Schriftliche Information des Bundesministers für Justiz

gem. § 6 Abs 3 EU-Informationsgesetz

zu 117502/EU XXV. GP

Stand: Jänner 2017

 

Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates mit Vorschriften für die Wahrnehmung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten in Bezug auf bestimmte Online-Übertragungen von Rundfunkveranstaltern und die Weiterverbreitung von Fernseh- und Hörfunkprogrammen

COM(2016)594 final (117502/EU XXV. GP)

 

1.    Inhalt des Vorhabens

 

·        Geltende Rechtslage

 

Rundfunkveranstalter übertragen Tag für Tag eine Vielzahl an Sendungen, für die sie von dritter Seite Lizenzen erwerben oder die sie selbst produzieren. Diese Programme enthalten eine Fülle an geschützten Inhalten wie audiovisuelle, musikalische, literarische oder grafische Werke, weswegen die Rechte mit zahlreichen Rechteinhabern geklärt und erworben werden müssen. Oft sind diese Fragen in kürzester Zeit zu klären, insbesondere für Nachrichten- oder sonstige aktuelle Programme. Damit Rundfunkveranstalter ihre Dienste grenzüberschreitend verfügbar machen können, müssen sie über die erforderlichen Rechte für alle relevanten Gebiete verfügen.

Für den Satellitenrundfunk wurden die Klärung und der Erwerb von Rechten durch das in der Satelliten- und Kabelrichtlinie (Richtlinie 93/83/EWG) verankerte Ursprungslandprinzip erleichtert, dem zufolge Rundfunkveranstalter die Rechte nur für einen Mitgliedstaat klären bzw. erwerben müssen. Diese Richtlinie gilt jedoch nicht für die Klärung und den Erwerb von Rechten für Online-Dienste eines Rundfunkveranstalters. Zu diesen begleitenden Online-Angeboten gehören insbesondere Simulcasting-Dienste (Online-Übertragung von Fernseh- bzw. Hörfunkprogrammen parallel zur herkömmlichen Satelliten-, Kabel- oder terrestrischen Übertragung), Fernsehnachholdienste (Catch-up-Dienste) und Podcasts.

Auch für Betreiber von Weiterverbreitungsdiensten, die zahlreiche Fernseh- und Hörfunkkanäle zu Paketen aggregieren, ist der Erwerb der erforderlichen Rechte für die Weiterverbreitung der Fernseh- und Hörfunkprogramme von Rundfunkveranstaltern mit Schwierigkeiten verbunden. Die Satelliten- und Kabelrichtlinie sieht ein System der obligatorischen kollektiven Rechtewahrnehmung für die Kabelweiterverbreitung von Fernseh- und Hörfunkprogrammen aus anderen Mitgliedstaaten vor. Dieses System zur Erleichterung der Klärung und des Erwerbs von Rechten gilt jedoch nicht für Weiterverbreitungsdienste, die auf anderem Wege als über Kabel über geschlossene elektronische Kommunikationsnetze wie IPTV (Fernsehen/Hörfunk über geschlossene internetprotokollgestützte Netze) bereitgestellt werden.

 

 

·        Vorschlag der EK – allgemein

 

Ziel des Vorschlags ist es, die grenzüberschreitende Bereitstellung von Online-Diensten, die Übertragungen von Fernseh- und Hörfunkprogrammen ergänzen, zu fördern und die digitale Weiterverbreitung von Fernseh- und Hörfunkprogrammen aus anderen Mitgliedstaaten über geschlossene Netze zu erleichtern.

Mit der Ausräumung der Probleme im Zusammenhang mit der Klärung und dem Erwerb von Rechten sollen die Voraussetzungen dafür geschaffen werden, dass Rundfunkveranstalter und Betreiber von Weiterverbreitungsdiensten einen unionsweit breiteren Zugang zu Fernseh- und Hörfunkprogrammen gewährleisten können. Dadurch wird auch den Verbrauchern der Zugang zu Fernseh- und Hörfunkprogrammen aus anderen Mitgliedstaaten erleichtert.

 

·        Vorschlag der EK im Detail

 

Die Verordnung möchte die weitere Verbreitung von Fernseh- und Radioprogrammen dadurch fördern, dass den Rundfunkunternehmen für die sendungsbegleitende Online-Bereitstellung ihrer Programme Lizenzierungserleichterungen durch die Einführung eines Ursprungslandprinzips eingeräumt wird, wie dies bereits in der Kabel- und Satellitenrichtlinie für die Satellitensendung vorgesehenen ist. Im Ergebnis bedeutet dies, dass die Rundfunkunternehmer, die Online-Rechte für solche Dienste nur für ihren Sitzstaat und nicht für alle Mitgliedstaaten der EU und Vertragsstaaten des EWR klären müssen.

