Entwurf

Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Einkommensteuergesetz 1988 geändert werden (Sozialversicherungs-Zuordnungsgesetz – SV-ZG)

Der Nationalrat hat beschlossen:

Inhaltsverzeichnis

Artikel                  Gegenstand

 

1                             Änderung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes

2                             Änderung des Gewerblichen Sozialversicherungsgesetzes

3                             Änderung des Bauern-Sozialversicherungsgesetzes

4                             Änderung des Einkommensteuergesetzes 1988

 

Artikel 1

Änderung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes

Das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz – ASVG, BGBl. Nr. 189/1955, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 33/2017, wird wie folgt geändert:

1. Im § 410 Abs. 1 wird der Punkt am Ende der Z 9 durch einen Beistrich ersetzt; folgende Z 10 wird angefügt:

       „10. wenn eine Versicherungszuordnung nach den §§ 412a bis 412e erfolgt.“

2. Nach § 412 werden folgende §§ 412a bis 412e samt Überschriften eingefügt:

Verfahren zur Klärung der Versicherungszuordnung

§ 412a. Zur Klärung der Versicherungszuordnung ist ein Verfahren mit wechselseitigen Verständigungspflichten des Krankenversicherungsträgers und der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft bzw. der Sozialversicherungsanstalt der Bauern durchzuführen. Die Einleitung dieses Verfahrens erfolgt

           1. auf Grund einer amtswegigen Sachverhaltsfeststellung (§§ 412b und 412c) oder

           2. auf Grund der Anmeldung zur Pflichtversicherung (§ 412d)

                a) nach § 2 Abs. 1 Z 1 GSVG, soweit es sich um Berechtigte zur Ausübung eines freien Gewerbes handelt, die von den Trägern der Krankenversicherung und der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft einvernehmlich bestimmt wurden, oder

               b) nach § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG oder

                c) nach § 2 Abs. 1 Z 1 letzter Satz BSVG in Verbindung mit Punkt 6 oder 7 der Anlage 2 zum BSVG oder

           3. auf Antrag der versicherten Person oder ihres Auftraggebers/ihrer Auftraggeberin (§ 412e).

Versicherungszuordnung auf Grund einer amtswegigen Sachverhaltsfeststellung (Neuzuordnung)

§ 412b. (1) Stellt der Krankenversicherungsträger oder das Finanzamt bei der Prüfung nach § 41a dieses Bundesgesetzes oder nach § 86 EStG 1988 für eine im geprüften Zeitraum nach dem GSVG bzw. nach dem BSVG versicherte Person einen Sachverhalt fest, der zu weiteren Erhebungen über eine rückwirkende Feststellung der Pflichtversicherung nach diesem Bundesgesetz (Neuzuordnung) Anlass gibt, so hat der Krankenversicherungsträger oder das Finanzamt die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft bzw. die Sozialversicherungsanstalt der Bauern ohne unnötigen Aufschub von dieser Prüfung zu verständigen. Die Verständigung hat den Namen, die Versicherungsnummer sowie den geprüften Zeitraum und die Art der Tätigkeit zu enthalten.

(2) Erfolgt eine Verständigung nach Abs. 1, so sind die weiteren Ermittlungen vom Krankenversicherungsträger unter Beiziehung der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft bzw. der Sozialversicherungsanstalt der Bauern durchzuführen. Die Ergebnisse dieser Ermittlungen sind dem Finanzamt zu übermitteln.

Bindungswirkung, Bescheidzustellung

§ 412c. (1) Wird nach Abschluss der Prüfungen nach § 412b das Vorliegen einer Pflichtversicherung

           1. nach dem ASVG vom Krankenversicherungsträger und dem Dienstgeber oder

           2. nach dem ASVG oder nach dem GSVG bzw. BSVG vom Krankenversicherungsträger und der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft bzw. der Sozialversicherungsanstalt der Bauern

einvernehmlich bejaht, so sind die Krankenversicherungsträger, die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft bzw. die Sozialversicherungsanstalt der Bauern und das Finanzamt bei einer späteren Prüfung an diese Beurteilung gebunden. Dies gilt nicht, wenn bei der Prüfung falsche Angaben gemacht wurden oder wenn eine Änderung des für die Beurteilung maßgeblichen Sachverhaltes eingetreten ist.

