84/PET XXV. GP

Eingebracht am 30.06.2016
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Petition

 

Frau

Präsidentin des Nationalrates

Doris Bures

 

Parlamentsdirektion

1017 Wien

 

 

 

 

Wien, 30. Juni 2016

 

Betreff:    Petition bezüglich der Resolution der Stadtgemeinde Pregarten „TTIP-freie Gemeinde“

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

 

Gemäß § 100 Abs. 1 GOG-NR überreiche ich die Petition bezüglich der Resolution der Stadtgemeinde Pregarten „TTIP-freie Gemeinde" mit dem Ersuchen um geschäftsordnungsmäßige Behandlung.

 

Mit freundlichen Grüßen

 

 

Wolfgang Pirklhuber

 

 

 

 

 


 


Resolution: TTIP/CETA/TiSA-freie Gemeinde

Die Stadtgemeinde Pregarten erklärt sich zur TIP/CETA/TiSA

-freien Gemeinde".

Mit der Erklärung zur TTIP/CETA/TiSA-freien Gemeinde werden folgende Forderungen an die Bundesregierung, an die Abgeordneten des Nationalrates und an das europäische Parlament verbunden:

        kein Abschluss von Handels- und Investitionsabkommen, welche die Gemeindeautonomie bei der Sicherstellung der öffentlichen Dienstleistungen untergraben oder ihre Rechte auf Regulierung einschränken

        kein Abschluss von Handels- und Investitionsabkommen, die Instrumente des Investitionsschutzes enthalten

        Aussetzen der TTIP & TiSA-Verhandlungen, solange die verhandlungsrelevanten Dokumente nicht offengelegt sind und es keinen demokratischen Prozess gibt

        Ablehnen des CETA-Abkommens durch die österreichische Regierung bzw. die Abgeordneten des Nationalrates bzw. die österreichischen Abgeordneten zum Europäischen Parlament

        die Offenlegung der Verhandlungsunterlagen aller derzeit verhandelten Abkommen, insbesondere von TTIP, CETA und TiSA für BürgerInnen und ParlamentarierInnen

        die begleitende öffentliche Auseinandersetzung mit den Verhandlungsinhalten während der gesamten Verhandlungsdauer im österreichischen und Europäischen Parlament unter Einbeziehung zivilgesellschaftlicher Organisationen

Begründung:

Im Rahmen der Transatlantischen Handels- und Investitionspartnerschaft (TTIP) sowie der CETA- und TiSA-Abkommen verhandelt die EU-Kommission im Auftrag der Mitgliedsländer weitere Deregulierungsmaßnahmen und -schritte, die alle Lebensbereiche betreffen. Teilbereiche davon sind der Dienstleistungssektor und die öffentliche Auftragsvergabe. Laut dem durchgesickerten Verhandlungsmandat für TTIP und den durchgesickerten Verhandlungsdokumenten für CETA und TiSA ist das Ziel dieser Abkommen, bestehende Liberalisierungen des Dienstleistungsbereichs über diese Abkommen festzuschreiben.

Alle öffentlichen Dienstleistungen, die für den sozialen Zusammenhalt wichtig sind und zu denen alle Bürgerinnen freien Zugang haben müssen, sind von diesen Abkommen betroffen: Gesundheit, Bildung, Energieversorgung, Wasser, Transporte, öffentlicher Verkehr, Post, Telekommunikation, Kultur und Freizeit, Abfallwirtschaft, Alterspflege usw. Lediglich jene Bereiche, die explizit in Form eines Negativlistenansatzes ausgenommen werden, fallen nicht darunter.

Darüber hinaus sollen Konzerne, die in einer der Regionen bzw. Länder, die TTIP, CETA und TiSA verhandeln, eine Niederlassung haben, in Zukunft bei der Ausschreibung von öffentlichen Verträgen mitbieten können.


1

 

Freihandelsabkommen - so auch diese - sind für alle Gebietskörperschaften, also vom Bund über die Bundesländer bis zu den Gemeinden gültig; sie sind für alle Gebietskörperschaften verpflichtend. Bundesländer und Gemeinden sind also direkt betroffen. TTIP, CETA und TiSA stellen das Subsidiaritätsprinzip in Frage, indem sie namentlich die Möglichkeit der lokalen Entscheidungsträger und Entscheidungsträgerinnen einschränken im Dienstleistungsbereich eine eigenständige Politik zu betreiben. Die zwingende Gleichbehandlung von lokalen und ausländischen Anbietern (Prinzip der "Inländerbehandlung") macht Regionalpolitik oder die Förderung von Nahversorgung unmöglich.

Im Rahmen von TTIP und CETA sollen Konzernen auch Klagerechte gegenüber Staaten zugesprochen werden - der sogenannte Investitionsschutz. Solche Klagen sollen von privaten Schiedsgerichten entschieden werden, die der Öffentlichkeit - wenn überhaupt - nur beschränkt zugänglich sind und für die es keine Berufungsmöglichkeiten gibt. Damit können diese Konzerne in Zukunft Staaten (und indirekt Gemeinden) auf entgangenen Gewinn oder zu hohe Umweltauflagen klagen. Dies kann auch Gemeinden treffen. So hat Vattenfall 2009 Deutschland wegen zu hoher Umweltauflagen für das Kohlekraftwerk Moorburg in Hamburg geklagt.

Erstmalig wird im TTIP-Abkommen ein regulatorischer Rat verhandelt, der dieses Abkommen zu einem „lebenden Abkommen" machen soll. Dieser Rat soll von Vertretern der Europäischen Kommission und der US-Regierung beschickt werden. Nach Abschluss der Verhandlungen sollen bestehende und zukünftige Gesetze, Vorschriften und Standards zum Schutz von Leben und Gesundheit, zum Umwelt- und Konsumentlnnenschutz insbesondere auch für den Handel mit landwirtschaftlichen Produkten darauf überprüft werden, ob sie ein unnötiges Handelshemmnis zwischen den betreffenden Ländern darstellen und gegebenfalls Maßnahmen zur Harmonisierung gesetzt werden. Ausgewählte Stakeholder

(vor allem Konzerne) sollen in die Arbeit des regulatorischen Rates eingebunden werden.

Egal, welche Handels- und Investitionsabkommen verhandelt werden - ein grundlegendes Problem ist immer die fehlende Offenlegung von Verhandlungsdokumenten. Alle Verhandlungsdokumente sind geheim, weder die Position der Europäischen Kommission noch jene der verhandelnden Ländern USA und Kanada sind bekannt. Noch gravierender ist das diesen Verhandlungen eigene Demokratiedefizit. Dadurch, dass die Verhandlungen streng geheim und abgeschirmt von der Öffentlichkeit stattfinden, wird ein demokratischer Meinungsbildungsprozess unterbunden. Dies unterminiert die Grundpfeiler der Demokratie und muss deshalb grundsätzlich geändert werden. Verschiedene Gemeinden in Europa haben bereits Maßnahmen gegen TTIP, CETA und TiSA ergriffen und ähnlich lautende Resolutionen unterschrieben.