von der Lejsek-Sektion, aber nicht von der Abteilung –, sondern vom Sektionschef beauftragt. Ist Ihnen bekannt, dass der Sektionschef irgendwann einmal ein Gutachten, das sich negativ zur Insolvenz geäußert hat, beauftragt hätte?

Dr. Michael Spindelegger: Also ich habe nur mit Erstaunen gesehen, wie diese Gutachtenauftragserteilung damals erfolgt ist, das aber auch zum Anlass genommen, zukünftig eine klare Struktur für die Erteilung von Gutachten, nämlich im Kabinett, zu installieren, weil ich nicht haben wollte, dass da verschiedene Teile des Ministeriums in unterschiedliche Richtungen gehen. Und wir haben uns dann ja auch oft über die Sektionen hinweg zusammengesetzt, um eine klare gemeinsame Linie zu fahren.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ja, meine Frage war nur: Ist Ihnen bekannt, dass Herr Waiglein jemals ein Gutachten, das irgendein negatives Wort zur Insolvenz drinnen gehabt hat, beauftragt hätte?

Dr. Michael Spindelegger: Nein, das ist mir nicht bekannt.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Aber schon, dass er eine Reihe von Gutachten beauftragt hat, die sagen: Insolvenz ist gut!?

Dr. Michael Spindelegger: Insolvenz ist gut – das waren eben diese unterschiedlichen Strömungen.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Sagen wir einmal: die eher positiv Richtung Insolvenz sind.

Dr. Michael Spindelegger: Ja, aber das muss man auch sehen: Ich meine, jemand, der im Finanzministerium für den gesamten europäischen Raum, für die Weltbank, sozusagen für das Internationale und Finanzinstitutionen zuständig ist, hat oft eine andere Sicht als jemand, der eben nur für die heimischen Banken zuständig ist. Das ergibt sich aus der Sache. Wenn man internationale Erfahrungen sammelt – wir haben ja gesehen, in anderen Ländern, wie in den Niederlanden, gab es ja ähnliche Probleme –, bekommt man auch anderen Input und möglicherweise andere Anregungen.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Es gibt ja auch eine Reihe von anderen Gutachten, die von Herrn Waiglein beauftragt wurden. Die wurden aber alle beauftragt, nachdem er eigentlich schon wusste, was herauskommt, und die waren immer alle pro Insolvenz.

Dr. Michael Spindelegger: Das kann ich so nicht sagen; das weiß ich nicht.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Da war eine Universitätsprofessorin von der WU dabei. Es ist ja nicht immer alles an die Öffentlichkeit gegangen, weil manche halt qualitativ nicht so gut, dass man sie an die Öffentlichkeit tragen konnte, oder zu dick waren. Das Wyman-Gutachten geht ja leicht, das versteht ja jeder Journalist, weil es halt 20 Seiten hat und in Form einer PowerPoint-Präsentation aufgebaut ist; ein wissenschaftliches Gutachten mit 200 Seiten ist schwieriger an die Öffentlichkeit zu bringen. (Zwischenruf des Abg. Kogler.)

Ist Ihnen von irgendjemandem mitgeteilt worden, dass die öffentliche Diskussion über die Insolvenz der Bank massiv geschadet hat?

Dr. Michael Spindelegger: Jede Diskussion, die eine Bank ins Gerede bringt, schadet einer Bank, das ist gar keine Frage. Wir haben ja gesehen, dass die Assets sozusagen mit ihrer Werthaltigkeit immer mehr geschrumpft sind, je mehr darüber geredet wurde, je mehr auch in die Öffentlichkeit gelangt ist – zum Beispiel dass da dieses Grundstück, das gar nicht am Meer liegt und so weiter, so bewertet wurde, als wäre es ein Grundstück, das man touristisch ordentlich nützen kann. Da war für mich auch klar, dass möglichst rasch eine Entscheidung zu treffen ist; das kann so nicht gut gehen, wenn eine Bank ständig im öffentlichen Raum diskutiert wird. Das war für mich ganz klar. Das wirft insgesamt die Frage auf, inwieweit ein Staat überhaupt eine Bank führen kann. Das ist aus meiner Sicht auch nur in außergewöhnlichen Situationen möglich.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Meine Frage war nur: Sind Sie von Organen der Bank darauf aufmerksam gemacht worden, dass diese Diskussion der Bank nicht allgemein, sondern ganz speziell schadet?

Dr. Michael Spindelegger: Ja, und das haben wir auch immer wieder in der Regierung erörtert, dass wir rasch zu einer Lösung kommen müssen, damit das nicht weiter der Fall ist.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Wer hat Sie darauf aufmerksam gemacht, dass das der Bank massiv schadet?

Dr. Michael Spindelegger: Nationalbank, Finanzmarktaufsicht, aber auch das Haus selbst hat das natürlich immer registriert; und das war klar.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Und Organe der Bank?

Dr. Michael Spindelegger: Organe der Bank auch, natürlich. Auch Vorstandsvorsitzender Picker hat das mehrfach gegenüber dem Kabinett geäußert; das wurde mir auch berichtet.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Und auch Aufsichtsratsvorsitzender Liebscher?

Dr. Michael Spindelegger: Ich kann mich jetzt nicht erinnern, dass das unmittelbar in einem Gespräch mit mir der Fall war, aber ich nehme an, das wird er genau so gesehen haben, ja.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Sie haben vorhin die OeNB erwähnt. Wer waren denn Ihre Ansprechpartner in der Oesterreichischen Nationalbank?

Dr. Michael Spindelegger: Es war eigentlich immer entweder Herr Dr. Nowotny oder sein Stellvertreter einer der beiden, mit denen ich gesprochen habe.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Sein Stellvertreter?

Dr. Michael Spindelegger: Jetzt fragen Sie mich nach dem Namen ...

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Also Herr Ittner, nehme ich an?

Dr. Michael Spindelegger: Ittner – Entschuldigung –, ja!

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Das ist ja auch der für die Banken Zuständige gewesen. (Auskunftsperson Spindelegger: Ja!) War er oder Herr Nowotny Ihr Hauptansprechpartner?

Dr. Michael Spindelegger: Nein, Nowotny war mein Hauptansprechpartner.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Wissen Sie, wer Hauptansprechpartner von Ihrem Kabinett war?

Dr. Michael Spindelegger: DI Perner war immer der ...

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Nein, nein. Mit wem in der OeNB hat er gesprochen?

Dr. Michael Spindelegger: Das kann ich jetzt nicht sagen, welche Personen das ...

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Okay, passt schon; hätte ja sein können. Ich mache in der nächsten Runde weiter. – Danke schön.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Herr Dr. Spindelegger, eingangs vielleicht eine kurze und einfache, oder vielleicht doch nicht so einfache Frage: Warum haben Sie sich eigentlich für die Banken und gegen die österreichischen Steuerzahler entschieden?

Dr. Michael Spindelegger: Das ist eine Frage, die ich so nicht stehen lassen kann. Bei jeder Abwägung, die wir getroffen haben, war natürlich immer sowohl die Reputation des Staates, aber natürlich auch die Belastung der Steuerzahler im Zentrum. Darum habe ich mich zum Beispiel entschieden, eben kein neues Geld mehr in die Hypo zu legen, sondern eine Entscheidung in Richtung einer Bad Bank herbeizuführen.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Sie haben heute in der Befragung aber mehrfach gesagt – vor allem am Anfang, in der Befragung durch den Herrn Verfahrensrichter –, eine Insolvenz wäre die günstigere Lösung gewesen, aber Sie haben die Insolvenz dann nicht gemacht, weil die Folgewirkungen für andere Banken nicht absehbar waren – Bank Run und so weiter. Laut Ihrer Aussage war es also doch eine Entscheidung gegen den Steuerzahler.

Dr. Michael Spindelegger: Ich habe ja gesagt, eine Insolvenz wäre – jetzt rein, was die Bank und sozusagen ihre Gestion betrifft – möglicherweise günstiger gewesen, aber die Folgewirkungen, wie Übergreifen auf andere Banken, dann möglicherweise eine Notverstaatlichung einer anderen Bank in Österreich, wären möglicherweise noch viel teurer gewesen, als eine Insolvenz an positiven Effekten für die Bank selbst gehabt hätte.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Aber dann haben Sie ja jetzt genau meine Aussage bestätigt: Sie haben sich für die anderen Banken und gegen den Steuerzahler entschieden.

Dr. Michael Spindelegger: Als Finanzminister hat man natürlich immer den Steuerzahler im Fokus; aber noch einmal: Wenn Sie daraus eine Konsequenz ziehen, dann sagen Sie: Wenn wir eine Insolvenz für die Hypo machen und damit dem Steuerzahler dort Geld ersparen, aber dafür auf der anderen Seite durch sehr viele Mehraufwendungen, durch Zuschüsse an Banken oder eine Verstaatlichung anderer Banken einen Schaden einfahren, muss ich darunter ja insgesamt den Strich ziehen. Das hätte noch viel gravierender gegen den Steuerzahler ausgehen können.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Das waren damals die Annahmen, die Sie gehabt haben, um diese Entscheidung zu treffen.

Dr. Michael Spindelegger: Ja, aber entschuldigen Sie: Jede Lösung, die wir getroffen haben, ist unter Annahmen passiert; und man kann nur versuchen, nach bestem Wissen und Gewissen eine Entscheidung zu treffen. Keiner kann sagen, dass das automatisch eintreten wird.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Und auf Basis von vorher geschaffenen Fakten, zu denen ich als Nächstes kommen möchte! Sie haben gesagt, Sie haben sich zuerst ein Bild der Situation verschafft. Sie waren zwar vorher schon in der Regierung, Vizekanzler und Außenminister, und deshalb ist die Frage, ob man darüber in der Regierung vorher nicht so intensiv diskutiert hat, denn es war doch ein wesentliches Thema, das in den Jahren 2009 bis 2014 ja laufend die Politik beschäftigt hat.

Jetzt haben Sie sich ein Bild gemacht. Was haben Sie sich gedacht, als Sie gesehen haben, welche Fehler Herr Pröll bei der Verstaatlichung und dann Frau Fekter, Ihre Vorgängerin, bei der Verzögerung der Bad-Bank-Lösung gemacht haben?

Dr. Michael Spindelegger: In dem Augenblick, als ich als Vizekanzler diese Position in der Regierung eingenommen habe, habe ich mich, wie schon ausgeführt, intensiver mit der Hypo auseinandergesetzt. Im Jahre 2013 habe ich gemeinsam mit dem Bundeskanzler diese Taskforce eingesetzt, damit wir das Thema Brüssel und das Beihilfeverfahren ordentlich begleiten. Das war mit Sicherheit notwendig.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Das war zu Ihrer Zeit eigentlich schon gelaufen.

Dr. Michael Spindelegger: Das war nicht gelaufen, sondern 2013 war das eingesetzt, damit wir im September 2013 einen positiven Beihilfebescheid bekommen. Ich habe ja gerade gesagt, das war die Zeit, bevor ich Finanzminister wurde, da habe ich als Vizekanzler ...

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Genau, ich meine, zur Zeit, als Sie Finanzminister geworden sind, ist es gelaufen gewesen; da war ja eigentlich das Kind im Brunnen.

Dr. Michael Spindelegger: Ich bin im Jahr 2011 Vizekanzler geworden, da war das, was die Verstaatlichung betrifft, bereits entschieden. Und zum Thema Vergangenheit habe ich eben eine Untersuchungskommission eingesetzt. Ich habe das einer Person übertragen, von der ich annahm – das ist, das kann man heute, im Nachhinein, sagen, bestätigt worden –, dass sie nach bestem Wissen und Gewissen alles aufgearbeitet hat – Fakten –, aber auch Schlüsse daraus gezogen hat.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Das Thema haben Sie heute auch schon angesprochen – ich brauche es ja nicht zu wiederholen –, dass das deutsche Anstaltsmodell deshalb abgelehnt wurde, weil die Zahlungen gegenüber den Bayern sofort schlagend geworden wären. Woraus resultiert, dass die schlagend geworden wären?

Dr. Michael Spindelegger: Weil, wenn man das deutsche Anstaltsmodell ansieht, eben alle Forderungen, die damals gegenüber der Bank in Deutschland bestanden haben, vom deutschen Staat übernommen und auch beglichen wurden.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Mich interessiert Deutschland in dem Fall nicht. Woraus resultiert es in Österreich, dass da die Forderungen schlagend geworden wären?

Dr. Michael Spindelegger: Weil man es nach deutschem Modell so aufgesetzt hätte. Wir haben ja in unserer Rechtsordnung keine Anstalt, wie das in Deutschland vorher schon der Fall war, sondern das hätte man eben gesetzlich neu regeln müssen, aber wenn man es nach deutschem Vorbild gemacht hätte ...

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Die Antwort wäre sehr einfach, Sie weichen nur aus. (Auskunftsperson Spindelegger: Ich verstehe es nicht?!) – Woraus resultiert das Schlagendwerden der Garantien, der Haftungen gegenüber den Bayern bei der Anstaltslösung?

Dr. Michael Spindelegger: Weil man ein Sondergesetz gemacht hätte, um eine Anstalt nach deutschem Vorbild zu schaffen. Und wenn man das nach deutschem Vorbild geschaffen hätte – das können Sie ja dort nachsehen –, hätte man alle Forderungen erfüllt, auch die der Bayern.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Das resultiert aber aus dem Kaufvertrag gegenüber den Bayern, in dem Herr Pröll garantiert hat, dass eben die Zahlungen gegenüber den Bayern geleistet werden. Das geht ja auch aus den Protokollen der Taskforce hervor, worin dieses Modell diskutiert wird und Herr Ittner – den Sie gerade vorher genannt haben – genau das hinterfragt.

Dr. Michael Spindelegger: Wir haben uns ja – soweit ich das verfolgt habe, nachdem ich nicht mehr Finanzminister war – mit den Bayern auf eine gemeinsame Streitbeilegung und einen Kompromiss, einen Vergleich geeinigt.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Das war jetzt wieder nicht die Antwort, die Antwort war wieder umschifft.

Danach hat man sich natürlich noch einmal mit einem Generalvergleich geeinigt. Zu dem Zeitpunkt haben ja die Bayern schon über 2 Milliarden € aus der Hypo bekommen. Jetzt bekommen sie aus dem Generalvergleich noch einmal über eine Milliarde. Der Grund war, dass man im Kaufvertrag – der Aktienkaufvertrag, den Herr Pröll gemeinsam mit Herrn Schieder abgeschlossen hat – diese Garantie gegenüber den Bayern eingegangen ist.

Dr. Michael Spindelegger: Aber entschuldigen Sie, ich war nicht Finanzminister im Jahr 2009 bei der Verstaatlichung.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Ich will ja von Ihnen nur die Frage beantwortet haben – Sie haben sich ja damit auseinandergesetzt –, was der Grund war. Die Antwort wäre ganz einfach gewesen: der Kaufvertrag. – Fertig.

Dr. Michael Spindelegger: Ja, aber das ist Ihre Antwort und nicht meine. Wenn Sie mich zu meiner Tätigkeit als Finanzminister befragen, gebe ich Ihnen gerne Antwort.

Im Jahr 2013 und dann im Jahr 2014, solange ich dieses Ressort geführt habe, haben wir die Fragen mit Bayern in die Richtung eines Vergleichs vorbereitet. Wir haben damals ein Modell gewählt, das nicht automatisch alle Forderungen der Bayern erfüllt. Das war notwendig, weil wir sonst sicherlich einen großen Nachteil gehabt hätten.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Woraus resultierten die Forderungen der Bayern?

Dr. Michael Spindelegger: Die Forderungen der Bayern kommen aus der Frage, ob das Eigenkapital war, das sie damals mit ihrem Zuschuss in die Bank gebracht haben, oder nicht. Und dann gab es ja noch einmal eine Art Kredit, auch da war die Frage, wie man das rechtlich bewertet; aber diese Details weiß ich auswendig nicht mehr.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Das war das Geld, das die Bayern zum Zeitpunkt der Verstaatlichung oder des Kaufs in der Bank gehabt haben.

Dr. Michael Spindelegger: Es gab ja auch nach der Verstaatlichung noch einmal einen Zuschuss – soweit ich mich erinnern kann – von 800 Millionen. Das wurde im Zuge der Verstaatlichung ja mit den Bayern vereinbart, und all das war die Frage, wie man das einzuordnen hat. Das hängt wieder mit der Frage zusammen, mit welcher Motivation Bayern dieses Geld zum Zeitpunkt der Verstaatlichung gegeben hat, et cetera, et cetera. Aber das sind die Fragen, die in diesem Vergleich dann ja eine Rolle gespielt haben.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Beitrag der damaligen Aktionäre ist eigentlich ein gutes Stichwort für den nächsten Schritt: Die Bayern – Sie haben das jetzt richtig gesagt – haben im Zuge der Verstaatlichung auf 800 Millionen Forderungen verzichtet, was auch immer. Auf der anderen Seite haben sie aber garantiert bekommen, dass sie 5 Milliarden zurückbekommen. Sie haben bis zu dem Zeitpunkt, als Sie Finanzminister geworden sind, schon rund 2 Milliarden aus der Bank zurückbezahlt bekommen und bekommen jetzt noch einmal 1 Milliarde. Wie schon gesagt, das werden fast 4 Milliarden werden am Schluss.

Was war der Beitrag der Kärntner bis zu diesem Zeitpunkt?

Dr. Michael Spindelegger: Ich habe, als ich das Finanzministerium übernommen habe, immer darauf gedrungen, dass Kärnten einen Beitrag im Zuge der Gründung der Bad Bank leistet – ich habe das schon erörtert –, in Richtung 500 Millionen. Das war die Größenordnung, auf die wir uns damals geeinigt haben. Aber in meiner Zeit konnte das nicht mit Kärnten fixiert werden, weil sich die Kärntner Landesregierung nicht bereit erklärt hat, einen solchen Beitrag wirklich zu leisten.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Mit wem von der Kärntner Landesregierung haben Sie darüber verhandelt?

Dr. Michael Spindelegger: Verhandelt ... Ich habe damals sowohl mit Landeshauptmann Kaiser ein Gespräch gehabt, und es gab ein Gespräch meines Staatssekretärs Danninger mit Landesrätin Schaunig darüber – nicht nur eines, sondern mehrere. Es gab auf Beamtenebene diverse Verhandlungen mit dem Land Kärnten. Ich nehme an, es gab viele Gespräche in diese Richtung.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Wie hoch war damals der Beitrag, den Kärnten bis zu diesem Zeitpunkt vor Ihrer Forderung schon geleistet hat, aus Sicht Kärntens?

Dr. Michael Spindelegger: Das kann ich Ihnen jetzt nicht mehr detailliert sagen, weiß ich nicht mehr.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Können es 600 Millionen gewesen sein?

Dr. Michael Spindelegger: Das halte ich nicht für richtig, nein.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Ich darf Ihnen ein Dokument mit der Nummer 29245 vorlegen. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Das ist ein Schreiben von Herrn Dr. Felsner, Chef der Finanzabteilung, SPÖ-Gemeinderat in Brückl – damit es nicht von einem Freiheitlichen kommt –, an Herrn Staatssekretär Danninger, den Sie gerade erwähnt haben.

Herr Dr. Felsner kommt – auf Seite 5 – bei einer Bewertung und Auflistung aller Leistungen, die Kärnten bis zu diesem Zeitpunkt – das war der 27.5.2014 – geleistet hat, auf: „€ 666.968.955“.

Ist Ihnen das Dokument bekannt?

