Stellungnahme des ÖAMTC
zum Entwurf eines
Pauschalreisegesetzes
GZ. BMJ-Z7.012C/0009-I 2/2016



A. Grundsätzliches

Der ÖAMTC bedankt sich für die Gelegenheit zur Stellungnahme zu diesem Gesetzesentwurf. Im Wesentlichen ist die Entscheidung des Gesetzgebers, ein eigenes Gesetz für Pauschalreisen und verbundene Reiseleistungen zu erlassen und sohin das KSchG klarer zu gestalten, zu begrüßen.

Zudem werden die zahlreichen verbraucherfreundlichen Neuerungen ausdrücklich begrüßt, während der Ausschluss von Kurzreisen mit Dauer unter 24 Stunden und der Ferienhausmiete vom Anwendungsbereich des PRG, die Zustimmungsfiktion bei Schweigen des Reisenden zu wesentlichen Änderung der Reise sowie die Möglichkeit der Beschränkung der Verjährungsfrist für Schadenersatz- und Preisminderungsansprüche auf zwei Jahre, mit Nachdruck abgelehnt werden.

Die nachstehenden Empfehlungen verstehen sich vor dem Hintergrund, dass der nationale Gesetzgeber aufgrund der Vorgaben zur Vollharmonisierung nach Art 4 der Richtlinie 2015/2302 (in weiterer Folge RL) nur geringen Handlungsspielraum hat.  

B. Anmerkungen zu den einzelnen Bestimmungen

§ 1 Abs 2 Z 1 – Geltungsbereich

Die Ausnahme von sog Kurzreisen (mit einer Dauer von unter 24 Stunden) vom Anwendungsbereich des PRG bedeutet eine Schlechterstellung der Reisenden gegenüber dem status quo, die vom ÖAMTC abgelehnt wird.

Die Argumentation, die Ausnahme wäre aufgrund der umfangreichen neuen Vorschriften sachgerecht, führt uE ins Leere.

Erwägungsgrund 21 der RL stellt den Mitgliedstaaten ausdrücklich frei, günstigere nationale Regelungen vorzusehen oder beizubehalten – ausdrücklich erwähnt sind u.a. Kurzreisen von einer Dauer unter 24 Stunden. Der ÖAMTC ersucht daher, von der Ausnahme von Kurzreisen abzusehen.

§ 2 - Begriffsbestimmungen

Abs 1  Z 4: jede andere touristische Leistung

Derzeit gilt in Österreich durch den expliziten Willen des Gesetzgebers[1] eine Ferienhausmiete als Pauschalreise (durch die Kombination aus der dzt Regelung im KSchG, § 31b Abs 2 Z 1 lit b (Unterbringung) mit lit c (andere touristische Dienstleistung, wie zB Zurverfügungstellung von Bettwäsche, Handtuchreinigung etc).

Die nun im Entwurf vorgesehene Schlechterstellung, wonach der Mieter eines Ferienhauses nicht mehr  den Schutz als Pauschalreisender genießt, lehnt der ÖAMTC ab und schlägt vor, das Zitat von  Z 2 in § 2 Abs 1 Z 4 wegzulassen und die Z 4 folgendermaßen zu ändern:
 „4. jede andere touristische Leistung, die nicht wesensmäßig Bestandteil einer Reiseleistung nach Z1 oder 3 ist“

Ebenso sind dementsprechend § 2  Abs 2 Z 2 lit a sowie Abs 5 Z 2 umzuformulieren bzw sind Ferienwohnungen und –häuser explizit zu benennen.

Erwägungsgrund 21 der RL stellt den Mitgliedstaaten ausdrücklich frei, günstigere nationale Regelungen vorzusehen oder beizubehalten – ausdrücklich erwähnt sind in der RL die Vermietung von Ferienwohnungen.

Abs 2 Z 1 lit b) sublit ee)

UE könnte im Sinne einer leichteren Verständlichkeit durch den Normadressaten die Definition sog „click-through-Buchungen einfacher formuliert werden. Vorschlag:

[Es handelt sich um eine Pauschalreise, wenn diese Leistungen…]

ee) dem Reisenden von einzelnen Unternehmern über verbundene Online-Buchungsverfahren vertraglich zugesagt werden und der Name des Reisenden, Zahlungsdaten und die E-Mail-Adresse von dem Unternehmer, mit dem der erste Vertrag geschlossen wurde, an einen oder mehrere andere Unternehmer übermittelt werden. Ein weiterer Vertrag mit zumindest einem der letztgenannten Unternehmer wird spätestens 24 Stunden nach Bestätigung der Buchung der ersten Reiseleistung abgeschlossen.

Abs 2 Z 2 lit a)

Wie oben ausgeführt, ist diese Bestimmung im Hinblick auf die wünschenswerte Aufnahme von Ferienwohnungen und –häusern in den Anwendungsbereich umzuformulieren bzw sind Ferienwohnungen und –häuser explizit zu benennen.