(2) Wird nach Abschluss der Prüfungen nach § 412b das Vorliegen einer Pflichtversicherung nach dem ASVG vom Krankenversicherungsträger bejaht, jedoch von der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft bzw. der Sozialversicherungsanstalt der Bauern verneint, so sind die Behörden an diese Beurteilung gebunden, wenn der Bescheid des Krankenversicherungsträgers rechtskräftig wurde. Abs. 1 letzter Satz ist anzuwenden.

(3) Im Bescheid nach Abs. 2 hat sich der Krankenversicherungsträger im Rahmen der rechtlichen Beurteilung mit dem abweichenden Vorbringen der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft bzw. der Sozialversicherungsanstalt der Bauern auseinander zu setzen.

(4) Bescheide des Krankenversicherungsträgers nach den Abs. 1 und 2 sind neben der versicherten Person und ihrem Dienstgeber auch der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft bzw. der Sozialversicherungsanstalt der Bauern sowie dem sachlich und örtlich zuständigen Finanzamt zuzustellen.

Versicherungszuordnung auf Grund der Anmeldung zur Pflichtversicherung (Vorabprüfung)

§ 412d. Auf die Versicherungszuordnung auf Grund der Anmeldung zur Pflichtversicherung nach § 2 Abs. 1 Z 1 GSVG (im Umfang nach § 412a Z 2) oder nach § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG bzw. nach § 2 Abs. 1 Z 1 letzter Satz BSVG in Verbindung mit Punkt 6 oder 7 der Anlage 2 zum BSVG sind die §§ 412b und 412c so anzuwenden, dass

           1. die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft bzw. die Sozialversicherungsanstalt der Bauern den Krankenversicherungsträger, der bei Vorliegen einer Pflichtversicherung nach diesem Bundesgesetz zuständig wäre, ohne unnötigen Aufschub von der Anmeldung zu verständigen hat;

           2. die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft bzw. die Sozialversicherungsanstalt der Bauern die Ergebnisse in der Frage, ob eine Pflichtversicherung nach diesem Bundesgesetz oder nach dem GSVG bzw. BSVG vorliegt, samt den zugrunde liegenden Unterlagen bei der Anmeldung gemeinsam mit dem Krankenversicherungsträger nach Z 1 zu prüfen hat; dem Krankenversicherungsträger nach Z 1 sind sämtliche Erhebungsergebnisse zur Verfügung zu stellen;

           3. an die Stelle des Abschlusses der Prüfungen nach § 412b der Abschluss der Prüfungen nach den Z 1 und 2 tritt.

Versicherungszuordnung auf Antrag

§ 412e. Die versicherte Person oder ihr Auftraggeber/ihre Auftraggeberin kann bei Vorliegen einer Pflichtversicherung nach § 2 GSVG bzw. § 2 BSVG beantragen, dass der Krankenversicherungsträger die dieser Versicherungszuordnung zugrunde liegende Erwerbstätigkeit prüft und feststellt, ob eine Pflichtversicherung nach diesem Bundesgesetz (Neuzuordnung) vorliegt. Die §§ 412b und 412c sind sinngemäß anzuwenden.“

3. Nach § 704 wird folgender § 705 samt Überschrift angefügt:

Schlussbestimmung zu Art. 1 des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2017

§ 705. Die §§ 410 Abs. 1 Z 9 und 10 sowie 412a bis 412e samt Überschriften in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2017 treten mit 1. Juli 2017 in Kraft.“

Artikel 2

Änderung des Gewerblichen Sozialversicherungsgesetzes

Das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz – GSVG, BGBl. Nr. 560/1978, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 33/2017, wird wie folgt geändert:

1. § 41 Abs. 3 lautet:

„(3) Wenn für eine Person auf Grund einer bestimmten Tätigkeit nachträglich statt der Pflichtversicherung nach diesem Bundesgesetz die Pflichtversicherung nach dem ASVG festgestellt wird, so hat die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft

           1. keine Pflichtversicherung für den entsprechenden Zeitraum festzustellen, wenn in diesem Zeitraum keine selbständige Erwerbstätigkeit ausgeübt wurde, andernfalls

           2. die Beitragsgrundlagen nach § 26 um die auf Grund dieser Tätigkeit festgestellten Beitragsgrundlagen nach dem ASVG (allgemeine Beitragsgrundlage und Sonderzahlungen) zu vermindern.