Überdies soll der in der Kabel- und Satelliten-RL vorgesehene Rechteklärungsmechanismus für die Kabelweiterleitung von Sendungen auf die Weiterverbreitung von Sendungen an eine Öffentlichkeit in jedweder technischen Form ausgeweitet werden. Das heißt, dass die Rechte an solchen Nutzungen von Sendungen und gesendeten Werken nur von Verwertungsgesellschaften, die dabei auch die Rechte von Außenseitern vertreten, oder Rundfunkunternehmen geltend gemacht werden können.

 

2.    Hinweise auf Mitwirkungsrechte des Nationalrates und Bundesrates

 

Mitwirkungsrechte bestehen gemäß Art. 23e ff B-VG.

 

3.    Auswirkungen auf die Republik Österreich einschließlich eines allfälligen Bedürfnisses nach innerstaatlicher Durchführung

 

Da die Kommission die Regelungstechnik einer Verordnung vorschlägt, ist keine innerstaatliche Umsetzung notwendig.

 

4.    Position des/der zuständigen Bundesminister/in samt kurzer Begründung

 

Das Anliegen der Kommission ist zwar grundsätzlich positiv zu sehen. Die Regelungen entsprechen einer langjährigen Forderung der europäischen öffentlichen Rundfunkunternehmen. Allerdings werden dadurch die Rechte der Urheber und ausübenden Künstler bzw. der Verleger und Produzenten, denen Erstere Rechte eingeräumt haben, eingeschränkt.

 

In gewissen Punkten gibt es darüber hinaus noch Klärungsbedarf, zB das Verhältnis zu anderen Rechtsakten (zB Geoblocking-Verordnung, Portabilitätsverordnung) und zur Vertragsfreiheit und Einzelheiten im Anwendungsbereich. In der Ratsarbeitsgruppe Geistiges Eigentum äußerten einige Mitgliedstaaten außerdem grundsätzliche Bedenken gegen die Anwendung des Ursprungslandprinzips für sendungsbegleitende Online-Dienste von Rundfunkunternehmen. Auch von Seiten der österreichischen Film- und Musikwirtschaft gab es hiezu kritische Stellungnahmen.

Zu Problemen für die österreichische Vertragspraxis dürften überdies die Wahl der Rechtsform der Verordnung und ein engeres Verständnis der von der Lizenzierungserleichterung erfassten Formen der Weiterverbreitung von Sendungen, insbesondere der Ausschluss der Weiterverbreitung über das offene Internet, führen, weil diese Praxis zuletzt ohnedies schon von einem technologieneutralen Verständnis der entsprechenden Bestimmungen der Kabel- und Satellitenrichtlinie ausgegangen ist. Um diese Probleme und Lösungsmöglichkeiten abzuklären, werden noch Gespräche mit den betroffenen Stakeholdern zu führen sein.

 

5.    Angaben zu Verhältnismäßigkeit und Subsidiarität

 

Die Einschätzung der Kommission, wonach der Verordnungsvorschlag im Kern grenzüberschreitende Fragen behandelt und vor dem Hintergrund gesehen werden muss, dass das Urheberrecht und verwandte Schutzrechte auf EU-Ebene harmonisiert sind, sodass die Ziele der Maßnahmen (insbesondere das Ursprungslandprinzip) nicht ausreichend durch die Mitgliedstaaten erreicht werden können, ist zutreffend.

Dasselbe gilt für die Einschätzung der Kommission, wonach der Vorschlag nicht über das zur Lösung der genannten Probleme erforderliche Maß hinausgeht. Der Anwendungsbereich des Vorschlags ist beschränkt. Allerdings äußerten manche Mitgliedstaaten in der Ratsarbeitsgruppe geistiges Eigentum aufgrund der geringen Nachfrage von Verbrauchern Bedenken gegen die Verhältnismäßigkeit. Die Kommission verwies auf Daten zu einer größeren Nachfrage und führte außerdem aus, dass man sich für die Minimalvariante bezüglich des Ursprungslandprinzips entschieden habe und sie eine verpflichtende kollektive Rechtewahrnehmung nur dort vorgeschlagen habe, wo es bereits Verwertungsgesellschaften gebe.

 

6.    Stand der Verhandlungen inklusive Zeitplan

 

Der Verordnungsvorschlag wurde bereits mehrmals in der Ratsarbeitsgruppe Geistiges Eigentum (Urheberrecht) (zuletzt am 12./13.12.2016) erörtert.

Auch wenn einige Fragen, wie die Anwendung des Ursprungslandsprinzips, der Anwendungsbereich der Regeln über die Weiterverbreitung von Rundfunksendungen, die Auswirkungen der Verordnung auf die Vertragsfreiheit sowie auf bestehende Vertragsverhältnisse und nicht zuletzt die Wahl der Rechtsform der Verordnung, umstritten sind, ist der Themenbereich der Verordnung doch recht überschaubar, sodass – bei entsprechender Prioritätensetzung der EU-Institutionen – die Verordnung schon vor der Richtlinie über das Urheberrecht im digitalen Binnenmarkt angenommen werden könnte.