Abs 2 Z 2 lit a)+ Abs 5 Z 2

Hier wird der unbestimmte Rechtsbegriff „keinen erheblichen Anteil“ verwendet und sollte im Hinblick auf die leichtere Lesbarkeit und Rechtsklarheit die Grenze „von 25% oder mehr“ aus Erwägungsgrund 18 der RL direkt in den Gesetzestext übernommen werden.

Abs 11 – Dauerhafter Datenträger

Zu dem Satzteil: „…an den Reisenden oder Unternehmer gerichtete Informationen sind derart zu speichern, dass…“:

Nachdem in der englischen Version des RL-Textes der Begriff „to store“ verwendet wird, das besser mit „aufbewahren“ zu übersetzen gewesen wäre, sollte uE im Gesetzestext richtiger Weise die Formulierung „derart aufzubewahren, dass“ verwendet werden, zumal hierdurch klarer ist, dass auch unter einem Blatt Papier ein „dauerhaftes Datenträger“ zu verstehen ist.

Abs 12 – Unvermeidbare und außergewöhnliche Umstände

Zur Klarstellung wäre eine demonstrative Aufzählung wie in den Erläuterungen wünschenswert

§ 3 - Unwirksame Vereinbarungen

Trotz des Ansatzes der Vollharmonisierung in der RL könnte der Reisende durch einzelstaatliche Regelungen oder durch Rechtswahl schlechter gestellt sein als nach dem PRG. Daher wäre eU zum einen der Hinweis auf § 13a KSchG zu ergänzen und wie folgt zu formulieren:

„Soweit Vereinbarungen, Bestimmungen aus dem vertraglich gewählten Recht (gem § 13a KSchG) oder Bestimmungen aus dem nach den internationalen Kollisionsregeln anzuwendenden Recht zum Nachteil des Reisenden von den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes abweichen, sind diese unwirksam.“

§ 4 - Vorvertragliche Informationspflichten

Der ÖAMTC begrüßt die umfassenden vorvertraglichen Informationspflichten, insbesondere die Information über mögliche Mehrkosten gem Abs 1 Z 3 sowie die Beweislastverteilung zulasten des Reiseveranstalters bzw des Vermittlers gem
Abs 5. Zur Klarstellung wäre es noch wünschenswert, dass explizit darauf hingewiesen werden muss, dass für Reisebuchungen (weder online noch im niedergelassenen Reisebüro) durch die Ausnahme iSd § 1 Abs 2 Z 8 FAGG kein gesetzliches kostenloses 14-tägiges Rücktrittsrecht gilt.

Durch die Gleichstellung von Online-Portalen und –Reisebüros mit niedergelassenen Reisebüros sind letztere wohl in Einzelfällen schlechter gestellt, dies vor allem hier durch den Nachweis über die – im Reisebüro wohl faktisch nur mögliche – Aushändigung der vorgesehenen Informationen. Allenfalls kann der Gesetzgeber noch Erleichterungen für den Bereich der Niederlassungen schaffen. 

§ 8 Abs 3 - Änderung des Preises

Wohlwissend, dass es sich um eine notwendige Umsetzung der Vorgaben aus der RL handelt, erlaubt sich der ÖAMTC die Anmerkung, dass die Festsetzung der starren 8%-Schwelle in Einzelfällen eine Verschlechterung für den Reisenden bedeutet. Bisher galt ein Richtwert von 10%, der durchaus deutlich unterschritten werden konnte, zB wenn der Reisepreis als „hoch“ einzustufen war.[2]

§9 - Andere Änderungen des Pauschalreisevertrags

Abs 2 Im Satz 1 werden viele unbestimmte Rechtsbegriffe verwendet:

Wann ist der Reiseveranstalter „gezwungen“, eine wesentlich Reiseleistung zu ändern und wann genau ist diese Änderung erheblich?

Die Erfahrung des ÖAMTC aus der Mitgliederberatung sowie die dazu umfangreich vorliegende Rechtsprechung zeigen, dass die Frage der Auslegung, ob eine „erhebliche Änderung der Reiseleistung“ vorliegt, häufig zu Streitigkeiten führt. So stellen zB  die Zielgebiete einer Kreuzfahrt für viele Konsumenten einen wesentlichen Bestandteil der Reise dar und eine Routenänderung kann dazu führen, dass die Reise für den Konsumenten nicht mehr attraktiv ist.

 

Eine Konkretisierung, etwa durch eine demonstrative Aufzählung der in Erwägungsgrund 33 der RL genannten Beispiele sowie hinsichtlich der Routenführung, wäre daher wünschenswert. Allenfalls könnten auch die Bsp aus der FluggastrechteVO[3] analog herangezogen werden.

 

Zu begrüßen wäre darüber hinaus, die Benennung von Beispielen im Gesetzestext, wann der Veranstalter zu eine wesentlichen Änderung der Reiseleistung „gezwungen“ ist (zB bei Terrorgefahr im Zielgebiet, Streik, Naturkatastrophen, Sicherheitsrisiken). Zudem sollte der Veranstalter verpflichtet werden, den Reisenden über die nichtvermeidbaren Gründe für die erhebliche Änderung der Reiseleistung zu informieren.