Soweit aus diesem Grund Beiträge zur Pflichtversicherung in der Kranken-, Pensions- und Unfallversicherung zu Ungebühr entrichtet wurden, sind diese an den für die Beitragseinhebung zuständigen Krankenversicherungsträger zu überweisen. Abs. 1 ist nicht anzuwenden. Der zuständige Versicherungsträger hat die überwiesenen Beiträge auf die ihm geschuldeten Beiträge anzurechnen. Übersteigen die anzurechnenden die dem zuständigen Versicherungsträger geschuldeten Beiträge, so ist der Überschuss der versicherten Person durch den zuständigen Versicherungsträger zu erstatten.“

2. Nach § 194a wird folgender § 194b samt Überschrift eingefügt:

„Verfahren zur Klärung der Versicherungszuordnung, Bindungswirkung

§ 194b. Der Versicherungsträger hat die §§ 412a bis 412e ASVG sinngemäß anzuwenden. Bescheide des Versicherungsträgers in den Fällen des § 412c Abs. 1 Z 2 ASVG sind auch dem Krankenversicherungsträger nach dem ASVG sowie dem sachlich und örtlich zuständigen Finanzamt zuzustellen.“

3. Nach § 366 wird folgender § 367 samt Überschrift angefügt:

Schlussbestimmung zu Art. 2 des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2017

§ 367. Die §§ 41 Abs. 3 und 194b samt Überschrift in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2017 treten mit 1. Juli 2017 in Kraft.“

Artikel 3

Änderung des Bauern-Sozialversicherungsgesetzes

Das Bauern-Sozialversicherungsgesetz – BSVG, BGBl. Nr. 559/1978, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 33/2017, wird wie folgt geändert:

1. § 40 Abs. 3 lautet:

„(3) Wird rückwirkend festgestellt, dass eine bestimmte Nebentätigkeit im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 1 letzter Satz in Verbindung mit Punkt 6 oder 7 der Anlage 2 die Pflichtversicherung nach dem ASVG begründet, so hat die Sozialversicherungsanstalt der Bauern die auf diese Tätigkeit entfallenden Teile der Beiträge zur Pflichtversicherung in der Kranken- und Pensionsversicherung, die zu Ungebühr entrichtet wurden, an den für die Beitragseinhebung zuständigen Krankenversicherungsträger zu überweisen. Abs. 1 ist nicht anzuwenden. Der zuständige Versicherungsträger hat die überwiesenen Beitragsteile auf die ihm geschuldeten Beiträge anzurechnen. Übersteigen die anzurechnenden die dem zuständigen Versicherungsträger geschuldeten Beiträge, so ist der Überschuss dem Beitragsschuldner/der Beitragsschuldnerin nach diesem Bundesgesetz durch den zuständigen Versicherungsträger zu erstatten.“

2. Nach § 182 wird folgender § 182a samt Überschrift eingefügt:

„Verfahren zur Klärung der Versicherungszuordnung, Bindungswirkung

§ 182a. Der Versicherungsträger hat die §§ 412a bis 412e ASVG sinngemäß anzuwenden. Bescheide des Versicherungsträgers in den Fällen des § 412c Abs. 1 Z 2 ASVG sind auch dem Krankenversicherungsträger nach dem ASVG sowie dem sachlich und örtlich zuständigen Finanzamt zuzustellen.“

3. Nach § 359 wird folgender § 360 samt Überschrift angefügt:

Schlussbestimmung zu Art. 3 des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2017

§ 360. Die §§ 40 Abs. 3 und 182a samt Überschrift in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2017 treten mit 1. Juli 2017 in Kraft.“

Artikel 4

Änderung des Einkommensteuergesetzes 1988

Das Einkommensteuergesetz 1988 – EStG 1988, BGBl. Nr. 400/1988, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 30/2017, wird wie folgt geändert:

Im § 86 wird nach Abs. 1 folgender Abs. 1a eingefügt:

