Bundesgesetz, mit dem das Außerstreitgesetz, die Jurisdiktionsnorm, das Gerichtsgebührengesetz, das Sicherheitspolizeigesetz und das Auslandsunterhaltsgesetz 2014 geändert sowie das Bundesgesetz vom 9. Juni 1988 zur Durchführung des Übereinkommens vom 25. Oktober 1980 über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung aufgehoben werden (Kinder-RückführungsG 2017 – KindRückG 2017).

Der Nationalrat hat beschlossen:

Artikel 1

Änderung des Außerstreitgesetzes

Das Außerstreitgesetz, BGBl. I Nr. 111/2003, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. xx/2017, wird wie folgt geändert:

1. Nach § 111 wird folgender 7a. Abschnitt eingefügt:

„7a. Abschnitt

Verfahren nach dem Haager Kindesentführungsübereinkommen

Anträge in das Ausland

§ 111a. (1) Ein Antrag auf Rückführung eines Kindes oder auf Ausübung des Rechts auf Kontakt mit dem Kind, der vom Bundesministerium für Justiz als Zentrale Behörde im Sinn des Art. 6 des Übereinkommens vom 25. Oktober 1980, BGBl. Nr. 512/1988, über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung (im Folgenden: HKÜ) an eine ausländische Zentrale Behörde übermittelt werden soll, ist vom Antragsteller beim Pflegschaftsgericht schriftlich anzubringen oder zu Protokoll zu geben. § 434 Abs. 2 ZPO ist sinngemäß anzuwenden.

(2) Sind der Antrag und die beizufügenden sonstigen Schriftstücke im Hinblick auf Art. 24 Abs. 1 HKÜ zu übersetzen, so sind bei Vorliegen eines Antrags auf Bewilligung der Verfahrenshilfe hinsichtlich der Gebühren der Dolmetscher die §§ 63 ff. ZPO anzuwenden. Nach der Bewilligung der Verfahrenshilfe hat das Gericht die Herstellung der erforderlichen Übersetzungen zu veranlassen.

(3) Ein Verlangen der antragstellenden Partei auf Beistellung einer psychosozialen Prozessbegleitung in Österreich während des Verfahrens über den Antrag auf Rückführung eines Kindes ist an die in Frage kommende Einrichtung weiterzuleiten. § 73b ZPO ist sinngemäß anzuwenden, wobei die Bereitstellung psychosozialer Prozessbegleitung während dieses Verfahrens kein vorangegangenes Strafverfahren voraussetzt.

§ 111b. (1) Das Gericht hat den Antrag vordringlich zu behandeln. Es hat zu prüfen, ob der Antrag und die Beilagen den Erfordernissen des Art. 8 HKÜ entsprechen, ob die nach Art. 24 Abs. 1 HKÜ erforderlichen Übersetzungen sowie die im Art. 28 HKÜ genannte Vollmacht für die ausländische Zentrale Behörde angeschlossen sind, und sodann den Antrag und die Beilagen unverzüglich dem Bundesministerium für Justiz vorzulegen.

(2) Ist eine im Art. 8 Abs. 3 lit. f HKÜ genannte Bescheinigung erforderlich, so ist sie vom Bundesministerium für Justiz in Form eines Gesetzeszeugnisses auszustellen.

(3) Sind die Voraussetzungen des Art. 3 HKÜ offensichtlich nicht gegeben, so hat das Gericht den Antrag, sofern er nicht verbessert werden kann, ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Anträge aus dem Ausland

§ 111c. (1) Aus dem Ausland einlangende Anträge auf Rückführung eines Kindes sind vordringlich zu behandeln.

(2) Wenn der Aufenthalt eines Kindes unter 16 Jahren unbekannt ist, aber Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass es sich ohne sämtliche erforderliche Einwilligungen in Österreich aufhält, hat das Bundesministerium für Justiz als Zentrale Behörde alle erforderlichen Maßnahmen zur Aufenthaltsermittlung zu treffen. Es ist insbesondere befugt, die Sicherheitsbehörden einzuschalten und eine Abfrage beim zentralen Melderegister sowie beim Hauptverband der Sozialversicherungsträger zu tätigen.

(3) Sofern nicht die Voraussetzungen nach Art. 9 HKÜ vorliegen, hat das Bundesministerium für Justiz einen aus dem Ausland einlangenden Antrag samt Beilagen auf Kosten des Bundes übersetzen zu lassen (Art. 24 Abs. 1 HKÜ) und sodann an das zuständige Bezirksgerichts zu übersenden.

(4) Der zur Durchführung des Verfahrens zuständige Richter hat zugunsten des Antragstellers ohne Rücksicht darauf, ob die im § 63 Abs. 1 ZPO vorgesehenen Voraussetzungen vorliegen, die Verfahrenshilfe, bei bisher Unvertretenen einschließlich der Beigebung eines Rechtsanwalts, zu bewilligen (§ 64 Abs. 1 ZPO).

