Stellungnahme der AVCO zum Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Pensionskassengesetz, das Investmentfondsgesetz 2011 und das Alternative Investmentfonds-Manager-Gesetz geändert werden
Die vorliegende Stellungnahme zum „Alternative Investmentfonds-Manager-Gesetz AIFMG“ gibt die Position der AVCO als Österreichischer Dachverband der Beteiligungskapitalgeber und Corporate Finance Dienstleister wieder.
Die AVCO bedankt sich für die Gelegenheit, zu den vorliegenden Gesetzesentwürfen Stellung zu nehmen.
Dem Ersuchen des Parlaments, die Stellungnahme dem Präsidium des Nationalrates im elektronischen Weg zu übermitteln, wurde entsprochen.
Allgemeines
Das Alternative Investmentfonds-Manager-Gesetz (AIFMG) regelt auf Basis der entsprechenden EU-Directive (AIFM-D) die Alternativen Investmentfunds (AIF) auf Ebene der Fonds-Manager. Darunter fällt auch das für Unternehmen in der aktuellen Wirtschaftslage besonders wichtige[1] private Wachstumskapital (Private Equity, Venture Capital).
In der bestehenden Fassung des AIFMG ist für ein Fundraising bei internationalen, institutionellen Kapitalgebern ab 21. Juli 2014 ein sogenannter „EU-Passport“ erforderlich, der nur im Rahmen einer AIFMG-Konzessionierung bei der FMA erworben werden kann.
Österreichische Fonds haben ein im internationalen Vergleich kleineres Volumen und fallen in der Regel in den vom AIFMG definierten Unterschwellenbereich[2], bei dem eine Registrierung (ohne EU-Passport) nötig ist. Der Vorteil ist ein deutlich geringerer Bürokratieaufwand für Manager solcher kleinen Fonds. Als Nachteil ist die Akquise internationaler Investoren mangels EU-Passport nicht möglich, gleichzeitig ist seit Jahren ein Rückgang der Kapitalzusagen österreichischer institutioneller Investoren zu beobachten, was durch sinkende Industriekennzahlen[3] belegt ist. Als einzig verbleibende Alternative bleiben daher österreichische Privatanleger.
Das AIFMG in seiner bestehenden Fassung unterbindet aber auch diese Möglichkeit, indem der Vertrieb an Privatanleger mit Stichtag 21. Juli 2014 ebenfalls untersagt wird. Anzumerken ist, dass nach der Definition der AIFM-Richtlinie im Wesentlichen nur Banken, Versicherungen und Pensionsfonds „professionelle Anleger“ sind, nahezu alle anderen Einrichtungen und Personen – einschließlich erfolgreicher Unternehmer mit Vermögen im Millionen- oder Milliardenbereich – sind „Privatkunden“.
Damit wird Privatinvestoren ein Investment in privates Wachstumskapital untersagt, bzw. eine bedeutende Fundraisingmöglichkeit für die Beteiligungskapitalgeber und damit konsequenterweise eine wichtige Finanzierungsmöglichkeit für österreichischen Klein- und Mittelunternehmen verhindert.
Dies stellt zudem auch eine Diskriminierung gegenüber Managed Futures und geschlossenen Immobilienfonds dar, die in dieser Hinsicht gesondert behandelt werden. Neben möglichen verfassungsrechtlichen Konsequenzen und einer erheblichen Wettbewerbsverzerrung steht hier auch die volkswirtschaftliche Sinnhaftigkeit zur Diskussion. Immobilienfonds haben im Zuge der Finanzkrise starke Verluste hinnehmen müssen und Managed Futures sind, wenn auch liquider als privates Beteiligungskapital, so aber rein (!) spekulativ. Privates Beteiligungskapital hingegen hat eine wichtige Funktion zur Eigenkapitalfinanzierung heimischer KMU und wird aktuell stark benachteiligt.
Dieses gilt es mit einer Novellierung des AIFMG, vor Ende der Übergangsfrist und unter Berücksichtigung des Anlegerschutzes, zu beheben (das neben dem AIFMG anwendbare Kapitalmarktgesetz stellt den Schutz von Privatanlegern durch die dort vorgesehene Prospektpflicht ohnehin sicher).
Eine derartige Novellierung ist auch im Arbeitsprogramm der österreichischen Bundesregierung für die Jahre 2013 bis 2018 unter Punkt „Schaffung der Voraussetzungen im Alternativen Investmentfonds-Manager-Gesetz (AIFMG) im Hinblick auf den Privatanlegervertrieb von Anteilen an Finanzierungsgesellschaften“ (Kapitel "Unternehmensfinanzierung“) vorgesehen.
Auf diese Weise kann dazu beigetragen werden, dass österreichischen KMU auch in Zukunft genügend Wachstumskapital zur Verfügung steht und eine international wettbewerbsfähige Positionierung des Standortes Österreich erreicht wird. Insbesondere was den Standortwettbewerb mit Deutschland betrifft, wo der Vertrieb an Privatkunden erlaubt ist, was konsequenter Weise bedeutet, dass Projekte abwandern um eine Finanzierung durch einen AIF zu erlangen.