Dr. Michael Spindelegger: Ist mir nicht bekannt. Ich weiß nur aus meiner Erinnerung, dass das vom Finanzministerium angezweifelt wurde, vor allem diese Berechnungen, was bereits von Kärnten geleistet wurde. Details kann ich Ihnen aber aus der Erinnerung nicht mehr sagen.

Vorsitzende Doris Bures: Sie kommen jetzt in die Fragezeit der zweiten Runde, Herr Abgeordneter.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Stellen wir das gegenüber: Sie haben Forderungen gegenüber den Kärntnern gestellt, 500 Millionen Beitrag muss noch einmal kommen. Jetzt hat Kärnten schon 600 Millionen Beitrag geleistet – das schreibt Herr Felsner, das schreibe ja nicht ich oder ein Freiheitlicher aus Kärnten –, 660 Millionen mit 12 Prozent Beteiligung; also 12 Prozent Beteiligung wurden im Jahr 2009 an die Republik abgegeben.

Auf der anderen Seite steht die Bayerische Landesbank, die 68 Prozent an die Republik abgegeben hat und von Österreich rund drei Milliarden bekommt.

Wie steht das im Verhältnis? Kärnten zahlt in Summe rund zwei Milliarden für 12 Prozent, Bayern bekommt auf der anderen Seite rund drei bis vier Milliarden für 68 Prozent. Ist das für Sie verhältnismäßig? Ist die Vorgangsweise für Sie als österreichischer Politiker, mit unserem Föderalismus, gegenüber einem Bundesland vertretbar?

Dr. Michael Spindelegger: Also wenn ich jetzt das Dokument nur im ersten Durchsehen lese, dann sehe ich ja schon auf Seite 5, wo der große Differenzpunkt ist. Da steht nämlich gleich, dass von den 666 Millionen 600 Millionen als „Wert der Anteile und Summe der Leistungen des Landes Kärnten bei Verstaatlichung“ angenommen sind. Also das ist ja der Punkt, um den damals auch gestritten wurde, ob das wirklich 600 Millionen Leistungen des Landes Kärnten bei der Verstaatlichung waren.

Noch einmal: Ich kann mich jetzt an die Details nicht erinnern, was hier anerkannt wurde und was nicht. Dass aber insgesamt diese bereits geleisteten 666 Millionen vom Finanzministerium sehr stark in Zweifel gezogen wurden, daran kann ich mich sehr wohl erinnern.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Die Frage war aber, ob das für Sie im Verhältnis steht.

Ich will die 666 Millionen nicht anzweifeln, die Zahlen kommen ja vom derzeit noch im Amt sitzenden Dr. Felsner aus Kärnten und von unserer Landeshauptmann-Stellvertreterin Frau Schaunig. Sie haben Ihnen ja diese Zahlen ins Finanzministerium geliefert. Ich gehe einmal davon aus, dass das passen wird, aber wenn Sie sie anzweifeln, müssen wir es so stehen lassen.

Meine Frage war aber nach der Verhältnismäßigkeit. Kärnten muss mit den 1,2 Milliarden, die jetzt noch geleistet werden, rund 2 Milliarden leisten – zahlen –, als Bundesland, für 12 Prozent, die es an der Bank gehalten hat. Und die Bayerische Landesbank bekommt als Mehrheitseigentümer 3 Milliarden. (Abg. Krainer: Falscher Vorhalt! – Zwischenruf der Abg. Tamandl.)

Wie steht das im Verhältnis für Sie? (Auskunftsperson Spindelegger: Noch einmal ...!) Wo ist Ihr Erfolg für Österreich?

Dr. Michael Spindelegger: Herr Abgeordneter, wenn Sie von Verhältnismäßigkeit ... (Abg. Krainer: Vorhalt!)

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Welcher Vorhalt? Was für ein falscher Vorhalt? Herr Krainer will uns schon wieder erklären, wie die Welt funktioniert. (Abg. Krainer: Das ist ein Vorhalt! Bitte vorlegen!) – Du hast noch Zeit in der zweiten Runde, du brauchst dich nicht so aufzuregen. (Abg. Krainer: Vorlegen!)

Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter Krainer, jetzt ist Herr Abgeordneter Angerer am Wort.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Also ich habe nur zusammengerechnet: 1,2 Milliarden sind, glaube ich, unbestritten – Generalvergleich, das ist öffentlich bekannt –, plus 666 Millionen laut Frau Landeshauptmann-Stellvertreterin Schaunig – wenn Herr Krainer die Zahlen seiner Kollegin in Kärnten anzweifelt, mag das sein, ich glaube ihr in diesem Fall –, also 1,9 Milliarden € leistet Kärnten. Auf der anderen Seite bekommt Bayern – oder hat schon bekommen, das wissen wir auch aus Anfragen – rund 3 Milliarden €, oder über 3 Milliarden, genau wissen wir es noch nicht.

Dr. Michael Spindelegger: Ich beziehe mich wieder auf meine Zeit als Finanzminister: Ich habe weder den Generalvergleich mit Bayern abgeschlossen, das ist mein Nachfolger ...

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Also Sie finden den Generalvergleich schlecht?

Dr. Michael Spindelegger: Nein, ich kenne ihn gar nicht im Detail, das war nicht mehr meine Verantwortung. Ich kenne ihn nicht und kann daher auch eine Verhältnismäßigkeit mit Zahlen, die Sie da in dem Dokument jetzt vorlegen, insoweit nicht herstellen, als ich ...

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Das ist ja an Ihr Ministerium gegangen, Herr ehemaliger Vizekanzler. (Auskunftsperson Spindelegger: Ja, deswegen sage ich ja noch einmal: Vom Ministerium ...!) Das ist ja nicht an mich gegangen, sondern an Sie, an Ihren Staatssekretär.

Dr. Michael Spindelegger: Darum darf ich Ihnen ja gerade antworten. (Abg. Angerer: Ja!) Ich sage noch einmal: Es wurde vom Ministerium angezweifelt, dass 666 Millionen tatsächlich bereits geleistet wurden.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Das war aber nicht meine Frage.

Dr. Michael Spindelegger: Nein, aber Sie wollten eine Verhältnismäßigkeit haben (Abg. Angerer: Genau!), aber ich kann Verhältnisse nur aufgrund von Zahlen herstellen, die auch tatsächlich vorliegen und die außer Streit gestellt sind, denn sonst kann jeder sagen: Ich habe ja eh schon etwas geleistet! Damit werden wir nicht viel weiterkommen, darum glaube ich, dass es auch wenig Sinn hat, sich auf solche Dinge einzulassen.

Klar war zu dem Zeitpunkt, als dieses Schriftstück gekommen ist, dass wir in einem Verhandlungsprozess stehen. Dass da jede Seite natürlich die eigene Position verbessern will oder eine gute Ausgangslage haben will, ist ja verständlich. Letztlich muss man sich aber auch auf Zahlen einigen, die vorliegen und die nicht nur behauptet werden.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Die Verhältnismäßigkeit gegenüber Bayern?

Dr. Michael Spindelegger: Aufgrund welcher Zahlen, die außer Streit gestellt sind? Wenn Sie sagen, 600 Millionen geleistet ...

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Also wenn Sie jetzt der Meinung sind, dass das verhältnismäßig für Kärnten bei 12 Prozent in Ordnung ist, dann gehe ich einmal davon aus, dass Bayern das Siebenfache leisten müsste, also 7 oder 8 Milliarden. (Abg. Tamandl: Haftungen ...! – Abg. Krainer: Die Haftungen! Die zählen nicht?!) – Endlich sind euch die Haftungen wieder eingefallen, endlich! Jetzt habt ihr aber lange gebraucht! (Neuerliche Zwischenrufe der Abg. Tamandl und Krainer.)

Brauchen Sie Schützenhilfe, Herr Spindelegger?

Dr. Michael Spindelegger: Noch einmal: Herr Abgeordneter, ich mache gerne Vergleiche, aber nur aufgrund von wirklichen Zahlen, die auch von beiden Seiten außer Streit gestellt sind, sonst verliert jede Vergleichsgrößenordnung ihren Wert.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Sie haben von einer raschen Entscheidung gesprochen und davon, dass der Bank Diskussionen über Insolvenz und so weiter schaden. Finden Sie, dass eine Entscheidung nach fünf Jahren Diskussion – von Dezember 2009 bis Dezember 2013, Anfang 2014 – eine rasche Entscheidung ist?

Dr. Michael Spindelegger: In dieser Zeit wurde ein Beihilfeverfahren in Brüssel abgewartet (Abg. Angerer: Katastrophal abgewickelt, ja!), das wurde erst im September 2013 entschieden. Das war ja eine Grundvoraussetzung dafür, ob ein nächster Schritt erfolgen kann oder nicht.

Zum Zweiten wurden durch diesen Zeitablauf auch die Haftungen weniger, die waren am Beginn ja unglaublich groß, über 20 Milliarden €. Das hat sich im Lauf der Zeit reduziert, und damit wurde das Risiko geringer, aber sie sind trotzdem in einer unglaublichen Größenordnung geblieben.

Ich halte mir als Finanzminister von Dezember 2013 bis August 2014 schon zugute, dass ich innerhalb von nicht einmal drei Monaten diese Frage entschieden, eine Bad Bank eingerichtet und auch die gesetzlichen Grundlagen dafür geschaffen habe.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Hat es in Ihrer Zeit politische Interventionen von Landeshauptleuten, was die Hypo-Lösung oder die Vorgangsweise bei der Hypo betrifft, gegeben?

Dr. Michael Spindelegger: Was meinen Sie mit politischen Interventionen?

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Schreiben an Sie, dass Sie gewisse Dinge bei Ihren Entscheidungen berücksichtigen sollen, und so weiter.

Dr. Michael Spindelegger: Es gab dauernd Schreiben, aber ich kann mich nicht erinnern, dass spezifisch, was die Lösung der Hypo betrifft, eine Intervention vorgelegen hat.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Ich darf Ihnen ein Schreiben von Herrn Landeshauptmann Pühringer vom 16. Juni 2014 vorlegen, Dokument Nummer 12. Das geht an Sie persönlich und an Herrn Staatssekretär Danninger. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Kennen Sie das Schreiben?

Dr. Michael Spindelegger: Ich muss es erst einmal lesen, dann kann ich es Ihnen sagen. (Die Auskunftsperson liest in dem ihr vorgelegten Schriftstück.)

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Herr Dr. Pühringer schreibt hier:

„Auch wenn mir vollstens bewusst ist, dass es in der Sache Hypo Alpe Adria keine Lösung gibt, die nicht auf Kritik stößt und ich nicht beabsichtige, Euch in dieser Frage auch nur im Entferntesten ins Ruder zu greifen, muss ich trotzdem aufmerksam machen, dass meine Hypo Bank Oberösterreich,“ – ich habe gar nicht gewusst, dass die Herrn Pühringer gehört – „die exzellent ist und wo die Landeshaftung noch nie schlagend wurde“, und so weiter, also dass sich dadurch Schaden für sie ergeben kann. Da geht es um Ratingdowngrades und so weiter. (Abg. Tamandl: Die Aktennummer hat nicht gestimmt!)

Auf der letzten Seite ist auch noch ein Punkt, wo Herr Pühringer dann schreibt: „Es ist davon auszugehen, dass die Gläubiger ihre Ansprüche“ – also ich gehe davon aus, bei einer Insolvenz ... (Abg. Tamandl: Die Aktenzahl 12 hat nicht gestimmt, Kollege Angerer! Kannst du sie noch einmal sagen, bitte? 12 hat nicht gestimmt!) – 65, Entschuldigung! (Abg. Tamandl: 65! Danke!)

„Es ist davon auszugehen, dass die Gläubiger ihre Ansprüche bezüglich der gelöschten Forderungen bei der Hypo Alpe Adria beim Land Kärnten einklagen werden, was jahrelange Rechtsstreitigkeiten nach sich ziehen wird. Ob das Gesetz verfassungskonform ist, darf bezweifelt werden.“

Vorsitzende Doris Bures: Sie müssen Ihre Frage formulieren, weil die Fragezeit um ist.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Also auch Herr Landeshauptmann Pühringer stellt infrage, ob das Gesetz überhaupt verfassungsmäßig richtig ist, auf Basis dessen die Haftungen vergeben wurden.

Meine Zeit ist aus, oder?

Vorsitzende Doris Bures: Ja.

Dr. Michael Spindelegger: Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Dieses Schreiben stammt, so wie ich es sehe, vom 16. Juni 2014. Die Entscheidung wurde am 13.3.2014 getroffen, drei Monate davor; also: Intervention über das Gesetz, et cetera ... Die Entscheidung war klar: Es wird eine Bad Bank eingerichtet; und wir waren dann in der Umsetzung einer gesetzlichen Regelung.

Für die gesetzliche Regelung selbst gab es natürlich verschiedene Auffassungen, selbstverständlich. Da gab es ganz unterschiedliche ..., auch Private, die versucht haben, diesen Schnitt für die Nachranggläubiger zu verhindern. Es ist erst aufgekommen, wer das wirklich ist, als wir diesen Gesetzentwurf in die damals kurze Begutachtung geschickt haben. Aus meiner Sicht: Das war nach der Entscheidung der Hypo, aber nicht davor.

Vorsitzende Doris Bures: Jetzt gelangen wir zur zweiten Fragerunde, in der es für Sie, Frau Abgeordnete Tamandl, noch eine Restfragezeit von 2 Minuten gibt. – Bitte.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Herr Kollege Angerer! Nicht alles, was hinkt, ist ein Vergleich, denn die Frage, die schon auch im Raum steht, ist: Warum hat denn das Land Kärnten den Bayern diese 67 Prozent Anteile verkauft (Zwischenruf des Abg. Angerer) und sich mehr als das Zehnfache des Landesbudgets an Haftungen, nämlich über 20 Milliarden, zurückbehalten? Warum war es denn überhaupt so ein riesengroßes Problem für die Republik Österreich, schon im Jahr 2009, die Hypo so einfach in die Insolvenz gehen zu lassen?

Ob jetzt die Bayern geblufft haben oder nicht, aber es war damals auch für die Republik ein wesentlicher Faktor, das Land Kärnten – auch wenn es die Republik rechtlich nichts angehen würde – nicht hängen zu lassen, denn wenn 20 Milliarden an Haftungen bei einer Insolvenz sofort schlagend werden, dann ist das für die Bevölkerung Kärntens, aber auch für den Steuerzahler schon ein eklatanter Nachteil, eigentlich ein Wahnsinn, Kollege Angerer. Das sollten Sie durchaus berücksichtigen, wenn Sie sagen, das Land Kärnten hätte mit 666 Millionen schon genügend Anteil geleistet und es wäre hier keine Verhältnismäßigkeit gewesen. (Abg. Kogler: ... auch die EU-Kommission!)

Ich möchte aber noch einmal auf die Gespräche oder auf die Verhandlungen mit den Kärntnern zurückkommen: Du hast gesagt, es wurden Gespräche mit den Kärntnern nach der Entscheidung, nach dem Ministerrat im März 2014, geführt. Kannst du das vielleicht noch einmal kurz ausführen? Ich glaube nämlich, dass die politisch Verantwortlichen in Kärnten oft einmal der Meinung waren, man rede nicht mit ihnen oder sie seien nicht eingebunden, obwohl das nicht der Fall war. Kannst du uns sagen, wer diese Gespräche geführt hat? Wie sind diese Gespräche gelaufen?

Wir wissen heute, dass auch im Jahr 2009 bei der Verstaatlichung der damalige Landeshauptmann Dörfler gemeint hat, er hätte nichts gewusst, obwohl er im Vorfeld bereits mehrfach so quasi angeboten hat, er übergibt der Republik die Bank.

Vorsitzende Doris Bures: Ihre Redezeit, Frau Abgeordnete.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Kannst du uns kurz ausführen, welche Gespräche zu diesen Zuschüssen in welcher Intensität mit den Kärntnern geführt worden sind?

Dr. Michael Spindelegger: Ich habe meine Gespräche mit Landeshauptmann Kaiser geführt, aber davor gab es auf Ebene von Staatssekretär Danninger gemeinsam mit Landesrätin Schaunig, glaube ich, mehrere Verhandlungsrunden. Es gab natürlich auch meine Gespräche mit dem Koalitionspartner, weil wir das gemeinsam in den Vorhaben für die Zukunft so festgelegt haben, einen Beitrag des Landes Kärnten in der Größenordnung von 500 Millionen €. Da habe ich schon auch sehr auf den Bundeskanzler gesetzt, dass er mit seinen Kärntner Freunden ein entsprechendes Wort redet. Und auch auf Beamtenebene gab es diverse Gespräche, die von der Ebene Finanzministerium mit den zuständigen Leuten in der Landesregierung geführt wurden.

Abgeordneter Christoph Hagen (STRONACH): Herr Dr. Spindelegger! Ich möchte noch einmal auf die Kaufinteressenten und Herrn Notheis zurückkommen. Ihnen liegt jetzt das Dokument vor. Sagt Ihnen der Name Michael Götz etwas? (Auskunftsperson Spindelegger: Michael Götz?) – Dr. Michael Götz.

Dr. Michael Spindelegger: Im Augenblick nicht, nein.

Abgeordneter Christoph Hagen (STRONACH): Dr. Michael Götz wurde vom Ministerium vorgeschlagen, dass er mit Herrn Notheis Kontakt betreffend ein Joint-Venture-Modell aufnimmt. Er hat ein Angebot gelegt – hinten –, ist Ihnen dieses bekannt? (Die Auskunftsperson liest in dem ihr vorgelegten Schriftstück.)

Dr. Michael Spindelegger: Im Detail ist mir das nicht mehr bekannt, möglicherweise war es eines. Ich habe viele solche Angebote bekommen, auch Fake-Angebote von einem Vertreter – das war eine besondere, wie soll ich sagen, etwas mysteriöse Geschichte – aus Luxemburg, der die Hypo angeblich für eine chinesische Bank in toto kaufen wollte, und es gab viele andere, die Anfragen gestellt haben, aber an dieses spezielle kann ich mich nicht erinnern.

Die Vorgangsweise war immer die gleiche, nämlich das der Fachabteilung zu geben, damit nähere Gespräche geführt werden, wenn man eine Ernsthaftigkeit dahinter feststellen kann. An dieses Angebot von einem Herrn Götz kann ich mich nicht erinnern.

Abgeordneter Christoph Hagen (STRONACH): Es ist interessant, dass das Ministerium Herrn Notheis als Ihren persönlichen Berater ausweist und Sie nichts davon wissen. Das ist meiner Meinung nach nicht sehr professionell, denn wenn ich in so einer Situation – Sie haben selber gesagt, dass es nicht viele Interessenten gegeben hat – ein Angebot bekomme, dann wäre ich dem nachgegangen; aber das ist eine andere Geschichte.

Herr Dr. Spindelegger, Sie haben vorhin von Spareinlagen gesprochen: dass diese ausschlaggebend waren, um die Insolvenz nicht zu machen, laut Ihren Aussagen. Jetzt würde ich mich interessieren, wie hoch diese Spareinlagen bei der Holding waren.

Dr. Michael Spindelegger: Die Spareinlagen bei der Holding kann ich Ihnen jetzt ... Die Holding selber war ja nur ein Überbau; entscheidend waren ja die einzelnen Banken in den entsprechenden Ländern, die auch Filialen gehabt haben und die dort aktiv waren. Die Höhe der Spareinlagen dort kann ich Ihnen aber nicht sagen. Nur um es noch einmal detailliert festzuhalten: Es ging nicht um die Spareinlagen bei der Hypo selber, sondern es ging immer um die Spareinlagen bei anderen österreichischen Banken, die in diesen Ländern aktiv waren. Das war der Gefahrenpunkt: dass das sozusagen überspringt, dass ein Bank Run, wenn ein Bank Run auf die Hypo entsteht, auch bei anderen österreichischen Banken die Folge wäre. Das war der Gefahrenpunkt, den wir gesehen haben.

