Erläuterungen

Problem

Die Richtlinie 2013/11/EU des Europäischen Parlaments und des Rates über die alternative Beilegung verbraucherrechtlicher Streitigkeiten und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 und der Richtlinie 2009/22/EG ABl. Nr. L 165, S. 63 wurde am 18. Juni 2013 im Amtsblatt der Europäischen Union kundgemacht. Sie muss bis 9. Juli 2015 umgesetzt werden.

Der Entwurf enthält Regelungen zur Umsetzung dieser Richtlinie.

Zeitgleich wurde die Verordnung (EU) Nr. 524/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Online-Beilegung verbraucherrechtlicher Streitigkeiten und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 und der Richtlinie 2009/22/EG ABl. Nr. L 165, S. 1 im Amtsblatt der Europäischen Union kundgemacht.

Der Entwurf enthält Regelungen zur Durchführung spezieller Aspekte dieser Verordnung.

Ziel und Inhalte des Entwurfs

Die Regelungsinhalte der Richtlinie über die alternative Beilegung verbraucherrechtlicher Streitigkeiten sollen durch die Schaffung dieses Bundesgesetzes mit wenigen Ausnahmen in einer übersichtlichen Kodifikation umgesetzt werden. Die Ausnahmen beziehen sich auf systematisch sinnhafterweise im Konsumentenschutzgesetz, Gebührengesetz und Verbraucherbehörden-Kooperationsgesetz anzusiedelnde Regelungen. Zugleich wird mit dem gegenständlichen Bundesgesetz die Verordnung Nr. (EU) 524/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Online-Beilegung verbraucherrechtlicher Streitigkeiten und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 und der Richtlinie 2009/22/EG durchgeführt.


 

Allgemeiner Teil

A. Die Richtlinie über alternative Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten 2013/11/EU – ADR-Richtlinie

Die Richtlinie 2013/11/EU des Europäischen Parlaments und des Rates über die alternative Beilegung verbraucherrechtlicher Streitigkeiten und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 und der Richtlinie 2009/22/EG wurde am 21. Mai 2013 verabschiedet und am 18. Juni 2013 im Amtsblatt der Europäischen Union kundgemacht.

Ziel der Richtlinie über alternative Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten ist es, ein unionsweites Netz an Alternativen Streitbeilegungsstellen (AS-Stellen) – die einem Kanon an Qualitätskriterien entsprechen – zu etablieren und derart eine Möglichkeit zur einfachen, effizienten, schnellen und kostengünstigen Beilegung inländischer und grenzübergreifender Streitigkeiten zu gewährleisten. Nach der Richtlinie soll es Verbrauchern möglich sein, sich mit Beschwerden, die aus Kauf- und Dienstleistungsverträgen mit Unternehmern resultieren, an AS-Stellen zu wenden. Verbrauchern steht es nach der Konzeption der ADR-Richtlinie frei, ein Streitbeilegungsverfahren zu initiieren und Unternehmen sich daran zu beteiligen.

In Abkehr zu einer in jüngerer Zeit wahrnehmbaren Tendenz der Europäischen Kommission hin zur Vollharmonisierung im Bereich des Verbraucherschutzrechts ist die ADR-Richtlinie von einem mindestharmonisierenden Ansatz geprägt. Sie beschränkt sich darauf bestimmte wesentliche Grundfragen zu regeln und belässt den Mitgliedstaaten hinsichtlich Ausgestaltung und Adaptierung der einzelnen nationalen Systeme weitreichende Gestaltungsspielräume. Geschuldet ist diese Ausgestaltung der ADR-Richtlinie den in zahlreichen Mitgliedstaaten bestehenden und alternativer Streitbeilegung gewidmeten Strukturen, deren Fortbestand trotz unionsweiter Vereinheitlichung gesichert werden soll.

Die ADR-Richtlinie enthält keine Vorgaben zur näheren Gestaltung der Verfahren zur alternativen oder außergerichtlichen Streitbeilegung.[1] Nach der Richtlinie ist klar, dass ein breites Spektrum an Möglichkeiten und damit von der Schiedsgerichtsbarkeit, über die Mediation bis hin zum bloßen Erleichtern der Kommunikation zwischen den beteiligten Streitteilen und Parteien sowie andere denkbare Verfahrensspielarten und Mischformen erfasst sein sollen.

Die ADR-Richtlinie umfasst fünf Kapitel. Kapitel I ist dem Geltungsbereich der Richtlinie, Ausnahmen und Definitionen gewidmet. Das Hauptstück der Richtlinie bildet Kapitel II, das den Zugang zu und Anforderungen an AS-Stellen und AS-Verfahren regelt und damit auch die für AS-Stellen verbindlichen Qualitätskriterien aufstellt. Kapitel III enthält Informationsverpflichtungen für Unternehmen und andere Einrichtungen sowie Regeln über Kooperation und Erfahrungsaustausch von AS-Stellen und anderen Einrichtungen. In Kapitel IV wird die Rolle der zu benennenden zuständigen Behörde festgelegt und das Notifikationsverfahren beschrieben. Kapitel V enthält die üblichen Schlussbestimmungen und legt mit 9. Juli 2015 das Datum des Inkrafttretens der nationalen Umsetzungsmaßnahmen fest.

B. Die Verordnung über Online-Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten 524/2013 – ODR-Verordnung

Die Verordnung (EU) Nr. 524/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Online-Beilegung verbraucherrechtlicher Streitigkeiten und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 und der Richtlinie 2009/22/EG wurde zeitgleich mit der ADR-Richtlinie verhandelt, ebenfalls am 21. Mai 2013 verabschiedet und am 18. Juni 2013 im Amtsblatt der Europäischen Union kundgemacht. Diese verpflichtet die Europäische Kommission zur Einrichtung einer Europäischen Plattform für Online-Streitbeilegung („OS-Plattform“). Insbesondere im grenzüberschreitenden E-Commerce soll über die Plattform eine elektronisch basierte Streitbeilegung ermöglicht werden. Laut Art. 7 der ODR-Verordnung sind die Mitgliedstaaten verpflichtet eine Online-Streitbeilegungskontaktstelle („OS-Kontaktstelle“) zu benennen, der Verbrauchern bei grenzübergreifenden Streitigkeiten Unterstützung bietet. Mit gegenständlichem Bundesgesetz wird das Europäische Verbraucherzentrum mit dieser Aufgabe betraut. Darüber hinaus werden Sanktionen für einen Verstoß gegen die in Art. 14 der ODR-Verordnung festgelegten Informationsverpflichtungen normiert (vgl. Art. 18 der ODR-Verordnung).

C. Zusammenspiel von Richtlinie und Verordnung

Sobald die Mitgliedstaaten eine flächendeckende Struktur von AS-Stellen errichtet haben, wird für jeden Streitfall, der im Geltungsbereich der ADR-Richtlinie liegt, zumindest eine AS-Stelle zuständig sein. An diese sollen sich Verbraucher im Zusammenhang mit Beschwerden aus im Wege klassischer Vertriebsformen geschlossenen Verträgen on- oder offline wenden können.

Im Bereich des E-Commerce soll Verbrauchern das Auffinden der für die Streitigkeit zuständigen Stelle durch das Schaffen der OS-Plattform – einer internetgestützten Plattform, deren Datenbank Informationen über die in der Europäischen Union eingerichteten und notifizierten Verbraucherschlichtungsstellen beinhält – erleichtert werden. Nach Eingabe weniger Grunddaten soll die OS-Plattform Beschwerdeführern helfen, die für ihre Streitigkeit zuständige AS-Stelle ausfindig zu machen und im Idealfall den in den Mitgliedstaaten bestehenden AS-Stellen die Beschwerde zur Fallbearbeitung zuweisen.

D. Grundüberlegungen zur Umsetzung der Richtlinie über alternative Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten

Die klare Zielsetzung des Maßnahmenpaketes aus ADR-Richtlinie und ODR-Verordnung ist es, die Durchsetzung verbraucherischer Ansprüche zu erleichtern. Auch das Regierungsprogramm 2013 – 2018 bezeichnet die Entlastung der Gerichte durch die Verstärkung außergerichtlicher Streitbeilegung als eine Maßnahme, um einen verbesserten Zugang zum Recht sowie erhöhten Rechtsschutz leisten zu können. Das gegenständliche Bundesgesetz leistet einen Beitrag zur Erfüllung dieses Ziels.

E. Legistische Konstruktion der Umsetzung

Eine Ansiedelung der Regelung über alternative Streitbeilegung im ohnedies komprimierten Konsumentenschutzgesetz oder in einem bestehenden Gesetz erschien aus dem Bemühen der Wahrung der Übersichtlichkeit und der in der österreichischen Normenlandschaft Einzigartigkeit dieser unionsrechtlichen Vorgabe nicht angezeigt. Es war notwendig ein eigenes Gesetz zu schaffen, das es erlaubte, die ADR-Richtlinie in geschlossener Form umzusetzen. Daneben waren wenig umfängliche Änderungen des Konsumentenschutzgesetzes, des Gebührengesetzes und Verbraucherbehörden-Kooperationsgesetzes unerlässlich.

Die Umsetzung sichert die von der Richtlinie geforderte Notifikation jener AS-Stellen, die künftig alternative Streitbeilegung im Sinne der ADR-Richtlinie anbieten sollen. Dabei wird einerseits auf bestehender Infrastruktur aufgebaut und das Know-How arrivierter Schlichtungsstellen genutzt. Daneben wird durch eine Auffang-AS-Stelle die von der ADR-Richtlinie vorgesehene Flächendeckung erreicht.

Neben der Einrichtung der notwendigen Infrastruktur zielt das gegenständliche Bundesgesetz darauf ab, inhaltliche Mindestvorgaben festzuschreiben und die komplementären Gestaltungsmöglichkeiten der einzelnen AS-Stellen zu benennen. Derart wird den Anforderungen des Richtliniengesetzgebers Genüge getan und verbleibt den einzelnen Einrichtungen ausreichend Flexibilität zur Gestaltung eigener Verfahren.

