Bundesgesetz, mit dem das Einführungsgesetz zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen 2008 und das Verwaltungsstrafgesetz 1991 geändert werden

 

Vereinfachte wirkungsorientierte Folgenabschätzung

 

Einbringende Stelle:

Bundeskanzleramt

Vorhabensart:

Bundesgesetz

Laufendes Finanzjahr:

2017

 

Inkrafttreten/

Wirksamwerden:

2017

 

Vorblatt

 

Problemanalyse

-       Das Einführungsgesetz zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen 2008 – EGVG, BGBl. I Nr. 87/2008, und das Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG, BGBl. Nr. 52/1991, sehen die Mitwirkung der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes vor. Die Befugnisse dieser Organe sind jedoch zum Teil nicht klar definiert oder unzureichend.

-       Rassistische und/oder fremdenfeindliche Äußerungen werden oft über das Internet oder andere Medien verbreitet.

-       Verwaltungsstrafverfahren könnten im Bereich der Abgekürzten Verfahren effizienter, transparenter, einheitlicher und bürgerfreundlicher geführt werden; für die Verwaltungsstrafbehörden besteht aufgrund der Ausstellung von Ermächtigungsurkunden für Organe der öffentlichen Aufsicht ein sehr hoher Verwaltungsaufwand.

-       Anders als etwa im Bereich des gerichtlichen Strafvollzugs oder des finanzbehördlichen Strafvollzugs besteht im Verwaltungsstrafbereich nicht die Möglichkeit der Erbringung gemeinnütziger Leistungen anstelle des Vollzugs einer Ersatzfreiheitsstrafe.

 

Ziel(e)

Durch eine Änderung des Einführungsgesetzes zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen 2008 und des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 sollen folgende Ziele erreicht werden:

-       Klarstellung, in welchen Fällen, in welchem Umfang und mit welchen Befugnissen die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am Verfahren mitzuwirken haben;

-       Sanktionierung der Verbreitung rassistischer und/oder fremdenfeindlicher Diskriminierungspropaganda;

-       effizientere, transparentere und einheitlichere Gestaltung von Verwaltungsstrafverfahren; Reduzierung des Verwaltungsaufwandes für die Verwaltungsstrafbehörden;

-       Möglichkeit der Erbringung gemeinnütziger Leistungen im Verwaltungsstrafverfahren.

 

Inhalt

Das Vorhaben umfasst hauptsächlich folgende Maßnahme(n):

-       Entlastung der Tätigkeit der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes (etwa im Hinblick auf die Mitwirkung beim „Schwarzfahren“) und einer Klarstellung ihrer Befugnisse (etwa bei der Ausübung von Zwangsgewalt);

-       verwaltungsstrafrechtliche Sanktionierung der Verbreitung rassistischer und/oder fremdenfeindlicher Diskriminierungspropaganda;

-       Verwaltungsstrafverfahren sollen effizienter, transparenter und einheitlicher durchgeführt werden (zB Einführung der Möglichkeit der Zurückziehung des Einspruches gegen die Strafverfügung oder die Schaffung einheitlicher Deliktskataloge für Strafverfügungen, Anonymverfügungen und Organstrafverfügungen, Erleichterung des sprengelüberschreitenden Einsatzes von Exekutivbeamten oder die Möglichkeit der Verfahrenseinstellung bei Einzahlung eines höheren Strafbetrages als der durch die Anonymverfügung vorgeschriebene); Reduzierung des Verwaltungsaufwandes für die Verwaltungsstrafbehörden durch den Entfall des Ausstellens von Ermächtigungsurkunden für Organe der öffentlichen Aufsicht;

-       Einführung der Möglichkeit der Erbringung gemeinnütziger Leistungen anstelle des Vollzugs einer Ersatzfreiheitsstrafe im Verwaltungsstrafverfahren.

-       Legistische Anpassungen (Bereinigung von Redaktionsversehen und terminologische Anpassungen).

 

Finanzielle Auswirkungen auf den Bundeshaushalt und andere öffentliche Haushalte:

 

Durch den Entfall der Ausstellung von Ermächtigungsurkunden für die Organe der öffentlichen Aufsicht wird der damit verbundene Verwaltungsaufwand für die Verwaltungsstrafbehörden (tausende Ermächtigungsurkunden müssen gedruckt, verteilt und laufend aktualisiert werden) erheblich reduziert. Dies führt zu einer Kostenersparnis, deren Höhe derzeit nicht exakt abgeschätzt werden kann.

