Man hört, dass die Eckpunkte der sogenannten Bildungsreform zwar stehen, Sie aber für gute Vorschläge dankbar seien.

 

Nun denn, als Direktor hätte ich da schon einige Vorschläge, schreibe aber anonym, da - auch konstruktive - Kritik seitens der Lehrerschaft nicht immer gerne gesehen wird.

 

Ad Cluster:

1.    Man bekommt den Eindruck, dass man seitens der Entscheidungsträger  gar nicht weiß, dass die Dinge, die man hier als Vorzüge nennt, nämlich Tausch von Räumlichkeiten, Zuteilung von Lehrern an verschiedene Schulen (zumindest in Wien) längst gang und gäbe sind. Man leiht einander Turnräume, Physiksäle etc., dazu brauche ich keine Cluster sondern nur ein Gespräch.

2.    Man leiht einander Lehrerstunden, solange ich das Kontingent einhalte, ist das kein Problem.

3.    In Schulen mit mehr als 150/200 Schülern keinen Direktor zu haben, wäre schlicht und einfach verrückt. Die Kinder, Eltern und Lehrer brauchen einerseits den Ansprechpartner vor Ort wie aber auch die disziplinäre Unterstützung bzw. Kontrolle vor Ort.

 

Ein dislozierter Clusterleiter bekäme nie mit, was an den einzelnen Standorten so los ist, was gebraucht, was vorhanden ist, könnte nie sofort einschreiten, wenn es Probleme (mit Lehrern, Kindern, Eltern) gäbe, könnte auch nie so motivieren, wie ein Direktor vor Ort, der viel auf persönlicher Basis lösen/harmonisieren kann.

 

Man weiß von den Expositurklassen, die ja einem Cluster ähneln: das schafft nur Probleme, wenn der Direktor nicht vor Ort ist, das ist extrem kontraproduktiv. Sowohl Kinder wie auch Eltern und Lehrer brauchen die ständige Kontaktmöglichkeit, das Menschliche, das Verbindende und auch Kontrollierende.

 

      Mein Hauptjob als Direktor neben unsäglicher Verwaltungsarbeit ist der eines Mediators, und da braucht man mich täglich, und da braucht man mich vor Ort und das so viel wie  

irgendwie möglich! Jederzeit abrufbar, eine Schlägerei, ein medizinischer Notfall, tobende Eltern undundund warten nicht auf die nächste Freistunde eines Bereichsleiters.

 

Das wäre mit wenigen Abschlagsstunden nicht machbar, ganz abgesehen davon, dass sich scheinbar niemand überlegt, wie das funktionieren soll, dass jemand Bereichsleiter und dann wieder gleichberechtigter Lehrer ist, das klappt in der Praxis so sicher nicht und ist auch den jetzigen Direktoren, die viel in ihre Ausbildung zur Führungskraft investiert haben so nicht zumutbar und wäre eine Verschwendung von Knowhow und Erfahrung.

 

 

 

4.    Somit wäre ein Cluster nur dort sinnhaft, wo es um die Leitung vieler Kleinstschulen geht, und selbst das wird ja so an sich längst gemacht.

 

Wenn es also nur darum gehen kann, die Zuschläge der Kleinstschuldirektoren zu verringern, warum spricht man das nicht klar aus und verkauft nicht Dinge, die es sonst alle längst gibt als Reform?

 

Was aber an der Reform so gefährlich ist, ist die Tatsache, dass Direktoren wieder politisch massiv beeinflussbar (noch mehr als eh schon jetzt) werden, denn entspricht ein ernannter Direktor (der sich ja an sich bereits 4 Jahre lang bewährt haben musste, um eben ernannt zu werden) nicht den politischen Vorstellungen, dann könnte er durch die Umwandlung der Schule in einen Cluster leicht „entfernt“ werden.

 

Das mag jetzt opportun erscheinen, nur was, wenn sich die politische Lage wandelt? Was, wenn einmal nicht mehr die rotschwarze Regierung sein wird? Laufen dann alle rotschwarzen Direktoren Gefahr, ihres Amtes enthoben zu werden? Will man denn wirklich so sehr riskieren, allen politischen Einfluss in den Schulen zu verlieren, wenn nur mehr die Gemeinde entscheiden kann, ob es Cluster gibt oder nicht?