Unter gewissen Informationspflichten ist ein Vertrieb an Privatkunden in jedem Fall volkswirtschaftlich sinnvoll, Transparenz kann durch bestehende Regelungen sichergestellt werden.
Aus den dargelegten Gründen erlaubt sich die AVCO ausgewählte Vorschläge als Diskussionsanstoß zu unterbreiten:
1. Die Einführung des Status des „semi-professionellen“ Investors, ähnlich der Rechtslage in Deutschland, erscheint als eine geeignete Maßnahme. Dieser Status ermöglicht es, Privatinvestoren mit größeren Investmentvolumina bei entsprechender Beratung weiterhin in geschlossene Fonds zu investieren.
Nach § 1 (19) Z 33 dKAGB handelt es sich hierbei um Anleger, die sich verpflichten, mindestens 200.000 Euro zu investieren. Darüber hinaus gibt der Anleger schriftlich in einem vom Vertrag über die Investitionsverpflichtung getrennten Dokument an, dass er sich der Risiken in Zusammenhang mit der beabsichtigten Verpflichtung oder Investition bewusst ist.
Aufgrund des wesentlich kleineren österreichischen Marktes wird hierbei jedoch eine Mindestinvestitionssumme von 50.000 Euro vorgeschlagen.
Semi-Professioneller Investor nach § 1 (19) Z 33 dKAGB kann aber auch jedermann sein:
· dessen Sachverstand, Erfahrungen und Kenntnisse die AIF-Verwaltungsgesellschaft oder die von ihr beauftragte Vertriebsgesellschaft bewertet, ohne von der Annahme auszugehen, dass der Anleger über die Marktkenntnisse und -erfahrungen der in Anhang II Abschnitt I der Richtlinie 2004/39/EG genannten Anleger verfügt,
· der bei dem die AIF-Verwaltungsgesellschaft oder die von ihr beauftragte Vertriebsgesellschaft unter Berücksichtigung der Art der beabsichtigten Verpflichtung oder Investition hinreichend davon überzeugt ist, dass er in der Lage ist, seine Anlageentscheidungen selbst zu treffen und die damit einhergehenden Risiken versteht und dass eine solche Verpflichtung für den betreffenden Anleger angemessen ist, und
· dem die AIF-Verwaltungsgesellschaft oder die von ihr beauftragte Vertriebsgesellschaft schriftlich bestätigt, dass sie die Bewertung vorgenommen hat hinsichtlich Sachverstand, Erfahrungen und Kenntnisse die AIF-Verwaltungsgesellschaft und die im obigen Absatz beschriebenen Voraussetzungen gegeben sind,
· der ein Geschäftsleiter oder Mitarbeiter der AIF-Verwaltungsgesellschaft ist, sofern er in von der AIF-Verwaltungsgesellschaft verwaltete AIF investiert, oder ein Mitglied der Geschäftsführung oder des Vorstands einer extern verwalteten Investmentgesellschaft, sofern es in die extern verwaltete Investmentgesellschaft investiert, ist sowie
· jeder Anleger, der sich verpflichtet, mindestens 10 Mio. Euro in ein Investmentvermögen zu investieren.
Weitere, notwendige Anpassungen im AIFMG um Risikokapital und Private Equity von privaten Anlegern für österreichische Unternehmen und Innovationsunternehmen zuzulassen, könnten wie folgt gestaltet werden:
2. Vertrieb an Privatkunden § 48 Abs. 1: Ein AIFM kann in Österreich Anteile von folgenden gemäß § 29 bewilligten AIF an Privatkunden vertreiben:
Ergänzung: 5.…sofern der AIF im Einklang mit seiner Hauptanlagestrategie in der Regel in nicht börsennotierte Unternehmen investiert und er über eine Konzession verfügt oder es sich um einen registrierten AIF gemäß §1 Abs. 5 handelt.
3. Geltungsbereich §1 Abs. 5 AIFMG: Hier geht es um AIF mit Fondsvolumina unter 100 Mio. Euro sowie um langfristige Investitionen die mindestens fünf Jahre kein Rücknahmerecht haben und ein Fondsvolumen von maximal 500 Mio. Euro aufweisen.
Streichung: §1 Abs. 5 Punkt 6. …zu erklären, Anteile des AIF nicht an Privatkunden im Sinne des § 48 zu vertreiben…
Begründung: Der Vertrieb an private Anleger ist ohnedies umfassend im KMG geregelt, der Vorteil: Durch die Registrierung würden diese Emittenten bei der FMA erfasst und gemäß AIFMG kontrolliert, das wäre sinnvoll und wünschenswert.
In Österreich fallen fast alle bestehenden Risikokapital- und Private Equity-Fonds unter diese Schwellwerte für eine Konzessionierung. Das macht auch bei den typischen Fondsvolumina in diesem Bereich von bis zu 50 Mio. Euro wirtschaftlich Sinn.