Abgeordneter Christoph Hagen (STRONACH): Aber meines Wissens ging es um die Spareinlagen der Holding, um die Insolvenz der Holding und nicht die der anderen Banken ringsum – aber gut, das ist Ihre Ansicht; ich verstehe das nicht ganz, da die Einlagensicherung eher zu stemmen gewesen wäre, als diese vielen Milliarden, die man jetzt hineinstecken muss.

Dr. Michael Spindelegger: Herr Abgeordneter, darf ich das noch einmal erläutern? – Es ging nicht um die Spareinlagen, die es bei der österreichischen Hypo gegeben hat – das war im Vergleich zu allen anderen Filialen und Ländern, in denen die Hypo aktiv war, sehr gering –, sondern es ging immer um die Gesellschaften der Hypo in den Westbalkanländern und diejenigen, die dort Spareinlagen hatten, aber auch um andere österreichische Banken: Die Erste Bank, die Raiffeisen Bank waren ja besonders in diesen Ländern stark, zum Teil Marktführer. Und der Übergriff sozusagen, wenn eine österreichische Bank jetzt insolvent wird und die Leute ihr Geld dort abheben, dass man das auch bei anderen österreichischen Banken vermutet und ein Bank Run entsteht, das war der Punkt, in dem man große Gefahrenpunkte sah.

Abgeordneter Christoph Hagen (STRONACH): Das ist für mich jetzt nicht ganz nachvollziehbar, da diese Osteuropateile ja teilweise herausgelöst worden sind. Das wäre da ja auch möglich gewesen, aber gut.

Eine andere Frage: Was wäre mit den Forderungen der BayernLB im Falle eines Geschäftsaufsichtsverfahrens passiert?

Dr. Michael Spindelegger: Im Falle eines Hybridmodells, wie wir das genannt haben, hätte man innerhalb eines Jahres durch Verhandlungen mit allen Gläubigern ein Ergebnis zustande gebracht oder auch nicht, und nach einem Jahr wäre die Entscheidung getroffen worden, ob die Bank in Insolvenz geht oder nicht. Aber in dem Augenblick, in dem man das begonnen hätte, wäre natürlich auch auf dem Markt der Eindruck entstanden, dass diese Bank von Österreich de facto aufgegeben wurde. Das war der Punkt dahinter, der auch als Negativum in der Bewertung dieser Möglichkeit gegeben war.

Abgeordneter Christoph Hagen (STRONACH): Rein rechtlich; ich habe nicht nach Ihrer Einschätzung gefragt, sondern danach, was rechtlich passiert wäre.

Dr. Michael Spindelegger: Rein rechtlich: so, wie das vorgesehen ist. Das heißt, der Bankvorstand wird abgelöst, es kommt jemand im Übergang für ein Jahr, von der Finanzmarktaufsicht bestellt, dreht sozusagen jedes Papier um und klärt durch Verhandlungen mit Gläubigern, ob eine Insolvenz innerhalb eines Jahres abgewendet werden kann oder nicht. Das ist die Folge der Bestimmungen des Bankwesengesetzes.

Abgeordneter Christoph Hagen (STRONACH): Das heißt, das Geld der Bayern wäre in der Bank geblieben?

Dr. Michael Spindelegger: Ja. Der Rechtsstreit wäre ja trotzdem weitergegangen, den hätte man ja damit nicht beendet, sondern die Bank hätte als solche noch existiert, aber unter einem Geschäftsaufsichtsmodell. Trotzdem wäre der Rechtsstreit natürlich weitergegangen, das hätte das nicht aufgehalten.

Abgeordneter Christoph Hagen (STRONACH): Was wäre in diesem Fall mit den Haftungen passiert?

Dr. Michael Spindelegger: Die Haftungen, die gab es, und entweder hätte man sich mit den Gläubigern geeinigt, dass man zu einem Schnitt kommt, oder auch nicht. Das wäre die Grundvoraussetzung dafür gewesen, zu klären, ob die Bank dann weiterbetrieben wird oder eben in Richtung Insolvenz geht.

Abgeordneter Christoph Hagen (STRONACH): Im Insolvenzfall wären die Landeshaftungen sofort schlagend geworden, hat die Taskforce behauptet, die war ja Ihnen unterstellt. Worauf stützt sich diese Behauptung der Taskforce? Ist Ihnen das bekannt?

Dr. Michael Spindelegger: Ja, bei einer Insolvenz heißt es ja, es gibt einen Schnitt von einem Tag zum anderen, das heißt, alle Forderungen werden mit der Insolvenz fällig. Das ist in jedem Insolvenzverfahren die Folge.

Abgeordneter Christoph Hagen (STRONACH): Haben Sie die Funktionsweise der von Kärnten zugesagten Ausfallgebühren näher betrachtet? (Auskunftsperson Spindelegger: Ausfallgebühren?) – Ausfallshaftungsgebühren, Entschuldigung. (Auskunftsperson Spindelegger: Ausfallshaftungsgebühren?) – Ausfallhaftungen, sorry, das war mein Fehler.

Dr. Michael Spindelegger: Mir ist nicht in Erinnerung, dass wir das ganz speziell behandelt hätten.

Abgeordneter Christoph Hagen (STRONACH): Nicht? Ist Ihnen bekannt, aus welchem Grund Klaus Liebscher den Vorsitz der Taskforce vorzeitig zurückgelegt hat?

Dr. Michael Spindelegger: Das habe ich schon erläutert. Es gab auch Auffassungsunterschiede, aber er hat ja vor allem den Aufsichtsratsvorsitz in der Hypo-Bank zurückgelegt. Das war der Grund, weil wir eben betreffend Zuschussbedarf – ja/nein? – auch etwas heftigere Diskussionen hatten.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Da Kollege Kogler es noch nicht geschafft hat, vorzulegen und zu untermauern, was er behauptet hat, dass OeNB-General Nowotny im Frühjahr 2014 gesagt hat, darf ich ein Transkript der „Pressestunde“ vom 9. März 2014 zu Protokoll geben. Da wird Gouverneur Nowotny von Christoph Varga gefragt: „Wie viel, wie viel Geld wird die Hypo uns noch kosten, braucht die Hypo Alpe Adria für die Bilanz des Vorjahres noch Hilfe vom Staat?“

Darauf antwortet Nowotny: „Dazu bin ich nicht befugt etwas zu sagen, und ich kann auch keine exakten Zahlen nennen“.

Varga Christoph: „Also noch einmal mehrere hundert Millionen Euro?“

Nowotny: „Das, wie gesagt, würde jetzt wirklich nicht richtig sein hier an dieser Stelle irgendwelche Zahlen zu sagen, die ja in der Gesellschaft selber erarbeitet werden müssen, das ist eine Verantwortung des Managements, eine Verantwortung der Wirtschaftsprüfer und letztlich natürlich eine Verantwortung des Eigentümers, in dem Fall vertreten durch das Finanzministerium.“

Weiter sagt er:

„(...) das ist einmal die Bilanz für die jetzige, für die jetzige Hypo Alpe Adria in der jetzigen Form. Es gibt eine zweite wichtige Voraussetzung, damit wir diese Abbaugesellschaft hier machen, ist natürlich das Einvernehmen, oder eine Regelung mit den bisherigen oder früheren Eigentümer Bayerische Landesbank, auf jeden Fall muss hier gesprochen werden. Sie wissen, da gibt es eine Vielzahl von Rechtsstreitigkeiten, die hier in dem Sinn natürlich auch zu lösen sind. Das heißt, wir haben hier Voraussetzungen, die müssen geschaffen werden. Wenn wir diese Voraussetzungen erfüllt haben, dann ist es erforderlich, dass ich diese Abbaugesellschaft bis ersten September 2014 installiere, damit ich noch diesen Übertrag in den Bilanzen vornehmen kann.“

Dann kommt: „Weil sonst müsste der Staat neuerlich Geld nachschießen, damit die Hypo Alpe Adria die Halbjahresbilanz erstellen kann.“

Nowotny darauf: „Richtig, ja.“ – Man merkt, er war Professor, weil er nicht „ja“, sondern immer „richtig“ sagt.

Dann geht es weiter, dann sagt er:

„Der andere Aspekt, und das ist ein Aspekt, der sich nach diesem Modell nur im Jahr 2014 ergibt, ist die Frage, wie viel muss ich beim Übergang von der jetzigen Bank in diese Gesellschaft hier zahlen, und das hängt davon ab, wie exakt die Bewertung der bestehenden Werte in der Hypo Alpe Adria ist. Das ist eine Frage künftiger Überprüfung der Wirtschaftsprüfer, wir sind eben von diesem Rahmen ausgegangen, dass wir etwa bei drei Milliarden sind.“

„Und das würde dem entsprechen, was ich etwa auch die Vereinbarung habe mit der EU-Kommission.“

Die Journalistin Angela Sellner: „Zusätzlich zu den vier Milliarden, die ja ohnehin schon bezahlt wurden...“.

Nowotny: „Richtig...“.

Die Journalistin Sellner von der Tageszeitung Österreich: „...die sind, nur dass ich das noch einmal nachfrage, für immer weg oder gibt es da irgend eine Chance, dass da etwas zurück kommt?“

Nowotny: „Nein, da muss man ganz ehrlich sagen, die sind in dem Sinn für immer weg“.

Hier wird nichts gesagt von wegen: ganz ausdrücklich, wie viel das noch kosten wird – kann ich nicht sagen, ich kann „keine exakten Zahlen nennen“. Die einzige Zahl, die er nennt, ist: Für die Erstellung der Halbjahresbilanz – wobei er gleich sagt, das hängt von zukünftigen Bewertungen ab – würde er in etwa mit 3 Milliarden rechnen.

Wie viel wurde dann für die Erstellung der Halbjahresbilanz ausgegeben?

Dr. Michael Spindelegger: Das kann ich von den Zahlen her jetzt nicht mehr detailliert nachvollziehen.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Da waren Sie schon noch Minister?

Dr. Michael Spindelegger: Ja, aber ... Ich kann mich erinnern, dass wir im Jahr 2014 keinen Cent mehr in die Bank gelegt haben, sondern eine Umwandlung einer Garantie in Richtung Eigenkapital gemacht haben. Das war die einzige Maßnahme, die wir getroffen haben, aber frisches Geld wurde im 2014er-Jahr nicht mehr hineingelegt.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Also für die Bilanz 2013 schon noch, im 2014er-Jahr, aber mit Wirkung 31.12. ...

Dr. Michael Spindelegger: Im 2014er-Jahr wurde kein frisches Geld mehr hineingelegt (Abg. Krainer: Ja!), sondern im 2013er-Jahr, Ende, gab es diese mehr als eine Milliarde, die schon davor zugesichert war, aber danach kein frisches Geld mehr.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Das heißt, was Nowotny hier gesagt hat, war nicht ..., in der Realität war es nicht doppelt so hoch wie das, was er gesagt hat, sondern in der Realität war es dann sogar weniger als die Zahl, die er genannt hat.

Dr. Michael Spindelegger: Aus meiner Sicht: Diese Zahlenspiele, die es gegeben hat, muss man immer danach betrachten, welche Grundlage dahinter war. War es der Schaden, der zukünftig erwächst? War es, welche Assets welche Werthaltigkeit haben, et cetera? (Abg. Krainer: Ja!) Aber noch einmal: Aus meiner Sicht kann man erst einen Strich darunter ziehen, wenn alles tatsächlich abgewickelt ist.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ich habe jetzt nicht die gesamte „Pressestunde“ vorgelesen, aber genau das sagt er nämlich auch: Es ist schwierig zu sagen: „(...) wenn also hier, nehmen wir an Immobilien oder ähnliches verkauft werden, sinkt dieser Betrag, aber zum Teil wird es eben auch bedeuten“, dass man mehr Geld in die Hand nehmen muss. Er sagt das eh, ich würde die Kolleginnen und Kollegen nur ersuchen, das exakter zu zitieren.

Eine Frage habe ich dann noch, eine Frage zur Bayerischen Landesbank: Wir wissen ja, und das haben Sie gesagt, die Landeshaftungen von Kärnten waren über 20 Milliarden. Wissen Sie, wie hoch die Haftungen des Freistaats Bayern für die Hypo Alpe-Adria waren?

Dr. Michael Spindelegger: Haftungen des Freistaats Bayern? – Daran kann ich mich jetzt nicht erinnern, welche Größenordnungen das gehabt hat, denn letztlich, als Bayern Eigentümer der Hypo war, waren natürlich Notwendigkeiten da, Eigenkapital zuzuschießen (Abg. Krainer: Ja!), und danach, mit dem Verkauf gab es ...

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ist Ihnen bekannt, dass die jemals eine Haftung für die Hypo übernommen hätten?

Dr. Michael Spindelegger: Nein, das ist mir nicht bekannt.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Es stimmt, dass sie Eigenkapital drinnen hatten (Auskunftsperson Spindelegger: Ja!), 2,2 Milliarden, glaube ich. Die haben sie ja durch die Notverstaatlichung zur Gänze verloren, also 1 € haben sie bekommen, und dann haben sie ja noch einmal 850 Millionen, dann noch andere Sachen ...

Dr. Michael Spindelegger: Aus Anlass der Verstaatlichung wurden 850 Millionen ...

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ja, da haben sie insgesamt 3,7 Milliarden quasi gleich einmal bei der Verstaatlichung verloren – nur damit wir das hier haben –, und dann haben sie durch den Vergleich noch einmal ..., und sie sind dann gefahren; 3,7 Milliarden haben sie gleich liegen gelassen, und das Versprechen war, 2,4 Milliarden bekommt ihr noch. (Auskunftsperson Spindelegger: Richtig!) Davon haben sie jetzt in etwa die Hälfte bekommen (Auskunftsperson Spindelegger: Ja!), das heißt, sie haben jedenfalls 4,9 Milliarden verloren, ohne Rechtskosten, Reputationsschäden und dergleichen.

4,9 Milliarden ist eigentlich auch nicht so wenig Geld. Ihr Risiko waren 6,1 Milliarden, also bei einer Insolvenz hätten sie 6,1 Milliarden verloren, und verloren haben sie 4,9 Milliarden. – Das ist ja eine Quote von über 80 Prozent, die die verloren haben.

Dr. Michael Spindelegger: Nach meiner Beurteilung war es gut und richtig, dass Österreich einen Vergleich abgeschlossen hat. Letztlich war es für die Bayern auch gut, denn eine Bank, die aus der Vergangenheit in der Verantwortung der Bayerischen Landesbank stand, dann nachher in diese ganze Situation gekommen ist, das ist auch für einen Staat nicht gut, und das ist letztlich für eine Bayerische Landesbank nicht gut, etwas streitverhangen zu haben.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Es war auch für Österreich nicht gut. Es war für uns alle nicht gut, dass die Kärntner Blauen solche Haftungen übernommen haben und nicht auf die Stopptaste gedrückt haben. (Abg. Angerer: Das war schon vorher! – Zwischenruf der Abg. Tamandl. – Abg. Walter Rauch: Euer Landesrat!) – Jetzt werden sie so nervös. Vielleicht kann man das noch einmal erklären.

Kennen Sie das Landesgesetz, das 2003 im Landtag beschlossen wurde?

Dr. Michael Spindelegger: Aus meiner Sicht sind die Haftungen, die damals bei einem Kaufpreis von 800 Millionen eingegangen wurden, die, glaube ich, 24 Milliarden Haftungen, die das Land Kärnten dann behalten hat, eben in einem unglaublichen Unverhältnis. Das war der Grund, warum wir in der ganzen Situation dann auch in der späteren Aufarbeitung eben um diesen Punkt nicht herumkommen konnten, das ist der springende Punkt. Wer Haftungen in dieser Größenordnung eingeht, der wird dann, wenn sie schlagend werden, in riesige Probleme geraten, und die sind eben nicht nur beim Land Kärnten geblieben, sondern auf die Republik übergegangen.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Das sieht man ja bis heute, weil das Thema heute noch ist, wie wir aus diesen Haftungen herauskommen. Wissen Sie, dass das Gesetz, das in Kärnten beschlossen wurde, fast wortident in sechs anderen Landtagen auch beschlossen wurde?

Dr. Michael Spindelegger: Das war mir nicht bekannt, nein.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Das war ja im Prinzip ein Auslaufen, ein Ende der Haftungsmöglichkeiten, die bei der Bank ja schon aus dem, glaube ich, 19. Jahrhundert gestammt haben, und da ist in jedem Landtag der Landesreferent zuständig gewesen, die Stopptaste zu drücken, wenn es ein Problem gibt. Er hat dafür in der Bank als Regierungskommissär oder Landeskommissär auch die Kompetenz gehabt, sich jeden Zettel anzusehen, alles zu überprüfen, bei allen Aufsichtsratssitzungen dabei zu sein, Sonderprüfungen anzufordern, et cetera.

Es haben andere Landesbanken auch Probleme gehabt, aber die haben rechtzeitig die Stopptaste gedrückt, sodass das Land die Verluste noch selber verdauen konnte.

Vorsitzende Doris Bures: Ich muss Sie auf die Redezeit aufmerksam machen.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Der große Unterschied ist, dass eben in Kärnten die zuständigen Landesräte nicht die Stopptaste gedrückt haben, zu einem Zeitpunkt, als das noch beherrschbar gewesen wäre, sondern die sind halt aufs Gas gestiegen und nicht auf die Bremse.

Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter, Ihre Redezeit!

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Am Ende haben sie geglaubt, wenn sie es an die Bayern verkaufen, dann ist es weg, und wir sehen: Haftungen bleiben einfach, und die sind bis heute unser Problem. – Danke schön.

Vorsitzende Doris Bures: Damit gelangen wir zur dritten Fragerunde.

Herr Abgeordneter Obernosterer. – Bitte.

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Herr Dr. Spindelegger, lieber Michael, ich glaube, wir kennen uns lange genug. Kurz einleitend noch bezugnehmend auf Kollegen Krainer: Das Gesetz war nicht überall gleich, sondern unser Kärntner Gesetz hat sich darin unterschieden, dass wir noch alle Rechtsnachfolger drinnen gehabt haben mit den Haftungen. Das war eigentlich die ..., aber das haben wir in diesem Ausschuss eigentlich eh schon aufgearbeitet.

Vielleicht als kleine Gedächtnisstütze für Herrn Kollegen Angerer von den Freiheitlichen: Darmann hat damals bei der Verstaatlichung in Kärnten gejubelt und in der Aktuellen Stunde im Landtag gesagt, Kärnten hat nach dieser Verstaatlichung nach wie vor einen Vorteil von 1,1 Milliarden €, wenn man den Verkauf, die Haftungsprovisionen und alles dazutut – damit man die Unterschiedlichkeit der Rechnungen ein bisschen kennt; das hat damals Darmann gesagt.