F. Spielräume der Richtlinie

Neben den Erstreckungsmöglichkeiten, die die Richtlinie auf Grund ihres mindestharmonisierenden Charakters dem nationalen Gesetzgeber einräumt, belässt sie diesem auch noch andere Gestaltungsspielräume. Insbesondere soll es nach der ADR-Richtlinie möglich sein, die grundsätzlich vom Anwendungsbereich ausgenommenen Verfahren vor Streitbeilegungsstellen, bei denen die mit der Streitbeilegung betrauten natürlichen Personen ausschließlich von einem einzelnen Unternehmer beschäftigt oder bezahlt werden, in den Anwendungsbereich zu integrieren. Der österreichische Gesetzgeber sieht davon ab, von dieser Option Gebrauch zu machen.

G. Richtlinienregelungen, die keiner gesonderten Umsetzung bedürfen

Die ADR-Richtlinie enthält einige Anordnungen, die an der von ihr eingeräumten Option – hier insbesondere an Art. 2 Abs. 2 lit. a – anknüpfen (so zum Beispiel Art. 19 Abs. 2 oder Art. 7 Abs. 2 lit. d). Es konnte mangels Nutzung der Optionen auch davon abgesehen werden diese umzusetzen. Andere Richtlinienvorgaben ließen ebenso wenig Umsetzungsbedarf entstehen. Es wird an geeigneter Stelle in den Erläuterungen auf diese verwiesen.

H. Bisheriger Werdegang des Gesetzesvorhabens und Generieren praktischer Erfahrungen

Das Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz (BMASK) hat nach Verabschiedung der ADR-Richtlinie mit den Arbeiten zur Vorbereitung deren Umsetzung begonnen. Im Rahmen einer Arbeitsgruppe wurden zentrale Themen der Umsetzung mit Vertretern der mitbeteiligten Ressorts, der Sozialpartner, der Regulatoren, in deren Bereichen Schlichtungsstellen bestehen, des Internetombudsmanns und der sonst beteiligten Interessengruppen erörtert. Auf deren Diskussionsergebnissen aufbauend wurde eine Punktation zur Stellungnahme versandt, die die wichtigsten Weichen für das Umsetzungsgesetz stellte. Die eingehenden Stellungnahmen und Vorbringen sowie die Ergebnisse interner Vorberatungen wurden bei der Konzeption des Entwurfes dieses Bundesgesetzes berücksichtigt.

Parallel zu den legistischen Vorarbeiten wurde aber auch das Schaffen praktischer Erfahrungswerte durch Einrichtung einer probeweise operierenden AS-Stelle befördert. Da Österreich im Bereich alternativer Streitbeilegung nur in ausgewählten Bereichen und Sektoren – wie etwa Telekom, Energie und Bahnverkehr – auf Erfahrungswerte zurückblicken kann, erschien es notwendig eine nahezu alle Beschwerden aus Verbrauchergeschäften abdeckende AS-Stelle im Rahmen eines Pilotprojektes Erfahrungswerte generieren zu lassen. Aus diesem Grund förderte das BMASK das Projekt „Schlichtung für Verbrauchergeschäfte“. Ergebnisse der Pilotphase wurden im Rahmen der Errichtung des Bundesgesetzes berücksichtigt.

Letztlich wurde der Entwurf eines Umsetzungsgesetzes im Mai 2015 zur allgemeinen Begutachtung versandt.

Kompetenzgrundlage

Die Kompetenz des Bundes zur Erlassung dieses Bundesgesetzes gründet auf Art. 10 Abs. 6 B-VG.


 

Besonderer Teil

Zu Artikel 1

Bundesgesetz über alternative Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten (Gesetz über alternative Streitbeilegung – AStG)

Zu § 1

1. § 1 legt den sachlichen und persönlichen Anwendungsbereich der Richtlinie fest. Damit gelangt das AStG auf alle Streitigkeiten zur Anwendung, die aus inländischen oder grenzübergreifenden Kaufverträge über Waren oder Dienstleistungsverträgen resultieren. Aus den in Art. 4 Abs. 1 lit. c und d festgehaltenen Definitionen der ADR-Richtlinie ergibt sich, dass damit lediglich entgeltliche Verträge in einem engeren Sinn und sohin nur Waren oder Dienstleistungen erfasst sind, die gegen Zahlung eines Preises geleistet werden.

Dem europäischen Dienstleistungsbegriff liegt ein im Vergleich zur Dienstleistung iSd ABGB weiteres Verständnis zu Grunde. Unter diesen sind insbesondere auch Mietverträge zu subsumieren.

Durch EWG 16 wird explizit klargestellt, dass auch digitale Inhalte vom Anwendungsbereich der ADR-Richtlinie erfasst sind.

2. Ausnahmen vom Anwendungsbereich werden in der Richtlinie in Art. 2 Abs. 2 festgelegt. In § 1 Abs. 2 des finden sich lediglich drei in der Richtlinie angeführte Ausnahmen. Diese beziehen sich auf Gesundheitsdienstleistungen, Dienstleistungen öffentlicher Anbieter von Weiter- und Hochschulbildung und nichtwirtschaftliche Dienstleistungen von allgemeinem Interesse.

3. Gesundheitsdienstleistungen erfassen Gesundheits- und pharmazeutische Dienstleistungen, die von Angehörigen eines reglementierten Gesundheitsberufs erbracht werden. Die in der ADR-Richtlinie enthaltene Definition entspricht der Richtlinie über die Ausübung der Patientenrechte (2011/24/EU), auf die auch in der Richtlinie über Rechte der Verbraucher (2011/83/EU) verwiesen wird. Aus dem wünschenswerten Gleichklang mit der Umsetzung der Richtlinie über Rechte der Verbraucher erklärt sich auch die Gegenausnahme für den Vertrieb von Arzneimitteln und Medizinprodukten im Fernabsatz, die im FAGG und damit dem entsprechenden nationalen Umsetzungsgesetz ebenfalls vorgezeichnet ist.

4. Die Ausnahme von nichtwirtschaftlichen Dienstleistungen von allgemeinem Interesse hat lediglich deklarativen Charakter. Schließlich handelt es sich bei nichtwirtschaftlichen Dienstleistungen von allgemeinem Interesse um staatliche oder im Namen des Staates erbrachte Dienstleistungen. Diese werden in der Regel ohne eine wirtschaftliche Gegenleistung erbracht.

5. Die weiteren in Art. 2 Abs. 2 der ADR-Richtlinie genannten Ausnahmen bedürfen insofern keiner Umsetzung als das AStG in § 1 Abs. 1 normiert, dass es ausschließlich Verfahren vor in diesem Gesetz genannten AS-Stellen regelt und Verfahren vor diesen nicht mit den in der Richtlinie beschriebenen Ausnahmetatbeständen konfligieren.

6. Die Begriffe des Unternehmers und des Verbrauchers knüpfen an die Definition des § 1 KSchG an. Da dessen Formulierung den Mindestteil der ADR-Richtlinie abdeckt, wird zur Erhaltung einer konsistenten Rechtslage in Österreich auf § 1 KSchG verwiesen. Grundsätzlich ist der österreichische Verbraucherbegriff aber weiter reichend als jener der ADR-Richtlinie. Schließlich sind in Österreich etwa auch bestimmte juristische Personen oder in Gründung befindliche Unternehmer noch vom Schutzregime konsumentenschutzrechtlicher Sonderbestimmungen erfasst.

7. In § 1 Abs. 3 wird klargestellt, dass das AStG auch der Durchführung bestimmter Aspekte der ODR-Verordnung dient. Insbesondere die Art. 7, Art. 14 iVm Art. 18 der ODR-Verordnung und damit die Benennung des OS-Kontaktstelle und die Schaffung von Sanktionen bei Verstößen gegen Informationspflichten die OS-Plattform betreffend, sind in diesem Zusammenhang von Bedeutung.

Zu § 2

1. Mit § 2 findet die in Art. 3 der ADR-Richtlinie enthaltene Kollisionsanordnung ihre Umsetzung. Mit der Anordnung wird dem AStG in Bezug auf alternative Streitbeilegung Vorrang vor anderen sektorspezifischen Umsetzungsrechtsakten eingeräumt. Dies gilt auch für bereits bestehende Bestimmungen.

2. Keiner gesonderten Umsetzung bedarf Art. 3 Abs. 2 der ADR-Richtlinie. Dieser ordnet lediglich an, dass die Richtlinie über bestimmte Aspekte der Mediation in Zivil- und Handelssachen (2008/52/EG) unberührt bleibt. Sie ist damit lediglich klarstellenden Charakters.

3. Dies gilt auch für Art. 3 Abs. 3 der ADR-Richtlinie, der festhält, dass Informationspflichten von Unternehmen über außergerichtliche Rechtsbehelfsverfahren in anderen Unionsrechtsakten unberührt bleiben. Bei der Schaffung dieser Bestimmung hatte der Europäische Gesetzgeber insbesondere die in der Richtlinie über Rechte der Verbraucher (2011/83/EU) enthaltene Informationspflicht vor Augen. Diese und damit auch die in der österreichischen Umsetzung im FAGG enthaltene vorvertragliche Informationsverpflichtung bleibt neben der in § 19 verankerten bestehen.

Zu § 3

1. Mit § 3 wird eine Definition außergerichtlicher Streitbeilegung geschaffen, die in enger Anlehnung an die in Art. 2 Abs. 1 der ADR-Richtlinie enthaltene formuliert wurde. Die Definition wurde vom Europäischen Gesetzgeber bewusst weit gewählt. Den Mitgliedstaaten sollte es möglich sein aus dem Vollen der mannigfaltigen Spielarten außergerichtlicher Streitbeilegung zu schöpfen.

2. Der österreichische Gesetzgeber hat sich entschieden, diesen weitreichenden Gestaltungsspielraum an die zu notifizierenden AS-Stellen weiterzugeben. Sie sollen entscheiden können welche Verfahren sie anwenden wollen. Auch die Kombination unterschiedlicher Methoden – etwa Mediation und Schlichtung in einem mehrstufigen Verfahren – soll möglich sein, um den hinter den Beschwerden stehenden Einzelfällen gerecht werden zu können (vgl. dazu auch EWG 21). Es soll AS-Stellen iSd Gesetzes aber nicht möglich sein, den Parteien Lösungen aufzuerlegen.

3. Z 2 legt fest, dass als Schlichter jene Personen anzusehen sind, die im Rahmen eines vor einer AS-Stelle iSd AStG zu führenden Verfahrens inhaltlich mit der Streitbeilegung betraut sind. Der österreichische Gesetzgeber hat sich in diesem Zusammenhang dafür entschieden die Begrifflichkeit „Schlichter“ zu verwenden und will damit sowohl Schlichterinnen als auch Schlichter gemeint wissen.

