Schriftliche Information des Bundesministers für Inneres

gem. § 6 Abs 3 EU-Informationsgesetz

 

 

Bezeichnung des Rechtsaktes: Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist [2016/0133 (COD)]

 

1.    Inhalt des Vorhabens

 

Im Rahmen der Reformvorschläge für das Gemeinsame Europäische Asylsystem hat die Europäische Kommission vorgeschlagen, eine Neufassung der sogenannten „Dublin-III-Verordnung“ vorzulegen.

 

Die Reform des Dublin-Systems ist notwendig, um es zu vereinfachen und seine Wirksamkeit in der Praxis zu erhöhen. Künftig soll Dublin der Aufgabe gewachsen sein, Situationen zu bewältigen, in denen die Asylsysteme der Mitgliedstaaten einem unverhältnismäßigen Druck ausgesetzt sind. Die Ziele der Dublin-Verordnung – die Gewährleistung des raschen Zugangs zu einem Asylverfahren für Asylbewerber und die Prüfung eines Antrags in der Sache durch einen einzigen, eindeutig bestimmten Mitgliedstaat – sind dabei nach wie vor gültig.

 

Insbesondere werden mit diesem Vorschlag folgende Ziele angestrebt:

 

·          Verbesserung des Systems zur effizienten und wirksamen Bestimmung eines einzigen, für die Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz zuständigen, Mitgliedstaates. Dazu wurden unter anderem Fristen erheblich verkürzt. Als zentrale Maßnahme zur verbesserten praktischen Durchführbarkeit der Dublin-VO wird vorgeschlagen, Zuständigkeitsübergänge durch Fristablauf großteils aufzuheben. Dies hat zur Folge, dass ein Mitgliedsstaat dauerhaft für die Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz zuständig bleibt;

 

·          Sicherstellung der gerechten Aufteilung der Verantwortlichkeiten zwischen den Mitgliedstaaten, indem das derzeitige System durch einen Korrekturmechanismus für die Zuweisung von Anträgen ergänzt wird. Dieser Mechanismus würde automatisch in den Fällen aktiviert werden, in denen Mitgliedstaaten mit einer unverhältnismäßig hohen Zahl von Asylwerbern konfrontiert sind;

 

·          Verhinderung von Missbrauch und Sekundärmigration der Antragsteller innerhalb der EU, insbesondere indem die Antragsteller klar dazu verpflichtet werden, im Mitgliedstaat der ersten Einreise ihren Antrag zu stellen und in dem als zuständig bestimmten Mitgliedstaat zu bleiben. Dies erfordert angemessene verfahrensrechtliche und materielle Konsequenzen im Fall der Nichteinhaltung ihrer Verpflichtungen.

 

2.    Hinweise auf Mitwirkungsrechte des Nationalrates und Bundesrates

 

Die Mitwirkungsrechte des Nationalrates und des Bundesrates ergeben sich aus den Protokollen Nr. 1 (über die Rolle der nationalen Parlamente in der Europäischen Union) und Nr. 2 (über die Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit) zum EUV bzw. AEUV.

 

3.    Auswirkungen auf die Republik Österreich einschließlich eines allfälligen Bedürfnisses nach innerstaatlicher Durchführung

 

Die eindeutige Festlegung eines einzigen zuständigen Mitgliedstaates ohne weiteren Zuständigkeitsübergang in Verbindung mit einem ausgleichenden Korrekturmechanismus soll zu einem Rückgang ungeregelter Sekundärmigration führen, was sich auch auf die Antragszahlen in Österreich auswirken würde.

 

Durch die Reform der Dublin-III-Verordnung wäre das Asylgesetz 2005 entsprechend anzupassen.

 

4.    Position des/der zuständigen Bundesminister/in samt kurzer Begründung

 

Das Bundesministerium für Inneres begrüßt die Reform der Dublin-III-Verordnung, die zur Steigerung der Effektivität des GEAS beitragen soll. Grundsätzlich muss ein zukünftiges System so gestaltet sein, dass es auch in Krisenzeiten belastbar ist und nachhaltig funktioniert.

 

Dazu muss in Zukunft eine faire und solidarische Lastenteilung etabliert und ungeregelte Sekundärmigration wirksam verhindert werden. Dazu werden die im Vorschlag enthaltenen Mitwirkungspflichten für Asylwerber sowie der Wegfall des erzwingbaren Zuständigkeitsübergangs ausdrücklich begrüßt.

 

5.    Angaben zu Verhältnismäßigkeit und Subsidiarität

 

Bei dem Vorschlag handelt es sich um eine Neufassung der Verordnung (EU) Nr. 604/2013, der daher auf derselben Rechtsgrundlage, d. h. auf Artikel 78 Absatz 2 Buchstabe e AEUV, gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren angenommen werden soll.

 

Mit dem Vorschlag sollen die derzeitigen Dublin-Bestimmungen gestrafft und durch einen neuen Korrekturmechanismus zur Entlastung von Mitgliedstaaten, deren Asylsysteme einem unverhältnismäßigen Druck ausgesetzt sind, ergänzt werden. Das Ziel besteht darin, eine gerechte Aufteilung der Verantwortlichkeiten zwischen den Mitgliedstaaten sicherzustellen. Dies erfordert Maßnahmen auf EU-Ebene. Darüber hinaus soll der Vorschlag die ordnungsgemäße Anwendung des Dublin-Systems in Krisenzeiten gewährleisten und der Sekundärmigration von Drittstaatsangehörigen zwischen den Mitgliedstaten entgegenwirken und so zur Lösung von grenzübergreifenden Problemen beitragen. Die Bewältigung dieser gemeinsamen Probleme erfordert einen gesamthaften Ansatz der EU und ist durch Maßnahmen einzelner Mitgliedstaaten nicht zufriedenstellend machbar.

 

Die Verordnung (EU) Nr. 604/2013 in ihrer jetzigen Form sieht keine Instrumente vor, die eine ausreichende Reaktion auf Situationen unverhältnismäßigen Drucks auf die Asylsysteme der Mitgliedstaaten ermöglichen. Diese Lücke soll durch die mit dem Vorschlag eingeführten Bestimmungen über den Korrekturmechanismus für die Zuweisung geschlossen werden. Diese Bestimmungen gehen nicht über das hinaus, was zu einer wirksamen Bewältigung dieser Lage notwendig ist.

 

6.    Stand der Verhandlungen inklusive Zeitplan

 

Der Vorschlag wurde am 4. Mai 2016 von der Europäischen Kommission als Teil eines ersten Pakets zur Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems vorgelegt und auf Expertenebene erstmals in der Ratsarbeitsgruppe Asyl vom 12. Mai 2016 präsentiert. Mehrere Aspekte des Vorschlags wurden von Beginn an kontrovers diskutiert, insbesondere die dauerhafte Zuständigkeit und der Korrekturmechanismus zur Verteilung. Die weiteren Verhandlungen sollen unter Berücksichtigung der anderen vorgelegten Rechtsakte im Asylbereich erfolgen.