Aber zurück zu einem anderen Punkt, der heute schon ein paar Mal angesprochen worden ist: Im Frühjahr 2014 hat es ja diese Ministerratsvorlage gegeben, bei der man sich damals gesagt hat, Kärnten muss für die Abwicklung 500 Millionen € beitragen. Du hast darauf schon geantwortet, aber jetzt noch einmal für mich persönlich als Kärntner: Du hast gesagt, es hat Verhandlungen gegeben, die sind nicht abgeschlossen worden, dann hat es einen Wechsel gegeben, dann ist es anders weitergegangen. – Aber was heißt das jetzt für mich oder für einen Laien? Hätte Kärnten damals schnell zugegriffen und geschaut, eine Vereinbarung mit dem Bund für die 500 Millionen zu erreichen, wäre das ein Generalvergleich gewesen, oder was wäre das gewesen?

Dr. Michael Spindelegger: Ich habe das als Finanzminister so angelegt, dass wir mit einem Generalvergleich diese Fragen abgeschlossen hätten. Das wäre aus meiner Sicht ein fairer Deal gewesen: Die Republik geht in Richtung Bad Bank, wickelt die Bank ab, und Kärnten leistet einen Beitrag in der Größenordnung von 500 Millionen €. Wenn man das jetzt im Nachhinein betrachtet, wäre das wahrscheinlich für Kärnten auch ein guter Deal gewesen, aber damals hat die Landesregierung dem nicht zugestimmt.

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Das heißt, wenn ich dich richtig verstanden habe, dieser gute Deal war damals 500 Millionen und ist jetzt 1,2 Milliarden, oder?

Dr. Michael Spindelegger: Ich glaube, dass es sich im Nachhinein für Kärnten durchaus gerechnet hätte, damals einen Generalvergleich mit dem Bund abzuschließen. (Abg. Angerer: Dann hättet ihr es so verhandelt!)

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Danke, keine weiteren Fragen.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Dann sind wir bei dem Punkt: Zu Recht hat Kollege Krainer darauf hingewiesen, dass wir das Dokument von der APA vom 15.3.2014 zur Verteilung bringen sollten, in dem es um Aussagen des Gouverneurs Nowotny geht. Das kommt jetzt für alle zur Verteilung, in zehnfacher Ausfertigung. Ich habe das aber ausdrücklich in Verbindung mit der heutigen Auskunftsperson gemacht, und darf das noch einmal, jetzt nur für das Protokoll, festhalten.

Das Zitat, auf das ich mich beziehe, ist dem damaligen Herrn Bundesminister in den Mund gelegt: „Wenn der Vorstand diese Zahlen auf den Tisch lege und der Nationalbankgouverneur dies de facto gestern bestätigt habe, dann gehe er davon aus, dass das der maximale Schaden sei, sagte der Finanzminister.“ – Das war ja das Thema.

Mein Thema war ja, dass der Herr Gouverneur eben diesen Eindruck erweckt hat.

Dann heißt es des Weiteren im „Kurier“-Interview vom 23.3. – das ist auch schon so zitiert worden –: „Ich kann nur sagen, was der Vorstand sagt, und der spricht von vier Milliarden. Und auch Notenbank-Chef Ewald Nowotny bestätigt diese Zahl.“ – Das war dieses. Im Übrigen hat er in dieser von Ihnen, Herr Kollege Krainer, zitierten „Pressestunde“ auch diese 4 Milliarden genannt – die haben Sie jetzt nur weggelassen.

Die Idee von dieser Streiterei war immer – er ist ja gar nicht da –, dass das sozusagen die Schadensobergrenze sein soll. Wir wissen, dass das jetzt, wenn man den Durchschnitt von null und vier, also 2 Milliarden, heranzieht, ein Vielfaches zu den damals bereits vorhandenen 4,8 Milliarden Schaden ist. Deshalb war das ein Thema.

So, jetzt aber zu den weiteren Punkten, und zwar im Zusammenhang mit dieser Hybridlösung, meinetwegen auch mit einer möglichen Insolvenz. Sie sagen immer: der Bank Run! – Hat es auch noch andere Gründe gegeben? Sonst müsste ja jetzt der Vorhalt lauten ...

Eigentlich steht im zeb-Gutachten ... – auch das könnte man zitieren, das werde ich machen (der Redner blättert in seinen Unterlagen und liest dann aus einem Schriftstück vor); das hat die Dokumentennummer 13032 –, dieses von Ihnen in Auftrag gegebene zeb-Gutachten kommt auf Seite 4 von 8 in der Kurzfassung zur zusammenfassenden Schlussfolgerung:

„Zusammenfassend überzeugt das Insolvenzmodell (…) auf Ebene der Primäreffekte und aus Sicht der Republik Österreich mehr“ – abgeschwächt dann durch diese Hybridlösung.

So betrachtet bestätigen Sie ja, was andere – nicht ich – hier immer als Verdacht geäußert haben, nämlich dass es vor allem auch um die anderen österreichischen Banken ging.

Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter, Sie müssen die Frage formulieren.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Können Sie quantitativ zuordnen, was Ihnen Ihre Berater damals gesagt haben, wie allfällige Zuschüsse zu Raiffeisen, Erste Bank, et cetera, beziehungsweise die Dimensionen solcher möglichen Zuschüsse, die bis zu einer weiteren Verstaatlichung führen könnten, ausgeschaut hätten? So haben Sie ja argumentiert, das wäre ...

Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter, ich muss Sie auf die Redezeit aufmerksam machen.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Das wäre ja sehr üppig. Vielleicht können Sie da ein bisschen ein Zahlengerüst nennen, das man Ihnen gesagt hat.

Dr. Michael Spindelegger: Zahlengerüste im Sinne von Milliarden gab es nicht, sondern die generelle Frage Reputationsschaden war natürlich immer ein Thema bei jeder Art von Insolvenzlösung, also auch bei der abgeschwächten in Form der Hybridlösung.

Um noch einmal auf den Bank Run zu sprechen zu kommen: Das war ein Drohszenario für die Länder, in denen die Hypo aktiv ist, wo eben auch andere österreichische Banken in diesen Ländern zum Teil Marktführer waren, weil dann, wenn ein Bank Run wirklich entsteht, der Schaden einfach entsprechend ist, nämlich nicht nur in dem Land mit der entsprechenden Tochtergesellschaft einer Bank, sondern auch in der Zentrale und damit in Österreich insgesamt.

Und was das bedeutet hat: Wir haben ja damals auch die Fragen rund um die Volksbank gehabt, wo entsprechende Schwierigkeiten da waren. Das war schon ein beträchtliches Argument, nicht quantifiziert in Form von Milliardenhöhe, sondern als Drohszenario, dass sozusagen die Bankenlandschaft nicht zur Ruhe kommt und die Konkurrenzsituation in den Ländern, in denen diese Banken aktiv waren, ja auch nicht gerade rosig war und ein Wettbewerb entsprechend vorangetrieben wurde.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Herr Dr. Spindelegger, wir sind in der letzten Runde mit der Variante Geschäftsaufsicht nicht ganz fertig geworden: Können Sie noch einmal erläutern, warum das dann nicht verfolgt worden ist?

Dr. Michael Spindelegger: Ich habe es schon versucht, aber ich mache es gerne noch einmal. Die Frage eines Hybridmodells, wo man mit einer Geschäftsaufsicht über die Bank ein Jahr Zeit hat, hatte natürlich politische Konsequenzen in der Richtung: Wird damit das Signal ausgesendet, Österreich lässt eine Bank möglicherweise in die Insolvenz gleiten? Das wäre natürlich auch schon zu Beginn einer solchen Geschäftsaufsichtsmodelllösung der Fall gewesen. Das war ein Grund, warum es dann letztlich nicht gewählt wurde.

Das Zweite, auch diese Frage, wie Auswirkungen auf andere österreichische Banken in diesen Märkten gegeben wären, waren die gleichen Argumente wie bei der reinen Insolvenzlösung von einem Tag zum anderen. Darum wurde nach langen Diskussionen, die wir letztlich bis zum 13.3. in der Nacht geführt haben, die Lösung eines Brückenmodells gewählt.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Na ja, dazu kommen wir gleich.

Ich kann allerdings das Argument nicht nachvollziehen: Warum würde die Insolvenz oder warum würden die Schwierigkeiten einer Bank sich automatisch auf den gesamten Sektor – nicht einmal auf den gesamten Sektor, sondern auf österreichische Banken – ausdehnen? Das erscheint mir nicht nachvollziehbar, nicht logisch. (Auskunftsperson Spindelegger: Wenn Ihnen ...!) Was hat das miteinander zu tun?

Dr. Michael Spindelegger: Ich kann ja nur das nachvollziehen und Ihnen Auskunft darüber geben, was die Argumente damals waren. Aber das war sicher ein zu berücksichtigendes Argument. Wenn bei einer österreichischen Bank ein Sparer nicht mehr die Garantie hat, dass er sein Geld zurückbekommt, dann wird er sich fragen, ob das nicht – weil es ja eine Bank im Eigentum der Republik Österreich war – möglicherweise bei anderen österreichischen Banken auch der Fall sein kann.

Und noch einmal: Das geht nicht mit rationalen Dingen zu. Alle Erfahrungen mit Bank Runs, die es irgendwo gegeben hat, gehen immer dorthin, dass man dann, wenn die Ersten beginnen, eine Welle von Leuten hat, die ihr Geld abziehen, und dann kommt eine Bank in ordentliche Schwierigkeiten.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Ja klar, aber die internationale Evidenz ist schwach dafür. Und bemerkenswert ist natürlich, dass Ihnen genau diese internationalen Experten, die Sie ja völlig zu Recht hinzugezogen haben, unter Abwägung aller Vor- und Nachteile, die es natürlich immer gibt, zur Insolvenz geraten haben, während die Experten, die schon bisher die Bundesregierung beraten haben, allerdings mit all den Befangenheiten und Fehlentscheidungen aus der Vergangenheit, einen anderen Weg vorgeschlagen haben.

Ich meine, das verstehe ich nicht. Sie gehen eigentlich richtig los und sagen: Das ist merkwürdig, dass es da so unterschiedliche Ansichten gibt, jetzt hole ich mir einmal einen Außenblick von denjenigen, die in der Causa noch nicht involviert waren – so wie die Nationalbank, die ja eigentlich seit 2008, seit diesem 4-Tages-Gutachten für das Partizipationskapital, in der Befangenheit ist, also das kann ja schon keine objektive Beratungsquelle sein.

Also der Schritt war vollkommen richtig, internationale Berater ohne Befangenheit hinzuzuholen. Warum folgen Sie aber dann diesem Rat nicht und folgen dem Rat der alten, befangenen Berater?

Dr. Michael Spindelegger: Weil am Schluss alles abgewogen werden muss. Und da geht es nicht um Einzelberater oder wer irgendwo was gesagt hat, sondern letztlich muss man alles zusammenführen. In der Nacht vom 13. auf den 14. März 2014 habe ich diese Entscheidung auch gemeinsam mit diesen Beratern getroffen. Letztlich wurde auch dort eine Diskussion geführt, aber wir sind alle gemeinsam zum Schluss gekommen, dass der richtige Schritt das Brückenmodell ist. Das habe ich am nächsten Tag dann auch so vertreten und vorgestellt.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Warum nennen Sie das eigentlich das Brückenmodell? – Also ich sehe keine Brücke.

Dr. Michael Spindelegger: Weil es von der Taskforce auch immer so bezeichnet worden ist. Es gibt das Modell 5-aII und so weiter; ich glaube, es ist besser, wenn man mit so allgemeinen Ausdrücken vorgeht, aber Sie können es auch anders nennen.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Na, es ist vor allem jenes Modell, dass dem österreichischen Steuerzahler die Kosten auflastet, während die Investoren, die Gläubiger in dieser Variante leer ausgehen, was Sie ja auch zu Recht bemängelt haben.

Sie waren ja zumindest derjenige Finanzminister, der darauf Wert gelegt hat, dass auch die Gläubiger einen Beitrag leisten – das kann man nicht von all Ihren Vorgängern behaupten, dass das im Mittelpunkt gestanden wäre –, umso überraschender ist es, dass es dann eben nicht dazu kommt.

Dr. Michael Spindelegger: Weil – ich sage es noch einmal – zum Schluss alles abgewogen werden muss, auch die Reputation der Republik Österreich, die sicherlich entsprechend zu berücksichtigen ist, wie auch die Gefahrenpunkte, die eine solche Entscheidung mit sich bringt. Wir haben das alles abgewogen und uns dafür entschieden. Ich stehe auch dazu. Sie können es kritisieren, aber es war eben so, und von mir werden Sie nichts anderes hören.

Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter, eine Frage noch in dieser Runde.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Dann mache ich in der nächsten Runde weiter.

Vorsitzende Doris Bures: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Krainer zu Wort. – Bitte.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ich mache auch in der nächsten Runde weiter.

Vorsitzende Doris Bures: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Angerer zu Wort. – Bitte.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Frau Präsidentin, bitte ganz kurz zur Geschäftsordnung.

Vorsitzende Doris Bures: Bitte, Herr Abgeordneter.

*****

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Wir möchten gerne ein Dokument vorlegen, das nicht im Aktenbestand ist, und zwar ist das die Beihilfeentscheidung Deutschlands für die BayernLB.

Wir haben es viermal ausgedruckt, aber nicht zehnmal, wie es sonst vorgesehen ist. Wir haben aber den anderen Fraktionen einen Link geschickt, damit sie es im Internet mitlesen und anschauen können. Ich hoffe, dass das so zugelassen wird.

Vorsitzende Doris Bures: Ist das für die anderen Fraktionen so in Ordnung? Ich lasse es sonst kopieren, aber wenn das mit dem Link in Ordnung ist ... (Abg. Krainer: Ich habe es schon! – Abg. Tamandl: Ich auch!) – Ja, gut. (Abg. Krainer: Es ist zeitgerecht ...!) – Bitte, Herr Abgeordneter Angerer.

*****

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Danke. Ich möchte dieses Dokument vorlegen, das ist die Beihilfeentscheidung „über die staatliche Beihilfe Deutschlands und Österreichs zugunsten der Bayerischen Landesbank“. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Herr Dr. Spindelegger, ich bitte Sie, Seite 21 aufzuschlagen. In Ziffer 130 geht es um die „Rettungsmaßnahmen Österreichs“, und da sind zwei ganz wesentliche Punkte, die ich vorbringen möchte:

„Erstens hat sich die Rettungsmaßnahme zugunsten der HGAA vom Dezember 2009 für den BayernLB-Konzern als vorteilhaft erwiesen, da die Bank andernfalls ihre Tochtergesellschaft HGAA selbst hätte rekapitalisieren müssen.“

Da gibt es auch eine Fußnote dazu, Fußnote 42:

„In diesem Zusammenhang hat Deutschland geltend gemacht, Ziel sei immer“ ... (Abg. Krainer: Welche Seite?) – 21, Fußnote 42. „In diesem Zusammenhang hat Deutschland geltend gemacht, Ziel sei immer eine finanzielle Umstrukturierung der HGAA gewesen, auch für den Fall, dass Österreich nicht eingegriffen hätte.“

Das heißt, Deutschland gibt auch im Beihilfeverfahren an, dass man die Hypo rekapitalisiert hätte, auch wenn Österreich die Verstaatlichung nicht gemacht hätte. Das Argument Insolvenz ist damit völlig vom Tisch – gibt es also nicht. Auch das Argument, Haftungen werden irgendwann einmal schlagend, ist vom Tisch – gibt es nicht, hat es nie gegeben.

Ziffer 131:

„Zweitens hat Österreich“ – und da geht es jetzt um die 2,6 Milliarden € – ...

Da geht hervor (der Redner verweist auf ein Schriftstück), dass man durch diese Garantie, die man im Zuge der Verstaatlichung im Verstaatlichungsvertrag oder im Kaufvertrag der Aktien gegeben hat, auch noch eine Beihilfe gegenüber der Bayerischen Landesbank geleistet hat. 

Es heißt: „Die Garantie Österreichs für die der HGAA durch die BayernLB weiterhin zur Verfügung gestellten Funding-Mittel stellt daher eine staatliche Beihilfe zugunsten der BayernLB dar.“

Ich weiß, das war alles vor Ihrer Zeit, nur sind das die Dinge, die Sie dann auch beschäftigt haben – davor vielleicht Frau Fekter und so weiter –, und natürlich der Ausgangspunkt, der für das ganze katastrophale Desaster, das am Schluss bei der Hypo herausgekommen ist, verantwortlich ist, und zwar ist das einfach der Rückkauf der Aktien von den Bayern.

Kennen Sie diesen Beihilfeentscheid?

Dr. Michael Spindelegger: Nein, den kenne ich nicht. Er stammt vom 28.4.2015, das war lang, nachdem ich Finanzminister war.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Ja, das war der endgültige, wo es noch einmal bestätigt worden ist. Also die Beihilfe ist ja schon vorher entschieden worden. Es wurde ja dann Nichtigkeitsklage durch die Republik – also eigentlich müssten Sie es wissen – gegen diesen Entscheid eingebracht, und der wurde da bestätigt.

Dr. Michael Spindelegger: Ja, dass wir in einem Rechtsstreit mit dem Land Bayern verfangen waren, war ja klar. Ich habe schon gesagt, mein Ziel war es, mit den Bayern zu einem Vergleich zu kommen, weil ein langjähriger Rechtsstreit aus meiner Sicht für beide Teile ein Schaden war und insbesondere auch für eine Bank ein Schaden war, wenn das offen bleibt. Letztlich hat es dann auch geklappt. Es gab auch eine Entscheidung diesbezüglich.

Aber noch einmal zurück zu den Fragen der Verstaatlichung und dass Bayern bei der Verstaatlichung dann ohnehin einen Zuschuss gegeben, also ohne Verstaatlichung die Bank weiterbetrieben und sie nicht in die Insolvenz geschickt hätte, obwohl es anders behauptet wurde: Das ist alles zu einer Zeit passiert, wo ich nicht Finanzminister war. (Abg. Angerer: Richtig, aber ...!)

Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter, eine Frage noch.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Ich verzichte auf die Frage, das zahlt sich nicht aus.

Vorsitzende Doris Bures: Damit gelangen wir zur vierten Runde.

Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Tamandl zu Wort. – Bitte.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Herr Dr. Spindelegger, du hast bei deinem Eingangsstatement auch die Untersuchungskommission mit Frau Dr. Griss angesprochen. Wir haben ja selbst alle zu Beginn oder vor Beginn dieses Untersuchungsausschusses den Griss-Bericht immer auch als Grundlage für unsere Aufklärungstätigkeit gesehen.

Könntest du uns kurz umreißen, welchen Auftrag du – beziehungsweise die Bundesregierung – Frau Dr. Griss gegeben hast, was ihr Team, die Auswahl ihres Teams, und die Herangehensweise betrifft? Kannst du das bitte kurz umreißen?

Dr. Michael Spindelegger: Ich habe Frau Dr. Griss in einem persönlichen Gespräch in folgender Richtung instruiert: Ich habe ihr gesagt, sie kann sich ihr Team vollkommen frei wählen, sie muss nur innerhalb einer gewissen Zeit einen Bericht vorlegen. Da war damals gedacht, dass sie im Laufe des Jahres, im Spätherbst spätestens, fertig sein sollte.

Ich habe ihr gesagt, dass sie personelle Ausstattung genauso wie auch eine finanzielle Ausstattung vom Ministerium zur Verfügung gestellt bekommt. Sie selber wollte nämlich, soweit ich mich erinnern kann, ja auch kein Entgelt als Vorsitzende dieser Untersuchungskommission beanspruchen, aber ihre Mitarbeiter, die sie ausgewählt hat, brauchten natürlich für Reisekosten und für die Zeit, wo sie gearbeitet haben, eine entsprechende finanzielle Ausstattung. Auch das hat sie bekommen.

