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Datum:  17.10.2016

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Betrifft:  Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das ASVG u.a. geändert werden sollen

              Stellungnahme der BVA

 

Bezug:   Zl. REP-43.00/16/0239

 

 

Sehr geehrte Damen und Herren !

 

Grundsätzlich ist die Einführung eines Wiedereingliederungsgeldes (WEiG) als Mittel zur früheren Rückkehr an den Arbeitsplatz und Verkürzung eines Krankenstandes zu begrüßen. Jedoch ist eine klare Regelung zur einfachen Vollziehbarkeit durch die Träger der Krankenversicherung ebenso unerlässlich, wie eine unmissverständliche Darstellung der Rechte und Pflichten der WEiG-Bezieher. Klar ist, dass diese Regelung primär den im Krankenstand Befindlichen motivieren soll, und dass ohne dessen eigenes Bestreben und Bemühen die Regelung obsolet wäre, da keine Verpflichtung im Gesetz normiert ist.

 

Nicht gänzlich nachvollziehbar sind daher die zu §13a AVRAG dargestellten Erläuterungen zur Arbeitsfähigkeit: Als Ziel der Novelle wird die schrittweise Wiedereingliederung Betroffener in den Arbeitsprozess angeführt, aber gleichzeitig werden Ersparnisse bei Krankengeldkosten als Vorteil genannt. Ist aber - wie in den E.B. ausgeführt - der Arbeitnehmer „absolut arbeitsfähig“ so können an sich keine Krankengeldkosten anfallen, da mit Wegfall der Arbeitsunfähigkeit (AU) auch kein Krankengeld mehr gebührt. Im Ergebnis muss man daher zugestehen, dass grundsätzlich noch eine AU vorliegt, die sich allerdings auf die konkrete Tätigkeit des Arbeitnehmers vor Eintritt der AU bezieht. Dass aus medizinscher Sicht bereits eine Teilarbeitsfähigkeit vorliegen könnte und daher eine Motivation zur reduzierten vorzeitigen Wiederaufname der Tätigkeit besteht, findet sich bei objektiver Betrachtung nur hinter den getroffenen Regelungen. Nicht anders ist es erklärbar, dass die Initiative vom Arbeitsnehmer ausgehen soll und nicht von den KV-Trägern. Nur wenn tatsächlich teilweise AU vorliegt kann von einer WinWin-Situation für alle Beteiligten ausgegangen werden.

 

Die im Entwurf vorgeschlagenen Regelungen scheinen noch unvollständig, da sie lediglich die arbeitsrechtlichen Voraussetzungen für dem AVRAG-Unterworfene schaffen. Die in § 1 AVRAG ausgenommen Dienstnehmer (Bund, Länder etc.) sind aber nicht berücksichtigt ! Dies hätte für den Vollzugsbereich der BVA zur Folge, dass abhängig vom Dienstgeber verschiedene Versichertengruppen Anspruch nach 143d hätten (Uni-Bedienstete, eigene Angestellte) andere nicht (Vertragsbedienstete). Im Hinblick darauf wären entsprechende Bestimmungen auch in den jeweiligen dienst- und arbeitsrechtlichen Regelungen, insbesondere auch dem VBG vorzusehen.

 

Festzuhalten ist, dass in § 84 B-KUVG jedenfalls auf die neuen Bestimmungen zu verweisen wäre, damit für jene Versicherte der BVA, die in den Anwendungsbereich des AVRAG fallen, eine entsprechende Anspruchsgrundlage für das WEiG besteht !

 

 

Zu den Bestimmungen im Detail:

 

Ø  § 99 Abs. 1b ASVG:

Neben der finalen Sanktion des Entzuges ist es angebracht, bei pflichtwidriger Überschreitung der festgelegten Arbeitszeiten ebenfalls Sanktionen zu setzen. Wird die tägliche oder die wöchentliche Arbeitszeit um 5% (der Normalarbeitszeit) überwiegend überschritten, sollte ex lege ein Ruhen des WEiG für den aktuellen Auszahlungszeitraum eintreten. Dies scheint unter Berücksichtigung, dass 5% je nach Normalarbeitszeit (40h, 30h, 20 h) 2h, 1,5h bzw. 1h ausmachen, praktikabel und sollte ausreichend Flexibilität ermöglichen. Eine weitere Bandbreite für die Verteilung der Arbeitszeit ist medizinisch fragwürdig und wohl nur in besonderen Einzelfällen möglich. Der § 13a Abs. 2 AVRAG 2. Satz sollte daher gestrichen werden.

 

Im Vordergrund sollte - wie noch weiter unten dargelegt - eine einfache und verwaltungs-ökonomische Regelung stehen. Gleichzeitig wären effiziente Kontrollmechanismen festzulegen, um Sozialmissbrauch hintanzuhalten. Denkbar wäre eine Meldepflicht des WEiG-Beziehers. Die konkreten Arbeitszeiten wären - jeweils vom Dienstgeber bestätigt – dem KV-Träger zu übermitteln. Ergibt sich nachträglich eine falsche Meldung haften Versicherter und Dienstgeber für die Rückzahlung des (ruhenden) WEiG.

