Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Ich muss vehement gegen die geplanten Änderungen bzgl. Technischem Werken und Textilem Werken an den AHS Unterstufen protestieren:

https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXV/ME/ME_00196/index.shtml

Entwurf S. 3 (Punkt 13)

Erläuterungen S. 14 (Punkt 14)

 

Meine Hauptkritikpunkte in Kurzform:

·         Nennen sie Studien/Befragungen/Evaluationen die klar machen, dass die zuvor schon durchgeführte Zusammenlegung der Fächer an den NMS Vorteile gebracht hat. Sonst gibt es keinen seriösen Grund, das zu machen, oder anders formuliert: es besteht Ideologieverdacht!

·         Den Schüler/innen wird Wahlfreiheit genommen, was dem v.a. in jüngerer Zeit stark forciertem Grundsatz der „Individualisierung“ widerspricht.

·         Den Schüler/innen werden 50% der Unterrichtsinhalte im Fach Technischem Werken bzw. analog im textilen Werken genommen. Dh. sie müssen auch aus den Lehrplänen gestrichen werden.
Heutige Aufgaben aus den 3. und 4. Klassen, die auf 2 Jahre Erfahrung aufbauen, zumindest an Schulen, wo überhaupt Werken 4-jährig ist – und das sind wenige - sind nicht mehr möglich! Erkundigen Sie sich, vor einer so großen Änderung, welche das konkret sind – denn sie wissen es wohl derzeit nicht.

·         Unterrichtsqualität: Es werden inkompatible Unterrichtsinhalte in ein Fach zusammen gelegt. Die neu auszubildenden Lehrkräfte haben in jedem Teil-Fach nur mehr 50% Wissen/Kompetenz. Aktuelle Lehrkräfte können in einem „Flächenfach“ eingesetzt werden und haben nur 50% der Inhalte „gelernt“. Ansonsten kommt es zum Semesterwechsel (analog zur NMS, wo dies gängige Praxis ist), Aufgaben bleiben halb fertig, Inhalte werden um 50% gekürzt.
Konkret: AHS-Unterstufe, derzeit nur mind. 3 Wochenstunden TW/TEX in den ersten beiden Jahrgängen > 50%/50%, d.h. nicht einmal mehr eine Doppelstunde über ein Jahr bleibt für die Inhalte der Fachbereiche, d.h. es bleiben konkret 52,5 Unterrichtseinheiten für die Inhalte des Technischen Werkens! (Rechengrundlage: reale 35 Einheiten / 70EH bei einer Doppelstunde pro Schuljahr = Mehrjahresdurchschnitt). Damit werden Sie niemand für Technik begeistern. Jedes andere Fach im Unterstufenkanon hat mehr Zeit.

·         Die Technik hat die gesellschaftliche Entwicklung in den vergangen Jahrzehnten überdurchschnittlich beeinflusst, damit braucht sie einen überdurchschnittlichen Rang, abgebildet in den Stundentafeln. Technik für alle, nicht die halbe Technik für alle muss die Devise sein!

·         Schüler/innen in „verschränkten“ (inhaltlich unmöglich aber gefordert) Gruppen führen zu einer „besseren“ Auslastung, damit häufiger zu Gruppen mit der max. Teilnehmer/innenzahl, damit wird die Zeit pro Schüler/in im Betreuungsverhältnis deutlich geringer. Eine weitere Ungleichbehandlung der AHS-Unterstufenschüler/innen im Vergleich zu den NMS-Schüler/innen, die ohnehin eine deutlich höhere (auch finanzielle Zuwendung) pro Schüler/in erfahren. Die Zahlen dazu (Kosten/SchülerIn) sprechen eine klare Sprache und müssen ja aufliegen, wieder Ideologie-Verdacht!
Natürlich verlieren dadurch Lehrkräfte ihren Arbeitsplatz und die Qualität (Betreuungsverhältnis) und Sicherheit (Maschinenbenützung) leidet.

·         Die beiden Fächer sind inkompatibel – es gibt in der realen Welt kaum Bereiche, wo sich die beiden Lehrplaninhalte verschränken, sämtliche „Synergien“ und „Überschneidungen“ decken nur einen Teil der Lehrplaninhalte ab und sind „an den Haaren herbeigezogen“. Die Räume in denen ein solcher Unterricht stattfinden sollte sind inkompatibel. Die Vorschläge der entsprechenden ministeriellen Arbeitsgruppe sind grafisch schön formatiert, können auch gemacht werden, scheinen aber von recht wenig Wissen über die Bedeutung und die Ziele z.B. eines Faches „Technik“ (heute: Technisches Werken) zu zeugen. Da gibt es noch ganz viele weitere Inhalte, die sich nicht verschränken lassen. Lernen Sie Chemie und Latein auf einmal, geht doch sicher - in der selben Zeit, wo zuvor nur Chemie gelernt wurde. Oder noch besser: Schifahren und Schwimmen zeitgleich - im selben Raum! Wer entscheidet so etwas?

·         Gender-Idologie: Durch die halben Inhalte und dem Zwang sich mit anderen Inhalten auseinandersetzen zu müssen, wird das Ziel, auch Mädchen für Technik zu begeistern, auf keinen Fall erreicht – im Gegenteil: nur mehr die Hälfte der Inhalte, halbherzige Kooperationen, Unterricht durch weniger fach-kompetente Lehrkräfte und Zwang wird wohl eher zu Ablehnungsreaktionen führen. Gleiche Bildungschancen für alle lassen sich nicht durch eine Kürzung von Inhalten (je 50%) erreichen. Aktuell besuchen viele Mädchen den technischen Werkunterricht und das bewusst! Die geplante Maßnahme ist ein Rückschritt – nicht zuletzt, da ja alle Schüler/innen in der Volksschule beide Fächer kennen lernen und so fundiert eine individuelle Entscheidung nach Interesse und individueller Eignung treffen können! Genderfragen müssen anders gelöst werden, bereits ab dem Kindergarten!

·         Sämtliche dringend benötigte Initiativen der letzten Jahre, die mehr Techniker/innen nach sich ziehen sollten (Wirtschaftskammer, Industriellenvereinigung, Girls Day, Fachhochschul-Programme für Schulen, Universitäts-Programme für Schulen), werden durch diese Maßnahme heftig untergraben bzw. sabotiert. Versuche, Technik angreifbar zu machen, verstehbar und die Lust am Forschen zu steigern werden aufgegeben. Die oben angegebenen Initiativen sind sinnvoll, kosten allerdings viel Geld und bringen für Schüler/innen meist einen Tag oder Workshop. Im Gegensatz dazu werden viele Stunden, viele Inhalte mit einer langjährigen Begleitung (Pädagogen) aufgegeben – kontraproduktiv.

 

Ich bitte um eine Rückmeldung, ob meine Einwände an den richtigen Stellen dafür angekommen sind.

 

Mit freundlichen Grüßen!

Josef Hofer

AHS-Lehrer für Technisches Werken, Informatik und Religion.