zukunft der   w e r k p ä d a g o g i k   in österreich
r a h m e n b e d i n g u n g e n  

 

 

                                                                                                                  März 2016

 

 

 

Stellungnahme zur Zukunft der österreichischen Werkpädagogik

 

Rückblick und aktuelle Situation

Der BÖKWE hat sich in den letzten Jahren während der Diskussionen um eine Zusammenlegung der Werkfächer in der NMS und auf der Ausbildungsebene an Pädagogischen Hochschulen immer um die Frage der fachlichen Qualitätssicherung bemüht und dies mit Sachlichkeit vertreten.

Diese fachliche Qualität des Werkunterrichts hat seit der Zusammenlegung 2012 in der NMS deutlich eingebüßt (Unterrichtsqualität, Reduktion der Stundenanzahl auf das Minimum und darunter!, Verlust an Identifikation und Frustration bei KollegInnen, Verlust von werktechnischen Schwerpunkten wie z.B. Technikhauptschulen etc.). Mit Weisung wurde auch auf der Ebene der LehrerInnenausbildung an den Pädagogischen Hochschulen dieser Schritt vollzogen - mit ähnlichen Auswirkungen. Damit wurde die Ausbildung werkpädagogischerKompetenzen im Pflichtschulwesen SEK 1 massiv abgebaut. Fazit der Fachzusammenlegung in der NMS:

-       Die zentrale Forderung nach einer Aufweichung/Auflösung des Rollenbildverständnisses wurde nicht erreicht.

-       Technische wie textile Fachkompetenzen wurden massiv abgebaut.

-       Neue übergeordnete werkspezifische Kompetenzen als Kompensation der ehemaligen Fachkompetenzen wurden und werden nicht ausgebildet.

Dies wurde selbst von langjährigen Befürwortern einer Zusammenlegung wie der Industriellenvereinigung, der Arbeiterkammer und der Wirtschaftskammer mit Entsetzen wahrgenommen, was zu einer außerordentlich raschen gemeinsamen Reaktion (gemeinsam mit dem ÖGB) mit dem Papier „Werkunterricht Neu“ im Juli 2014 geführt hat.

Dieses Engagement zeigt, dass werkpädagogische Kernkompetenzen nicht nur als persönlichkeitsbildend sondern vor allem als gesellschaftliche Schüsselkompetenzen mehr denn je gebraucht werden.

 

(Der BÖKWE hatte bereits 2012 in der Begutachtungsfrist auf die zu erwartenden negativen Auswirkungen hingewiesen. Zur Behebung dieser problematischen Entwicklung in der NMS wurden aber bislang keine Maßnahmen gesetzt.)

 

Ausblick

So muss die aktuelle Entwicklung aus zweierlei Hinsicht als historisch bezeichnet werden:

1.    Keine Änderung seit Bestehen der beiden Werkfächer hat einschneidendere Auswirkungen auf die beiden Fächer gehabt, wie die derzeit umgesetzte (NMS) bzw. geplante (AHS).

2.    Werktechnische Kompetenzen wurden noch nie so explizit von gesellschaftlichen Interessenvertretungen als Bildungsziel für die Weiterentwicklung unserer Gesellschaft eingefordert, wie in den letzten Jahren.

 

Eine Neuausrichtung der österreichischen Werkpädagogik ist daher mit massiver gesellschaftlicher Verantwortung verbunden.

 

 

 

Der BÖKWE hat bisher seine Mitarbeit zu einer qualitätsvollen Weiterentwicklung der österreichischen Werkpädagogik angeboten und auch eingebracht. Durch die ihm zur Verfügung stehende Expertise möchte der BÖKWE auch weiterhin seinen Beitrag dazu leisten, diesen Prozess unter der Prämisse der Qualitätssteigerung weiter voranzutreiben und mitzutragen.

Aus dieser Haltung heraus und aus den Erfahrungen bei der Umstellung in der NMS möchten wir Ihnen aber unsere teils massiven Bedenken übermitteln, die wir in der derzeitigen Form der geplanten Harmonisierung der Sekundarstufe 1 im Werkbereich sehen.

Ohne eine gut vorbereitete Umstellung mit entsprechenden Rahmenbedingungen befürchten wir vergleichbare Auswirkungen wie in der NMS – vor allem aber wieder den massiven Verlust an Werkkompetenzen für Kinder und Jugendliche – und damit für unsere Gesellschaft.

 

 

 

Auch wenn wir diese unsere Bedenken bzw. Vorschläge bereits in Gesprächen immer wieder kommuniziert haben, möchten wir Ihnen diese auch in schriftlicher Form übermitteln.

 

Folgende vorbereitende und begleitende Rahmenbedingungen sehen wir zur Qualitätssicherung bei einer Zusammenführung der beiden Werkfächer (für die NMS nachträglich umzusetzen) als unumgänglich an:

 

erforderliche Rahmenbedingungen bei etwaiger Zusammenlegung der beiden Werkfächer:

 

-          Evaluation der NMS-Ergebnisse/Erfahrungenin Bezug auf:

- den Erwerb von Fachqualifikationen bei SchülerInnen und neuen WerkpädagogInnen

(Sachkompetenzen)

- das Rollenbildverständnis bei Mädchen und Burschen (Gender doing)

- die Entscheidungen von Jugendlichen für berufliche Bildungswege bzw. Ausbildungen

durch unabhängige universitäre Einrichtungen.

