136/SBI XXV. GP

Eingebracht am 09.02.2016
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Stellungnahme zu Bürgerinitiative

Parlamentsdirektion, Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen, 1017 Wien

 

 

Stellungnahme von Emma Fechtig

zur Bürgerinitiative Nr. 78

„Wertschätzung Familienarbeit – Faire Kinderbetreuungsfinanzierung für alle“

 

 

Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete zum Nationalrat!

 

 

Ich bin 51 Jahre alt, Ehefrau, Mutter zweier erwachsener Kinder, seit drei Jahren wieder berufstätig (Redakteurin)  und möchte Ihnen kurz darlegen, worum es mir hier wirklich geht:

 

Ein kleiner Rückblick: Als junges Mädchen träumte ich davon, einmal eine große Familie mit vielen Kindern zu haben. Ich heiratete sehr jung, arbeitete viele Jahre in Selbständigkeit und bekam mit 28 mein erstes Kind, mit 30 das zweite. Meinen Beruf wollte ich beibehalten, doch ich fand keine geeignete Betreuung für meine Kinder und nur irgendwo abgeben wollte ich sie nicht. Auch war ich ob der enormen Doppelbelastung immer öfter krank und hatte ständig den Druck, alles unter einen “Hut” zu bringen. So entschieden wir uns, dass ich meine Selbständigkeit aufgeben und fortan nur noch als Hausfrau und Mutter für Mann und Kinder da sein sollte.  Ich widmete mich dieser Arbeit mit großem Engagement aber wenig Wertschätzung aus meiner Umgebung.

Mir fiel manchmal sprichwörtlich die Decke auf den Kopf, obwohl ich mit den beiden Kleinen voll ausgelastet war. Wie sie größer wurden, engagierte ich mich in diversen ehrenamtlichen Institutionen.

Ich erinnere mich noch gut daran, dass ich mich selber als “nur” Hausfrau bezeichnete und, dass mich andere Frauen fragten, ob ich denn jetzt immer noch “nichts” machen würde?  Da wurde mir bewusst, welch eine Unverschämtheit es doch war, von “nichts” zu sprechen, wo ich doch jeden Tag für das Wohl meiner Familie sorgte und auch der Meinung war, dass ich diese Aufgabe sehr gut bewältigte. Ich begann mich für die Frauen einzusetzen, die sich aus Verantwortungsgefühl, sich selber und ihren Kindern gegenüber, dazu entschlossen, diesen wichtigsten, nach wie vor unbezahlten und in seinem Umfang auch unbezahlbaren Beruf auszuüben.

 

Ich bin der Meinung, es ist dringend an der Zeit für eine Imageaufwertung der Familienarbeit und ein Aufdecken der Lüge um eine Vereinbarkeit von Familie und Beruf, die uns die derzeitige Familienpolitik als die ideale Lösung präsentieren will. Es gibt sicher Familien, in denen es sich intern wunderbar lösen lässt, wenn Kinder versorgt werden müssen und die Mama arbeiten gehen möchte. Es gibt auch viele Alleinerzieherinnen, die dringend eine qualitativ hochwertige Kinderbetreuung brauchen. Es gibt aber auch eine Vielzahl an jungen Frauen, die sich liebend gerne selber um ihren Nachwuchs kümmern wollen. Sie sollen endlich in genau dem gleichen Maße gefördert, finanziell unterstützt und wertgeschätzt werden.

Wir in Österreich haben gute Familienleistungen, die allen zugute kommen. Da gibt es aber auch einen großen “Topf” mit viel Geldmitteln, der Wahlfreiheit ermöglichen soll,  aus dem aber nur einseitig, für die Kinderbetreuung außer Haus, geschöpft werden kann.  Das nenne ich Diktatur!

 

Fragt jemand was sich Kinder wünschen? Kinder brauchen eine starke frühkindliche Bindung zu einer konstanten Bezugsperson, sie brauchen Zärtlichkeit, individuelles wahrgenommen werden, sie brauchen jemanden der ihnen Grenzen setzt und sie bedingungslos liebt – eine Mama eben! Sie brauchen auch als Schulkinder jemanden, der zuhause auf sie wartet, mit ihnen kocht und isst und ihnen mit den Hausaufgaben hilft, ihnen den Computer ausschaltet und sie an die frische Luft schickt. Und als Jugendliche brauchen sie immer noch jemanden, der ihnen zuhört, der sie fordert und manchmal in die Schranken weißt, ihnen Respekt entgegen bringt und abverlangt und Werte beibringt.

 

Es ist eine Unverschämtheit zu behaupten, Kinder wären in Betreuungseinrichtungen sowieso besser aufgehoben und widerspricht sich total, wenn im gleichen Atemzug von dem vergeudeten Potenzial der gut ausgebildeten Frauen gesprochen wird, wenn diese sich für die Arbeit zuhause entscheiden. Um der zu erwartenden demografischen Katastrophe entgegen zu wirken, wäre es viel wichtiger, den jungen Frauen den Rücken zu stärken und sie vorzubereiten auf die enorm wichtigen Aufgaben in der Familienarbeit. Idealerweise wären schon Jugendliche an den Schulen mit Projekten auf die vielfältigen Anforderungen von Familie und Partnerschaft hinzuweisen und an diese heran zu führen.

 

Eine Ausbildung, die den Berufsstatus ermöglicht und eine eigene Pensionsanrechnung würde die Mütter den Tagesmüttern gleichstellen. Schon sehr merkwürdig stimmt mich die Tatsache, dass genau dieselbe Arbeit, wenn sie von einer Tagesmutter mit fremden Kindern ausgeübt wird, plötzlich ganz selbstverständlich ein wertgeschätzter Beruf wird.

 

Auch steuerlich sind die Selbsterzieher schlechter gestellt. Hätte ich meine Kinder zur Nachbarin gegeben und sie die meinen betreut, hätten unsere Männer jeweils Betreuungskosten ansetzen und von der Steuer abziehen können. Wenn man bedenkt, dass Familien auch sonst steuerlich geschröpft werden, erscheint mir unsere Familienpolitik eine einzige Bevormundung,  eine Zwangschiene in Richtung   Überforderung, besonders für die Frauen – klar ausgedrückt eine Frechheit!

 

Abschließend ein paar wichtige Fragen: Wenn das Gefühl, der Hausverstand und zahlreiche Forschungsergebnisse auf den Gebieten der Hirn- und Bindungsforschung auch zu dem Ergebnis kommen, dass die beste und wichtigste Betreuung für ein Kleinkind immer noch die eigene Mutter ist, warum um Himmels willen setzt die Politik alles daran, die Mütter frühestmöglich von ihren Kindern zu trennen? Werden diese als billige Arbeitskräfte gebraucht? Dürfen politische Entscheidungsträgerinnen, die selber nie Familienarbeit geleistet haben oder diese verabscheuen und diese als minderwertig sehen, über unser Familienleben entscheiden? Ist ein Zwang zur Väterkarenz der grausamen Lächerlichkeit letzter Schluss?

 

Bitte überdenken Sie gründlich, welche Weichen es zu stellen gilt, damit der “Familienzug” nicht unwiderruflich in die falsche Richtung rollt und helfen Sie mit, echte Wahlfreiheit zu ermöglichen.

 

Herzlichen Dank, Emma Fechtig.