 

Hier begibt man sich in ein Minenfeld politischer Willkür und Inkonstanz, die man nicht wirklich wollen kann.

 

Das hieße also Clusterlösung bringt genau null, wird vor allem durch die Abwesenheit des Direktors nur dazu führen, dass blind nach Zahlen agiert wird und nicht nach den wirklich Nöten, Bedürfnissen, dem Können, dem Engagement der einzelnen Lehrer.

 

Hier wäre nur Verschlechterung zu erwarten, nichts, das irgendetwas an Leistung der Kinder verbessern kann.

 

5. Die geplante Auflösung der ZIS-Zentren würde einen massiven Supportverlust für die Regelschulen bedeuten, Ansprechpersonen, Kompetenz gingen verloren, fast so, als sei man der Meinung, die bisherige Arbeit der ZIS-Direktoren wäre sinnlos gewesen.

 

Dem ist aber nicht so und die Regelschulen, die benachteiligte Kinder integrieren, brauchen die UNterstützung der ZIS-Leitungen, im Umgang mit den Kindern, in der Bedarfserhebung und Diagnostik, im Umgang mit den Eltern. Man kann nicht einerseits Inklusion fordern und andererseits allen Support dafür streichen.

 

Ad Autonomie:

 

Diese wäre wünschenswert, aber was ist denn wirklich neu, außer dass ich vielleicht die Anfangs- und Endzeiten verändern kann? Was ich an sich, solange ich im Rahmen des Schulzeitengesetzes bleibe, auch jetzt schon kann.

Klassengrößen verändern…das passiert doch auch jetzt schon, dass es ein wirkliches Zusammenlegen zu größeren Klassen soundso nicht geben kann, weil es innerstädtisch massiv an Raum fehlt bzw. bei der Klientel einer Brennpunktschule disziplinär nicht machbar ist, sollte eh jedem klar sein.

 

Ad Verwaltungsänderung: ob ich meinen Inspektor jetzt mit BSI oder PSI oder sonst wie anspreche, ändert nichts, vereinfacht vor allem nichts und nimmt nichts weg von dem immer mehr werdenden Papierkram, der die Schulen so belastet.

 

Was also bräuchte es wirklich, um unser Schulsystem zu verbessern?

 

1.    Notenwahrheit. Diese ist nur leider nicht gegeben, weil niemand es sich erlauben kann, wirklich alle die Kinder negativ zu beurteilen, die das eigentlich nach ihrem Können verdienen würden, weil wir die räumlichen und personellen Ressourcen dafür nicht haben und das von oben nicht gerne gesehen wird, dass zu viele Kinder wiederholen.

 

Also bräuchte es in der 4. Volksschule einen verpflichtenden Test, ob die Grundlagen des Schreibens, Rechnens, Lesens und Sprechens beherrscht werden oder nicht und dieser Test müsste dann entscheiden, ob das Kind VS verlassen kann oder nicht.

Das gekoppelt mit einer Kürzung des Kindergeldes bei zweimaligem Versagen beim Test und ich bin überzeugt, die Eltern würden sich wieder mehr ihrer Aufgabe als Erzieher widmen und in den Mittelschulen und Gymnasien wäre ein echtes Unterrichten wieder möglich.

 

Derzeit ist das in den Städten einfach nicht der Fall, weil man sich darum kümmern muss, den Kindern das mitzugeben, was zu Hause an Erziehung, was in Volksschule an Kompetenzvermittlung nicht gelungen ist.

 

Wir müssten Schulen wieder zu Orten der Bildung machen und nicht zu Aufbewahrungsstätten wie derzeit.

 

2.    Mehr Supportpersonal in Brennpunktschulen und auch die Einrichtung von mehr Förderklassen. Ein verhaltenskreatives Kind alleine kann eine ganze Klasse am Lernen hindern, wenn der Lehrer nur mehr verzweifelt um Ruhighalten bemüht ist, anstatt Wissen zu vermitteln, hier müsste es im Interesse der anderen Kinder möglich sein, dauerbelastete und dauerbelastende Kinder auch in geeigneten Kleingruppenklassen zu beschulen, um so den Unterricht für die anderen gewährleisten zu können.