-          Keine Umsetzung ohne Vorbereitung der KollegInnenschaft (Information, Diskussion, Nachschulung, …) – KollegInnen sollen das neue Fachkonzept ja umsetzen – dies kann nur mit Identifikation und entsprechenden Kompetenzen geschehen.

-          Übergangskonzept, bis ein neuer Lehrplan und Nachschulungen der KollegInnenschaft abgeschlossen sind. Den Schulstandorten kann die Entwicklung von Notkonzepten nicht zugemutet werden.

-          Neue Fachidentität auf breiter Basis unter Einbeziehung der österreichischen Werkcommunity aufbauen.

-          Neuen Lehrplan mit gesellschaftlichen und persönlichkeitsbildenden relevanten Perspektiven entwickeln und mit der österreichischen Werkcommunity vor Einführung diskutieren.

-          Kompetenzmodell zur Sicherung der Schnittstellenproblematik 8. und 12. Schulstufe auf Grundlage des neuen LPs formulieren.

-          Neues Schulbuch (für die Schulbuchaktion) für die SEK 1 und Sek 2 entwickeln (+ ergänzende Unterrichtsmittel /-medien) zur Orientierung für FachkollegInnen.

-          Durchgängiger gemeinsamer Unterricht im neuen Fach - keinen semesterweise oder wochenweise getrennten Unterricht.

-          Flächendeckende Nachschulung der KollegInnen mit nur einem geprüften Fach mit Übergangsregelungen (5 Jahre?); Entwicklung einer Fortbildungsstruktur für beide Fächer(qualitative fachdidaktische, -wissenschaftliche und -praktische Fort- und Weiterbildung) – z.B. Haftungsproblematik bei schlecht bzw. nicht ausgebildeten KollegInnen bei Werkstättenunfällen.

-          Dienstrechtliche Sicherstellung für KollegInnen die für beide Werkfächer geprüft sind.

-          Räumliche Adaptierungen der Werkräume und zeitgemäße Werkstättenausstattung an den Schulen – je 2 gleiche Werkräume.

-          Beibehaltung der Schultypenschwerpunkte (Wirtschaftskundliche Realgymnasien, Realgymnasien, ehem. Technikhauptschulen) mit typenbildendem Werkunterricht.

-          Stundenausmaß von mind. 8 WST (= je 2 WST/Schulstufe bis zur 4. Kl.) für die gesamte Sekundarstufe (auch NMS); keine schulautonome Stundenreduktionen wie in der NMS auf bis zu 5,5.

-          Keine Stundenreduktion durch neues/e Fach/-inhalte wie z.B.  „Berufsorientierung“

-          Reduktion der Teilungszahl von 19 auf 16 (17. SchülerIn teilt) bundesweit verbindlich!

-          LehrerInnenbildung NeuDefinition der Fachkompetenzen eines/r „neuen Werklehrers/in“ in Bezug auf den neuen Lehrplan. Verbünde müssen einbezogen werden (ev. auch Techn. Unis/techn. FHs als inhaltliche Erweiterung) – Curricularkommissionen (vor allem der Unis) informieren.

 

Auf die starke Nachfrage werkpädagogischer Kompetenzen haben zahlreiche Schulstandorte mit der Entwicklung und Einführung schulautonomer Oberstufenwerkfächer reagiert. Erforderliche Rahmenbedingungen, die der aktuellen Situation der Werkpädagogik auf der Bildungsstufe Sek 2 gerecht werden, sind noch ausständig. Auch hier hat die Fachcommunity bereits Vorarbeit geleistet, die wir in der vorliegenden Stellungnahme mittransportieren wollen.

 

Rahmenbedingungen zur Förderung werkpädagogischer Kernkompetenzen in der Sekundarstufe 2

-          Entwicklung eines durchgehenden werktechnischen Kompetenzmodells von der Primarstufe (Volksschule) über die Sekundarstufe 1 (NMS, AHS-Ust.) bis zur Sekundarstufe 2 (AHS-Ost.) unter Berücksichtigung der Schnittstellen 4., 8. und 12. Schulstufe.

-          Daraus Entwicklung eines Oberstufenlehrplans für Werkfächer

-          Adaption der rechtlichen Rahmenbedingungen für die AHS-Matura: (Antrag siehe Beilage)

z.B. Ausweitung des § 28 zur Reduktion der Anzahl der Themenpools auf 6 auch für schulautonome Werkfächer und Erweiterung der mündlichen auf praktische Maturaform für Werkfächer

-          Einführung der Teilungszahl 13 für Werkfächer der Sekundarstufe 2 (Antrag siehe Beilage)

-          Verankerung der Technischen Bildung als Teil der Allgemeinbildung – auch in der AHS-Ost.

 

 

 

Maga Susanne Weiß                                              Mag Erwin Neubacher

Fachvertretung für Textiles Werken                       Fachvertretung für Technisches Werken