66/PET XXV. GP

Eingebracht am 23.02.2016
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Petition

 

 

Frau

Präsidentin des Nationalrates

Doris Bures

Parlament

1017 Wien

Wien, 17.Februar 2016

 

Betreff: Petition der Stadtgemeinde Ansfelden betreffend „TTIP/CETA/TlSA-freie Gemeinde" Sehr geehrte Frau Präsidentin!

Gemäß § 100 Abs. 1 GOG-NR überreiche ich die Petition der Stadtgemeinde Ansfelden betreffend „TTIP/CETA/TlSA-freie Gemeinde" mit dem Ersuchen um geschäftsordnungsmäßige Behandlung.

Mit freundlichen Grüßen

Wolfgang Pirklhuber

DER GRÜNE KLUB IM PARLAMENT . 1017 WIEN . ÖSTERREICH

 

 



Mit der Erklärung zur TTIP/CETA/TiSA-freien Gemeinde werden folgende Forderungen an die Bundesregierung, an die Abgeordneten des Nationalrates und an das europäische Parlament verbunden:

*     kein Abschluss von Handels- und Investitionsabkommen, welche die Gemeindeautono- mie bei der Sicherstellung der öffentlichen Dienstleistungen untergraben oder ihre Rechte auf Regulierung einschränken

*     kein Abschluss von Handels- und Investitionsabkommen, die Instrumente des Investiti­onsschutzes enthalten

*     Aussetzen der TTIP & TiSA-Verhandlungen, solange die verhandlungsrelevanten Doku­mente nicht offengelegt sind und es keinen demokratischen Prozess gibt

*     Ablehnen des CETA-Abkommens durch die österreichische Regierung bzw. die Abge­ordneten des Nationalrates bzw. die österreichischen Abgeordneten zum Europäischen Parlament

*     die Offenlegung der Verhandlungsunterlagen aller derzeit verhandelten Abkommen, ins­besondere von TTIP, CETA und TiSA für BürgerInnen und ParlamentarierInnen

*     die begleitende öffentliche Auseinandersetzung mit den Verhandlungsinhalten während der gesamten Verhandlungsdauer im österreichischen und Europäischen Parlament un­ter Einbeziehung zivilgesellschaftlicher Organisationen

Begründung:

Im Rahmen der Transatlantischen Handels- und Investitionspartnerschaft (TTIP) sowie der CETA- und TiSA-Abkommen verhandelt die EU-Kommission im Auftrag der Mitglieds­länder weitere Deregulierungsmaßnahmen und -schritte, die alle Lebensbereiche betref­fen. Teilbereiche davon sind der Dienstleistungssektor und die öffentliche Auftragsverga­be. Laut dem durchgesickerten Verhandlungsmandat für TTIP und den durchgesickerten Verhandlungsdokumenten für CETA und TiSA ist das Ziel dieser Abkommen, bestehende Liberalisierungen des Dienstleistungsbereichs über diese Abkommen festzuschreiben.

Alle öffentlichen Dienstleistungen, die für den sozialen Zusammenhalt wichtig sind und zu denen alle BürgerInnen freien Zugang haben müssen, sind von diesen Abkommen betrof­fen: Gesundheit, Bildung, Energieversorgung, Wasser, Transporte, öffentlicher Verkehr, Post, Telekommunikation, Kultur und Freizeit, Abfallwirtschaft, Alterspflege usw.

Lediglich jene Bereiche, die explizit in Form eines Negativlistenansatzes ausgenommen werden, fallen nicht darunter.

Darüber hinaus sollen Konzerne, die in einer der Regionen bzw. Länder, die TTIP, CETA und TiSA verhandeln, eine Niederlassung haben, in Zukunft bei der Ausschreibung von öffentlichen Verträgen mitbieten können.


Freihandelsabkommen - so auch diese - sind für alle Gebietskörperschaften, also vom Bund über die Bundesländer bis zu den Gemeinden gültig; sie sind für alle Gebietskör­perschaftenverpflichtend. Bundesländerund Gemeinden sind also direkt betroffen. TTIP, CETA und TiSA stellen das Subsidiaritätsprinzip in Frage, indem sie namentlich die Mög­lichkeit der lokalen Entscheidungsträger und Entscheidungsträgerinnen einschränken im Dienstleistungsbereich eine eigenständige Politik zu betreiben. Die zwingende Gleichbe­handlung von lokalen und ausländischen Anbietern (Prinzip der "Inländerbehandlung") macht Regionalpolitik oder die Förderung von Nahversorgung unmöglich.

Im Rahmen von TTIP und CETA sollen Konzernen auch Klagerechte gegenüber Staaten zugesprochen werden - der sogenannte Investitionsschutz. Solche Klagen sollen von privaten Schiedsgerichten entschieden werden, die der Öffentlichkeit - wenn überhaupt – nur beschränkt zugänglich sind und für die es keine Berufungsmöglichkeiten gibt. Damit können diese Konzerne in Zukunft Staaten (und indirekt Gemeinden) auf entgangenen Gewinn oder zu hohe Umweltauflagen klagen. Dies kann auch Gemeinden treffen. So hat Vattenfall 2009 Deutschland wegen zu hoher Umweltauflagen für das Kohlekraftwerk Moorburg in Hamburg geklagt.

Erstmalig wird im TTIP-Abkommen ein regulatorischer Rat verhandelt, der dieses Abkom­men zu einem „lebenden Abkommen" machen soll. Dieser Rat soll von Vertretern der Eu­ropäischen Kommission und der US-Regierung beschickt werden. Nach Abschluss der Verhandlungen sollen bestehende und zukünftige Gesetze, Vorschriften und Standards zum Schutz von Leben und Gesundheit, zum Umwelt- und Konsumentlnnenschutz insbe­sondere auch für den Handel mit landwirtschaftlichen Produkten darauf überprüft werden, ob sie ein unnötiges Handelshemmnis zwischen den betreffenden Ländern darstellen und gegebenfalls Maßnahmen zur Harmonisierung gesetzt werden. Ausgewählte Stakeholder (vor allem Konzerne) sollen in die Arbeit des regulatorischen Rates eingebunden werden.

Egal, welche Handels- und Investitionsabkommen verhandelt werden - ein grundlegen­des Problem ist immer die fehlende Offenlegung von Verhandlungsdokumenten. Alle Ver­handlungsdokumente sind geheim, weder die Position der Europäischen Kommission noch jene der verhandelnden Ländern USA und Kanada sind bekannt. Noch gravierender ist das diesen Verhandlungen eigene Demokratiedefizit. Dadurch, dass die Verhandlun­gen streng geheim und abgeschirmt von der Öffentlichkeit stattfinden, wird ein demokra­tischer Meinungsbildungsprozess unterbunden. Dies unterminiert die Grundpfeiler der Demokratie und muss deshalb grundsätzlich geändert werden. Verschiedene Gemein­den in Europa haben bereits Maßnahmen gegen TTIP, CETA und TiSA ergriffen und ähnlich lautende Resolutionen unterschrieben.

Haid, am 18 01 2016                                          Bürgermeister Manfred Baumberger

unterfertigt für die Stadtgemeinde Ansfelden

aufgrund des Gemeinderatbeschlusses vom 10.12.2015

Ort, Datum                                                                                für die Gemeinde

Weitere Informationen zur Kampagne TTIP STOPPEN finden sich unter www.ttip-stoppen.at