Zu § 4

1. § 4 Abs. 1 benennt jene Stellen, die jedenfalls als AS-Stellen im Sinne des AStG anzusehen sind. Mit den in den Z 1 bis 8 genannten Einrichtungen wird die von der ADR-Richtlinie geforderte Flächendeckung erreicht. Der in Abs. 1 Z 8 genannten Schlichtung für Verbrauchergeschäfte kommt die Rolle der in der ADR-Richtlinie als „Auffangschlichtungsstelle“ (vgl. Art. 5 Abs. 3) bezeichneten AS-Stelle zu. Neben dem von ihr in ihren Statuten selbst gewählten Zuständigkeitsbereich ist sie auch für Streitigkeiten in Bereichen zuständig, die nicht von den anderen AS-Stellen iSd Gesetzes abgedeckt werden (vgl. § 4 Abs. 2).

In Z 2 und 3 werden jene Organisationseinheiten und Schlichtungsstellen der RTR-GmbH genannt, die einerseits nach § 122 TKG 2003 („Telekom-Schlichtungsstelle“) und andererseits nach § 53 PMG („Post-Schlichtungsstelle“) eingerichtet wurden.

Zu § 5

Die Schaffung des in Anlage 1 dargestellten Zeichens soll AS-Stellen iSd AStG in Zukunft in klarer und transparenter Weise von jenen Stellen unterscheiden, die ebenfalls alternative Streitbeilegung anbieten, dies jedoch nicht unter Bindung an die strengen Kriterien des AStG. Derart wird ein leicht zu erkennendes Unterscheidungsmerkmal geschaffen, das, ähnlich wie bei den staatlich anerkannten Schuldenberatungsstellen, die mit einer vergleichbaren Grafik operieren, betroffenen Kreisen Rechtssicherheit vermittelt. Zur Strafbestimmung siehe § 30.

Zu § 6

1. Nach Art. 5 Abs. 4 der ADR-Richtlinie sind die Mitgliedstaaten berechtigt, den AS-Stellen zu gestatten Verfahrensregeln beizubehalten und einzuführen, die es ihnen auch erlauben, die Behandlung von Beschwerden abzulehnen. Die Richtlinie nennt in den lit. a – f mögliche Gründe, die in § 6 Abs. 3 und 7 im Wesentlichen übernommen wurden.

2. Nach der ADR-Richtlinie steht es Mitgliedstaaten demnach frei, ihren AS-Stellen zu gestatten, Ablehnungsgründe zu formulieren. Diesen Entscheidungsspielraum gibt der österreichische Gesetzgeber mit Ausnahme der in Abs. 3 beschriebenen Verfahrensvoraussetzung eines bilateralen Einigungsversuchs an die AS-Stellen weiter.

Art. 5 Abs. 4 lit. a hält fest, dass ein fehlender bilateraler Einigungsversuch zwischen den Streitparteien einen Ablehnungsgrund darstellen kann. Es darf davon ausgegangen werden, dass der einem Verfahren vorgelagerte Einigungsversuch bereits in zahlreichen Fällen zu einer befriedigenden Lösung und damit einer Reduktion des Beschwerdeanfalls führen wird (vgl. dazu auch EWG 50 der ADR-Richtlinie). Es scheint daher schon aus ökonomischen Gründen geboten, einen bilateralen Einigungsversuch zu einer Voraussetzung für sämtliche AS-Verfahren zu erheben. Bestehende Schlichtungsstellen haben im Rahmen ihrer Stellungnahmen zur Punktation den Versuch einer bilateralen Einigung noch bevor ein Schlichtungsverfahren eingeleitet wird als durchgehend positiv angesehen.

An den Nachweis, einen Einigungsversuch unternommen zu haben, sollte kein zu strenger Maßstab angelegt werden. Vor allem soll es Konsumenten, die nicht binnen angemessener Frist eine Rückmeldung des mit der Beschwerde konfrontierten Unternehmens erhalten, ebenfalls möglich sein, eine Beschwerde anzubringen. Näheres können die AS-Stellen in ihren Verfahrensregeln festhalten.

3. AS-Stellen werden durch § 6 Abs. 1 verpflichtet sich Verfahrensregeln in Form einer Verfahrensordnung zu geben. Nicht verpflichtet sind sie hingegen Ablehnungsgründe – als Bestandteil der Verfahrensregeln – zu formulieren. Es wird ihnen lediglich die Möglichkeit zugestanden für die in § 6 Abs. 7 Z 1 bis 5 vorgesehenen und vergleichbaren Fälle Vorsorge zu treffen.

4. Nach Z 5 solle die Behandlung von Beschwerden insbesondere dann abgelehnt werden können, wenn es sich um besonders komplexe Streitigkeiten handelt (vgl. dazu auch EWG 25) und die Behandlung der Streitigkeit eine ernsthafte Beeinträchtigung des effektiven Betriebs der AS-Stelle darzustellen vermag.

5. Durch die Formulierung von Ablehnungsgründen darf der Zugang zu AS-Verfahren nicht erheblich beeinträchtigt werden (vgl. dazu Art. 5 Abs. 4 letzter Absatz der ADR-Richtlinie, der seine Umsetzung in Abs. 2 lS findet). Insbesondere sollen Ablehnungsgründe nicht dazu genutzt werden, bestimmte Arten von Streitigkeiten pauschal abzulehnen. Ob ein Ablehnungsgrund vorliegt, ist an Hand der konkreten Umstände des Einzelfalles zu prüfen.

6. Wird die Behandlung einer Beschwerde abgelehnt, ist dies den Parteien unverzüglich, spätestens binnen drei Wochen mitzuteilen. Hinsichtlich der Art der Mitteilung gilt § 14 Abs. 1. Auch die Ablehnung des Verfahrens ist als ein Ergebnis iSd § 14 anzusehen und ist somit der Partei des Verfahrens – sofern die gegnerische Partei bereits informiert wurde auch dieser – in Papierform oder auf einem anderen dauerhaften Datenträger mitzuteilen.

7. Sowohl Verfahrensregeln als auch etwaige Ablehnungsgründe sind insbesondere auf der von der AS-Stelle zu unterhaltenden Website vollständig zu publizieren.

Zu § 7

1. § 7 verpflichtet die AS-Stellen eine laufend zu aktualisierende Website einzurichten und zu unterhalten. Auf der Website sollen in einfach zugänglicher Form wesentliche Information über die AS-Stelle und den Ablauf der Verfahren auf verständliche Weise aufbereitet werden. Die Z 1 bis 15 des Abs. 2 enthalten Mindestangaben, über die die Website Auskunft zu erteilen hat. Diese ergeben sich aus mehreren Bestimmungen der Richtlinie (Art. 5 Abs. 2 lit. a, Art. 7 Abs. 1 lit. a-c, e-o), die in systematisierender und damit zweckdienlicher Weise in § 7 zusammengefasst wurden. Weitere in den betreffenden Artikeln enthaltene Anordnungen finden sich in § 8. Art. 7 Abs. 1 lit. d wurde nicht umgesetzt, weil Österreich von der Option des Art. 2 Abs. 2 lit. a keinen Gebrauch macht.

2. Z 3 fordert Informationen über Schlichter und deren vorgesehene Amtszeit. Diese Informationsverpflichtung bezieht sich ausschließlich auf in leitender Funktion tätige Schlichter und soll lediglich Grundinformationen zur Person in Form ihres Namen, der erworbenen Qualifikation und des bisherigen beruflichen Werdegangs enthalten (vgl. dazu die näheren Ausführungen in den Erläuterungen zu § 10).

3. Z 9 verpflichtet AS-Stellen Regeln bekannt zu geben, auf die sich die AS-Stelle bei der Streitbeilegung stützen kann. Darunter zu verstehen sind etwa Rechtsvorschriften, Verhaltenskodizes, Billigkeitserwägungen ua. Bei der Wahl der Regeln sind die AS-Stellen frei. Sie können bei der Streitbeilegung auch mehrere dieser „Regeln“ miteinander kombinieren. Allerdings sind bei dieser Wahl die Schranken des § 17 zu berücksichtigen.

4. Die in Z 11 genannte Möglichkeit, das Verfahren abbrechen zu können, ist so zu verstehen, dass darüber zu informieren ist, dass nach § 12 Abs. 2 für Verbraucher die Möglichkeit zum jederzeitigen Abbruch stets und in jeder Verfahrenslage gegeben sein muss. Nach der genannten Bestimmung können Unternehmer aber etwa durch entsprechende Vorabvereinbarung auf ihr Recht zum Abbruch verzichten. Auch darüber haben die AS-Stellen gegebenenfalls zu informieren.

5. Z 12 verpflichtet zur Information über Kosten, die von Parteien zu tragen sind. Grundsätzlich sind AS-Verfahren kostenfrei (vgl. dazu § 13). Allerdings können AS-Stellen von den Parteien Gebühren einheben. Hinsichtlich Verbraucher kann es sich lediglich um „Schutzgebühren“ und damit Minimalbeträge (vgl. § 6 Abs. 6) handeln. Kosten der eigenen Vertretung sind aber grundsätzlich von den Parteien selbst zu tragen (zur jederzeitigen Vertretungsmöglichkeit siehe die Ausführungen zu § 12 Abs. 3).

6. Nach Abs. 3 sind AS-Stellen verpflichtet den Tätigkeitsbericht, den sie nach § 9 zu erstellen haben, auf ihrer Website zu veröffentlichen.

Zu § 8

1. In Ergänzung zu § 7 normiert § 8 zusammenfassend weitere von den AS-Stellen zu erfüllende Verpflichtungen. Diese ergeben sich aus den Art. 5 Abs. 2 lit. a bis f und 6 Abs. 6.

2. Beiden Parteien eines Verfahrens soll es möglich sein, die Unterlagen sowohl on- als auch offline einzureichen (vgl. dazu Z 1). Für Verbraucher ist dies bereits in der ADR-Richtlinie vorgezeichnet (Art. 5 Abs. 2 lit. c; Art. 8 lit. a), doch soll den Parteien gleichermaßen und damit auch Unternehmern ein möglichst unkomplizierter Zugang zur AS-Stelle und den dort zu führenden Verfahren ermöglicht werden.

