Stellungnahme zum Schulrechtspaket 2016

 

Ich erkläre mich ausdrücklich damit einverstanden, dass meine persönliche Stellungnahme auf der Website des Parlaments veröffentlicht wird.

 

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

 

ich bin Elementarpädagogin in Wien und nehme persönlich zum Schulrechtspaket 2016 Stellung.

 

Zu §6 (1) Schulpflichtgesetz:

"Die schulpflichtig gewordenen Kinder sind von ihren Eltern oder sonstigen Erziehungsberechtigten zur Schülereinschreibung bei jener Volksschule anzumelden, die sie besuchen sollen. Hiebei sind die Kinder persönlich vorzustellen und allfällige Unterlagen, Erhebungen und Förderergebnisse, die während der Zeit des Kindergartenbesuches zur Dokumentation des Entwicklungsstandes, insbesondere des Sprachstandes erstellt wurden, vorzulegen."

 

- Die Eltern sollen hier per Gesetz dazu angehalten werden Unterlagen zur Schuleinschreibung mit zu nehmen, die es in der Form aus meiner Sicht nicht gibt.

 

- Bis auf den BESK/DAZ Bogen zur Sprachstandsfeststellung, der aus rund 20 Kreuzen besteht, die in ein Raster eingetragen werden, ist mir aus meiner Berufspraxis keine Dokumentation bekannt. Diese Bögen sind für eine seriöse Weitergabe von Informationen über individuelle Fähigkeiten oder Entwicklungsprozesse gänzlich ungeeignet.

 

- Weiters gehen aus meiner Erfahrung in der Praxis PädagogInnen davon aus, dass diese Erhebungen für ihren persönlichen Arbeitsalltag irrelevant sind, eine Förderung aufgrund der Erhebungen aus der BESK/DAZ Untersuchung findet im besten Fall statt, wird aber nirgends dokumentiert. Eine derartige Dokumentation können Eltern gar nicht vorlegen.

 

- Soll eine solche Förderung in Zukunft für die Eltern dokumentiert werden, und zwar in einer Form, die eine Mitnahme zur Schuleinschreibung ermöglicht, kommt auf die PädagogInnen eine Veränderung der Arbeitsweise und eine Veränderung der Einstellung zur pädagogischen Arbeit zu, auf die der Großteil der PädagogInnen meiner Ansicht nach nicht vorbereitet ist.

Dies liegt vor Allem an der Ausbildung von ElementarpädagogInnen, die immer noch nicht auf tertiärem Niveau erfolgt und PädagogInnen hervorbringt, die, ohne jede wissenschaftlichen Grundlage Beobachtungen durchführen und Entwicklungsgespräche führen.

 

- Sollten die Eltern nun dazu verpflichtet werden Unterlagen vorzulegen, entsteht für die PädagogInnen ein unabschätzbarer Aufwand, da ich davon ausgehe, dass Eltern (zurecht) Einsicht in die Beobachtungsunterlagen jeglicher Art verlangen und mit ihnen diskutiert und besprochen werden muss, wie (sofern vorhanden) die Sprachstandsbeurteilung des jeweiligen Kindes zustande kam. Dazu ist meines Erachtens ein Großteil der PädagogInnen weder ausgebildet, noch sind zeitliche, personelle und in vielen Fällen auch vertretbare räumliche Ressourcen für derartige Gespräche vorhanden. Im Augenblick fehlen sogar die Ressourcen die vorhandenen Bögen (BESK/DAZ) seriös auszufüllen.

 

- Da die Kindergärten in der Kompetenz der Länder liegen und somit kein einziger Kindergarten dazu verpflichtet werden kann Beobachtungsunterlagen zu erstellen, werden Eltern und in weiterer Folge ElementarpädagogInnen und Trägerorganisationen mit Fragen nach Unterlagen konfrontiert werden, die es nicht gibt oder geben muss.

 

- Eine Weitergabe von Dokumenten und Daten ohne Gespräch mit allen Beteiligten halte ich darüber hinaus für unprofessionell und dem Transitionsprozess nicht dienlich.

 

- Wir brauchen ein vernünftiges Entwicklungsportfolio, auf tertiärem Niveau ausgebildete PädagogInnen die mit einem solchen arbeiten können, eine Kommunikation zwischen Elementar- und anderen PädagogInnen auf Augenhöhe und Transitionsprozesse in die alle Beteiligten persönlich eingebunden werden. Und ein Bundesgesetz, das die Qualität in elementaren Bildungseinrichtungen regelt.

 

Zu § 78. (1) Schulorganisationsgesetz:

"Die Bildungsanstalt für Elementarpädagogik dient der Erwerbung höherer elementarpädagogischer Bildung sowie der Vermittlung jener Berufsgesinnung und jenes Berufswissens und Berufskönnens, die für die Erfüllung der Erziehungs- und Bildungsaufgaben in Kindergärten als elementarpädagogische Bildungseinrichtungen für Kinder vom ersten Lebensjahr bis zum Schuleintritt erforderlich sind."

 

- Eine BHS kann ein derartiges Berufswissen und Berufskönnen schon aufgrund ihrer Zielgruppe nur ungenügend vermitteln, eine Ausbildung auf tertiärem Niveau ist unbedingt erforderlich. 14- bis 19-jährige Menschen zu PädagogInnen auszubilden ist bei den heutigen Anforderungen an dieses Berufsbild und den damit verbundenen "Erziehungs- und Bildungsaufgaben" unverantwortlich. Den Kindern, den PädagogInnen, den Eltern und der Gesellschaft gegenüber. 

 

Mit freundlichen Grüßen

 

Mag.a Nicole Ruckser

Währingerstraße 94/31

1180 Wien

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