Ich habe ihr gar keine inhaltlichen Vorgaben gegeben. Es war klar, dass der Zeitraum von der Verstaatlichung bis herauf zu untersuchen ist und sie nach bestem Tun mit der Erfahrung einer Höchstrichterin diese Aufgabe managen soll. Die Befragungen, die stattgefunden haben, die Berichte, die dann von ihr gemacht wurden, haben auch gezeigt, dass das mit einer sehr professionellen Vorgangsweise erledigt wurde.

Ich glaube, jetzt im Nachhinein gesehen war das auch richtig, weil es ein Ingangsetzen einer Untersuchung war, mit einer Persönlichkeit an der Spitze, die untadelig und unbeeinflussbar war, dass das durchaus einen Sinn gemacht hat.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Das heißt, sie hatte, was das Team und die Persönlichkeiten, die sie zur Befragung heranzieht, betrifft, völlig freie Hand? (Auskunftsperson Spindelegger: Völlig freie Hand!)

Jetzt ist es so, dass wir in der dritten Phase des Untersuchungsausschusses draufgekommen sind, dass gerade zum Themenkomplex Aufarbeitung der Vergangenheit – ich habe das ja bereits in einer der letzten Fragerunden angesprochen – ...

Du hast gesagt, du hast da keine Wahrnehmung, wie diese Aufarbeitung vollzogen worden ist oder wie da die Friktionen seitens des Ministeriums oder der Finanzprokuratur gegenüber der Bank zum Thema Aufarbeitung der Vergangenheit waren.

Wir haben den Griss-Bericht und den Inhalt immer sehr geschätzt, und es wäre uns nie in den Sinn gekommen, dass da Dinge drinnen stehen oder nicht drinnen stehen, die wir leider Gottes in den letzten Monaten erfahren mussten. Beispielsweise haben diejenigen, die in die Aufarbeitung involviert waren, wie Herr Dr. Held oder Herr Mag. Zink, gesagt, sie wären von Frau Griss und der Griss-Kommission überhaupt nicht befragt worden.

Das heißt, wir mussten feststellen und Herr Dr. Held hat auch gesagt – das war überhaupt besonders bemerkenswert –, der Teil im Griss-Bericht, der sich auf die Aufarbeitung der Vergangenheit bezieht, hätte eigentlich von Kranebitter und von Ditz selber geschrieben werden können.

Hast du jemals nach Vorliegen des Griss-Berichts von irgendjemandem irgendeine Kritik gehört, dass einer gesagt hat: Ich bin nicht befragt worden, mir wurde das Wort im Mund umgedreht, ich bin falsch verstanden, falsch zitiert worden!?

Dr. Michael Spindelegger: Nein, habe ich nicht gehört. Aber zum Zeitpunkt des Vorliegens war ich nicht mehr Finanzminister, also hatte ich auch nicht mehr diese Verbindungen mit Personen. Mir ist nie irgendetwas Diesbezügliches zu Ohren gekommen.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Du bist ja schon Ende August aus dem Finanzministerium ausgeschieden. Gab es irgendwann einmal mündliche Berichte oder irgendeinen Vorbericht? Oder gab es deiner Wahrnehmung nach wirklich nur den Endbericht im Dezember 2014?

Dr. Michael Spindelegger: Ich habe von Frau Dr. Griss vorher nie einen Zwischenbericht bekommen. Ich habe mich nur immer bei ihr erkundigt, ob die Arbeiten laufen, dass es in diesem Jahr abgeschlossen werden kann, und das hat sie mir zugesichert; aber es gab keine Zwischenberichte in irgendwelcher Form.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Es gab ja im Laufe des Untersuchungsausschusses auch Misstöne, was die Protokolle betrifft, denn es waren ja nicht nur solche Auskunftspersonen hier, die gemeint haben, sie sind überhaupt nicht befragt worden, sondern es sind auch Auskunftspersonen hier gewesen, die sich – das liegt dem Ausschuss auch vor – nach der Befragung mit einem ausführlichen Schriftverkehr geäußert haben, dass ihre Aussagen nicht entsprechend gewürdigt worden sind.

Vorsitzende Doris Bures: Frau Abgeordnete, Sie müssen zum Schluss kommen.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Gab es Vereinbarungen, ob Protokolle vorgelegt werden müssen oder ob diese Protokolle vernichtet werden können?

Dr. Michael Spindelegger: Also von meiner Seite gab es nie solche Vereinbarungen und auch keine Vorgaben oder sonst irgendetwas. Da kann ich nicht dazu beitragen.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Ich bin da noch nicht ganz schlau, welche Berater damals welche Rolle eingenommen haben.

Die Befragung durch Hable und Kogler läuft ja eh synchron, wenn wir die Argumente hernehmen. Rufen wir uns in Erinnerung, dass ja der Bank Run von Sparern schon deshalb ein beschränktes Ereignis sein musste, weil da gar nicht so viele Sparer, in Volumen, vorzufinden waren. Ich habe zwischendurch noch einmal nachgeschaut: Das sagen ja nicht nur der Hable und der Kogler, das ist ja der Befund – das war vor Ihrer Zeit – der EBRD, zum Beispiel, die ja auch darauf hinweist, dass das fast nur anleihefinanziert ist, und welche Vor- und vor allem auch Nachteile das hat.

Deshalb noch einmal die Frage: Sie haben sich ja da sehr ausführlich mit verschiedenen Beratern umgeben, aber wer hat dann genau diese Argumente so stark gebracht? Dass Sie am Schluss abwägen müssen, dafür habe ich das allergrößte Verständnis, aber irgendwoher muss ja dieser Impact stärker gekommen sein. Vielleicht war ich ja nur unaufmerksam.

Das Zahlengerüst lassen wir weg, das ist wahrscheinlich schwierig gewesen; das war meine erste Frage. Aber der zweite Teil ist: Wer hat vor allem so argumentiert, dass man diesen Bank Run dort so fürchten müsse?

Dr. Michael Spindelegger: Das waren einerseits die Mitarbeiter der Taskforce, die ja auch versucht haben, diese Insolvenz zu bewerten, und das war auf der anderen Seite auch aus dem Ministerium selbst ein Argument, das immer wieder ins Treffen geführt wurde. Aber letztlich haben wir ja das alles in der Nacht 13., 14. ...

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Da muss ich aber nachfragen, bezugnehmend auch auf Sie – und das weiß der Ausschuss: völlig unterschiedliche Meinungen; darf ja sein, auch im Ministerium –: Wer vom Ministerium hat das so vertreten?

Dr. Michael Spindelegger: Die für die Banken zuständige Gruppe, also Lejsek und Mitarbeiter.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Ja, gut, dann haben wir das im Protokoll. Sonst noch jemand? Jetzt habe ich Sie unterbrochen.

Dr. Michael Spindelegger: Da muss ich ein bisschen nachdenken, wer da sonst noch ... Ja, bei der mündlichen Erörterung des Gutachtens von zeb wurde das natürlich auch bei dem Punkt Gefahrenpunkte, Risken (Abg. Kogler: Sekundäreffekte!) mitberücksichtigt, aber ...; ja, das war es im Wesentlichen.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Wissen Sie, können Sie sagen, welche Rolle der Koalitionspartner in diesen Gesprächen gespielt hat?

Dr. Michael Spindelegger: Ich habe das immer mit dem Bundeskanzler intensiv besprochen, habe ihn auch am Laufenden gehalten über alle Informationen, die bei mir zusammengelaufen sind, und wir haben das auch, so wie bei vielen anderen Fragen, intensiv miteinander erörtert. Wir sind da Stunden beieinandergesessen, um alles abzuwägen.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Ich frage nämlich deshalb, weil sich immer wieder Spuren finden – mit Argumenten, die ja dem Ausschuss auch bekannt sind, aber wir müssen versuchen, sie mit Befragungen auch noch abzusichern –, dass gerade die sozialdemokratische Fraktion gegen Insolvenz und ähnliche Lösungen aufgetreten sei – das ist ihr gutes Recht. Bei einer Besprechung mit Ihrem Kollegen Brandstetter – dann schon, als es um die neuen Gesetzespakete ging, unmittelbar nach dieser Entscheidung am 14.3.2014 – fragt Brandstetter, ob man nicht auch Senior Bonds schneiden könnte. Dann entgegnen Sie – weil das schon sehr nahe an eine Insolvenzlösung kommt –: Das geht nicht, der Koalitionspartner sei dagegen. Die waren ja auch schon gegen eine Insolvenz.

Können Sie das dem Ausschuss ein bisschen erläutern, wie hier die Gewichtsverteilung war? Bei Ihnen hat man ja auch in der Öffentlichkeit den Eindruck gehabt, dass Sie das zumindest offen prüfen wollen. Beim Koalitionspartner hat man den Eindruck gehabt, dass er von vornherein massive Vorbehalte hatte.

Dr. Michael Spindelegger: Also ich kann mich nicht an jedes Gespräch erinnern, aber ja, das war von der Tendenz her schon so, dass vor allem die Argumente, die immer wieder von der Nationalbank gebracht wurden, auch beim Koalitionspartner besonderen Widerhall gefunden haben – aus der Begründung heraus: Die Reputation Österreichs muss besonders beachtet werden.

Aber nichtsdestotrotz: Ich glaube, letztlich haben die Argumente, die ich schon genannt habe, den Ausschlag gegeben, es bei der politischen Abwägung dann in die Richtung des Brückenmodells und nicht in Richtung Hybrid- oder Insolvenzlösung zu drehen.

Vorsitzende Doris Bures: Eine kurze Frage noch.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Notheis, Herr Peschorn – die darf man ja durchaus auf der anderen Seite vermuten –, da gibt es auch Hinweise, dass die das dann im Nachhinein noch so bewerten und sagen: Okay! Politisch war es halt – und das wortwörtlich – eine vernünftige Entscheidung, wirtschaftlich aber die schlechtere. Das war im Nachhinein.

Vorsitzende Doris Bures: Sie müssen die Frage formulieren.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Haben Sie eine Erinnerung an die Argumente von Notheis, Peschorn, die Ihnen das noch so nähergebracht haben?

Dr. Michael Spindelegger: Soweit ich mich erinnern kann: Also Kollege Notheis war sicher dabei, ich erinnere mich, glaube ich, ja, es war auch Dr. Peschorn letztlich in der Nacht 13., 14.3.2014 dabei. (Abg. Kogler: ... dass jemand sagt: Das ist der wirtschaftliche schlechtere Weg, aber politisch halt nicht anders machbar!)

Letztlich wurde die Entscheidung dort von mir getroffen, aber sozusagen auch nach Beratung mit den beiden, die dem auch letztlich als dem einzigen Weg zugestimmt haben. Wie die genauen Begründungen damals waren, an das kann ich mich nicht mehr erinnern, muss ich sagen.

Abgeordneter Christoph Hagen (STRONACH): Herr Dr. Spindelegger, ich hätte noch einmal eine konkrete Frage zu einem konkreten Fall und würde mir eine konkrete Antwort erwarten.

Noch einmal: Was wäre rechtlich im Falle der Geschäftsaufsicht mit den Forderungen der BayernLB gegenüber der Hypo passiert? Welche Rechtsfolgen hätte das gehabt? Bitte eine konkrete Antwort!

Dr. Michael Spindelegger: Ich bin jetzt nicht der Experte dazu, aber als Jurist ist für mich klar, dass die Forderungen einfach bestehen bleiben, bis die Entscheidung getroffen ist, Insolvenz oder nicht.

Und man hätte auch damals, im Zuge dieses einen Jahres als Fenster, mit dem Land Bayern verhandeln können, ob es eine Kompromisslösung gibt, aber es hätte jetzt nicht mit der Einsetzung einer Geschäftsaufsicht ein Ende der Forderungen gegeben, sondern die Bank wäre als solche bestehen geblieben, und in dem einen Jahr wären Forderungen natürlich auch bestehen geblieben.

Abgeordneter Christoph Hagen (STRONACH): Dann sage ich es: Also kein Geld von Österreich nach Bayern in diesem Jahr?

Dr. Michael Spindelegger: Das hat damit nichts zu tun, sondern kein Geld – oder Geld – war dann von einem Gerichtsurteil abhängig. Das wäre aber in dem einen Jahr wahrscheinlich auch nicht erfolgt; es hätte sicher länger gedauert, mit Einholung von Gutachten, Beweismitteln und Anhörungen. In dem einen Jahr hätte man mit allen Gläubigern verhandeln können, auch mit der Bayerischen Landesbank als jemandem, mit dem es einen Streit über verschiedene Milliarden gibt, ob es eine gemeinsame Lösung gibt oder nicht.

Wenn eine Insolvenz eingetreten wäre, dann wird natürlich alles fällig und das bestehende Vermögen noch verteilt, und alles andere ist untergegangen.

Abgeordneter Christoph Hagen (STRONACH): Na gut, die Geschäftsaufsicht wäre ja dazu da, um die Insolvenz zu verhindern; eine Feuerlöscherfunktion ist das.

Jetzt gehe ich noch kurz auf Ihr Abendessen am 13. März 2014 mit Herrn Bundespräsidenten Fischer und Bundeskanzler Faymann ein. Was wurde da konkret beschlossen? Wurde da etwas beschlossen, und wenn Ja, was?

Dr. Michael Spindelegger: In diesem Treffen wurden noch einmal die verschiedenen Varianten durchgegangen – die habe ich erläutert, so wie Ihnen heute auch –, verschiedene Modelle, die sich eben herauskristallisiert haben. Wir haben auch versucht, eine politische Diskussion und Abwägung vorzunehmen. Das hat lange gedauert. Ich glaube, wir waren von 19 bis 24 Uhr, etwa fünf Stunden, miteinander in Diskussion.

Um Mitternacht hat sich dann klar abgezeichnet, dass es eher dieses Brückenmodell wird. Ich habe gesagt: Ich werde mir das bis morgen noch einmal überlegen!, bin dann noch einmal ins Ministerium zurückgefahren, habe alle meine Berater zusammengeholt. In den Morgenstunden haben wir dann klar entschieden: So wird es sein!, und haben gleich für den nächsten Tag diese Entscheidung in einer Pressekonferenz bekannt gegeben. (Abg. Hagen: Also nicht mehr drüber g’schlafen?) – War wenig Zeit! (Abg. Hagen: Danke!)

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Dr. Spindelegger, ist Ihnen ein Rating für alle österreichischen Banken, gesamthaft, bekannt?

Dr. Michael Spindelegger: Es gibt für jede Bank ein Rating, aber nicht für alle. Es gibt für Österreich ein Rating, und es gibt für jede einzelne Bank ein Rating.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Das ist genau der Punkt! Die Banken werden einzeln bewertet, nicht alle in einen Topf geworfen, schon gar nicht nach Nationalität, weil sie natürlich alle Einzelfälle sind.

Es ist ja auch – das wird Ihnen ja bekannt sein – eine andere österreichische Großbank eine Zeit lang mit Schwierigkeiten in Russland und der Frage, ob sie mit diesen Schwierigkeiten umgehen kann, in den Medien gewesen. Hat sich das auf andere österreichische Banken ausgewirkt?

Dr. Michael Spindelegger: Ich weiß nicht, was Sie jetzt meinen. Meinen Sie Raiffeisen mit dem Engagement in Russland? (Abg. Hable: Ja!)  Das hat natürlich Auswirkungen gehabt. Wir sind dazu – kann ich mich auch erinnern – im Finanzministerium mit dem Gouverneur der Nationalbank, mit den einzelnen Bankenvertretern zusammengesessen, um auch Auswirkungen zu besprechen. Die Sanktionen, die gegenüber Russland damals im Raum waren – zumindest die Stufe 3, die aber nicht aktualisiert war –, hatten große Konsequenzen auf die gesamte Lage in Österreich, und auch das wurde erörtert.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Die Frage hat sich darauf bezogen, ob es Auswirkungen auf andere österreichische Banken gegeben hat, ob deswegen, weil die RBI damals – so war zumindest den Medien zu entnehmen – in Russland in Schwierigkeiten war, andere österreichische Banken in Russland in Schwierigkeiten gekommen sind. – Also mir ist nichts bekannt. Das ist aber genau die Argumentation, die verwendet wird.

Es wird zuerst darauf hingewiesen: Insolvenz und Geschäftsaufsicht gehen nicht, weil da der Bank Run kommen könnte!; dann wird darauf hingewiesen: So groß kann der Bank Run in der Hypo nicht sein, denn so viele Sparer hat die Hypo ja nicht gehabt, in erster Linie anleihefinanziert!; dann wird ausgewichen: Ja, vielleicht nicht auf die Hypo, der Bank Run wäre dann auf die anderen österreichischen Banken in Kroatien oder sonst wo losgegangen!

Es gibt aber überhaupt keine Evidenz, keine Argumente dafür, dass Probleme in der einen Bank automatisch auf eine andere Bank durchschlagen, und schon gar nicht in einer Kategorie nach Nationalität. Dafür gibt es überhaupt keine Evidenz, deswegen finde ich es verwunderlich, dass Sie, obwohl Sie die richtigen Fragen gestellt haben, obwohl Sie auch internationale Berater hinzugeholt haben, sich mit diesen alten Argumenten, die auch keine neuen sind, zufriedengeben und sagen: Ja, dann doch nicht Insolvenz!

Dr. Michael Spindelegger: Zunächst noch einmal: Reflexion Russland. Die Gefahr war ja, dass eine Verstaatlichung der Bank in Russland stattfindet. Das kann man eben von vornherein nicht ausschließen. Das war der springende Punkt damals, aber das ist ein anderes Thema.

Letztlich ist für mich bei dieser Gesamtabwägung immer entscheidend gewesen, dass nie ein exaktes, mit Zahlen fundiertes Szenario für die Zukunft entwickelt werden kann. Das gibt es bei politischen Abwägungen nicht. Die Entscheidung war auch schwer genug.

Ich weiß schon, Sie waren immer ein Befürworter der Insolvenz, Sie haben das auch immer gesagt – auch in unseren Besprechungen –, aber letztlich musste ich als Finanzminister alles abwägen und nicht meine persönliche Präferenz in den Vordergrund stellen. Das habe ich getan, nach bestem Wissen und Gewissen, und bin zu dieser Entscheidung gekommen. Ich stehe auch voll und ganz dazu. Das kann ich nicht ändern und will ich auch nicht ändern, auch wenn Sie diesbezüglich eine andere Meinung haben.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Wer waren denn – Kollege Kogler hat ohnehin schon in diese Richtung gefragt – all diese Einflüsterer, die diese Argumente – Bank Run, und: der Balkan bricht zusammen – vorgebracht haben? Herr Lejsek, das habe ich schon herausgehört, aber wer noch?

Dr. Michael Spindelegger: Ich habe es Ihnen vorhin schon gesagt, das war aus dem Finanzministerium selbst immer ein Argument, das war von der Nationalbank ... (Abg. Hable: Konkret, Personen!) – Da waren aber verschiedene Vertreter, ich kann mich jetzt nicht mehr an alle erinnern, die bei diesen Besprechungen dabei waren. Das waren ja größere Runden, wir sind ja fast täglich miteinander gesessen, um das eine oder andere Argument noch einmal durchzugehen, neue Informationen einzuholen. Also ich kann Ihnen jetzt nicht alle Namen aufzählen, das ist nach zwei Jahren auch aus meinem Gedächtnis jetzt nicht mehr so präsent, aber ...

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): So viele gibt es ja nicht! Also: Lejsek haben wir schon festgestellt, Nowotny ist auch klar – wer sonst noch?