Zu § 9

1. Art. 7 Abs. 2 der ADR-Richtlinie verpflichtet die AS-Stellen jährliche Tätigkeitsberichte auf ihren Websites zu veröffentlichen (vgl. dazu § 7 Abs. 3). Diese müssen die in den lit. a bis h enthaltenen Mindestinhalte aufweisen. Art. 19 Abs. 3 der ADR-Richtlinie sieht vor, dass den zuständigen Behörden von den AS-Stellen alle zwei Jahre die in lit. a bis h genannten Punkte mitgeteilt werden. Die Mindestinhalte der Art. 7 und 19 sollten nach der Intention des Richtliniengesetzgebers mit einigen Ausnahmen weitgehend deckungsgleich sein, weichen aber was ihre Formulierung anlangt bisweilen voneinander ab (vgl. dazu etwa Art. 7 Abs. 2 lit. f und Art. 19 Abs. 3 lit. c). Der österreichische Gesetzgeber hat sich bemüht die Unterschiede in den Formulierungen einzuebnen und die Informationsverpflichtungen der beiden Artikel einander anzugleichen. Derart erklärt sich auch, dass die in § 9 Z 8 und 9 genannten Punkte, die nach der ADR-Richtlinie nur im Bericht nach Art. 19 aufscheinen sollten, iS eines Gleichklanges der Tätigkeitsberichte auch für die zu veröffentlichenden Berichte nach Art. 7 relevant sein sollen.

2. Der österreichische Gesetzgeber konnte davon absehen Art. 7 Abs. 2 lit. d umzusetzen, weil von der Option des Art. 2 Abs. 2 lit. a kein Gebrauch gemacht wurde.

Zu § 10

1. Art. 6 der ADR-Richtlinie legt Mindestvoraussetzungen in Bezug auf Fachwissen, Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der mit AS betrauten Personen fest (vgl. dazu § 3 Z 2).

Als Schlichter im Sinne dieses Gesetzes ist jede Person zu verstehen, die inhaltlich mit alternativer Streitbeilegung betraut ist. Die Kriterien des § 10 sind nur von Personen zu erfüllen, die in einer gewissen Leitungsfunktion inhaltlich am Streitbeilegungsverfahren teilnehmen. Personen, die in einer AS-Stelle tätig sind und administrative und aufbereitende Aufgaben verrichten, sind nicht verpflichtet, die in § 10 genannten Voraussetzungen zu erfüllen.

2. Für die innerstaatliche Umsetzung konnte davon abgesehen werden, einige in Art. 6 der ADR-Richtlinie genannte Voraussetzungen, die an Schlichter zu stellen sind, in den Gesetzestext aufzunehmen. Es handelt sich dabei etwa um das in lit. a genannte Erfordernis des vom Schlichter zu prästierenden allgemeinen Rechtsverständnisses, und die in lit. c genannte Weisungsgebundenheit (siehe dazu auch die folgenden Absätze). Diese in der Richtlinie genannten Beispiele stellen lediglich Facetten und Konkretisierungen der im Normtext festgehaltenen Voraussetzungen „Fachwissen, Unabhängigkeit und Unparteilichkeit“ dar und sind als von diesen miterfasst anzusehen.

3. Hinsichtlich des vom Schlichter vorzuweisenden Fachwissens ist darauf hinzuweisen, dass ein allgemeines Rechtsverständnis und ausreichende Rechtskenntnisse, die erforderlich sind die rechtliche Dimension der Streitigkeit zu verstehen, von der ADR-Richtlinie und somit auch dem vorausgesetzt werden (vgl. dazu Art. 6 Abs. 1 lit. a und EWG 36). Allerdings ist es nicht notwendig, dass der Schlichter ein rechtswissenschaftliches Studium absolviert hat. Sollte ein Schlichter über ein solches nicht verfügen, ist er aber verpflichtet nachzuweisen, dass er sich die erforderlichen Rechtskenntnisse außerhalb eines einschlägigen Studiums angeeignet hat.

Jeder Schlichter ist verpflichtet einen Nachweis zu erbringen, der belegt, dass er auf dem Gebiet der alternativen Streitbeilegung über Kenntnisse und Fertigkeiten verfügt. Auch soll der Schlichter nachweisen, dass er neben theoretischen Fähigkeiten einschlägige praktische Erfahrungen im Bereich der Streitbeilegung sammeln konnte (etwa als in einer Schlichtungsstelle Tätiger, als Richter, Mediator oä.). Die Fähigkeit zur Wahrnehmung des Amtes eines Schlichters ist je nach Einzelfall zu prüfen.

4. Die Begriffe der Unabhängigkeit und Unparteilichkeit sind weiterreichend und werden von der ADR-Richtlinie nicht trennscharf definiert. Sie erfordern, dass es dem Schlichter möglich sein muss, sich der Streitigkeit in objektiver Weise zu nähern und dass er dabei unabhängig von all jenen zu agieren hat, die ein Interesse am Ergebnis haben könnten. Es darf nicht die Möglichkeit bestehen, Druck auf den Schlichter auszuüben und derart seine Haltung gegenüber der Streitigkeit zu beeinflussen (siehe dazu EWG 33 der ADR-Richtlinie). Ein Schlichter soll an einem Verfahren nicht teilnehmen und die Umstände nach Abs. 3 unmittelbar offenlegen, die geeignet sind berechtigte Zweifel in Hinblick auf seine Unbefangenheit und Unparteilichkeit und damit Interessenkonflikte entstehen zu lassen. Letztere können dabei etwa ein direktes oder indirektes finanzielles Interesse am Ausgang des Streitbeilegungsverfahrens oder eine persönliche oder geschäftliche Beziehung mit zumindest einer der Parteien – mag sie auch in der Vergangenheit liegen – sein.

Damit ein Schlichter als unabhängig und unparteiisch angesehen werden kann, darf er nicht an Weisungen einer der Parteien oder deren Vertreter gebunden sein (Art. 6 Abs. 1 lit. c). Darüber hinaus muss gewährleistet sein, dass seine Vergütung nicht in einer Weise erfolgt, die mit dem Ergebnis des Verfahrens im Zusammenhang steht (Art. 6 Abs. 1 lit. d).

Die Mindestfunktionsdauer von drei Jahren soll sicherstellen, dass der Schlichter während der Ausübung seines Amtes ausreichend unabhängig ist. So soll der Schlichter von AS-Stellen weder interner noch externer Einflussnahme unterliegen. Die Mindestfunktionsdauer setzt voraus, dass der Schlichter nicht ohne triftigen Grund seines Amtes enthoben werden kann (Art. 6 Abs. 1 lit. b). Diese Vorgabe hindert ihn allerdings nicht, sein Amt vorzeitig niederzulegen. Die nähere Gestaltung der Ernennung, Enthebung und Zurücklegung können die AS-Stellen in ihren Statuten oder Geschäftsordnungen festlegen.

5. Sofern es sich um Schlichtungsorgane handelt, die sich aus mehreren Personen zusammensetzen (vgl. dazu auch § 11 – Kollegialorgane), sind die in § 10 genannten Voraussetzungen von jeder natürlichen Person zu erfüllen.

6. Im Kommissionsvorschlag zur ADR-Richtlinie (KOM(2011) 793 endgültig) waren die in Art. 6 normierten Offenlegungspflichten nicht enthalten. Sie wurden im Zuge der Verhandlungen in die ADR-Richtlinie integriert und durchlebten einige inhaltliche Veränderungen. Die Regelung in ihrer letztgültigen Konzeption ist etwas unglücklich formuliert. Letztlich zielt sie aber darauf ab, Mitgliedstaaten zu verpflichten, Offenlegungsmechanismen vorzusehen.

Österreich sieht davon ab in Entsprechung zu Art. 6 Abs. 2 lit. c eine Möglichkeit zur Fortsetzung eines AS-Verfahrens zu schaffen, sofern die Parteien nach Offenlegung von die Unabhängigkeit oder Unparteilichkeit in Zweifel ziehenden Gründen einer solchen zustimmen. Österreich sieht damit hinsichtlich der Unabhängigkeit und Unparteilichkeit strenger als die ADR-Richtlinie vor, dass im Falle eines Interessenkonflikts oder ähnlichem der Schlichter durch einen anderen ersetzt werden muss. Aus diesem Grund besteht auch kein Umsetzungsbedarf hinsichtlich des Art. 6 Abs. 2 lit. b und c. Sofern es sich bei der zuständigen Stelle nicht um die Schlichtung für Verbrauchergeschäfte handelt, kann die betroffene AS-Stelle nach Art. 6 Abs. 3 lS die Behandlung der Beschwerde an die Schlichtung für Verbrauchergeschäfte übertragen.

Die Offenlegungspflichten bestehen nicht nur vor Beginn eines Verfahrens, sie sind auch dann wahrzunehmen, wenn die Umstände erst während laufenden Verfahrens auftreten. Hinsichtlich der genauen Ausgestaltung sind die AS-Stellen frei (vgl. dazu auch § 6 Abs. 4).

7. Der österreichische Gesetzgeber macht von der Option des Art. 2 Abs. 2 lit. a keinen Gebrauch, daher sind auch die an diese anknüpfenden Voraussetzungen des Art. 6 Abs. 3 nicht umzusetzen.

8. In Entsprechung des Art. 6 Abs. 4 der ADR-Richtlinie wird in § 10 Abs. 5 festgehalten, dass neben den allgemeinen Unabhängigkeitskriterien für Schlichter, die ausschließlich von einem Berufs- oder Wirtschaftsverband beschäftigt oder vergütet werden, die Schlichter zusätzlich über einen gesonderten Rechnungskreis und für die Zwecke der Schlichtung ausreichende Mittel verfügen müssen.

Zu § 11

1. AS-Stellen können sich für Verfahren vor Einzelschlichtern oder – auch nur für bestimmte Fälle – für solche vor kollegialen Gremien entscheiden. Sofern ein kollegiales Gremium vorliegt, ist sicherzustellen, dass dieses mit einer jeweils gleichen Anzahl von Vertretern der Verbraucherinteressen und von Vertretern der Unternehmerinteressen besetzt ist (vgl. dazu Art. 6 Abs. 5 ADR-Richtlinie). Als Vertreter der Verbraucherinteressen kommen wohl vor allem die Mitarbeiter des Vereins für Konsumenteninformation und Mitarbeiter einschlägiger Organisationseinheiten der Arbeiterkammern in Betracht. Unternehmensinteressen können vor allem die gesetzlichen Interessensvertreter und damit die Mitarbeiter der Wirtschaftskammern sowie jene der Industriellenvereinigung wahrnehmen.