Die finanziellen Auswirkungen der Einführung der Möglichkeit der Erbringung gemeinnütziger Leistungen anstelle des Vollzugs einer Ersatzfreiheitsstrafe im Verwaltungsstrafbereich können, da die Möglichkeit der Erbringung gemeinnütziger Leistungen im Verwaltungsstrafbereich derzeit nicht vorgesehen ist, nur auf Grund eines Vergleiches mit dem gerichtlichen und den finanzbehördlichen Strafvollzug geschätzt werden.

Durch die Einführung der Möglichkeit der Erbringung gemeinnütziger Leistungen anstelle des Vollzugs einer Ersatzfreiheitsstrafe im Verwaltungsstrafbereich werden folgende Kosten verursacht:

-       Kosten, die an den Verein Neustart oder einer vergleichbaren Einrichtung zur Abwicklung der allgemeinen Organisation der Möglichkeit zur Erbringung sozialer Leistungen gezahlt werden (Datenerfassung, Gespräche mit Bestraften, Information und Suche einer geeigneten Einrichtung, Versendung der Unterlagen zur Vermittlung an die Einrichtung, Verfassen und Versendung von Berichten an die zuweisende Behörde, Akquise und Wartung geeigneter Einrichtungen, regelmäßige Evaluierungsgespräche mit den Einrichtungen).

-       Kosten der Behörde, die bei der Abwicklung eines konkreten Vollzugsfalls anfallen (Personalaufwand, durch neue von den Verwaltungsstrafbehörden zu setzenden Verfahrensschritten; Sachaufwand, der notwendig ist, um die geplante Gesetzesänderung zu vollziehen).

Im Jahr 2015 haben in Österreich im Bereich des Verwaltungsstrafrechts insgesamt 7.452 Personen eine Ersatzfreiheitsstrafe verbüßt (davon 479 in einer Justizanstalt und 6.973 in einem Polizeianhaltezentrum). Die Kosten für die Vermittlung einer gemeinnützigen Arbeit werden vom Verein Neustart mit ca. € 350 pro Fall kalkuliert. Wenn man davon ausgehen würde, dass rund ein Drittel der Personen, die eine Ersatzfreiheitsstrafe antreten müssten, von der Möglichkeit der Erbringung gemeinnütziger Leistungen Gebrauch machen würden, entstünden somit Kosten von rund € 869.400 pro Jahr.

Würden anstelle der 7.452 Personen, nur 4.968 Personen einer Ersatzfreiheitsstrafe verbüßen, so würden sich auch die Haftkosten um ein Drittel reduzieren. Bei einer durchschnittlichen Haftdauer von ca. 15 Tagen pro Person (im Jahr 2015 hat die durchschnittliche Haftdauer in der Justizanstalt 15 Tage und 20,9 Stunden und im Polizeianhaltezentrum durchschnittlich 15 Tage betragen) und Haftkosten von ca. € 80 pro Hafttag bzw. selbst bei einer Annahme von lediglich € 24 pro Hafttag (wenn ausschließlich die variablen Kosten herangezogen werden, also jene Kosten pro in Haft befindlichen Insassen, die im Gegensatz zu Fixkosten wie Gebäudeerhaltung, Personalkosten bei einer geringfügigen Belagsänderung tatsächlich eingespart werden können wie zB Verpflegung, medizinische Betreuung, Reinigungsmittel), würden die Haftkosten die Kosten, die an den Verein Neustart oder einer vergleichbaren Einrichtung zur Abwicklung der allgemeinen Organisation der Möglichkeit zur Erbringung sozialer Leistungen zu zahlen wären, und vermutlich auch die Kosten, die bei Behörde aufgrund der Abwicklung eines konkreten Vollzugsfalls anfallen würden, übersteigen, sodass durch die Möglichkeit der Erbringung gemeinnütziger Leistungen anstelle des Vollzugs einer Ersatzfreiheitsstrafe mit keinen zusätzlichen finanziellen Aufwendungen zu rechnen ist (zu den Haftkosten vgl. Bundesministerium für Justiz, Modellversuch "Gemeinnützige Leistungen statt Ersatzfreiheitsstrafe", Schriftreihe des Bundesministeriums für Justiz, Bd. 139 [2009], 34 f).

Die übrigen in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Änderungen sind als solche weitgehend kostenneutral.

 

Verhältnis zu den Rechtsvorschriften der Europäischen Union

Die vorgeschlagenen Änderungen fallen nicht in den Anwendungsbereich des Rechts der Europäischen Union oder sind mit diesem vereinbar.

 

Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens

Keine.

 

Diese Folgenabschätzung wurde mit der Version 4.7 des WFA – Tools erstellt (Hash-ID: 1690761104).