 

 

3.    Anreize schaffen, um hervorragende Lehrer gerade auch in die Brennpunktschulen zu bringen. Warum soll sich das derzeit jemand antun, in so schwierigen Schulen zu unterrichten, wenn er anderswo ums selbe Geld ein wesentlich einfacheres Umfeld vorfindet?

 

4.    Mehr Möglichkeiten von Konsequenzen im Falle von Schulverweigerung (das aktuelle 5 Punktemodell ist nur eine Mehrbelastung der Lehrer und Direktoren, bringt die Eltern aber nicht zur Zusammenarbeit mit der Schule, ….).hier müsste es möglich sein, Kindergeld zu kürzen, wenn die Zusammenarbeit der Eltern mit der Schule verweigert wird.

 

5.    Mehr Kompetenzen im Falle von extremen disziplinären Problemen, hier sollte auch ein Direktor suspendieren dürfen, anstatt hier jedes Mal PSI einschalten zu müssen.

 

6.    Mehr Raum: gerade in Brennpunktschulen wäre es unheimlich wichtig, genügend Turnräume zu haben, genügend Räume für Freizeit. Wo es solche Räume nicht in ausreichendem Maße gibt, sollte Nachmittagsbetreuung nicht stattfinden dürfen. Das ist Käfighaltung und wird nicht helfen, dass unsere Schüler zu ausgeglichenen Erwachsenen heranwachsen können, wenn die den ganzen Tag in enge Schulräume gepfercht werden.

 

7.    Will man Ganztagsbetreuung anbieten, müssen auch die räumlichen Voraussetzungen geschaffen werden, bevor man Kinder hier förmlich zu Aggression aufgrund baulicher Beengtheit treibt.

 

8.    Aufhebung der Bezirkssprengel. Könnten sich die Schulen ihre Schüler aussuchen und müssten nicht alle nehmen, die in der Nähe wohnen, dann wäre viel mehr Motivation der einzelnen Schulen gegeben, sich zu engagieren, Großartiges zu schaffen, weil dies einen größeren Zustrom bedeuten würde, aus dem man dann die Schüler wählen könnte, die zum Schulprofil passen.

 

9.    Derzeit bemüht man sich innerstädtisch ja eher darum, nicht zu begehrt zu werden, denn sonst müsste man noch mehr Klassen eröffnen und hätte dann überhaupt keinen Teilungsraum, Turnsaal etc. mehr. Das ist schlecht für die positive Entwicklung einer Schule und eine Fahrt z.B. mit einem Schulbus in den nächsten Bezirk könnte man jedem Mittelschüler zumuten.

 

10.  Weniger Papierkram und Dokumentationsarbeit, das belastet Lehrer und Direktoren und hält vom Unterrichten ab. Entweder, man leistet hier administrative Hilfskräfte für alle Schulen über 150/200 Kinder oder man beschließt einfach einmal, uns wieder zu vertrauen, wie es früher der Fall war.

 

Die allermeisten Lehrer sind gut und engagiert und machen einen immer schwieriger werdenden Job sehr gut,

die immer strengere Kontrolle, dieses derzeit herrschende Grundmisstrauen der ewigen Evaluierungen demotivieren immens und ändern nichts an Schulqualität.

 

Bitte denken Sie über diese Punkte nach, bevor hier eine Bildungsreform verabschiedet wird, die nichts, aber auch gar nichts, dazu beitragen kann, dass sich etwas am Bildungsniveau verbessert.

 

Nehmen Sie sich die Zeit für sinnhafte Veränderungen, die nicht den Lehrer unnötig belasten, den Direktor in seiner Lebensplanung hindern, sondern schaffen Sie den Spielraum für Veränderungen, die zu mehr Leistung, mehr Bildung und aber auch mehr Freude in den Schulen führen können!

 

Hören Sie auf die Lehrer, die Direktoren, die, die wirklich in den Klassen stehen, und nicht auf die sogenannten Experten, die Ihnen hier offensichtlich Dinge als großen Wurf präsentieren, die in Wahrheit null bringen oder gar ein massiver Rückschritt wären.

 

Helfen Sie uns in unserer Arbeit, und zerstören Sie nichts, ohne dass es wirklich Sinn, nämlich Verbesserung der Bildung unserer Kinder, macht!

 

Das was derzeit durch die Medien geistert würde nämlich null verbessern! Au contraire

 

Mit freundlichen Grüßen

 

K.S