Dr. Michael Spindelegger: Sektionsleiter waren genauso mit dabei. Ich kann mich erinnern, dass wir aus dem Bereich der Nationalbank Experten mit dabei hatten; auch die Finanzmarktaufsicht war regelmäßig bei den Besprechungen anwesend; und wir haben die externen Berater, die schon genannt wurden, auch gehört. Wir haben damals Rechtsanwälte beschäftigt, die uns Detailfragen zum Insolvenzrecht beantwortet haben.

Also es gab wirklich eine Vielzahl an Personen, die bei diesen Besprechungen mit dabei waren, aber letztlich bleibt es immer bei einem hängen, der die Entscheidung treffen muss. Da kann man sich nachher – und das will ich auch nicht – nicht auf irgendwen anderen ausreden. Ich habe die Entscheidung getroffen, ich trage auch die Verantwortung dafür, und ich glaube bis heute, dass es die richtige Entscheidung war.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Klar, aber es geht hier auch darum, wie die Entscheidungsgrundlagen für Sie aufbereitet worden sind und wer auf diesem Weg welche Argumente und auch warum vertreten hat.

Vorsitzende Doris Bures: Eine Frage noch, Herr Abgeordneter.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Wer hat denn dann die Gegenposition vertreten? Welche Personen – ich bitte um Namen – haben denn zum Beispiel die Variante einer Insolvenz oder einer Geschäftsaufsicht vertreten?

Dr. Michael Spindelegger: Das war von vornherein auch mein Berater Dr. Notheis, der diese Frage besonders ins Zentrum gestellt hat, wie man möglicherweise mit einer Insolvenz ein besseres wirtschaftliches Ergebnis erzielt. Das zeb-Gutachten war ja speziell auch auf diese Frage ausgerichtet, und die Personen, die dahinterstanden, haben das auch erörtert.

Aber noch einmal: Zum Schluss kommt alles zusammen und dann muss eine politische Abwägung erfolgen. Die habe ich getroffen.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Die zeb hat selber auch einen möglichen Bank Run gesehen?

Dr. Michael Spindelegger: zeb hat die Gefahr eines Bank Runs gesehen und dann letztlich in unseren Besprechungen auf meine Fragen hin eben auch antworten müssen: Das ist nicht auszuschließen – nämlich auch diese Auswirkungen auf andere österreichische Banken.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Der Kollege von den Freiheitlichen hat Ihnen diesen Beschluss aus dem Amtsblatt der Europäischen Union vorgelegt. Könnten Sie einmal zur Seite 33 blättern? Das ist der eigentliche Beschluss, das andere sind ja nur Vorerwägungen. Auf Seite 32 ist zunächst der Artikel 1 des Beschlusses, nämlich dass der alte Bescheid aufgehoben wird.

In Artikel 2 wird dann ganz genau aufgezählt, welche staatlichen Maßnahmen Beihilfen waren. Da gibt es eine einzige, die Österreich betrifft. Da wird unter Punkt 1d die Notverstaatlichung nicht mehr als Beihilfe angeführt, sondern ausdrücklich nur die „gewährte Garantie bezüglich des Fundings in Höhe von 2,638 Mrd. EUR“.

„Die der Bayerischen Landesbank von Österreich gewährte Garantie bezüglich des Fundings (…).“ – Das sind diese 2,4 Milliarden € – 2,6 Milliarden steht hier –, die ja Gegenstand des Vergleichs sind, wo Bayern nur in etwa die Hälfte bekommt und auf die andere Hälfte verzichtet. Das heißt, das ist das Einzige, was in diesem Beschluss wirklich als Beihilfe angesehen wird, wovon dann auf die Hälfte ja ohnehin quasi verzichtet wurde.

Weil es immer schwierig ist, solche Dokumente in 30 Sekunden zu überfliegen, halte ich hier fest, dass die Verstaatlichung selbst nicht als Beihilfe gewertet wird, denn das ist aus dem Verfahren ausgeschieden, sondern nur diese Garantiegewährung, die dann auch nur zur Hälfte – sage ich einmal – garantiert wurde, in der Zwischenzeit, durch den Vergleich, und man davon ausgehen kann, dass die Recovery Rate in der HETA ausreicht, um diese 50 Prozent zu bezahlen. Das wollte ich nur festhalten und feststellen, auch für das Protokoll. – Danke.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Etwas anderes wurde auch nie behauptet, außer dass die 2,6 Milliarden € als Beihilfe gewertet worden sind, die Garantie im ursprünglichen Kaufvertrag.

Zurück zu diesem Übel, zu dem Übel über allem anderen, eben Garantie/Funding, 2,6 Milliarden im Kaufvertrag drinnen, Mitspracherecht der Bayern, Gewährleistungsverzicht, und, und, und – das sind alles Dinge, für die Sie nichts können, die Ihr Vorgänger abgeschlossen hat. Ob Sie damals mit involviert waren, wissen wir nicht, aber soweit wir wissen, waren es nur Herr Dipl.-Ing. Pröll und Herr Schieder, die das abgeschlossen haben und von den Bayern über den Tisch gezogen wurden; und dann in weiterer Folge: die Verhinderung der Bad Bank durch Ihre Vorgängerin Frau Fekter. Da kommen wir dann schon zu dem Thema, wo Sie jetzt sagen: rasche Entscheidung.

Finden Sie – diese Frage haben Sie mir vorher auch nicht beantwortet –, dass eine Entscheidung nach vier oder viereinhalb Jahren Diskussion über die Gründung einer Bad Bank für die Hypo, über die bei der Kommunalkredit innerhalb von wenigen Monaten entschieden wurde, eine rasche Entscheidung war und ihr wirtschaftlich nicht geschadet hat?

Dr. Michael Spindelegger: Ich sage es Ihnen noch einmal: In diesen vier Jahren wurde der Haftungsrahmen reduziert, aber es wurde vor allem das Beihilfeverfahren in Brüssel entschieden, und das war aus meiner Sicht eine wesentliche Grundlage (Abg. Angerer: Negativ für uns!) für die weiteren Entscheidungen, denn wenn die Beihilfen abgelehnt worden wären, dann hätte das eine sofortige Konsequenz gehabt. Darum, glaube ich, muss man das mitberücksichtigen, wenn man diesen Zeitraum betrachtet. Aber das ist nicht meine Amtszeit, und ich habe – noch einmal gesagt – eben damals eine Untersuchungskommission eingesetzt, die sich mit diesen Fragen auseinandersetzen soll. Das Ergebnis liegt vor.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Trotzdem, in Ihrer Phase hat es dann Herrn Liebscher gegeben, und Herr Liebscher ist ja auch mit Zorn gegangen. Vielleicht können Sie uns sagen, warum Herr Liebscher gegangen ist.

Dr. Michael Spindelegger: Die genauen Beweggründe hat er damals in einem offenen Brief vorgelegt, der ist auch bekannt, und ich habe damals auch offiziell reagiert; aber noch einmal, im Hintergrund: es gab auch Auffassungsunterschiede.

Ich darf das noch einmal auf die Frage des Zuschussbedarfs für die Hypo reduzieren: Ende des Jahres 2013, mit über einer Milliarde frischem Geld für die Hypo, ging es im Jänner, wenige Wochen später, darum, dass noch einmal mehr als eine Milliarde – jetzt aus meiner Erinnerung, aber jedenfalls eine unglaubliche Summe – an Zuschussbedarf von Aufsichtsrat und Vorstand konstatiert wurde. Daraufhin habe ich alle – Vorstand und Aufsichtsrat, Finanzmarktaufsicht, Nationalbank – bei mir im Ministerium zusammengerufen und habe dort auch meinem Zorn Ausdruck verliehen, dass das nicht möglich ist, dass man innerhalb weniger Wochen zu völlig anderen Zahlen und Notwendigkeiten kommt. – Das war sicher auch ein Grund dafür, warum Liebscher dann den Aufsichtsratsvorsitz zurückgelegt hat.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Herr Liebscher hat ja in einer Aussage gegenüber der „Presse“ gesagt, er will nicht die Verantwortung für die Versäumnisse der Politik übernehmen. Haben Sie ihn danach gefragt, was er damit gemeint hat?

Dr. Michael Spindelegger: Nein. In dem Augenblick, in dem er seinen Rücktritt erklärt hat – er hat mir das ja auch nicht vorher gesagt, sondern hat das über die Öffentlichkeit gespielt –, war für mich auch klar, wenn er zurückgetreten ist, dann hat es auch wenig Sinn, jetzt über die Gründe oder das eine oder andere im Detail zu reden, sondern es ist notwendig eine nächste Entscheidung zu treffen.

Ich habe sie getroffen, indem ich Herrn Dr. Walter diesen Auftrag gegeben habe, den Aufsichtsrat zu führen.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Was war für Sie der Grund, Herrn Notheis einzuschalten? Woher kennen Sie Herrn Notheis? Oder kannten Sie ihn von vorher?

Dr. Michael Spindelegger: Ich habe das schon beantwortet – ich glaube sogar, Sie haben es gefragt –: Dr. Notheis war ein Experte betreffend das Thema Kapitalmarkt und zum anderen auch jemand, der exzellente Verbindungen nach Deutschland hatte, insbesondere zum Land Bayern. Das war ja einer der wichtigen Punkte für die Zukunft, auch eine mögliche Vereinbarung mit dem Land Bayern herbeizuführen.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Herr Notheis hat ja vorher im Zuge der Verstaatlichung die Bayern vertreten.

Dr. Michael Spindelegger: Darum auch gute Kontakte!

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Empfinden Sie das als sinnvoll, wenn jemand zuerst die eine Seite vertritt und dann auf einmal auf der anderen Seite tätig sein soll, noch dazu für ein fürstliches Gehalt von 5 000 € am Tag?

Dr. Michael Spindelegger: Also diese Fragen könnten Sie jedem Rechtsanwalt stellen, der einmal in einem Fall und dann in einem anderen Fall, der vielleicht irgendwie damit zusammenhängt, eine Seite vertritt. Das ist eben der Auftrag, den jemand hat. Ich war überzeugt davon, nachdem ich ihn persönlich kennengelernt hatte, dass er sein Bestes geben wird. Und noch einmal: Für eine mögliche Verhandlung mit Bayern jemanden zu haben, der dort gute Kontakte hat, der das vorbereiten kann – denn die Politik setzt ja letztlich erst aufgrund einer Vorbereitung einen Schritt , das war für mich ein überzeugendes Argument.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Was war dann das Ergebnis, wo hat Herr Notheis dann in der Entscheidung wirklich etwas geholfen?

Dr. Michael Spindelegger: In der Aufarbeitung der ganzen Frage. Ich habe ja erst schon erläutert, dass mir das, was die Taskforce geliefert hat – besonders zum Thema Insolvenz –, zu wenig war, darum habe ich ihn auch gebeten, sich das noch einmal im Detail anzuschauen.

Ich habe ihn gebeten, in den Vorbereitungen in Richtung eines Kontakts auf Spitzenebene mit Bayern etwas zustande zu bringen, und das hat er auch gemacht.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Ist Ihnen damals auch bewusst gewesen oder von Ihren Beratern gesagt worden, dass die laufenden Zuschüsse, die da der Bund gegenüber der Hypo machen musste, also die Kapitalerhöhungen, auch dazu geführt haben, dass die Anleihen wieder mehr wert wurden und gestiegen sind?

Dr. Michael Spindelegger: Ja, aber gerade beim Thema der Anleihen war das ein besonderes Thema, um es so zu sagen, denn wir haben ja gesehen, wie sich das auf dem Markt entwickelt hat. Das hat ja in einer bestimmten Phase zum Teil auch sehr nachgelassen, und da war ja die Gefahr dahinter, dass durch diese mittlerweile weniger wert seienden Anleihen eben Spekulanten eintreten, das kaufen und dann sozusagen mit 100 Prozent wieder aussteigen; 70 Prozent kaufen und 100 Prozent von der Republik bekommen. Das war ja einer der Gründe, warum wir gesagt haben, das kann nicht sein, dass man ohne irgendeinen Schnitt eine Lösung zustande bringt.

Ich habe damals eben gesagt, für die Nachranggläubiger muss es einen Schnitt geben, den hat der Verfassungsgerichtshof dann leider aufgehoben; das muss man zur Kenntnis nehmen, aber ich habe es für richtig gehalten, dass gerade Nachranggläubiger in einem solchen Verfahren auch geschnitten werden, denn das ist eben das Charakteristikum eines Nachranggläubigers, dass er kein Primärgläubiger ist, sondern auch höhere Zinsen dafür bekommt, aber halt größeres Risiko zu tragen hat.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Ja, und war das im Nachhinein gesehen erfolgreich?

Dr. Michael Spindelegger: Der Verfassungsgerichtshof hat es aufgehoben, darum war es nicht erfolgreich; aber es gab gute Argumente, dass man das sehr wohl so machen kann.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Es ist genau passiert. Also wenn man vorher  ich sage jetzt noch einmal, vor Ihrer Zeit, aus meiner Sicht, oder aus unserer Sicht – eine Bad Bank gegründet hätte, also diese Möglichkeit gegeben hätte, hätte man erstens viele dieser Zuschüsse und auch diese Effekte vermeiden können. Ich weiß nicht, inwieweit Sie damals in die Entscheidungen von Frau Fekter involviert waren. Bis jetzt wissen wir nur, dass Frau Fekter das vehement vertreten hat, dass das aufgrund der Erhöhung der Staatsschulden nicht zugelassen wird.

Dr. Michael Spindelegger: Wir haben in Österreich ein System der Ministerverantwortlichkeit, wo ein Minister für sein Ministerium verantwortlich ist, aber wir haben – ich habe das ja auch schon erläutert –, besonders was das europäische Problem betrifft, ja gemeinsam diese Taskforce eingesetzt. Das war auch sehr erfolgreich in Richtung der Verhandlungen mit der Europäischen Union, letztlich hat es zu einem positiven Beihilfebescheid geführt.

Vorsitzende Doris Bures: Eine Frage noch, Herr Abgeordneter.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Haben Sie als damaliger Parteiobmann eventuell auf die Frau Bundesminister eingewirkt, im Wahljahr 2013, das nicht zuzulassen?

Dr. Michael Spindelegger: Was meinen Sie mit: „nicht zuzulassen“?

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Die Bad-Bank-Gründung und damit die Erhöhung der Staatsschulden, weil es im Wahljahr eben unbequem für Sie als ÖVP-Parteiobmann war.

Dr. Michael Spindelegger: Also das weise ich mit schärfsten Worten zurück, ich habe nie jemanden davon abgehalten, etwas zu gründen.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Das war ja nur eine Frage, Sie brauchen es nicht zurückweisen; Sie können Nein sagen.

Dr. Michael Spindelegger: Das ist eine Unterstellung, und die weise ich zurück.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Eine Frage war es, keine Unterstellung; eine Frage: Haben Sie eingewirkt?

Dr. Michael Spindelegger: Nein.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Danke.

Vorsitzende Doris Bures: Damit gelangen wir zur fünften Fragerunde.

Ich frage in der Fraktionsreihenfolge durch: ÖVP? – Keine Fragen.

Herr Abgeordneter Mag. Kogler? – Bitte.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Fahren wir fort bei dem zeb-Gutachten. Ich komme zur „Darstellung und Wertung der Sekundäreffekte“ der Modelle, so lautet die Überschrift wortwörtlich. Da geht es eigentlich auch um diese Fragen, die Sie releviert haben, nämlich die Auswirkungen auf die anderen österreichischen Banken. Ich möchte das noch einmal für das Protokoll zum Vortrage bringen; es ist immer noch die gleiche Zahl, 13032, OeNB, drittvorletzter Absatz in dieser Bewertung: Auswirkungen auf Banken.

 „Ein Spill-Over von Insolvenzgerüchten (...) war bislang nicht zu erkennen.“ – Das ist einmal die Einleitung. Dann: „Abschließend deuten die unterstellten geringen Anlagequoten der österreichischen Banken (...) nicht darauf hin, dass es (...) in der Folge zu einem ‚Dominoeffekt‘ bei Insolvenz der HBInt kommen muss. Eine finale Aussage (...). „In Summe kommt zeb/ zu der Einschätzung,“– wortwörtlich –, „dass aus der Wahl des Modells“ – also immer inklusive Insolvenz – „keine wesentlichen Effekte für die Refinanzierungskosten“ – und jetzt kommt es – „bzw. die Stabilität der österreichischen Banken abzuleiten sind.“

Das heißt, selbst bei den Sekundäreffekten, wo ich vermutet hätte, dass die vielleicht – ich hatte es teilweise schon wieder vergessen – Bedenken hätten, bleibt von dem nichts übrig. Das heißt, die zeb kann schwerlich in Betracht kommen, auf Schwierigkeiten besonderer Art hingewiesen oder gegen die Hybrid-, ja nicht einmal gegen die Insolvenzlösung etwas gehabt zu haben.

Dr. Michael Spindelegger: (in seinen Unterlagen blätternd): Ich darf Ihnen noch einmal aus meiner Erinnerung erläutern, dass wir bei der Präsentation dieses Gutachtens natürlich die entsprechenden Fragen genau darauf gerichtet haben, dass das im Zuge dieser Diskussion eben auch von den Gutachtern nicht ausgeschlossen werden konnte das kann man auch nicht ausschließen – und dass das auch ein wesentliches Argument war, das natürlich nachher, bei der Abwägung der Fragen, welches Modell man letztlich wählt, geblieben ist. 

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Kommen wir noch einmal kurz zur Rolle des Bankmanagements: Da war ja der Verdruss über diese Zahlenlückenbilanz 2013, Picker war neu da, Sie haben sich in der Öffentlichkeit entsprechend echauffiert.

War dann in der Regierung oder im Ministerium einmal eine Diskussion, was eigentlich mit dem Bankvorstand los ist, wenn schon nicht mit Picker, der ja frisch kam – Klammer auf: der aber auch von sich behauptet hat, er kennt alle Zahlen, denn immerhin war er schon in Slowenien und in Bosnien; was ja zutreffend ist, aber lassen wir den einmal weg – ...

Als Schuldiger wurde ja Finanzvorstand Proksch identifiziert. Er war ja mehr oder weniger – wir haben es in den Akten – fast geständig und hat es im BMF-Gespräch ...; er wurde ja vorgeladen, die haben es dort erzählt, was sie mit den 500 Millionen gemacht haben. Das führt hier zu weit.

Haben Sie einmal festgestellt, dass Ihre Vorgänger, die sich heute alle über das Bankmanagement aufregen, Anstalten gemacht hätten, da irgendjemanden auszutauschen?

Dr. Michael Spindelegger: Ich habe mit meinen Vorgängern nicht darüber geredet, ob sie da persönliche Ambitionen hatten, das kann ich nicht beantworten. Aber ich habe bei diesem Gespräch mit dem Vorstand eben auch in Erwägung gezogen, den Finanzvorstand abzulösen. Natürlich kann das nur der Aufsichtsrat machen (Abg. Kogler: Ja, ja!), aber wir hätten das nahelegen können, sind aber dann letztlich wegen der Zeitabläufe davon abgekommen, weil wir – ich glaube, das ist auch nachvollziehbar – innerhalb kurzer Zeit ohnehin eine Entscheidung treffen wollten.

Aber das Vertrauen war natürlich schon sehr in Mitleidenschaft gezogen, mit dem Finanzvorstand; und diese 500 Millionen, da haben Sie vollkommen recht, das war eine völlig regelwidrige Verwendung des Geldes, das damals zugeschossen wurde, und das sollte nur ein altes Loch abdecken, bei dem man lieber nicht hingeschaut hat. So ungefähr hat sich das dargestellt.