„(1a) Liegt ein rechtskräftiger Feststellungsbescheid nach § 412c ASVG oder § 194b GSVG oder § 182a BSVG vor, so ist die Versicherungszuordnung auch für die Qualifikation der Einkünfte nach § 2 Abs. 3 bindend. Dies gilt nicht, wenn der Bescheid auf falschen Angaben beruht oder sich der zugrunde liegende Sachverhalt geändert hat.“


 

Erläuterungen

Allgemeiner Teil

Nach dem von der Bundesregierung am 30. Jänner 2017 beschlossenen Arbeitsprogramm für die Jahre 2017/2018 soll die Sozialpartnereinigung zur Schaffung von Rechtssicherheit bei der Abgrenzung von selbständiger und unselbständiger Erwerbstätigkeit in der gesetzlichen Sozialversicherung umgesetzt werden.

Kompetenzgrundlage:

In kompetenzrechtlicher Hinsicht stützt sich das im Entwurf vorliegende Bundesgesetz auf Art. 10 Abs. 1 Z 11 B-VG.

Besonderer Teil

Zu Art. 1 Z 1 (§ 410 Abs. 1 Z 10 ASVG):

Durch die Umsetzung der Sozialpartnereinigung zur Schaffung von Rechtssicherheit bei der Abgrenzung von selbständiger und unselbständiger Erwerbstätigkeit mit Bindungswirkung, soweit die Feststellung der Pflichtversicherung nicht auf falschen Angaben beruht oder eine Änderung des maßgeblichen Sachverhaltes eingetreten ist, soll künftig bei jeglicher Versicherungszuordnung ein Bescheid vom zuständigen Krankenversicherungsträger (bei Neuzuordnung zur ASVG-Pflichtversicherung anstelle der GSVG- bzw. BSVG-Pflichtversicherung) oder von der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft (SVA) bzw. der Sozialversicherungsanstalt der Bauern (SVB) (bei Einvernehmen über die Zuordnung zur GSVG- bzw. BSVG-Pflichtversicherung) erlassen werden.

Die Bescheiderlassung ist vor allem erforderlich, um eine Bindungswirkung auch im Abgabenrecht herbeizuführen.

Zu Art. 1 Z 2, Art. 2 Z 2 und Art. 3 Z 3 (§§ 412a bis 412e ASVG; § 194b GSVG; § 182a BSVG):

Tritt im Rahmen einer versicherungsrechtlichen Prüfung bzw. einer gemeinsamen Prüfung aller lohnabhängigen Abgaben (GPLA) der substantielle Verdacht auf, dass anstelle der bisherigen Pflichtversicherung nach § 2 Abs. 1 Z 1 und 4 GSVG (als freie Gewerbetreibende und neue Selbständige) bzw. § 2 Abs. 1 Z 1 BSVG (als Ausübende eines bäuerlichen Nebengewerbes) eine Pflichtversicherung nach dem ASVG vorliegt, so hat gemäß den neuen Regelungen zur Schaffung von Rechtssicherheit bei der Abgrenzung von selbständiger und unselbständiger Erwerbstätigkeit der Krankenversicherungsträger nach dem ASVG bzw. das Finanzamt die SVA bzw. SVB ohne unnötigen Aufschub über diesen Verdacht zu verständigen. Die weiteren Ermittlungen sind sodann vom Krankenversicherungsträger nach dem ASVG unter Beiziehung der SVA bzw. SVB durchzuführen; das Finanzamt ist vom Ergebnis dieser Ermittlungen zu verständigen. Die Bescheiderlassung bei Neuzuordnung zur ASVG-Pflichtversicherung obliegt hingegen allein dem zuständigen Krankenversicherungsträger. Die versicherungsrechtliche Prüfung nach § 41a Abs. 1 ASVG umfasst sämtliche Erhebungen zur Feststellung der Pflichtversicherung.

Durch die gegenseitige Unterstützung bei einer gemeinsamen Ermittlung der Krankenversicherungsträger nach dem ASVG mit der SVA bzw. SVB wird die Prüfeffizienz erhöht.

Ergibt nun die Prüfung einvernehmlich, dass im maßgeblichen Zeitraum eine selbständige Erwerbstätigkeit vorliegt, so bleibt es bei der Pflichtversicherung nach dem GSVG bzw. BSVG und der Zuständigkeit der SVA bzw. SVB. Dies ist von der SVA bzw. SVB mit Bescheid festzustellen.