(5) Das Gericht hat bei Bemühungen um eine gütliche Einigung im Interesse des Kindeswohls (§ 13), bei der tunlichst beide Elternteile bei Gericht erscheinen sollen, die besondere Dringlichkeit des Verfahrens zu beachten. Über den Antrag ist unverzüglich zu entscheiden, sofern eine gerichtliche Entscheidung nicht durch die freiwillige sofortige Rückführung des Kindes oder durch die Zurückziehung des Antrags entbehrlich wird. Die Anordnung der Rückführung ist tunlichst mit der Anordnung ihrer zwangsweisen Durchsetzung, unter Setzung einer Erfüllungsfrist, zu verbinden. Dieser Entscheidung kommt vorläufige Verbindlichkeit und Vollstreckbarkeit zu, sofern das Gericht diese nicht ausschließt. Im Übrigen gilt § 44 sinngemäß.

(6) Zur Sicherung der Zwecke des HKÜ hat das Gericht erster Instanz in jeder Lage des Rückführungsverfahrens Maßnahmen zu setzen, um das Recht zum persönlichen Kontakt des zurückgelassenen Elternteils mit dem Kind bis zur endgültigen Entscheidung über die Rückführung des Kindes und deren Durchsetzung zu gewährleisten.

(7) Das Gericht kann bei der Durchführung einer Rückführung des Kindes oder eines Beschlusses zur Regelung des Rechts auf Kontakt den Kinder- und Jugendhilfeträger um Mitwirkung im Interesse des Kindes ersuchen.

(8) Das Gericht hat dem Bundesministerium für Justiz unmittelbar über alle wichtigen Maßnahmen und über das Ergebnis des Verfahrens zu berichten. Hat das Gericht innerhalb von sechs Wochen nach Einlangen des Antrages bei ihm keine Entscheidung getroffen, so hat es dem Bundesministerium für Justiz unverzüglich über die Gründe für die Verzögerung zu berichten. Das Bundesministerium für Justiz kann auch den zur Vertretung des Antragstellers bestellten Rechtsanwalt (Abs. 4) um Bekanntgabe des Verfahrensstandes ersuchen.

§ 111d. (1) Im Übrigen sind die Bestimmungen des 7. Abschnitts sinngemäß auch auf Verfahren nach dem HKÜ anzuwenden.

(2) Wurde ein selbständiger Beschluss zur Anordnung der zwangsweisen Durchsetzung gefasst, so kommt diesem jedenfalls vorläufige Verbindlichkeit und Vollstreckbarkeit zu. Im Übrigen gilt § 44 sinngemäß. Einwendungen gegen diesen Beschluss sind nur noch zu berücksichtigen, soweit die nun eingewendeten Umstände im Verfahren zur Anordnung der Rückführung noch nicht geprüft wurden oder werden konnten oder soweit nachträglich Umstände eingetreten sind, die das Wohl des Kindes gefährden.

§ 111e. Wird dem Antragsgegner während des im Inland anhängigen Rückführungsverfahrens von der zuständigen Behörde im ersuchenden Staat das Recht zur Bestimmung des Aufenthalts für das widerrechtlich verbrachte oder zurückgehaltene Kind zwar rechtswirksam, jedoch bloß vorläufig oder nicht rechtskräftig zugewiesen, so ist das Rückführungsverfahren gemäß § 25 Abs. 2 Z 1 zu unterbrechen. Wird dem Antragsgegner das Aufenthaltsbestimmungsrecht endgültig und rechtskräftig zugewiesen, ist das Rückführungsverfahren einzustellen.“

2. Nach dem § 207l wird folgender § 207m samt Überschrift eingefügt:

„Inkrafttreten und Übergangsbestimmung zum Bundesgesetz BGBl. I Nr. xxx/2017

§ 207m. Der 7a. Abschnitt in der Fassung des KindRückG BGBl. I Nr. xxx/2017, tritt mit 1. September 2017 in Kraft.“

Artikel 2 

Änderungen der Jurisdiktionsnorm

Die Jurisdiktionsnorm, RGBl. Nr. 111/1895, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. XX/2017, wird wie folgt geändert:

1. § 109a lautet:

§ 109a. Zur Behandlung eines aus dem Ausland einlangenden Antrags auf Rückführung eines Kindes im Sinn des Übereinkommens vom 25. Oktober 1980, BGBl. Nr. 512/1988, über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung (im Folgenden: HKÜ) ist das Bezirksgericht am Sitz des Gerichtshofs erster Instanz, in dessen Sprengel sich das Kind aufhält, zuständig; für den Sprengel des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien das Bezirksgericht Innere Stadt Wien, für den Sprengel des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz das Bezirksgericht Graz-Ost. Zur Entscheidung über Anträge auf persönlichen Verkehr mit dem Kind (Art. 21 HKÜ) ist das in § 109 genannte Bezirksgericht zuständig.“