 

Abs 2 - Zur Zustimmungsfiktion

Aus der Sicht des ÖAMTC wirkt sich diese Regelung für den Reisenden nachteilig aus und wird daher abgelehnt. Immerhin kommt die Bestimmung zum Tragen, wenn es sich um wesentliche Änderungen der Pauschalreise handelt. Dies könnte die Änderung des Reiseziels oder auch der Flugzeiten bedeuten. Gerade in Zeiten, in denen viele Menschen Sicherheitsbedenken bei Reisen in manche Länder/Regionen haben, würden manche Reisende dann eventuell lieber von der Reise zurücktreten. Auch eine Verlegung des Fluges zB in die Nacht kann für manche Reisende (zB Familien mit kleinen Kindern) die Reise insgesamt unattraktiv machen.

Darüber hinaus ist unklar, welche Rechtsfolgen drohen, wenn der Reisende keine Möglichkeit hat, auf das Schreiben des Veranstalters innerhalb der festgelegten Frist zu reagieren (zB durch eine urlaubsbedingte Abwesenheit oder einen Krankenhausaufenthalt). Fristversäumungen von Konsumenten dürften hier Anlass für zahlreiche Streitigkeiten geben.

 

Vorstellbar wäre daher zum einen, dass der Reiseveranstalter zumindest auf zwei verschiedene qualifizierte Möglichkeiten versuchen muss, den Reisenden zu erreichen und über die Änderungen zu informieren (zB E-Mail inkl Lesebestätigung und Telefonanruf). Oder dass der Reisende – wie in Abs 4 Z 3 vorgesehen - bereits vor der Buchung ausdrücklich darauf hingewiesen werden muss und der Reisende dies ausdrücklich akzeptieren muss oder auch ablehnen kann.

§ 11 - Erbringung der vertraglichen Reiseleistung (Gewährleistung, Schadenersatz)

Abs 7 - Beistandspflicht

Die nun gesetzlich normierte Beistandspflicht des Veranstalters wird ausdrücklich begrüßt. Jedoch ist es aus Konsumentenschutzsicht problematisch, dass diese Beistandspflicht mit drei Tagen im Hinblick auf die Unterbringung begrenzt ist. Hier sollten eine Prüfung nach Angemessenheit und eine Abwägung im Einzelfall zum Tragen kommen.

§ 12 - Preisminderung und Schadenersatz

Abs 2
Wie bisher sollten für die Konkretisierung der Bemessung des Ersatzes für entgangene Urlaubsfreude die Kriterien des § 31e KSchG angeführt werden: „Bei der Bemessung dieses Ersatzanspruchs ist insbesondere auf die Schwere und Dauer des Mangels, den Grad des Verschuldens, den vereinbarten Zweck der Reise sowie die Höhe des Reisepreises Bedacht zu nehmen.“

Abs 6
Der vorliegende Entwurf sieht die Möglichkeit vor, dass durch Vereinbarung die  Verjährungsfrist für Ansprüche auf Preisminderung oder Schadenersatz auf zwei Jahre verkürzt werden kann. Dies ist für den österr Reisenden grob benachteiligend und wird ex ÖAMTC abgelehnt. Es ist weder dogmatisch für den Rechtsexperten noch für den Normadressaten verständlich, warum es hier diese unsachliche Einschränkung der ansonsten üblichen Fristen geben soll.


C. Weitere Vorschläge – Hinweis auf Personal Pricing

Wohl nicht dogmatisch im vorliegenden Gesetzesentwurf zu integrieren aber aus Verbrauchersicht wünschenswert wäre eine Initiative des Gesetzesgebers, die vorsieht, dass der Konsument bei Online-Reise- oder Flugbuchungen explizit darauf hingewiesen werden muss, wenn Mechanismen, die das sog „personal pricing“ ermöglichen, verwendet werden[4]

 


Mag. Verena Pronebner

ÖAMTC
Rechtsdienste,
Bereich Konsumentenschutz,
Mitgliederinteressen und Kommunikation,

Wien, 10.Februar 2017



[1] vgl JA 992 BlgNR 18.GP 2; Näheres dazu in Kosesnik-Wehrle, Kurzkommentar zum KSchG, 3.Auflage Manz-Verlag, Anm 3 zu § 31b.

[2] Kosesnik-Wehrle, Kurzkommentar zum KSchG, 3.Auflage Manz-Verlag, Anm 14 zu § 31c.

[3] Verordnung (EG) Nr. 261/2004 vom 11. Februar  2004 über eine gemeinsame Regelung für Ausgleichs und Unterstützungsleistungen für Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung und bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen.

[4] Vgl dazu folgende Parlamentarische Anfrage https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXV/AB/AB_08558/index.shtml sowie eine im Auftrag der Arbeiterkammer veröffentlichte Studie: https://media.arbeiterkammer.at/wien/PDF/studien/Dynamic_Pricing_2015.pdf.