Auf Grund der Normierung einer gesetzlichen Bindungswirkung kann in einem späteren Prüfungsverfahren eine Neuzuordnung durch den Krankenversicherungsträger nach dem ASVG nur dann vorgenommen werden (durch Feststellung der Pflichtversicherung nach dem ASVG), wenn die einvernehmliche Zuordnung zur GSVG- bzw. BSVG-Versicherung auf falschen Angaben beruhte oder eine Änderung des für diese Zuordnung maßgeblichen Sachverhaltes eingetreten ist.

Wurde vom Krankenversicherungsträger und dem Dienstgeber (Auftraggeber) oder den Versicherungsträgern einvernehmlich festgestellt, dass entgegen der bisherigen Versicherung keine selbständige Erwerbstätigkeit (und damit auch keine Pflichtversicherung nach dem GSVG bzw. BSVG, das heißt keine Zuordnung zum Vollziehungsbereich der SVA bzw. SVB) vorliegt, sondern vielmehr eine Pflichtversicherung nach dem ASVG (einvernehmliche Neuzuordnung), so hat der Krankenversicherungsträger nach dem ASVG einen Bescheid über diese Pflichtversicherung zu erlassen. Stimmt der potentielle Dienstgeber mit der Auffassung des Krankenversicherungsträgers überein, dass eine Pflichtversicherung nach dem ASVG besteht, so ist das von der SVA bzw. SVB zu akzeptieren; die Bindungswirkung tritt ein. Diese Bindungswirkung wird – wie erwähnt – nur dann durchbrochen, wenn die Zuordnung auf falschen Angaben der versicherten Person beruht oder in der Folge eine Änderung des maßgeblichen Sachverhaltes eintritt.

Es ist auf Grund der rechtswissenschaftlichen Literatur (zuletzt Müller, Die verfahrensrechtliche Bewältigung der Umstellung von Versicherungsverhältnissen, in Rebhahn (Hrsg), Probleme des Beitragsrechts) davon auszugehen, dass die SVA und die SVB ein Beschwerderecht haben.

Wird hingegen kein Einvernehmen über die Versicherungszuständigkeit erzielt, so hat der Krankenversicherungsträger nach dem ASVG ebenfalls einen Bescheid über die Pflichtversicherung nach dem ASVG auszustellen.

Im Rahmen der rechtlichen Beurteilung hat sich der Krankenversicherungsträger nach dem ASVG mit dem abweichenden Vorbringen der SVA bzw. SVB auseinander zu setzen.

Der Bescheid der SVA bzw. SVB oder des Krankenversicherungsträgers nach dem ASVG ist nicht nur der versicherten Person und ihrem Dienstgeber (Auftraggeber) zuzustellen, sondern auch den beteiligten Behörden (SVA, SVB, Krankenversicherungsträger sowie sachlich und örtlich zuständiges Finanzamt).

Auch bei der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit soll die geschilderte Vorgangsweise sinngemäß Platz greifen, wenn zu prüfen ist, ob für neue Selbständige nach § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG, bestimmte BetreiberInnen freier Gewerbe und Ausübende bäuerlicher Nebentätigkeiten eine Zuständigkeit der SVA bzw. SVB oder des Krankenversicherungsträgers nach dem ASVG besteht. In diesen Fällen hat die SVA bzw. SVB den zuständigen Krankenversicherungsträger von der (vorläufigen) Anmeldung zur Pflichtversicherung nach dem GSVG bzw. BSVG zu informieren.

Die Ergebnisse der Erhebungen sind sodann von der SVA bzw. SVB und dem Krankenversicherungsträger nach dem ASVG gemeinsam zu prüfen. Die Bindungswirkung tritt in diesen Fällen ein, wenn sich die genannten Versicherungsträger bzw. der Krankenversicherungsträger mit dem Dienstgeber (Auftraggeber) über die Versicherungszuständigkeit einigen (dies ist mit Bescheid festzustellen) oder eine Neuzuordnung durch den Krankenversicherungsträger rechtskräftig wird.

