An

1) Bundesministerium für Landesverteidigung und Sport

Abteilung Eigenlegislative

per E-Mail: posteingang@bmlvs.gv.at

 

2) Bundesministerium für Landesverteidigung und Sport

Abteilung Einsatzvorbereitung

per E-Mail: posteingang@bmlvs.gv.at

 

3) Präsidium des Nationalrates

per E-Mail: begutachtungsverfahren@parlament.gv.at

 

 

 

Änderung des Wehrgesetzes 2001 - Novellierungsentwurf

Stellungnahme der Österreichischen Offiziersgesellschaft zu BMLVS Zl GZ S91001/6-ELeg/2014

 

Die Österreichische Offiziersgesellschaft nimmt zum o.a Gesetzesentwurf wie folgt Stellung:

 

Ad § 21) Dauer Milizübungen (im weiteren Text Abk. „MÜ“)

·        Die legistisch beabsichtige Kürzung der Dauer der MÜ-Pflicht für Offz und UO um jeweils 30 Tage kann nicht unterstützt werden, da:

o   In der Maßnahme keine eklatante Steigerung des Freiwilligenaufkommens zu MÜ erkannt werden kann. Eine empirische Absicherung der Annahme der genannten Wirkung als Grundlage für eine adäquate Beurteilung liegt nach ho. Wissensstand nicht vor.

§  Jene WPfl, die sich für eine Einjährig-Freiwilligen-Laufbahn entscheiden, werden diesen Schritt nicht von der Dauer der MÜ-Verpflichtung abhängig machen. Andererseits begäbe sich das ÖBH ohne Not 20 % der Nutzungszeit.

§  Für die Personengruppe der Milizunteroffiziersanwärter (MUOA) hätte die Reduktion eine 25 %- ige Kürzung der Nutzungszeit zur Folge. Anbetrachts der zu absolvierenden Ausbildungsmodule bis zum Dienstgrad Wachtmeister bleiben für Übungs- und Weiterbildungszwecke ca. 9 Wochen verfügbar.

 

o   Eingedenk einer beobachtbaren Erosion der Bereitschaft zur freiwilligen Weiterverpflichtung – nicht zuletzt auf die Entwicklung des Zustandes der ÖBH und die „Ernsthaftigkeit“ des Umganges mit dem Thema MILIZ durch Politik und Verwaltung zurückzuführen - kann in der legistischen Maßnahme keine Nachhaltigkeit zum Nutzen der Miliz, des ÖBH, erkannt werden.

o   Käme es zur beabsichtigten legistischen Maßnahme, ist bei einem Ausbleiben der erwünschten – jedoch empirisch keineswegs abgesicherten – Wirkung ein Weg zum Status quo ante politisch nicht denkbar. Die Formel „Versuch und Irrtum“ ist nicht anwendbar.

·        Rahmenbedingungen:

o   Es obliegt der Politik, Rahmenbedingungen für eine erfolgreiche Freiwilligenwerbung zu schaffen (z.B.: steuerliche Begünstigungen für Arbeitgeber, Bevorzugung bei Bewerbungen im öffentlichen Dienst, Wertschätzung des Engagements der Milizsoldaten, zivile Anrechenbarkeit von militärischden Qualifikationen, bessere finanzielle Ausstattung des ÖBH).

o   Dem ÖBH, obliegt es, durch Glaubwürdigkeit und intensives Engagement in der Freiwilligenwerbung die Grundlage für eine Steigerung des Aufkommens zu sorgen, durch Kontinuität in der Organisation den Milizsoldaten ein Mindestmaß an militärischer Heimat zu bieten. Der Erfolg hängt nach ho. Beurteilung nicht von der Reduktion der Anzahl der MÜ-Tage ab.

 

Resümee:

Der beabsichtigten Novellierung des WG 2001 in Form der Reduktion der Dauer der MÜ kann  nicht beigetreten werden.

Im Hinblick auf eine gesamtgesellschaftliche Betrachtung der Miliz als verfassungsrechtlich determiniertes Instrument der militärischen Landesverteidigung fehlen begleitende legistische Maßnahmen zur arbeitgeberseitigen Verbesserung der Akzeptanz der Miliztätigkeit und politische Begleitmaßnahmen – z.B. Wertschätzung durch adäquate Rahmenbedingungen für das ÖBH.

Die Beibehaltung der Bestimmungen des § 21/3 – Möglichkeit der verpflichtenden Einteilung zu MÜ, ist zu begrüßen. Es obläge der Exekutive, diese Bestimmungen als ultima ratio der Personalgewinnung im Hinblick auf die aktuelle Personalsituation der Verbände der strukturierten Miliz anzuwenden.

 

 

Ad § 39/2a – Milizübungen für Frauen (Verfassungsbestimmung)

 

Freiwillige Meldungen zu MÜ:

Der Entfall der absoluten Freiwilligkeit für Wehrdienstleistungen von Frauen (bis dato nur auf Basis freiwilliger Waffenübungen - fWÜ) hat die Akzeptanz der

 

 

Wehrdienstleistung bei den Frauen selbst und bei der Grund- und Einsatzorganisation stark in Frage gestellt.

Die freiwillige (unwiderrufliche) Meldung zu MÜ ist als Maßnahme zur Steigerung der Akzeptanz bei den Frauen selbst wie auch aus Sicht der Einatzorganisation zu sehen und führt zu einer Erhöhung des Grades der Verbindlichkeit (Planbarkeit) der Wehrdienstleistung von Frauen.