2. Der bisherige § 109a erhält die Bezeichnung § 109b.

Artikel 3

Änderungen des Gerichtsgebührengesetzes

Das Gerichtsgebührengesetz (GGG), BGBl. Nr. 501/1984, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. xxx/2017, wird wie folgt geändert:

1. In der Tarifpost 12 lautet die lit. j:

Tarifpost

Gegenstand

Maßstab für die Gebührenbemessung

Höhe der Gebühren

 

          „j) sonstige Anträge in außerstreitigen Verfahren, ausgenommen die in der Anmerkung 11 genannten Verfahren

 

256 Euro"

2. In der Tarifpost 12 wird nach der Anmerkung 10 folgende Anmerkung 11 angefügt:

„11. Gebührenfrei sind, soweit nicht ausdrücklich anders angeordnet:

                a) Verfahren nach dem UbG und dem HeimAufG,

               b) Verfahren nach dem Tuberkulosegesetz und dem Epidemiegesetz,

                c) Verfahren über die Abstammung (§§ 81 ff AußStrG),

               d) Verfahren über die Annahme minderjähriger Wahlkinder an Kindesstatt und zur Anerkennung solcher ausländischen Entscheidungen,

                e) Verfahren über die Regelung der Obsorge und der persönlichen Kontakte (§§ 104 ff AußStrG),

                f) Verfahren nach dem Haager Kindesentführungsübereinkommen (§§ 111a ff AußStrG),

               g) Verfahren über die Sachwalterschaft,

                k) Verfahren über die Erklärung der Ehemündigkeit nach § 1 Abs. 2 EheG.“

3. Tarifpost 12 Anmerkung 11 lit. g lautet:

              „g) Erwachsenenschutzverfahren (§§ 116a ff AußStrG),“

4. Art. VI wird folgende Z 69 angefügt:

„69. Tarifpost 12 in der Fassung des KindRückG BGBl. Nr. ###/2017 tritt mit 1. September 2017 in Kraft. Tarifpost 12 Anmerkung 11 lit. g in der Fassung des KindRückG BGBl. Nr. ###/2017, Art. 3 Z 3 tritt mit 1. Juli 2018 in Kraft.“

Artikel 4 

Änderungen des Sicherheitspolizeigesetzes

Das Sicherheitspolizeigesetz (SPG), BGBl. Nr. 566/1991, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 61/2016, wird wie folgt geändert:

1. In § 24 Abs. 1 Z 4 wird nach dem Zitat „§ 162 Abs. 1 ABGB“ die Wortfolge „oder § 111c Außerstreitgesetz, AußStrG, BGBl. I Nr. 111/2013,“ eingefügt.

2. In § 35 Abs. 1 Z 5 lit. a und § 57 Abs. 1 Z 9 wird jeweils nach dem Zitat „§ 162 Abs. 1 ABGB“ die Wortfolge „oder § 111c AußStrG“ eingefügt.

3. Dem § 94 wird folgender Abs. 42 angefügt:

„(42) § 24 Abs. 1 Z 4, § 35 Abs. 1 Z 5 lit. a und § 57 Abs. 1 Z 9 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. ###/2017 treten mit 1. September 2017 in Kraft.“

Artikel 5

Änderungen des Bundesgesetzes über die Geltendmachung und Durchsetzung von Unterhaltsansprüchen mit Auslandsbezug (Auslandsunterhaltsgesetz 2014 – AUG 2014)

Das Auslandsunterhaltsgesetz 2014, BGBl. I Nr. 34/2014, wird wie folgt geändert:

1. In § 9 Abs. 1 werden der Klammerausdruck „(Abs. 2 und 3)“ durch den Klammerausdruck „(Abs. 2)“ und der Klammerausdruck „(Abs. 4)“ durch den Klammerausdruck „(Abs. 3)“ ersetzt.

2. In § 9 Abs. 3 wird der Ausdruck „Abs. 2 und 3“ durch den Ausdruck „Abs. 2“ ersetzt und lautet der letzte Halbsatz: „sofern für den Antragsteller nicht bereits ein zu einem früheren Zeitpunkt bestellter oder beauftragter Rechtsanwalt im Inland einschreitet.“

3. In § 19 wird folgender Abs. 6 angefügt:

„(6) § 9 Abs. 1 und 3 in der Fassung des KindRückG BGBl. I Nr. ###/2017 tritt mit 1. September 2017 in Kraft.“

Artikel 6

Aufhebung des Durchführungsgesetzes zum HKÜ

Das Bundesgesetz vom 9. Juni 1988 zur Durchführung des Übereinkommens vom 25. Oktober 1980 über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung, BGBl. Nr. 513/1988, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 15/2013, tritt mit Ablauf des 31. August 2017 außer Kraft.

Artikel 7

Inkrafttreten der Änderungen der JN

§ 109a und § 109b in der Fassung des KindRückG BGBl. I Nr. ###/2017 treten mit 1. September 2017 in Kraft.