Für Fälle der Versicherungszuordnung zum GSVG bzw. BSVG soll darüber hinaus der versicherten Person oder ihrem Auftraggeber/ihrer Auftraggeberin die Möglichkeit eingeräumt werden, einen Antrag auf Überprüfung der Versicherungszuordnung zu stellen. An das Feststellungsergebnis und die gemeinsam getroffene Zuordnung sind der Krankenversicherungsträger nach dem ASVG, die SVA bzw. SVB und das Finanzamt gebunden (Bindungswirkung). Diese Bindungswirkung wird wiederum nur dann durchbrochen, wenn die Zuordnung auf falschen Angaben der versicherten Person beruht oder in der Zwischenzeit eine Änderung des maßgeblichen Sachverhaltes eingetreten ist.

Der Bescheid nach § 412c ASVG ist auch dem sachlich und örtlich zuständigen Finanzamt zuzustellen. Im Fall der Feststellung einer Pflichtversicherung nach dem ASVG ist das Betriebsstättenfinanzamt des Dienstgebers zuständig, in allen anderen Fällen das Wohnsitzfinanzamt der versicherten Person.

Zusammenfassend ist zu sagen, dass die Bestimmungen der §§ 412b und 412c ASVG über das Neuzuordnungsverfahren auch auf das Vorabprüfungsverfahren nach § 412d ASVG und sinngemäß auch auf das antragsgemäß einzuleitende Verfahren nach § 412e ASVG anzuwenden sind.

Zu Art. 1 Z 3, Art. 2 Z 3 und Art. 3 Z 3 (§ 705 ASVG; § 367 GSVG; § 360 BSVG):

Das neue Verfahren zur Versicherungszuordnung nach den §§ 412a ff. ASVG sowie § 194b GSVG und § 182a BSVG soll mit 1. Juli 2017 in Kraft treten. Es bezieht sich – entsprechend dem Zweck dieser Normen – auch auf die versicherungsrechtliche Prüfung von Zeiträumen, die vor dem Inkrafttretenszeitpunkt liegen.

Zu Art. 2 Z 1 und Art. 3 Z 1 (§ 41 Abs. 3 GSVG; § 40 Abs. 3 BSVG):

Kommt es zu einer rückwirkenden Neuzuordnung, so ist eine beitragsrechtliche Rückabwicklung vorzunehmen: Alle an die SVA bzw. SVB geleisteten Beiträge bzw. Beitragsteile zur Kranken- und Pensionsversicherung (im GSVG: auch zur Unfallversicherung), die auf die dem ASVG zuzuordnende Tätigkeit entfallen und daher zu Unrecht nach dem GSVG bzw. BSVG entrichtet wurden, sind an den für die Beitragseinhebung zuständigen Krankenversicherungsträger zu überweisen. Dieser hat diese Beiträge auf die Beitragsschuld nach dem ASVG anzurechnen; allfällige Überschüsse sind vom zuständigen Versicherungsträger von Amts wegen an die versicherte Person auszuzahlen.

Zu Art. 4 (§ 86 Abs. 1a EStG 1988):

Die Bindungswirkung eines Feststellungsbescheides nach den §§ 412c ASVG, 194b GSVG und 182a BSVG über die Versicherungszuständigkeit soll auch Bindungswirkung für die Zuordnung der Einkünfte zu selbständigen oder unselbständigen Einkünften nach dem EStG 1988 entfalten. Eine Feststellung der Pflichtversicherung zum Beispiel nach dem GSVG soll demnach zu Einkünften aus Gewerbetrieb führen.

Keine Bindungswirkung soll hingegen eintreten, wenn der Bescheid auf falschen Angaben beruht oder eine Änderung des für diese Zuordnung maßgeblichen Sachverhaltes eingetreten ist; das heißt es soll jedenfalls stets das tatsächlich verwirklichte Gesamtbild der vereinbarten Tätigkeit beurteilt werden.

Wird im Zuge einer GPLA ein Verfahren nach den §§ 412a bis 412e ASVG oder 194b GSVG oder 182a BSVG eingeleitet, so ist vor Abschluss der GPLA das Ergebnis des Verfahrens über die Versicherungszuordnung durch den jeweiligen Krankenversicherungsträger abzuwarten.