Für die konkrete Entscheidungsfindung (Einstimmigkeit oder Dirimierungsrecht oder ähnliches für etwaig zu erstattende Lösungsvorschläge) im Rahmen von kollegialen Gremien, können die AS-Stellen in ihren Statuten Regelungen treffen.

Zu § 12

1. Die Regelung von Verfahrensrechten soll weitgehend den AS-Stellen obliegen. Sie sollen im Rahmen der zu veröffentlichenden Verfahrensregeln (vgl. dazu § 6) die nähere Ausgestaltung dieser vornehmen. Das Gesetz beschränkt sich in Bezug auf Verfahrensrechte auf Mindestvorgaben, deren eine ein bilateraler Einigungsversuch darstellt (vgl. dazu § 6 Abs. 3).

2. Die Einleitung des Verfahrens löst aber nicht zwingend die 90-tägige Verfahrensdauer aus (vgl. dazu die Ausführungen zu § 14). Diese beginnt erst mit Eingang des vollständigen Beschwerdeaktes zu laufen.

3. Nach Art. 1 der ADR-Richtlinie erfolgt das Einreichen einer Beschwerde eines Verbrauchers grundsätzlich auf freiwilliger Basis. Die ADR-Richtlinie geht in ihrer Mindestkonzeption auch von einer freiwilligen Teilnahme des betroffenen Unternehmens aus. In konsequenter Weise ordnet die ADR-Richtlinie auch die jederzeitige Abbruchmöglichkeit für die Parteien an (vgl. dazu Art. 9 Abs. 2 lit. a). Die entsprechende Information muss für die Parteien auf der Website der AS-Stelle einsehbar sein (vgl. dazu § 7 Abs. 1 Z 11). Damit ist zumindest in jenen Fällen, in denen die Beschwerde elektronisch eingebracht wird, die Informationspflicht seitens der AS-Stelle erfüllt.

4. Die Parteien sollen sich in jedem Stadium des Verfahrens von einem Dritten vertreten und unterstützen lassen können. Bei einem Dritten muss es sich nicht um einen Rechtsanwalt oder Rechtsberater handeln, es steht den Parteien frei, eine Person ihres Vertrauens beizuziehen (vgl. dazu Art. 9 Abs. 1 lit. b). Da das Recht zur Vertretung aber jedenfalls Rechtsanwälte und Rechtsberater erfasst, konnte davon abgesehen werden, diese der ADR-Richtlinie entsprechend im verfügenden Teil gesondert zu erwähnen.

Denkbar ist vor allem auch die Vertretung durch eine Vereinigung, die die Interessen der betroffenen Personen regelmäßig wahrnimmt. Über dieses Recht sind die Parteien vor einem Verfahren zu informieren. Diese Information hat insoweit eine Information über die Folgen einer Vertretung zu enthalten, als den Parteien mitgeteilt werden muss, dass die Kosten der eigenen Vertretung grundsätzlich von den Parteien zu tragen sind. In jenen Fällen, in denen die Beschwerde elektronisch eingebracht wird, darf es als ausreichend angesehen werden, wenn die zu unterhaltende Website – insbesondere in den darauf zu veröffentlichenden Verfahrensregeln – einen entsprechenden Hinweis enthält.

5. Die berufsmäßige Parteienvertretung ist nach § 8 Abs. 2 RAO grundsätzlich den Rechtsanwälten vorbehalten. Davon unberührt bleiben die in sonstigen gesetzlichen Bestimmungen eingeräumten Befugnisse von Personen und Vereinigungen zur sachlich begrenzten Parteienvertretung (vgl. § 8 Abs. 3 RAO).

Die Parteien sollen die Möglichkeit haben, sich im Verfahren von Mitarbeitern von Verbänden – die vielfach bereits im Vorfeld des Verfahrens Beratungs- und Unterstützungsleistungen erbracht haben – (weiter) vertreten zu lassen. Vorgesehen wird daher eine Vertretungsbefugnis der in § 29 Abs. 1 KSchG genannten Einrichtungen. Diese Regelung dient vorrangig der Klarstellung, dass kein Eingriff in den Rechtsanwaltsvorbehalt vorliegt. Ist doch die Erzielung eines wirtschaftlichen Vorteils nicht der Zweck der Auskunftserteilung oder der Beistandsleistung dieser in § 29 Abs. 1 KSchG genannten Einrichtungen (OGH 4 Ob 20/13i).

6. Den Anforderungen an ein faires Verfahren entsprechend sollen die Parteien eines Verfahrens die Möglichkeit haben sich zu jedem Vorbringen der Gegenpartei sowie etwaigen Feststellungen und Gutachten von Experten binnen angemessener Frist zu äußern (vgl. dazu schon Art. 9 Abs. 1 lit. a).

Hinsichtlich der Angemessenheit der Frist obliegt es der jeweiligen AS-Stelle Vorgaben zu machen, doch muss diese ausreichend lang sein, um der betroffenen Partei die Kenntnisnahme zu ermöglichen und ihr eine angemessene Überlegungs- und Reaktionsfrist einzuräumen. Sicherzustellen ist, dass ein zu weitreichender Gebrauch der Stellungnahme den raschen Verfahrensfortschritt nicht behindert.

7. Der österreichische Gesetzgeber hat sich dafür entschieden, eine verpflichtende Teilnahme von Unternehmern entweder kraft (Vorab)Vereinbarung – wie etwa in den von Unternehmen auf freiwilliger Basis unterfertigen sogenannten Branchenvereinbarungen des Pilotprojektes „Schlichtung für Verbrauchergeschäfte“ geschehen – oder kraft Gesetzes zu gestatten. Die Verpflichtung, die im Falle einer Branchenvereinbarung eine selbstgewählte Bindung darstellt, soll sich grundsätzlich nur auf die Teilnahme und Mitwirkung an dem Verfahren, nicht aber auf dessen Ergebnis beziehen. Derart kann auch von der Möglichkeit eines Abbruches abgesehen werden.

Zu § 13

1. Nach Art. 8 lit. c der ADR-Richtlinie sollen AS-Verfahren für Verbraucher entweder kostenlos oder gegen eine Schutzgebühr zugänglich sein. Die Richtlinie konkretisiert den Begriff der Schutzgebühr nicht näher, will aber sicherstellen, dass maximal eine „nominal fee“ und damit ein geringer Betrag veranschlagt werden kann. EWG 41 der ADR-Richtlinie enthält eine klare Präferenz, nach der AS-Verfahren für Verbraucher vorzugsweise kostenlos sein sollen.

Der österreichische Gesetzgeber hat sich diese deklarierte Präferenz berücksichtigend gegen die verpflichtende Einhebung einer Schutzgebühr entschieden. Damit sollen sämtliche AS-Verfahren für Verbraucher grundsätzlich kostenfrei geführt werden. Unzweifelhaft scheint, dass eine Finanzierung des AS-Systems durch Verfahrensbeiträge nicht erfolgen kann, dürfen diese doch den Bereich der Geringfügigkeit nicht überschreiten.

Kostenfreiheit für Verbraucher bedeutet zugleich, dass kein Aufwand für die Einhebung und Verwaltung der Verfahrensbeiträge erwächst. Nach den Erfahrungen verschiedener AS-Stellen (sowohl in- als auch ausländischer) sind Missbrauchsfälle in diesem Zusammenhang nicht zu befürchten. Darüber hinaus sei darauf hingewiesen, dass AS-Stellen eine Ablehnung von missbräuchlichen Fällen in ihren Verfahrensregeln ohnedies vorsehen können (vgl. dazu § 6 Abs. 7 Z 1).

Für Kosten der eigenen Vertretung – etwa durch einen Rechtsanwalt – hat grundsätzlich jede Partei selbst aufzukommen. Die Anordnung des § 13 ändert an dieser Verteilung nichts.

2. In Sondergesetzen oder den jeweiligen Verfahrensregeln der einzelnen AS-Stellen kann eine vertragliche Vereinbarung einer Kostenbeteiligung an einem AS-Verfahren vorgesehen werden. Allerdings gilt es auch hier hinsichtlich am Verfahren beteiligter Verbraucher die Obergrenze der Schutzgebühr zu beachten (vgl. dazu § 6 Abs. 6).

Zu § 14

1. Nach Art. 8 lit. e der ADR-Richtlinie hat das Ergebnis eines Streitbeilegungsverfahrens binnen 90 Kalendertagen festzustehen. Fristauslösendes Ereignis ist der Eingang der vollständigen Beschwerde(akte).

2. Die Frist beginnt erst zu jenem Zeitpunkt zu laufen, an dem die AS-Stelle über alle für die Beschwerde notwendigen Dokumente verfügt. Erteilt die Schlichtungsstelle einen Verbesserungsauftrag an antragstellende Verbraucher, beginnt die Frist erst zu laufen, sobald der Verbraucher die fraglichen Dokumente, Unterlagen, Auskünfte oä. nachgereicht hat. Ein Rückwirken auf den Tag des Einreichens der Beschwerde soll im Rahmen eines AS-Verfahrens nicht möglich sein. Welche Dokumente, Unterlagen, Auskünfte oä. für notwendig erachtet werden, um mit der Fallbearbeitung beginnen zu können, soll von der betroffenen AS-Stelle an Hand der Umstände des konkreten Einzelfalles entschieden werden. Sobald die AS-Stelle sämtliche notwendige Dokumente und Unterlagen mit den erforderlichen Informationen erhalten hat, unterrichtet sie die Parteien davon (vgl. Art. 8 lit. d).

3. Das Ergebnis des Verfahrens ist den Parteien in Papierform oder auf einem dauerhaften Datenträgers mitzuteilen. Diese Mitteilung hat auch eine Darlegung der Gründe des Ergebnisses zu enthalten (vgl. dazu Art. 9 Abs. 1 lit. c).