Das war schon eine bittere Lehre, die wir auch ziehen mussten, weil diese Bank, die ohnehin in solchen Schwierigkeiten war, dann auch vom Management her und gerade vom Finanzvorstand in ein solches Licht gerückt wurde, was eine doch sehr schwierige Situation war.

Vorsitzende Doris Bures: Eine kurze Frage noch, Herr Abgeordneter.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Das war eigentlich meine Frage: Dass die Vorgänger irgendwann einmal daran gedacht hätten, da Eingriffe vorzunehmen, das haben Sie nicht entdeckt. Ich halte für den Ausschuss fest, dass der damalige Vizekanzler der Erste war, der sich damit zumindest beschäftigt hat. Ich halte das für plausibel, außerdem haben Sie ja später Konsequenzen gezogen.

Dr. Michael Spindelegger: Aber ich habe mit meinen Vorgängern auch nie darüber geredet, darum kann ich dazu nichts beitragen.

Vorsitzende Doris Bures: Das Team Stronach hat keine Fragen mehr.

Herr Abgeordneter Dr. Hable? Bitte.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Ich möchte noch bei denjenigen Personen bleiben, die kontra Geschäftsaufsicht, kontra Insolvenz eingetreten sind. Hat es da außerhalb von Notenbank und Finanzministerium noch Personen, Personengruppen gegeben, die in diese Richtung argumentiert haben, gedrängt haben, sich bei Ihnen gemeldet haben?

Dr. Michael Spindelegger: In den Besprechungen war – aus meiner Erinnerung – auch die Finanzmarktaufsicht dieser Meinung, dass man keine Insolvenz vornehmen soll.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Außerhalb dieses Kreises der üblichen Verdächtigen? (Abg. Krainer: Na bitte, was heißt verdächtig? Was ist verdächtig?)

Dr. Michael Spindelegger: Da gibt es keine üblichen Verdächtigen. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Krainer.)

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS) (in Richtung des Abg. Krainer): Jetzt beruhige dich wieder! (Abg. Krainer: ..., dieser Stil hat in einem Ausschuss nichts verloren ...!) – Einfach ignorieren, die Zwischenrufe von Kollegen Krainer, das sind wir im U-Ausschuss schon gewohnt! (Abg. Krainer: Die sollen ins Protokoll aufgenommen werden ...!)

Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter Hable, ich habe den Eindruck gehabt, Sie haben bei Abgeordnetem Krainer sogar noch einmal nachgefragt.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Nein, ich habe nur darauf gewartet, bis er sich wieder ein bisschen abreagiert hat.

Hat es sonst noch jemanden gegeben, der gegen die Insolvenz argumentiert, interveniert hat? Haben sich Bankenvertreter bei Ihnen gemeldet? Haben sich andere Politiker bei Ihnen gemeldet, mit Meinungen und Ansichten, dass irgendetwas gut oder ganz schlimm wäre?

Dr. Michael Spindelegger: Meinungen und Ansichten hat jeder geäußert in der öffentlichen Diskussion. Sie können sich doch erinnern, Sie wissen doch, dass wir im Parlament –ich weiß nicht, wie viele – Sondersitzungen gehabt haben. Politiker haben sich laufend gemeldet.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Ich meine bei Ihnen.

Dr. Michael Spindelegger: Ich saß auf der Regierungsbank, ich war ja der Adressat von all diesen Wortmeldungen (Heiterkeit der Auskunftsperson); die alle aufzuzählen, wäre, glaube ich, müßig.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Ich rede ja nicht von Plenarsitzungen, die jeder sehen konnte, ich rede von Argumenten, die Ihnen persönlich vorgebracht worden sind oder über Mitarbeiter oder sonst wen an Sie herangetragen worden sind.

Dr. Michael Spindelegger: Ja, aber nie in der hintersten Stube, geheim und unter einem aufgeschlagenen Mantelkragen, sondern so, wie die politische Debatte läuft: Ja, manche haben sich in der Öffentlichkeit geäußert, andere haben mir – wenn ich irgendwo aufgetreten bin – gesagt, was sie davon halten oder auch nicht. Aber das ändert nichts daran, dass einer die Entscheidung treffen muss, und ich habe sie getroffen.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Also keine Interventionen, die an Sie direkt oder indirekt herangetragen worden sind.

Dr. Michael Spindelegger: Das kommt darauf an, was Sie unter Intervention verstehen. Wenn jemand seine Meinung äußert und sagt, er ist dafür oder er ist dafür oder er warnt vor diesem Schritt, sehe ich das als Meinungsäußerung. Intervention im Sinne von: Das musst du so machen!, oder: Da müssen Sie so tun, weil ...!, das gab es nicht.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): So weit muss ich ja nicht gehen, eine Intervention muss ja nicht so lauten, dass es heißt, du musst das machen. Intervention bedeutet einfach auch, Interessen zu vertreten.

Dr. Michael Spindelegger: Ja, viele haben Interessen vertreten.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Das war meine Frage: Hat es andere gegeben (Auskunftsperson Spindelegger: Ja!), aus einem politischen Bereich, aus dem Bankenbereich, die Ihnen gegenüber, nicht in einem öffentlichen Forum oder in Medien, die wir eh alle lesen konnten ...

Dr. Michael Spindelegger: Unzählige, ich kann Ihnen die Namen gar nicht alle aufzählen! Jeder hat dazu eine Meinung gehabt, und jeder hat seinen Senf dazu beigetragen, ob er gewollt war oder nicht.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Noch einmal: Ihnen persönlich gegenüber?

Dr. Michael Spindelegger: Ja, mir persönlich gegenüber! Ich bin jeden Tag irgendwo aufgetreten und wurde natürlich angesprochen.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Gut. Wer hat Ihnen dann welche Meinungen überbracht?

Dr. Michael Spindelegger: Entschuldigen Sie, das war vor zwei Jahren; ich kann Ihnen nicht mehr sagen, wer mich aller wo und wann auf dieses Thema angesprochen hat. Das war das Thema in der Republik, und alle haben eine Meinung dazu gehabt. Ich bitte wirklich um Verständnis, ich kann fast niemanden ausschließen, der irgendwo in einer führenden Wirtschaftsposition oder in der Politik war, der dazu nicht irgendetwas zu sagen gehabt hätte.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Das hätte mich aber interessiert, und so lang ist das noch nicht her: zwei Jahre. (Auskunftsperson Spindelegger: Vielleicht ist das bei Ihnen anders, ich habe nicht ...!)

An den Finanzminister tritt auch nicht jeder heran, das werden ja Führungskräfte sein, Bankvorstände, politische Spitzenvertreter (Auskunftsperson Spindelegger: Wenn Sie sagen ...!), und solche Meinungen und wer da was an Sie herangetragen hat, das wird Ihnen doch in Erinnerung bleiben! Das ist ja nicht irgendeine Causa, das war – und ist auch noch – causa prima des Landes, damals auf jeden Fall, und ist zwei Jahre her, also noch nicht so lang.

Dr. Michael Spindelegger: Wir leben in einem Land, in dem freie Meinungsäußerung gewünscht ist, und ich bin, wo ich war, natürlich auch immer nach einer Veranstaltung zur Verfügung gestanden und wurde von ganz normalen Leuten, von Wirtschaftsvertretern, von Politikern darauf angesprochen, und sie haben mir auch da und dort ihre Meinung mitgegeben. Das ändert aber nichts daran, dass sie alle gewusst haben: Entscheiden muss zum Schluss einer, nämlich der Finanzminister – und das habe ich auch gemacht.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Was haben Ihnen diese Spitzenvertreter aus Politik und Wirtschaft oder Banken übermittelt?

Dr. Michael Spindelegger: Ganz Unterschiedliches: Die einen haben gesagt, wir brauchen unbedingt eine Insolvenz, das ist der einzige Weg, um eine wirtschaftlich saubere Lösung zu machen, die den Steuerzahler wenig kostet. Die anderen haben gesagt, wir brauchen alles, aber keine Insolvenz, das würde ...

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Wer waren diesen anderen?

Dr. Michael Spindelegger: Noch einmal – entschuldigen Sie –: Ich bin in öffentlichen TV-Shows aufgetreten, bei ATV, kann ich mich erinnern, war etwas, bei PULS 4, und das wurde auch öffentlich abgehandelt und die Leute haben nachher diskutiert.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Nein, ich rede nicht von öffentlichen Fernsehsendungen, das habe ich schon klargestellt. Ich rede von Meinungen, die an Sie als Finanzminister privat herangetragen worden sind. (Abg. Tamandl: Finanzminister, privat!?)

Dr. Michael Spindelegger: Privat hat niemand etwas an mich herangetragen. In einer Zeit, in der man in einer Spitzenfunktion ist, Herr Abgeordneter, ist man nicht privat.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Mit privat ist gemeint: persönlich, nicht unter dem Auge der Öffentlichkeit.

Dr. Michael Spindelegger: Noch einmal: Die Namen kann ich Ihnen nicht alle aufzählen, ich weiß es nicht mehr. Wenn Sie einmal in einer solchen Funktion sein sollten, werden Sie das gut verstehen, denn jeder Tag bringt Ihnen unzählige Konfrontationen mit dem einen oder anderen, ob Sie es wollen oder nicht.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Na ja, gut. Um es konkret zu machen: Sind Bankenvorstände an Sie herangetreten mit dem Hinweis, eine Insolvenz wäre ganz schlecht?

Dr. Michael Spindelegger: Ich bin mit Bankvorständen zum Beispiel zum Thema der Bankenabgabe im Finanzministerium zusammengesessen, da wurde natürlich dazu eine Meinung geäußert; ich bin mit Wirtschaftsvertretern zusammengesessen, die sich Sorgen um die Frage, wie die Reputation Österreichs danach aussehen wird, gemacht haben; ich habe mit Kapitalmarktleuten geredet, die durchaus wieder andere Gedanken hatten – also ganz unterschiedlich. Aber ich bitte wirklich um Verständnis: Ich kann Ihnen diese ganzen Namen nicht aufzählen, das überfordert mich.

Vorsitzende Doris Bures: Eine Frage noch, Herr Abgeordneter.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Meine Frage war auch nicht so weit gefasst, sondern meine Frage war konkret: Sind Bankvorstände an Sie herangetreten und haben gegen die Insolvenz und gegen Geschäftsaufsicht argumentiert?

Dr. Michael Spindelegger: Also ich kann mich nicht erinnern, wer von denen was alles gesagt hat, aber sicherlich waren Bankvorstände dabei, die auch ihre Meinung geäußert haben; aber letztlich kann ich Ihnen das nicht mehr personell namhaft machen.

Vorsitzende Doris Bures: Ich frage jetzt in der Fraktionsreihenfolge. – Herr Abgeordneter Krainer? – Bitte.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ihre Entscheidung, dieses Brückenmodell dann vorzuschlagen: Haben Sie das aufgrund dessen gemacht, weil irgendein anderer spezielle Interessen hatte, weil eine Bank spezielle Interessen hatte (Auskunftsperson Spindelegger: Sicher nicht!), weil ein Gläubiger spezielle Interessen hatte?

Dr. Michael Spindelegger: Ich habe versucht, alles, was ich mir an Expertise angehört habe, in einen politischen Kontext zu stellen, und danach die Entscheidung getroffen und nicht aufgrund einer Einzelmeinung oder weil mir irgendjemand etwas zugeflüstert hat.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Also nicht, weil ein Bankvorstand gesagt hat: Tun Sie das nicht!

Dr. Michael Spindelegger: Ich habe so viele Meinungen gehört, nicht nur zu dem Thema, sondern zu vielen, und es war ein Prinzip meiner Amtsführung, nach dem vorzugehen, wie ich glaube, dass es richtig ist, und nicht nach dem, was jemand von mir erwartet.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Haben Sie diese Entscheidung aufgrund von Meinungen von Landeshauptleuten so getroffen?

Dr. Michael Spindelegger: Auch nicht aufgrund von Meinungen von Landeshauptleuten, sondern deswegen, weil ich geglaubt habe, dass das der beste Weg ist, wie wir diese Dinge miteinander vereinbaren können.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Haben Sie noch irgendetwas, womit Sie jetzt im Ausschuss zur Aufklärung beitragen können?

Dr. Michael Spindelegger: Ich glaube nicht.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Gut. – Danke schön.

Vorsitzende Doris Bures: Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte Sie darüber informieren, dass die Verfahrensordnung vorsieht, dass drei Stunden Befragungsdauer nicht überschritten werden sollen. Das ist aber schon der Fall. Spätestens nach vier Stunden werde ich die Befragung für beendet erklären.

Zu Wort gelangt jetzt Herr Abgeordneter Angerer.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Nur noch ganz kurz abschließend zu meiner letzten Frage – budgetschönend im Jahr 2013, also vor der Wahl –, dazu, woher die Frage rührt: Der damalige Sektionschef Dr. Steger hat auf die Frage hier geantwortet, er hat Wahrnehmungen dazu, dass es da Einflussnahme gegeben hat, dass man im Jahr 2013 budgetschönend budgetiert. Sie haben es schon beantwortet, Sie waren es nicht, also war es offensichtlich jemand anderer.

Ich komme aber jetzt zu meinem nächsten Thema. (Abg. Tamandl: Legen Sie das vor! – Abg. Krainer: Vorlegen!) – Das ist im Protokoll der Befragung von Herrn Dr. Steger nachzulesen, Dokument Nummer 2119159, Seite 111. (Abg. Krainer: Vorlegen!) – Das legen wir gerne vor. Ich habe ja keine Frage gestellt, ich habe es nur erklärt, damit sich Herr Dr. Spindelegger ein Bild machen kann, dass es kein Vorhalt oder ein Vorwurf ihm gegenüber war, sondern eine Frage, die aus einer Antwort von Herrn Dr. Steger resultiert. (Abg. Krainer: Aber wenn wir die Antwort lesen, kommen wir drauf, es steht etwas anderes drinnen oder es ist aus dem Zusammenhang gerissen!)

Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter Angerer ist am Wort.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Danke.

Herr Dr. Spindelegger ... (Abg. Tamandl: Zur Geschäftsordnung!)

Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter, ich unterbreche Sie kurz, weil es eine Wortmeldung zur Geschäftsordnung gibt. – Bitte, Frau Abgeordnete Tamandl.

*****

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Ich glaube, so kann man das nicht gelten lassen, denn jetzt sind wir schon in der über 80. Sitzung und jedes Mal sagen wir: Wenn ein Vorhalt gemacht wird, dann soll dieses entsprechende Dokument auch der Auskunftsperson vorgelegt werden. Das gilt genauso für euch, wir haben es das letzte Mal Kollegen Lugar gesagt; es gilt für dich genauso.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Das werden wir nachholen, Frau Präsidentin! Wir machen es jetzt sofort.

Vorsitzende Doris Bures: Danke, es wird dieses Protokoll vorgelegt.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Ich stelle dazu aber keine Frage. (Abg. Krainer: Die Frage ist ja schon gestellt!) – Nein, ich habe ja keine Frage dazu. Wir legen es vor, damit Sie Ruhe geben!

*****

Meine Frage ist: Herr Ditz hat hier im Ausschuss ausgesagt, durch das Nichtzulassen der Bad Bank – er hat sie schon sehr früh vorgeschlagen, ab 2012 – ...

Meine Frage ist: Waren Sie in dieses Thema involviert? Sind Sie von Herrn Ditz oder von Herrn Scholten in der Frage der Gründung einer Bad Bank kontaktiert worden, und hat er Ihnen gegenüber vielleicht auch geäußert, dass man die Bad Bank als die einzige Alternative sieht?

Dr. Michael Spindelegger: Nein, bevor ich Finanzminister wurde, bin ich weder von Dr. Ditz noch von Dr. Scholten kontaktiert worden.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Also er hat es so bezeichnet: von einer kontrollierten Abwicklung hin zu einer unkontrollierten Zerschlagung, wenn man das nicht macht. Daraus resultiert dann in der Vermögensverwertung natürlich auch ein Vermögensverlust, wenn das eintritt. Das war seine Argumentation.

Ist Ihnen dieses Thema ab Ihrem Antritt als Finanzminister oder vielleicht auch davor in weiterer Folge von den Vorständen der Bank einmal zugetragen worden?

Dr. Michael Spindelegger: Bevor ich Finanzminister wurde, hatte ich mit niemandem aus der Bank einen Kontakt. Es war auch nie jemand bei mir, um mir irgendetwas zu erzählen. Ich hätte das aber auch vom Prinzip her nicht gemacht, weil das die Zuständigkeit der Frau Kollegin Fekter war, und davon halte ich und habe ich damals nichts gehalten, jemand anderem sozusagen hineinzupfuschen, sondern: wenn, dann muss man das gemeinsam machen, aber nicht hinter dem Rücken eines anderen Ministers.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Ab dem Zeitpunkt, ab dem Sie Finanzminister waren, hatten Sie natürlich Kontakt – davon gehe ich aus – mit Herrn Dr. Picker als damaligem Vorstand in der Bank und den damaligen Aufsichtsräten. Waren diese Vermögensverwertung, entsprechende Verluste, Abwertungsthematiken, Buchwerte von SEE-Netzwerk und Hypo-Österreich, die aufgrund des Beihilfeentscheides sehr kurzfristig veräußert werden müssen, wozu diese Fristen führen und was das für die Bank bedeutet, ein Thema?

Dr. Michael Spindelegger: Das war ein Thema bei diesem schon genannten Treffen mit Vorstand und Aufsichtsrat, weil das ja einer der ganz wesentlichen Punkte war. Und ich habe auch mit Dr. Ditz als Finanzminister dann ein Gespräch geführt, um ihn zu hören, was er schon über die Vergangenheit zu sagen hat. Das war für mich auch in der Abrundung des Bildes wichtig, einen Eindruck davon zu bekommen.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Hat man da Zahlen genannt, was das bedeuten kann?

Dr. Michael Spindelegger: Bei Dr. Ditz wurden keine Zahlen genannt, sondern das war eher ein Gespräch über seine Erfahrungen und auch seine Einschätzungen von Personen aus der Bank, was für mich wichtig war. Was die Zahlen anlangt, war das natürlich Gegenstand in dieser Besprechung mit Vorstand und Aufsichtsrat, weil das ja ein Brennpunkt war, aus dem sich in der Konsequenz ergeben hat: Gibt es einen neuen Zuschussbedarf oder nicht?

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Herr Dr. Ditz hat hier Zahlen von 5 bis 6 Milliarden € genannt.

Dr. Michael Spindelegger: Ja, mir damals gegenüber nicht, also das war ein anderes Gespräch.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Dann haben wir noch die letzte Frage, die stelle ich in der nächsten Runde.

Vorsitzende Doris Bures: Damit gelangen wir zur sechsten Fragerunde, und ich frage in der Fraktionsreihenfolge: ÖVP? – Keine Fragen. Grüne? – Bitte, Herr Abgeordneter Kogler.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Ich habe auch keine Frage, ich komplettiere nur für das Protokoll die zentralen Argumente von diesem zeb-Gutachten; jetzt aber nur mehr aus der umfangreichen Arbeit, nicht aus der Kurzfassung. Da heißt es auf Seite 33 etwa nur:

„Fazit:“ – nachdem da alles Mögliche minutiös, wie man sagt, auseinandergeklaubt und wieder zusammengefügt wird – „Modell Insolvenz erscheint vor allem aufgrund Gläubigerbeteiligung“ – der Begriff ist nämlich logischerweise noch nicht gefallen – „und geringerer Auswirkung auf Schuldenquote gegenüber“ anderen Modellen als vorteilhaft. – Das wollte ich nicht unerwähnt lassen.