Die schon seit dem WRÄG 2005 gem. § 1 Abs 2 bestehende Möglichkeit der Einteilung von Frauen in der Einsatzorganisation erfährt durch die eintretende Steigerung der Verbindlichkeit eine starke Aufwertung.

Durch den Entwurf kommt es zu einer Gleichstellung mit den Rahmenbedingungen für Männer, die auf Basis einer freiwilligen Meldung zu MÜ herangezogen werden können, die in der Teilgesellschaft „Militär“ als signifikante Aufwertung der Rolle der Frau anzusehen ist, weiters aus gesamtgesellschaftlicher Sicht als Gleichstellungsmaßnahme zu sehen ist. Des weiteren werden durch die Leistung von MÜ höhere Ansprüche nach HGG (Milizprämie) ausgelöst, wodurch auch materiell eine Verbesserung (= Gleichstellung) der Stellung der Milizsoldatinnen bewirkt wird.

Die inhärente analoge Wirkung der Unwiderruflichkeit der Freiwilligenmeldung von Frauen auf den Aufschubpräsenzdienst ist eine weitere Maßnahme punkto Verbesserung der Verbindlichkeit und Akzeptanz im System.

Eine Verbesserung der Akzeptanz ist bei Einberufung zu MÜ auch arbeitgeberseitig zu erwarten.

 

Resümee:

Aus Sicht einer Offiziersgesellschaft ist das vorliegende legistische Vorhaben „Milizübungen für Frauen“ zu unterstützen.

 

 

Ad Änderung Allg.  Dienstvorschriften (ADV) - § 21 Abs 1 – Bereitschaft

Der beabsichtigten textlichen Änderung wird zugestimmt, da in der Wirkung eine flexible Handhabung durch die Truppe abgestimmt auf die örtliche Situation nunmehr normiert wird.

 

 

Anregungen:

 

·        Einberufung von Frauen zum Einsatzpräsenzdienst:

Offen bleibt die trotz der beabsichtigen Novellierung die Einberufbarkeit von Frauen zum Einsatzpräsenzdienst.

Diese ist mittel- bis langfristig im Hinblick auf eine weitergehende Gleichstellung der Frauen, die Nutzung deren Verfügbarkeit und Ressourcen im Rahmen der Verwendung des ÖBH als Mittel des staatlichen Krisenmanagements als Zielsetzung zu verfolgen.

 

 

·        Einsatzpräsenzdienst im Rahmen von fWÜ

Ausgangslage: Bei umfangreichen Einsätzen gem. WG § 2 Abs 1, lit b  - sicherheitspolizeilicher Assistenzeinsatz  (z.B. Grenzraumüberwachung Ostgrenze), lit c – Katastrophenassistenz (z.B. eingeteilte Verbindungsoffz bei BezVerwBeh) erfolgt/-e die Bedarfsdeckung im Personalbereich regelmäßig auch durch die Einberufung von Milizkadersoldaten. Damit kann durch gezielte Personalmaßnahmen eine spezifische Bedarfsdeckung erfolgen - ohne Aufbietungsmaßnahmen.

Der aktuelle Gesetzestext im WG § 22 Abs 1 determiniert Ausbildungszwecke als Begründung für fWÜ. Als weitere Möglichkeit für eine Einberufung kann gem. § 22 Abs 1 der Funktionsdienst angewendet werden.

Folgende Probleme treten in diesem Zusammenhang in der Verwaltungspraxis auf:

o   Durch die aktuellen Richtlinien für fWÜ, verfügt mit VBl I Nr. 61/2012 werden entsprechend dem Text § 22/1 die aufgelisteten Tatbestände am Ausbildungszweck angehängt. So wird letztlich auch die Verwendung in der Einsatzfunktion in einem Einsatz gem. § 2 Abs 1, lit b,c einem Ausbildungszweck nachgeordnet.

o   Gem. den Bestimmungen des VBl. I 73/2011 – Richtlinien für den Funktionsdienst sind in der Praxis folgende Nachteile zu gewärtigen:

§  Zeitlicher Vorlauf von 12 Wo, Entscheidung durch PersFü/BMLVS

§  Keine Anrechenbarkeit der geleisteten Dienstzeit (Einsatzpräsenzdienst) auf die Beförderungssituation

 

Die ÖOG regt zu dieser Thematik an:

o   eine textliche Schärfung des WG § 22 Abs 1 durch eine Änderung des Textes „…dienen Ausbildungszwecken“ mit der Ergänzung „und Einsatzzwecken“.

Alternativ eine klarere Regelung in den Verwaltungsnormen, die unmissverständlich eine Dienstleistung in der Einsatzfunktion in einem Einsatz als eigene Einberufungstatbestandsvoraussetzung – losgelöst vom Ausbildungszweck – ermöglichen.

Die Anwendung der Bestimmungen für den Funktionsdienst ist nach ho. Auffassung  mit erheblichen Nachteilen verbunden – s.o.

 

 

Die Stellungnahme wurde auch dem Präsidium des Nationalrates per E-Mail an begutachtungsverfahren@parlament.gv.at übermittelt.

 

 

Wien, am 12.10.2014

 

Mag. Erich Cibulka, Oberst dhmfD e.h.

 

Mag. Erich Cibulka, Oberst dhmfD

Präsident der Österreichischen Offiziersgesellschaft