Die Richtlinie verwendet den Begriff des dauerhaften Datenträgers, ohne diesen näher zu definieren. Der österreichische Gesetzgeber versteht den Begriff iSd § 3 Z 5 FAGG und hat somit ebenfalls von einer Definition abgesehen. Demnach ist jedes Medium, das es gestattet, an Parteien persönlich gerichtete Informationen derart zu speichern, dass sie in der Folge für eine für die Zwecke der Informationen angemessene Dauer einsehbar sind und die unveränderte Wiedergabe der gespeicherten Informationen ermöglicht, als dauerhafter Datenträger anzusehen. Darunter fallen jedenfalls USB-Sticks, CD-ROMs, DVDs, Speicherkarten, Computerfestplatten und E-Mails (vgl. dazu 89 der Beilagen XXV. GP, 26).

4. Bei Vorliegen einer hochkomplexen Streitigkeit kann die 90-tägige Frist verlängert werden. Bei der Beurteilung der Frage, ob eine hochkomplexe Streitigkeit vorliegt, sind unterschiedliche Parameter (wie etwa ein schwer nachvollziehbarer Sachverhalt, Zuziehung eines Sachverständigen erforderlich oder Schwierigkeit der (rechtlichen) Beurteilung der der Streitigkeit zugrunde liegenden Frage) maßgebend. Im Rahmen einer umfassenden Abwägung hat die AS-Stelle in jedem Einzelfall zu prüfen, ob eine hochkomplexe Streitigkeit vorliegt. Eine Verlängerung kann im Bedarfsfall wiederholt vorgenommen werden. Laut Richtlinie sind die Parteien von einer solchen zu verständigen. Um etwaigen Beweisschwierigkeiten vorzubeugen und im Sinne der einheitlichen Gestaltung der grundlegenden Kommunikation mit den Parteien, soll diese Information ebenfalls in Papierform oder auf dauerhaftem Datenträger erfolgen. In der Information über die Verlängerung muss auch eine Information über den Zeitraum der Verlängerung enthalten sein.

Zu § 15

1. Nach Erwägungsgrund 29 der ADR-Richtlinie sollen Vertraulichkeit und Privatsphäre während eines AS-Verfahrens jederzeit gewährleistet sein. Auch im Rahmen der Konsultation zur Punktation wurden die betroffenen Kreise aufgefordert zur Frage der Vertraulichkeit Stellung zu beziehen. Der Großteil der Befragten war der Ansicht, dass das Schaffen eines vertraulichen, nicht öffentlichen Rahmens einen der wesentlichsten Aspekte und Vorteile eines Schlichtungsverfahrens darstelle. Die Vertraulichkeit des Schlichtungsverfahrens soll den unbefangenen Austausch von Positionen und das Vorschlagen von unpräjudiziellen Lösungen erleichtern. Um auch in etwaig anschließenden Gerichtsverfahren diese Vertraulichkeit zu sichern, sollten die Parteien, Schlichter und sonstigen in den Fall involvierten Mitarbeiter einer Schlichtungsstelle zur Verschwiegenheit über alle Tatsachen, die ihnen erstmals während des Verfahrens anvertraut oder bekannt wurden, verpflichtet sein.

Von dieser Verpflichtung sollen die Parteien einander und auch die sonstigen genannten, am Verfahren beteiligten Personen, entbinden können.

Zu § 16

1. Verfahren zur alternativen Streitbeilegung werden nach der ADR-Richtlinie weitest möglich definiert und auch der österreichische Gesetzgeber hat sich bei der Umsetzung dafür entschieden, ein breites Spektrum an Verfahrensarten zuzulassen. Grundsätzlich können die AS-Stellen sogar im Einzelfall wählen, welche Methoden im Rahmen der Konfliktlösung Verwendung finden sollen. Als Mindestanforderung an all diese Verfahren wird aber die Verpflichtung zur Erstattung eines Lösungsvorschlages angeordnet. Demnach hat die AS-Stelle einen Vorschlag zur Bereinigung der Streitigkeit zu erstatten, sofern binnen der (etwaig zu verlängernden) 90-tägigen Frist der Konflikt nicht anderweitig gelöst werden kann. Diese Vorgabe hat keine Entsprechung in der ADR-Richtlinie.

Im Rahmen von Mediationsverfahren, die ebenfalls unter die Definition des § 3 Z 1 fallen können, soll ein Lösungsvorschlag nicht erstattet werden. Schließlich wäre eine derartige Vorgabe nicht mit der Methode der Mediation vereinbar.

2. Die Parteien sind grundsätzlich nicht verpflichtet einen von der AS-Stelle erstatteten Lösungsvorschlag zu befolgen. Es handelt sich dabei lediglich um eine unverbindliche Empfehlung. Den Parteien steht es allerdings frei, dem Lösungsvorschlag zuzustimmen. Bevor sie einem Lösungsvorschlag ihre Zustimmung erteilen, sind sie von der AS-Stelle über die in Abs. 2 Z 1 bis 4 genannten Punkt zu informieren. Diese entsprechen im Wesentlichen den in Umsetzung des Art. 9 Abs. 2 lit. b bis c der ADR-Richtlinie genannten Punkten.

Z 1 verpflichtet den Parteien den Charakter des Lösungsvorschlages zu erläutern. Dieser kann auf Grund seiner Unverbindlichkeit angenommen oder abgelehnt werden. Hinsichtlich Z 3 ist darauf hinzuweisen, dass an die Information, dass die vorgeschlagene Lösung anders sein kann als das Ergebnis eines Gerichtsverfahrens, keine besonderen Anforderungen zu stellen sind. Darin muss insbesondere nicht auf die Art einer etwaigen Abweichung eingegangen werden.

Die Annahme eines Lösungsvorschlages durch beide Parteien stellt im rechtlichen Sinne einen Vergleich zwischen den Parteien dar.

3. Vor Annahme des Lösungsvorschlages und nach der Information über die in Abs. 2 Z 1 bis 4 genannten Punkte muss den Parteien nach Abs. 3 eine angemessene Überlegungsfrist eingeräumt werden (vgl. dazu Art. 9 Abs. 2 lit. d). Die Angemessenheit der Frist kann die AS-Stelle in den zu errichtenden Verfahrensregeln festschreiben oder nach den Gegebenheiten des Einzelfalles festlegen.

4. Durch Abs. 4 kommt zum Ausdruck, dass sondergesetzlich oder durch entsprechende privatrechtliche (Vorab)Vereinbarung der Lösungsvorschlag für den Unternehmer Verbindlichkeit entfalten kann. Da durch das AStG nicht vorgesehen wird, dass ein Lösungsvorschlag auch für Verbraucher Verbindlichkeit entfaltet, ist eine Umsetzung der in Art. 10 der ADR-Richtlinie enthaltenen Anordnungen nicht erforderlich. Aus diesem Grund besteht auch hinsichtlich Art. 11 der ADR-Richtlinie kein Umsetzungsbedarf. Die beiden zuletzt genannten Artikel schreiben erhöhte Anforderungen für Verfahren vor, in deren Rahmen Verbrauchern eine Lösung auferlegt werden kann.

Zu § 17

Mit § 17 wird festgehalten, dass Schlichter sich bei Lösungsvorschlägen (vgl. dazu § 16) nach Möglichkeit am Gesetz und damit der gesetzgeberischen Optimalvorstellung eines gerechten Interessensausgleichs orientieren sollen. Damit wird aber keine mit einem ordentlichen Gerichtsverfahren vergleichbare Bindung an das Gesetz festgeschrieben. Im Rahmen eines AS-Verfahrens ist es schon allein auf Grund der in der Regel fehlenden Möglichkeiten der Tatsachenfeststellungen gegenüber einem Gerichtsverfahren geboten, Umstände des Einzelfalls sowie Plausibilitäts- und Billigkeitserwägungen in stärkerem Maße zu berücksichtigen.

Zu § 18

Schon im Rahmen der Verhandlungen der ADR-Richtlinie war es Österreich ein großes Anliegen, sicherzustellen, dass potentielle Parteien eines AS-Verfahrens, das nicht zu einer Lösung führt, in Hinblick auf ein etwaig anschließendes Gerichtsverfahren keine Hindernisse zu gewärtigen haben. Der Richtliniengesetzgeber hat dieser Zielsetzung mit Art. 12 der ADR-Richtlinie entsprochen. Danach haben die Mitgliedstaaten sicherzustellen, dass – ausschließlich – die Parteien, die eine Streitigkeit im Wege der außergerichtlichen Streitbeilegung zu bereinigen versuchen, im Anschluss daran nicht gehindert werden, ein Gerichtsverfahren über dieselbe Streitigkeit einzuleiten, weil Verjährungsfristen während des Verfahrens abgelaufen sind.

Modell für die Regelung auf Europäischer Ebene war Art. 8 der Richtlinie 2008/52/EG über bestimmte Aspekte der Mediation in Zivil- und Handelssachen, der seine Umsetzung in § 4 EU-Mediationsgesetz fand.

Zu § 19

1. Art. 13 wurde von der Kommission in seiner ursprünglichen Version (Art. 10 des Kommissionsvorschlages, (KOM(2011) 793 endgültig)) lange Zeit als Kernbestimmung der Richtlinie verteidigt. Die Bestimmung hat allerdings im Zuge der Verhandlungen in Rat und Europäischem Parlament erhebliche Veränderungen erfahren. Sie enthält nunmehr zwei „Informationsszenarien“ und damit eine allgemeine Informationsverpflichtung (Abs. 1) und eine für den Zeitpunkt nach Entstehen eines konkreten Konflikts (Abs. 3).

2. Nach der endgültigen Ausgestaltung der in Art. 13 der ADR-Richtlinie enthaltenen Informationsverpflichtung sind Unternehmer verpflichtet, darüber zu informieren, ob sie an einem AS-Verfahren teilnehmen, sofern sie sich dazu etwa in Form einer Branchenvereinbarung, anderweitigen Selbstbindung verpflichtet haben oder dazu gesetzlich verpflichtet sind.

3. Durch Abs. 3 wird eine konkrete Informationsverpflichtung gegenüber Verbrauchern etabliert, der Unternehmen nachzukommen haben, sofern diese eine Beschwerde an sie richten. Sofern diese Beschwerde mit dem Unternehmer nicht gelöst werden kann, ist der Unternehmer verpflichtet, dem Verbraucher auf Papier oder dauerhaftem Datenträger binnen angemessener Frist mitzuteilen, welche AS-Stelle für die konkrete Streitigkeit zuständig wäre. Dabei hat er deren Website anzugeben. Ebenfalls anzugeben hat der Unternehmer, ob er bereit ist, an einem Verfahren vor der genannten AS-Stelle teilzunehmen. Diese Information ist dem Verbraucher auf Papier oder dauerhaftem Datenträger (vgl. dazu Ausführungen zu § 14) zu erteilen.