Allfällig von der „Regulation on European Venture Capital Funds“ (R-EUVECA) R-EUVECA betroffene AIF würden davon ebenfalls profitieren, da die dort abgebildeten Vorschriften für die Investmenttätigkeit oft nicht die Bedürfnisse der VC-Industrie abbilden.
Für die Erfüllung der Transparenzanforderungen §20 ff. AIFMG ist zusätzliche Kapazität von Nöten. Bei durchschnittlichen Teamgrößen von ca. fünf Personen und einer zu erwarteten Belastung durch die Transparenzanforderungen von ca. 1/3 der durchschnittlichen Managementfee[4] ist dies für die österreichischen Marktteilnehmer aber nicht darstellbar. Es ist nicht nachvollziehbar, warum der Vertrieb von österreichischem Risikokapital und Private Equity-Fonds mit der im vorangegangen Absatz beschriebenen FMA-Registrierung an private Anleger in Österreich verwehrt wird, während der Vertrieb an professionelle Anleger zulässig ist. Wenn sich die Risikokapital- und Private Equity-Branche gut entwickelt und damit die Fondsvolumina über die Schwellwerte steigen, ist ohnedies gemäß AIFMG eine Konzession erforderlich und auch wirtschaftlich vertretbar. Durch die Registrierung eines AIF ist der Vertrieb ohnedies nur in Österreich zulässig (kein Passporting für andere EU-Länder) und daher auch gut kontrollierbar.
4. Weiters wäre es zur Stärkung des Vertrauensschutzes in Österreich dringend notwendig, rückwirkend geltende gesetzliche und steuerliche Abänderungen zu vermeiden:
Die Besteuerung bestehender und bereits vor Jahren mit Investoren geschlossener Verträge, wird durch das AIFMG abgeändert. Gemäß AIFMG unterliegen diese nun nicht mehr der Besteuerung von Erträgen aus Kapitalvermögen sondern der Fondsbesteuerung. Dabei sind ausschüttungsgleiche Erträge einer Periode zu versteuern. Das bedeutet, jede Wertveränderung eines Unternehmens anlässlich einer Kapitalerhöhung ist zu versteuern, auch wenn dem Investor kein Kapital zufließt. Hingegen sind Verluste nicht vortragsfähig und auch mit anderen Einkunftsarten nicht ausgleichbar!
Die neuen Auflagen des AIFMG verursachen für AIF auch erhebliche Kosten, die zu Beginn der Fondslaufzeit nicht bekannt und auch nicht budgetiert wurden. Diese AIF stehen nun vor einem Insolvenzrisiko, denn wer soll die neu entstehenden, nicht kalkulierten Kosten tragen?
Es wäre wünschenswert, ein Advanced Ruling (o.a. Auskunftsbescheid) zu etablieren, damit auch wieder verstärkt internationale Risikokapital- und Private Equity-Investoren nach Österreich kommen.
Hinsichtlich des vorliegenden Begutachtungsentwurfes kann Folgendes gesagt werden:
§31 (4) erster Halbsatz des 3. Satzes: Im Lichte der derzeitigen Standortdiskussion erscheint eine jährliche Gebühr von 600 Euro als nicht geeignet Investitionen an Land zu ziehen und Arbeitsplätze zu schaffen.
Wien, 06. Mai 2014
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AVCO – Austrian Private Equity and Venture Capital Organisation bildet zusammen mit ihren 62 Mitgliedern die Dachorganisation der österreichischen Beteiligungskapitalindustrie und Corporate Finance Dienstleister und ist kompetenter Ansprechpartner für alle Fragen zu Private Equity und Venture Capital.
Kontakt:
AVCO – Austrian Private Equity and Venture Capital Organisation
Dr. Jürgen Marchart
Geschäftsführer
Lothringerstraße 12
1030 Wien
Tel.: +43/1/526 38 05
juergen.marchart@avco.at
www.avco.at
[1] In solcherart finanzierten Unternehmen sind ein um 70% höheres Wachstum der Umsätze sowie ein um 50% höheres Wachstum der Beschäftigung, im Vergleich zu Unternehmen, die nicht mit privatem Wachstumskapital finanziert wurden, zu beobachten ("Der Einfluss von Private Equity [PE] und Venture Capital [VC] auf Wachstum und Innovationsleistung österreichischer Unternehmen", Jud et al., 2006, im Auftrag von BMWA und WKÖ).
[2] Unterschwellenbereich des AIFM-G bis 500 Mio. Euro Fondsvolumen (100 Mio. Euro bei Leverage).
[3] Beteiligungskapitalgeber mit Sitz in Österreich haben 2012 knapp 173 Mio. Euro an frischem Kapital einwerben können. Das bedeutet einen Rückgang von etwas mehr als 31% im Vergleich zum Vorjahr. 2012 haben österreichische Wachstums- und Innovationskapitalgeber insgesamt 115 Mio. Euro (2011: 153 Mio. Euro) in kleine und mittelständische Unternehmen (KMUs) investiert (EVCA PEREP_Analytics).
[4] „Risikokapital in Österreich, Angebots- und Nachfrageseitige Erklärungsfaktoren für die geringe Ausprägung“ Kap. 15.4; S 201ff; 2012