 

Ø  Ad § 125 Abs. 1a ASVG:

Diese Regelung ist abzulehnen, weil sie diejenigen bestraft, die sich (freiwillig!) um vorzeitige Wiedereingliederung bemüht haben, diese Bemühung aus welchen Gründen immer aber nicht erfolgreich war. Das Krankengeld sollte in der ursprünglichen Höhe weitergebühren.

 

Ø  Ad 143d ASVG iVm § 13a AVRAG:

Um den KV-Trägern eine effiziente Vollziehung zu ermöglichen und den potentiellen WEiG-Beziehern eine klare Orientierung zu geben, erscheint es sinnvoll, das Ausmaß der möglichen Stundenreduktion auf 50% oder 75% der bisherigen Normalarbeitszeit fix festzulegen. In diesen Abstufungen ist es dem im Krankenstand Befindlichen, der Interesse an einer früheren Tätigkeitsaufnahme mit Stundenreduktion hat, grundsätzlich möglich eine laienhafte Einschätzung seiner Leistungsfähigkeit vorzunehmen und unter Einbindung von fit2work den Prozess zur Bewilligung von WEiG einzuleiten. Ebenso wird es dem behandelnden Arzt leicht möglich sein, dahingehend dem Patienten eine Einschätzung zu geben bzw. die (reduzierte) Arbeitsfähigkeit als Voraussetzung für die Vereinbarung nach § 13a AVRAG zu bestätigen.

 

Demgegenüber ist absehbar, dass eine beliebige Festlegung der Arbeitszeitreduktion die Vollziehung sowohl bei der Berechnung des WEiG, als auch bei der Kontrolle und besonders bei der Bewilligung unnötig erschwert. Die Beurteilung, ob die Reduktion der Normalarbeitszeit um 25% oder 50% medizinisch zweckmäßig ist, ist relativ leicht durchzuführen und auch für Dritte oder Sachverständige in einem Leistungsstreitverfahren ohne große Umstände nachvollziehbar. Diese Stufen sind hinsichtlich Leistungsfähigkeit des (in Wahrheit) teilweise Arbeitsunfähigen und medizinischer Zweckmäßigkeit der Wiedereingliederung klar voneinander abgrenzbar. Die Frage, ob es der medizinischen Zweckmäßigkeit entspricht, die Normalarbeitszeit um 25%, 27% oder 29% zu reduzieren, ist hingegen mit der erforderlichen Seriosität nicht zu beantworten.

 

Gegen eine beliebige Reduktion der Normalarbeitszeit spricht überdies, dass sich die medizinische Einschätzung bei geringen Stundenzahländerungen der Beliebigkeit nähert. Signifikante Änderungen von jeweils 25% sind klare Abgrenzungen, die auch im Umfeld der Betroffenen für Akzeptanz der neuen Regelung sorgen. Im Hinblick darauf sollte eine Aufnahme fixer Abstufungen von 25% bzw. 50% in die gesetzlichen Regelungen Eingang finden und sollten auch Stundenerhöhungen konsequenterweise nur in 25% Schritten ermöglicht werden.

 

Dazu korrespondierend wäre die Vereinbarungsmöglichkeit der Reduktion der Normalarbeitszeit mit dem Dienstgeber nach § 13a AVRAG ebenfalls auf diese Abstufungen einzuschränken.

 

Ø  Ad § 143d Abs.1 ASVG:

Eine Bewilligung eines KV-Trägers erfolgt in der Praxis immer schriftlich, bei Ablehnung letztlich auf Antrag mit Bescheid, um allenfalls den Weg zum Sozialgericht zu eröffnen. Somit erscheint das Adjektiv „nachweislich“ entbehrlich.

 

Ø  Ad § 143d Abs.3 letzter Satz ASVG:

Ebenso wie die Streichung des § 13a Abs. 2 AVRAG 2. Satz angezeigt ist, sollte dieser Satz entfallen.

 

Ø  Ad § 143d Abs. 4 ASVG:

In Verbindung mit Abs. 4 stellt sich neuerlich die Frage, wie sich die Arbeitsfähigkeit des Betroffenen objektiv darstellt. Bei einer „teilweisen“ AU ist es gerechtfertigt, dass Anrechnungen auf die Höchstdauer des Krankengeldanspruches erfolgt. Ist hingegen eine volle Arbeitsfähigkeit vorausgesetzt, ist zu prüfen ob es sich um ein und denselben Versicherungsfall handelt, da sonst eine Anrechnung auf die Höchstdauer zu Unrecht erfolgen würde.

 

 

Mit dem Ersuchen um Berücksichtigung obiger Ausführungen verbleiben wir

 

 

 

Mit freundlichen Grüßen

 

Der Generaldirektor:

iA

 

 

 

gez. Mag. Beate Millonig eh.