4. Die Informationspflicht des § 19 wird durch jene der Art. 14 Abs. 1 und 2 der ODR-Verordnung für Unternehmer ergänzt, die Online-Kauf- oder -Dienstleistungsverträge abschließen.

Zu § 20

1. Nach Art. 14 der ADR-Richtlinie ist Österreich verpflichtet eine Stelle zu benennen, die Verbrauchern bei grenzübergreifenden Streitigkeiten Unterstützung dabei bietet, eine zuständige AS-Stelle für ihre Streitigkeit ausfindig zu machen. Die ADR-Richtlinie schlägt in Art. 14 Abs. 2 vor, dass die Mitgliedstaaten ihre jeweiligen Europäischen Verbraucherzentren benennen sollen. In Österreich soll dieser Vorgabe der ADR-Richtlinie Rechnung tragend wie im Rahmen der Punktation einhellig beschlossen das Europäische Verbraucherzentrum (EVZ) diese Aufgabe übernehmen.

2. Die ADR-Richtlinie sieht vor, dass die Unterstützungsleistung sich auf das Ausfindigmachen von AS-Stellen in einem anderen Mitgliedstaat beschränken soll. Diese Einschränkung fand keinen Eingang in das AStG. Das österreichische EVZ soll somit auch Verbraucher anderer Mitgliedstaaten dabei unterstützen, die richtige inländische AS-Stelle zu finden.

3. Nach Abs. 2 soll das Europäische Verbraucherzentrum auch die Aufgabe der Online-Streitbeilegungsstellen-Kontaktstelle (OS-Kontaktstelle) und damit den in Art. 7 Abs. 2 der Verordnung (EU) Nr. 524/2013 (ODR-Verordnung) dargestellten Pflichtenkreis wahrnehmen.

Zu § 21

1. Die AS-Stellen sollen von einschlägigen Einrichtungen in den Mitgliedstaaten beworben werden. Die ADR-Richtlinie und dieser entsprechend § 21 nehmen hier einerseits die nationalen AS-Stellen und die Europäischen Verbraucherzentren in die Pflicht (vgl. dazu Art. 15 der ADR-Richtlinie), andererseits die zuständigen Behörden iSd § 24 (vgl. dazu Art. 20 Abs. 5 der ADR-Richtlinie). Die Richtlinie fordert von den genannten Stellen das Einstellen eines entsprechenden Links, der auf die von der Europäischen Kommission zu führende und online verfügbar zu machende Liste verweist.

2. Daneben sollen die genannten Stellen die Liste der Europäischen AS-Stellen gegebenenfalls in ihren Räumlichkeiten auf einem dauerhaften Datenträger öffentlich zugänglich machen.

3. Nach Art. 14 Abs. 5 der Verordnung (EU) Nr. 524/2013 über Online-Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten haben Mitgliedstaaten Sorge dafür zu tragen, dass AS-Stellen, das Europäische Verbraucherzentrum Österreich und die zuständigen Behörden (§ 24) auf ihren Websites einen Link zur OS-Plattform einstellen. Abs. 3 dient der Durchführung dieser Anordnung. Daneben empfiehlt der österreichische Gesetzgeber auch Verbraucher- und Wirtschaftsverbänden, auf ihren Websites einen Link zur OS-Plattform einzustellen (vgl. Art. 14 Abs. 6 ODR-Verordnung).

Zu § 22

Nach Art. 16 der ADR-Richtlinie sollen AS-Stellen bei der Beilegung grenzübergreifender Streitigkeiten kooperieren und sich darüber hinaus über bewährte Verfahren sowohl mit Blick auf reine Binnensachverhalte als auch solche mit grenzübergreifenden Elementen austauschen.

Es soll den AS-Stellen grundsätzlich freistehen zu entscheiden, ob und in welchem Ausmaß und welcher Form sie den Austausch mit anderen Schlichtungsstellen für notwendig befinden. Sofern allerdings Netzwerke, die den Austausch der AS-Stellen befördern sollen, bestehen oder solche von der Europäischen Kommission errichtet werden, sollen AS-Stellen diesen Netzwerken beitreten und sich aktiv einbringen. Derzeit besteht soweit ersichtlich nur ein Netz für Streitbeilegungsstellen im Bereich von Finanzdienstleistungen „FIN-NET“. Mitglied dieses Netzwerkes ist die in § 4 genannte Gemeinsame Schlichtungsstelle der Österreichischen Kreditwirtschaft.

Zu § 23

1. Nach Art. 17 der ADR Richtlinie sollen AS-Stellen (vgl. § 4) mit jenen nationalen Behörden kooperieren, die für die Durchsetzung der Unionsrechtsakte über Verbraucherschutz der Union zuständig sind. Gemeint sind damit die in § 3 des Verbraucherbehörden-Kooperationsgesetzes (VBKG) genannten zuständigen Behörden. Es handelt sich dabei zum Zeitpunkt des Erlasses dieses Bundesgesetzes um den Bundeskartellanwalt, das BMVIT, die Bundeswettbewerbsbehörde, die Kommunikationsbehörde Austria, das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen und die Fernmeldebüros hinsichtlich des ihnen jeweils nach dem VBKG zukommenden Wirkungskreises.

2. Der in § 23 angeordnete Austausch zwischen den Stellen soll allgemeine Informationen zu üblichen Geschäftspraktiken betreffen, über die wiederholt Beschwerden eingehen (vgl. dazu Art. 17 Abs. 2 der ADR-Richtlinie). Sofern und soweit erforderlich, sollen die Behörden iSd § 3 VBKG im Rahmen dieser Kooperation auch technische Bewertungen und Informationen zur Verfügung stellen. Dies gilt aber nur dann, wenn diese für die Behandlung konkreter Streitigkeiten erforderlich und bereits verfügbar sind. Die Stellen iSd § 3 VBKG werden durch § 23 nicht verpflichtet, Informationen und Daten auf Anfrage zu generieren.

3. Im Übrigen ist es an den AS-Stellen und den zuständigen Behörden iSd § 3 VBKG die geforderte Kooperation näher zu gestalten. Es ist denkbar, dass diese etwa im Rahmen eines regelmäßigen Austausches in Form einer halbjährlichen Sitzung stattfindet oder nur im konkreten Bedarfsfall telefonisch abgewickelt wird.

4. Beim Austausch haben die AS-Stellen und die zuständigen Behörden iSd § 3 VBKG darauf zu achten, dass sie datenschutzrechtliche Bestimmungen nicht verletzen (vgl. Art. 17 Abs. 3 der ADR-Richtlinie).

Zu § 24

Jeder Mitgliedstaat ist nach Art. 18 der ADR-Richtlinie verpflichtet, zumindest eine nationale zuständige Behörde zu benennen, die als Drehscheibe zwischen der Europäischen Kommission und den AS-Stellen verschiedene Aufgaben, die in §§ 25 bis 28 näher umschrieben sind, wahrzunehmen hat. Österreich benennt als national zuständige Behörden den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie für die Schlichtungsstelle der Agentur für Passagier- und Fahrgastrechte, sowie den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz für alle anderen in § 4 genannten Schlichtungsstellen. Die Aufgabe der zentralen Anlaufstelle und damit des Kontaktpunkts für die Europäische Kommission wird der Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz übernehmen.

Zu § 25

1. Das BMASK ist verpflichtet die in § 4 Abs. 1 genannten Streitbeilegungsstellen an die Europäische Kommission zu notifizieren, sofern diese die Voraussetzungen des AStG erfüllen. Diese Notifikation hat die in Abs. 1 Z 1 bis 10 genannten Angaben zu enthalten. Die Schlichtungsstelle der Agentur für Passagier- und Fahrgastrechte hat diese Informationen somit dem BMVIT mitzuteilen und dieses nach Prüfung (vgl. Z 10) unverzüglich dem BMASK als zentrale Anlaufstelle (vgl. Abs. 2). Sofern sich Änderungen der übermittelten Daten ergeben, sind diese dem BMASK ebenso unverzüglich mitzuteilen. Die Informationen sind nach Maßgabe des § 25 von den in § 4 genannten AS-Stellen an die zuständigen Behörden zu übermitteln.

2. Sofern eine notifizierte AS-Stelle nicht alle Qualitätsanforderungen des Gesetzes erfüllt, hat die zuständige Behörde, der entsprechende Umstände zur Kenntnis kommen, eine Aufforderung zur Behebung zu erteilen. Die AS-Stelle hat den Mangel unverzüglich zu beseitigen. Kommt sie der Aufforderung allerdings nicht spätestens innerhalb von drei Monaten nach Aufforderung nach, ist ihr die Anerkennung als AS-Stelle iSd AStG mittels Bescheid zu entziehen. Das Rechtsmittelverfahren richtet sich nach den allgemeinen Regeln.

3. Wird einer Stelle die Anerkennung als AS-Stelle von der zuständigen Behörde entzogen, ist die zentrale Anlaufstelle davon ohne unnötigen Aufschub in Kenntnis zu setzen. Sie hat in weiterer Folge die Notifikation an die Europäische Kommission rückgängig zu machen.

Zu § 26

1. Mit Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes haben die in § 4 genannten Stellen die in § 25 Abs. 1 Z 1 bis 10 genannten Informationen unverzüglich an die zuständigen Behörden zu übermitteln. Dies ergibt sich aus Art. 19 Abs. 1 der ADR-Richtlinie. Sofern sich Änderungen der genannten Informationen ergeben, sind diese den zuständigen Behörden ebenfalls mitzuteilen. Die Etablierung dieser Informationspflicht trägt maßgebend dazu bei, dass die zuständigen Behörden ihrer in der ADR-Richtlinie angelegten Monitoringaufgabe (vgl. § 25 Abs. 3) nachkommen können. Sofern es sich bei der zuständigen Behörde nicht um das BMASK handelt, hat die Behörde die Information und den Bericht auch an dieses weiterzuleiten.

2. Für die Übermittlung der Informationen ist keine besondere Form vorgesehen.

3. Mit Abs. 3 wird eine unverzügliche Mitteilungspflicht auch für die Verfahrensregeln statuiert und andererseits für jene Informationen, die nicht in § 25 Abs. 1 enthalten sind und nicht Teil des ohnedies zu übermittelnden Tätigkeitsberichtes bzw. der Verfahrensregeln sind.