Und jetzt tatsächlich noch einmal zur zusammenfassenden Beurteilung – bei denen heißt es immer Primäreffekte und Sekundäreffekte, das sind ja volkswirtschaftliche Begriffe –: „Auf Ebene der Primäreffekte sei das Insolvenzmodell im Wesentlichen aufgrund der Möglichkeit des Gläubigereinbezugs wirtschaftlich und aus Sicht des Steuerzahlers klar zu favorisieren.“ – Erster Satz. Zweiter Satz: „Auf Ebene der Sekundäreffekte“ – und so weiter und so fort – führt das „vermutlich weniger zu einem wirtschaftlichen als vielmehr zu einem politischen Risiko.“

Ihnen ist das vertraut, hier vielleicht nicht allen; im Protokoll ist es jetzt.

Zu einem anderen Thema, der Rolle Ihres damaligen Regierungskollegen Brandstetter: Wie war die Involvierung bis zur Entscheidung am Morgen des 14.3.? Nachher war er ja in die Gesetzwerdung involviert, das ist ja bekannt. Aber zuvor? Können Sie da dem Ausschuss etwas sagen?

Dr. Michael Spindelegger: Wir haben uns auch in sehr vielen gemeinsamen Sitzungen mit der Frage Insolvenz auseinandergesetzt. Warum er? – Weil natürlich auch der Justizminister für Insolvenzfragen, was die Gesetzgebung betrifft, Zuständigkeiten hat. Er hat mir auch Persönlichkeiten namhaft gemacht, diese beiden Rechtsanwälte kamen als Vorschlag von ihm, Dr. Russ war der eine und Dr. Engelhart war der andere. Die beiden hat er auch namhaft gemacht, und die haben wir auch in unsere Gespräche vor dieser Entscheidung am 13.3. in der Nacht, beziehungsweise 14.3. am Morgen involviert. Da ich auch ein persönlich gutes Einvernehmen mit dem Justizminister habe, habe ich diese Fragen natürlich auch mit ihm durchdiskutiert.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Ja, so wurde die Frage jetzt nicht gestellt. Ich erwarte mir da auch nicht irgendetwas, aber es muss ja im Sinne der Aufklärung sein. Es wird ja behauptet – Sie kennen das ja wahrscheinlich –, dass Herr Justizminister Brandstetter Ihnen etwas anderes gesagt hätte als etwa dem Bundeskanzler, und das Ganze sei dann im Übrigen erst bei diesem Abendessen beim Bundespräsidenten sozusagen wahrnehmbar zutage getreten, obwohl Brandstetter dort ja gar nicht dabei war.

Sie haben das ja sicher vernommen. Was vermuten Sie hinter diesen Thesen, die da behaupten, Herr Brandstetter hätte mit Entscheidungsträgern in der Sozialdemokratie anders beratschlagt als in Ihre Richtung? Können Sie dazu irgendetwas sagen?

Dr. Michael Spindelegger: Das kann ich mir nicht vorstellen, da kenne ich ihn gut genug, dass er genau das an der gleichen Stelle genauso sagen würde, wenn es um mich geht, wie wenn er es gegenüber anderen sagt. Das halte ich für reine Spekulationen. Ich habe zu ihm immer ein gutes Vertrauensverhältnis gehabt und habe es immer noch. Das kann ich ausschließen.

Vorsitzende Doris Bures: Eine kurze Frage noch.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Warum, glauben Sie, hat sich Herr Brandstetter zunächst durchaus nicht großartig gegen den Begriff Mastermind für das ganze Gesetzespaket, das nachher folgte, gewehrt, sich so bezeichnen lassen – zu dem allen haben wir wieder in den Medien Spuren, keine Sorge, das gehen wir dann alles für Kollegen Krainer kopieren –, und nachher, als zentrale Teile vom Verfassungsgerichtshof gehebelt wurden, wollte er damit nicht mehr so viel zu tun haben? Wie interpretieren Sie das?

Dr. Michael Spindelegger: Ich kann auch wieder nur am Beginn sagen: Mastermind, das ist ein Begriff, der einfach nicht zutrifft. Es war primär die Entscheidung des Finanzministeriums. Wir haben bei der Gesetzwerdung sehr intensiv mit dem Justizressort zusammengearbeitet, aber die Entscheidung war natürlich bei mir, und auch das ist aus meiner Sicht und meiner Erfahrung eher eine mediale Geschichte als eine, die die Tatsachen widerspiegelt.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Gleich im Anschluss an die Fragen von Kollegen Kogler: Was genau haben Sie denn mit Minister Brandstetter zur Frage der Insolvenz besprochen?

Dr. Michael Spindelegger: Vieles, in der Richtung: durchzugehen, welche Konsequenzen das hat, wie man das rechtlich abwickeln kann, wie das, was die Haftungen anlangt, aussieht – also die breite Palette, die eben in Insolvenzfragen zu behandeln ist.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Was hat Ihnen Minister Brandstetter da alles mitgegeben?

Dr. Michael Spindelegger: Rechtliche Details; er hat, wie gesagt, auch die Vorschläge für die beiden Persönlichkeiten gemacht, die wir dann mit zugezogen haben. Ich kann mich nicht an alle Details erinnern, aber wir haben unzählige Sitzungen gehabt.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Keine Details, sondern im Großen und Ganzen: Was war der Ratschlag von Herrn Brandstetter?

Dr. Michael Spindelegger: Ratschlag – wenn Sie glauben, er hat gesagt: Du darfst auf keinen Fall eine Insolvenz machen!, oder: Du musst eine Insolvenz machen!, dann gab es den Ratschlag nicht, sondern wir haben uns eben Stück für Stück in die Richtung, welche Lösung die Beste ist, vorgearbeitet, und da gab es viele Details zu besprechen.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Ja schon, aber was hat er jetzt konkret gesagt?

Dr. Michael Spindelegger: Entschuldigen Sie, was er vor zwei Jahren konkret bei welcher Sitzung gesagt hat, das weiß ich nicht mehr. Entscheidend war, dass wir alle rechtlichen Fragen rund um eine Insolvenz, aber genauso alle rechtlichen Fragen in Richtung einer Entscheidung eines Brückenmodells oder eines Hybridmodells durchgegangen sind.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Ja, eh klar. (Auskunftsperson Spindelegger: Ja!), aber das beantwortet die Frage nicht. (Auskunftsperson Spindelegger: Tut mir leid, die Details kann ich Ihnen nicht mehr nennen!) Wie hat sich der Minister Brandstetter geäußert? Hat er sich jetzt pro oder kontra Insolvenz geäußert?

Dr. Michael Spindelegger: Auf diese Frage lässt sich das nicht reduzieren. Wir haben versucht, alle Vor- und Nachteile auch miteinander abzuwägen, und das durchdiskutiert.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Na ja, und welche Vor- und Nachteile hat er geschildert?

Dr. Michael Spindelegger: Das weiß ich nach zwei Jahren nicht mehr, tut mir leid.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Nicht einmal im Groben, ob er eine grundsätzlich positive oder eher ablehnende Haltung gegenüber der Insolvenz hatte? Nicht einmal das?

Dr. Michael Spindelegger: Im Zuge einer Diskussion ergibt sich das eine und das andere, da kann man nicht nachher sagen, das war schwarz oder das war weiß. Es ist wie die Welt: bunt.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Welche bunte Meinung hat dann Herr Brandstetter zur Hypo-Insolvenz gehabt?

Dr. Michael Spindelegger: Ich sage Ihnen noch einmal: Wir sind die verschiedenen Szenarien durchgegangen, die bei verschiedenen Modellen auch zu bewerten sind. Und es war für mich wertvoll, einen Justizminister an der Seite zu haben, der eben auch unbelastet von irgendwelchen Einflüssen versucht, eine möglichst sachliche Diskussion zu führen.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Von wann bis wann war er da eingebunden?

Dr. Michael Spindelegger: Eigentlich vom Beginn dieser Problematik im Jänner, als sozusagen die Zuständigen in der Bank den neuen Zuschussbedarf genannt haben, bis zur Entscheidung.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Da war er bei allen wesentlichen Sitzungen dabei? (Auskunftsperson Spindelegger: Nein, nicht bei allen wesentlichen Sitzungen, aber bei vielen!) – Sondern? (Auskunftsperson Spindelegger: Bei vielen!)

Was war der Anlass, dass man dann den Justizminister zu einer Sitzung hinzuzieht?

Dr. Michael Spindelegger: Erstens einmal seine rechtliche Expertise und zweitens natürlich auch die Zuständigkeit, gerade im Insolvenzfall, wenn man eine Gesetzesänderung hätte beschließen müssen, das auch aus dem Justizministerium vorzubereiten.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Ja, das ist eh klar.

Dr. Michael Spindelegger: Wenn es Ihnen eh klar ist, warum fragen Sie mich dann?

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Das sind 08/15-Antworten, die jeder weiß. Wir würden uns schon auch über Antworten freuen, die irgendeine inhaltliche Substanz haben, außer dass es Treffen gegeben hat, dass man über die Problematik gesprochen hat, dass man Vor- und Nachteile abgewogen hat. – No na, eh klar! Aber was waren die Inhalte, was war die Substanz?

Ich habe jetzt schon mehrere Fragen gestellt – auch Kollege Kogler –, was bei Ihren Besprechungen mit Minister Brandstetter Substanz gewesen ist. Er war ja eine ziemlich lange Zeit mit dabei, das haben Sie ja selbst gesagt, seit Anfang Jänner (Auskunftsperson Spindelegger: Ja!), und da fällt es schwer, zu glauben, dass Sie keinerlei Erinnerung haben, in welche Richtung er sich geäußert hat.

Dr. Michael Spindelegger: Noch einmal: Er war nicht festgelegt, von vornherein nicht, für eine Richtung. Aus meiner Sicht war er auch nicht von irgendjemandem beeinflusst, nur in eine Richtung zu argumentieren, sondern wir sind das eben so durchgegangen, wie man das eigentlich tun sollte, nämlich frei von irgendwelchen Einflüssen, und haben verschiedene Dinge abgewogen.

In der Richtung Insolvenz gibt es vieles: bis zu einem Beschluss, wer den trifft, wie das nach dem Bankwesengesetz vorzusehen ist, et cetera, was berücksichtigt werden muss. Also ich kann mich nicht mehr an alle Details erinnern. Jeder Tag war mit 50 Besprechungen vollgefüllt, am Abend eine Veranstaltung – und da glauben Sie, dass ich jetzt noch genau weiß, bei welcher Veranstaltung er welches Argument gebracht hat!? Ich meine, das ist doch nicht tatsächlich mit einer Lebenserfahrung, die auch Sie haben müssten, vereinbar. Nach zwei Jahren erinnern Sie sich sicher auch nicht mehr, mit wem Sie welches Detail wann besprochen haben, noch dazu, wenn Sie so viele Gesprächspartner haben.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Aber interessanterweise erinnern Sie sich schon noch an andere Dinge aus dieser Zeit, wesentlicher detailhafter als daran, welche Rolle Minister Brandstetter hatte und welche Argumente er vertreten hat. Aber gut, lassen wir das! Mehr ist offensichtlich in dieser Frage aus Ihnen nicht mehr herauszubringen.

Zum Abschluss noch, Herr Spindelegger: Jetzt haben Sie sich doch lange gegen diesen Untersuchungsausschuss gewehrt, lange vertreten, dass dieser Untersuchungsausschuss nicht notwendig wäre. War es wirklich so schlimm?

Dr. Michael Spindelegger: Das ist eine Wertungsfrage, auf die ich Ihnen auch eine klare Antwort gebe. (Abg. Hable: Ja, ich bitte darum!) – Ich habe zu einem Zeitpunkt eine Untersuchungskommission eingesetzt, die, glaube ich, eine wesentliche Grundlage auch für die politische Verantwortung geliefert hat. Alles andere ist eine Entscheidung, die das Hohe Haus zu treffen hat. Das habe ich auch immer respektiert, auch als Parlamentarier. Aber in einer Regierung hat man auch eine andere Rolle. Dort geht es darum, Entscheidungen für den Augenblick zu treffen, und nicht, die Untersuchungen der Vergangenheit in den Vordergrund zu stellen. Aber den Ausschuss gibt es, der hat seine vielen Sitzungen gehabt, das hat sicher auch etwas Gutes.

Vorsitzende Doris Bures: Ich frage jetzt in der Fraktionsreihenfolge weiter. Sozialdemokraten? – Keine Fragen. Freiheitliche? – Bitte, Herr Abgeordneter Angerer.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Ich muss meinen Fehler korrigieren und das Dokument jetzt vorlegen, nämlich das Dokument mit der Nummer 2119159, Befragung des Herrn Dr. Steger hier im Untersuchungsausschuss, Seite 111, dritter Absatz von unten:

„Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Herr Dr. Steger, fortgesetzt bei dem Thema vorher: Ich glaube Ihnen auch, dass Sie als Beamter kein Interesse haben, irgendetwas in einem Budget zu schönen. Deshalb meine Frage: Gab es vielleicht im Jahr 2012 vonseiten der Politik den Wunsch, dass man für das Superwahljahr 2013 die Budgetzahlen möglichst schön und vielleicht nicht ganz realistisch darstellt?

Dr. Gerhard Steger: Ich habe solche Wahrnehmungen, aber die sind außerhalb des Mandats des Untersuchungsausschusses. (Abg. Angerer: Noch einmal! Entschuldigung, ich habe ...!) – Ich habe solche Wahrnehmungen, aber sie sind außerhalb des Mandats des Untersuchungsausschusses. Das heißt, sie beschäftigen sich nicht mit der Hypo, mit der KA Finanz, mit der ganzen Bankenkiste.“ (Abg. Tamandl: Und?)

Deshalb war meine Frage an den Herrn Dr. Spindelegger, ob er vielleicht mit Frau Dr. Fekter darüber gesprochen hat, dass man die Bad Bank nicht macht und eben damit auch das Budget schönt und die Staatsschulden nicht erhöht. Das war meine Frage.

Dr. Michael Spindelegger: Habe ich Ihnen schon beantwortet: Nein, habe ich nicht gesprochen!

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Das haben wir zwei ja geklärt, es regt sich nur die Frau Kollegin so auf. – Gut, danke schön, dann ist das korrekt. Ich habe keine weiteren Fragen mehr.

Vorsitzende Doris Bures: Damit gelangen wir zur siebten Runde. Fraktionsreihenfolge: ÖVP? – Nein. Grüne? – Bitte, Herr Abgeordneter Mag. Kogler.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Zu Ihrer Wahrnehmung anderer Akteure: Sie hatten ja als Vizekanzler die Taskforce noch miteingesetzt, dann war die Frage, wieweit Frau Bundesministerin Fekter Vorbereitungen für die von ihr behaupteterweise bevorzugte Insolvenz getroffen hätte. Sie haben auf das Wyman-Gutachten verwiesen, dass Sie das vorgefunden haben.

Daran anschließend beziehungsweise zunächst noch vorausschickend: Der Ausschuss beziehungsweise die Mehrheit, glaube ich, da herinnen hat den Eindruck, dass das Wyman-Gutachten von bestimmten Kreisen im Finanzministerium in Auftrag gegeben wurde – allen voran wird Waiglein genannt, okay, seis drum – und gar nicht so sehr von der Frau Ministerin selbst.

Was aber die Zusammenarbeit der Taskforce und der Leute, die dort waren, auch aus dem Ministerium und mit der gesamten Institution Ministerium betrifft: Der damalige Vorsitzende Liebscher beschwert sich, nachdem dieses Wyman-Gutachten ja offensichtlich ganz gezielt in die Medien gespielt wurde – seis drum –, heftig, gar nicht seiner Art entsprechend, erstens über diese Beauftragung, und zweitens darüber – das konnte er gar nicht mehr sagen –, dass hinter dem Rücken der ganzen Taskforce, aber jedenfalls hinter seinem Rücken beauftragt wurde.

Haben Sie Wahrnehmungen dazu, wie das Arbeitsverhältnis im Ministerium war, denn auch da haben nicht alle davon gewusst, und speziell dann noch zum damaligen Chef der Taskforce?

Dr. Michael Spindelegger: Wahrnehmungen – bei meiner ersten Besprechung, bei der ich all die Betroffenen, die Sie auch jetzt genannt haben, mit an den Tisch geholt habe, haben sich diese Unterschiede natürlich manifestiert und wurden durchaus heftig diskutiert. Meine Schlussfolgerung daraus war, dass wir in der Zukunft nicht mehr dazu kommen dürfen, dass verschiedene Teile Gutachten im Auftrag geben, sondern dass das eine koordinierte Vorgangsweise sein muss und das Kabinett sozusagen die Federführung übernimmt.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Ja, das haben Sie in Ihrem ersten Statement schon gesagt, dass die Meinungen unterschiedlich waren, die Sie dort angetroffen haben; es war sicher so. Aber jetzt ging es mir um einen anderen Aspekt, nämlich ob Sie auch noch Wahrnehmungen berichten können, dass eigentlich auch das Arbeitsverhältnis – Meinungen sind das eine – nicht das beste war, wenn der Chef der Taskforce – ich meine, wir könnten das jetzt wieder ausdrucken und vorlegen, der Ausschuss kennt das – sich durch die Beauftragung dieses Gutachtens geradezu hintergangen fühlt. – Seis drum, er hat ja nicht einmal etwas davon gewusst.

War das nie mehr ein Thema?

Dr. Michael Spindelegger: Es war auch bei dieser Sitzung schon ein Thema, aber es war weit nicht so heftig, wie das jetzt geschildert wird, sondern es ging eher in die Richtung, dass man das koordinieren muss und dass man inhaltlich sehr große Differenzen hat.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Gut. Frau Vorsitzende, dann möchte ich in die offene Runde fragen, ob jemand im medienöffentlichen Teil noch Wortmeldungen hat. Ich möchte nämlich zur Untermauerung meiner Fragen und Behauptungen, die ich habe einfließen lassen, dem Ausschuss und Herrn Spindelegger aus den streng vertraulichen Dokumenten noch etwas zur Kenntnis bringen; aber ich will niemandem den Weg abschneiden.

Vorsitzende Doris Bures: Wir haben ja vereinbart, wenn es einen vertraulichen Teil geben soll, dann soll dieser im Anschluss an den medienöffentlichen Teil stattfinden. Daher ist es so, dass wir in der Fraktionsreihenfolge (Abg. Kogler: Dann höre ich jetzt auf!) jetzt noch fortfahren können. – Es gibt keine Wortmeldung mehr. Herr Dr. Pilgermair, haben Sie abschließend ergänzende Fragen? – Das ist nicht der Fall.

Ich unterbreche den medienöffentlichen Teil der Sitzung für 10 Minuten, weil wir technische Vorkehrungen zu treffen haben.

Die Sitzung ist unterbrochen.

*****

(Der medienöffentliche Teil der Sitzung wird von 14.07 Uhr bis 14.19 Uhr unterbrochen. – Fortsetzung der Befragung in vertraulicher Sitzung von 14.19 Uhr bis 14.33 Uhr – dieser Teil des Protokolls ist gem. § 4 Abs. 1 Z 2 Informationsordnungsgesetz mit „Stufe 2 vertraulich“ klassifiziert. Sitzungsunterbrechung von 14.33 Uhr bis 15.17 Uhr.)