Dies ist in der ADR-Richtlinie in dieser Deutlichkeit nicht vorgesehen. Doch ist insbesondere die Übermittlung der Verfahrensregeln (sowie der etwaigen Geschäftsordnung oder Statuten) für die zuständigen Behörden notwendig, damit diese ihren in der ADR-Richtlinie vorgesehenen Monitoringverpflichtungen nachkommen können. Schließlich wird sich durch die Verfahrensregeln und die Geschäftsordnung das konkrete Verfahren erschließen und dessen Einklang mit der Richtlinie und dem umsetzenden Gesetz überprüfen lassen. Sollte die zuständige Behörde hiefür zusätzliche Informationen benötigen, ist sie berechtigt diese jederzeit anzufragen. Die AS-Stelle hat die geforderten Informationen binnen angemessener Frist zu übermitteln.

Zu § 27

1. Die zentrale Anlaufstelle und damit das BMASK ist letztverantwortlich für die in der ADR-Richtlinie in Art. 20 Abs. 6 und 7 zum Ausdruck kommenden Berichtspflicht an die Europäische Kommission. Demnach ist beginnend mit 9. Juli 2018 und danach alle vier Jahre der Europäischen Kommission ein Bericht zu übermitteln, der alle in Z 1 bis 3 genannten Informationen enthält.

2. Nach Abs. 2 hat das BMVIT hinsichtlich der Agentur für Passagier- und Fahrgastrechte dem BMASK rechtzeitig bevor dieses seiner in Abs. 1 genannten Informationsverpflichtung nachzukommen hat, Mitteilung zu machen. Einen konkreten Zeitpunkt, der eine rechtzeitige Einarbeitung der Mitteilungen der zuständigen Behörden in den Gesamtbericht erlaubt, hat das BMASK auf Anfrage zu nennen.

Zu § 28

Nach Art. 6 Abs. 6 der ADR-Richtlinie sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, Schulungsprogramme zu überwachen, sofern solche von AS-Stellen für Schlichter zur Verfügung gestellt werden (vgl. dazu § 9 Z 8).

Zu § 29

Nach Art. 21 der ADR-Richtlinie sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, Sanktionen insbesondere für Verstöße gegen Art. 13 der ADR-Richtlinie festzulegen. Diese sollen wirksam, angemessen und abschreckend sein. Die Informationsverpflichtung des Art. 13 der ADR-Richtlinie findet ihre Umsetzung in § 19 dieses Bundesgesetzes. Darüber hinaus sieht die ODR-Verordnung in Art. 14 Abs. 1 und 2 weitere Informationspflichten für im Bereich des E-Commerce tätige Unternehmer vor, für deren Einhaltung die Mitgliedstaaten nach Art. 18 der ODR-Verordnung zu sorgen haben.

Für Verstöße gegen die in Richtlinie und Verordnung vorgesehenen Informationsverpflichtungen wird in § 29 eine entsprechende Verwaltungsstrafbestimmung vorgesehen. Die Schaffung weiterer Sanktionen ist nach der Konzeption des Umsetzungsgesetzes nicht erforderlich.

Zu § 30

§ 5 verpflichtet die AS-Stellen nach § 4 Abs. 1 das in Anlage 1 abgebildete AS-Stellen-Zeichen zu führen. Nach § 5 Abs. 3 sind ausschließlich die AS-Stellen iSd Bundesgesetzes zur Führung des Zeichens berechtigt. Verstöße gegen diese Anordnung werden idR nach § 30 geahndet.

Zu §§ 31 bis 34

Die Schlussbestimmungen dieses Bundesgesetzes behandeln dessen Inkrafttreten, statuieren die Vollzugsklausel und geben den durch Art. 25 Abs. 1 zweiter Unterabsatz der Richtlinie geforderten Umsetzungshinweis.

Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sollen erst mit 9. Jänner 2016 in Kraft treten. Erst zu diesem Zeitpunkt müssen die Stellen gemäß § 4 Abs. 1 nach den unionsrechtlichen Vorgaben operativ tätig sein. Dies gewährleistet, dass die betroffenen Kreise Vorkehrungen treffen, die das AStG notwendig werden lassen.

Die zentrale Anlaufstelle soll sich dennoch gemeinsam mit den künftigen AS-Stellen bemühen, eine Notifikation der Stellen so rasch als möglich zu erreichen, um die Europäischen Kommission zu unterstützen das Einspeisen der Daten der AS-Stellen bis zum 9. Jänner 2016 fristgerecht vornehmen zu können.


 

Zu Artikel 2

Änderung des Konsumentenschutzgesetzes

Zu § 28a

1. Nach dem auf Art. 13 der ADR-Richtlinie zurückgehenden § 19 AStG sind Unternehmer künftig verpflichtet, Verbraucher über eine etwaige Teilnahmebereitschaft, respektive abstrakt zuständige AS-Stellen zu informieren.

2. Die Änderung des § 28a KSchG dient der Umsetzung der in Art. 23 der ADR-Richtlinie vorgesehenen Ergänzung der Richtlinie 2009/22/EG.

3. Die nach § 28a KSchG vorgesehene Klage legitimiert jene Verbände (§ 29 KSchG) eine Unterlassung von Verstößen durchzusetzen, die wohl am ehesten die faktische Möglichkeit haben in Kenntnis von fehlerhaften oder fehlenden Belehrungen zu gelangen.

4. Eine fehlerhafte oder unterlassene Information nach § 19 AStG stellt eine Verwaltungsübertretung iSd § 30 AStG dar.

5. Auch die Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 524/2013 über Online-Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten verlangt eine Anpassung des § 28a KSchG. Nach § 14 Abs. 1 und 2 treffen Unternehmer, die im E-Commerce tätig sind, gewisse Informationspflichten die OS-Plattform betreffend. Verstößen gegen die aus Art.  14 Abs. 1 und 2 resultierenden Verpflichtungen kann mit Unterlassungsklage nach § 28a KSchG begegnet werden.


 

Zu Artikel 3

Änderung des Gebührengesetzes

1. Der positive Abschluss eines Streitbeilegungsverfahrens setzt die Einigung der Parteien iSe außergerichtlichen Vergleichs voraus. Daher können Vereinbarungen, die im Rahmen eines außergerichtlichen Streitbeilegungsverfahrens getroffen werden, grundsätzlich der Gebührenpflicht §§ 15 ff iVm § 33 TP 20 GebG (außergerichtliche Vergleiche) unterliegen. Anknüpfungspunkt dafür ist die Erstellung einer Urkunde als schriftliches Beweismittel über das Rechtsgeschäft.

2. Bestätigt eine AS-Stelle etwa die getroffene Vereinbarung auf einem Schriftstück oder unterfertigen die Parteien etwa einen Schlichtungsvorschlag, löst dies die Gebührenpflicht aus. Anderes gilt, wenn der Schlichtungsvorschlag zwar von den Parteien angenommen wird – etwa im Wege einer Zustimmung im einfachen elektronischen Weg (etwa durch E-Mail) – dieser selbst jedoch keine Bestätigung der Einigung enthält. Abgrenzungsprobleme und die damit einhergehende Rechtsunsicherheit über die Gebührenpflicht sollten tunlichst bei der Etablierung eines flächendeckenden Schlichtungssystems für Verbraucherstreitigkeiten vermieden werden. Die Gebührenpflicht kann zudem im Widerspruch zu den Vorgaben der ADR-Richtlinie stehen, insoweit Verbraucher betroffen sind. Art. 8 lit. c verpflichtet die Mitgliedstaaten dazu, das Verfahren für Verbraucher entweder kostenlos oder gegen eine „Schutzgebühr“ iSv niedrigen Kosten zugänglich zu machen. Diese Grenze ist jedenfalls überschritten, wenn etwa bei einem Fremdwährungskredit der Verbraucher einen Vertrauensschaden iHv EUR 30 000 geltend macht mit der Begründung, er wäre seitens der Bank bei Vertragsabschluss nicht ausreichend über das Risiko aufgeklärt worden. Einigen sich die Parteien im Verfahren auf einen Ersatz iHv EUR 15 000, der seitens der Bank auf dem Kreditkonto gutgebucht wird, haben die Parteien als Gesamtschuldner einen Betrag von EUR 300 zu bezahlen. Es ist davon auszugehen, dass dieser Betrag nicht mehr als bloße Schutzgebühr qualifiziert werden kann.

Wenngleich bei niedrigen Vergleichsbeträgen die Schutzgebühr nicht überschritten sein mag, empfiehlt sich eine einheitliche Regelung iSe generellen Gebührenfreiheit. Diese sollte beiden Parteien des Verbrauchergeschäftes zugute kommen.


 

Zu Artikel 4

Änderung des Verbraucherbehörden-Kooperationsgesetzes

1. Art. 22 der Richtlinie 2013/11/EU und Art. 19 der Verordnung (EU) Nr. 524/2013 sehen jeweils eine entsprechende Erweiterung des Anhanges der „Verordnung über die Zusammenarbeit im Verbraucherschutz“ (Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 über die Zusammenarbeit zwischen den für die Durchsetzung der Verbraucherschutzgesetze zuständigen nationalen Behörden, ABl. Nr. L 364 vom 9. Dezember 2004, S. 1, zuletzt geändert durch die Richtlinie 2013/11/EU, ABl. Nr. 165 vom 21. Mai 2013, S. 63) vor. Im Anhang der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 werden nunmehr unter der Nummer 20. Art. 13 der Richtlinie und unter der Nummer 21. Art. 14 der Verordnung jeweils über die außergerichtliche Beilegung verbraucherrechtlicher Streitigkeiten angefügt.

2. Diese Änderungen sind im Anhang zum Verbraucherbehörden-Kooperationsgesetz nachzuvollziehen, indem auch dort die Informationsvorschriften der Unternehmen aus den beiden EU-Rechtsakten in Z 1 lit. j und lit. k angefügt werden. „Zuständige Behörde“ für die grenzüberschreitende Durchsetzung der neuen Informationsvorschriften im Rahmen der Behördenkooperation ist der Bundeskartellanwalt.



[1] Im Sinne der Richtlinie sind die beiden Begriffe synonym. Vgl. dazu etwa ihren Titel und Art. 2 Abs 1.