145/A XXVI. GP

Eingebracht am 28.02.2018
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Antrag

ANTRAG gem. Art 49b B-VG iVm § 26 GOG-NR

der Abgeordneten Matthias Strolz, Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen

auf Durchführung einer Volksbefragung über ein generelles Rauchverbot in der Gastronomie

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

Gemäß Art. 49b B-VG wird eine Volksbefragung mit folgender Fragestellung durchgeführt:

„Sind Sie für ein generelles Rauchverbot in der Gastronomie?

Ja ○                    Nein ○"

Begründung

Im Jahr 2015 fasste das Parlament – unter Setzung einer mehrjährigen Übergangsfrist – mit Mehrheit den Beschluss für ein absolutes Rauchverbot in Gastronomiebetrieben. Nach der Nationalratswahl 2018 wurde im Regierungsprogramm festgehalten, dass das beschlossene Gesetz nicht wie geplant im Mai 2018 in Kraft treten soll. Ausgelöst wurde damit ein Aufschrei der Zivilgesellschaft in Form eines Volksbegehrens für das absolute Rauchverbot. Das Volksbegehren „Don’t Smoke“ hat innerhalb weniger Tage mehr als 400.000 Unterschriften mobilisiert. Die Vorstellungen eines großen Teils der Bevölkerung von einer zeitgemäßen Gesundheitspolitik hat sich in den letzten Jahren weit davon wegentwickelt, was die Mehrheitsparteien im Regierungsübereinkommen zum Tabakrauchen festgeschrieben haben.

Die von Vizekanzler Strache medial erst für das Jahr 2021 avisierte Volksabstimmung über ein absolutes Rauchverbot in der Gastronomie läuft nicht nur gesundheitspolitischen Überlegungen und Evidenzen sondern auch den Interessen der Unternehmerinnen und Unternehmer diametral zuwider, die vor allem Rechts- und Planungssicherheit brauchen. Ein weiterer zeitlicher Aufschub hätte nur zur Folge, dass die Unsicherheit darüber, ob und wann eine generelles Rauchverbot in der Gastronomie gilt, um drei Jahre verlängert würde.

Was die Regierung für den Bereich des Jugendschutzes rund um den Tabakkonsum angekündigt hat, kann die Lösung der Frage über ein generelles Rauchverbot in der Gastronomie nicht kompensieren. Vielmehr geht es darum, das eine zu tun, ohne das andere zu lassen (so weit der Jugendschutz überhaupt in die Gesetzgebungskompetenz des Bundes fällt).

Gesundheitliche Risiken

Laut OECD rauchen in Österreich 24,3 % der Bürger_innen täglich. Damit belegt unser Land den drittschlechtesten Platz innerhalb der Europäischen Union. Expert_innen schätzen die Zahl der Toten, die jährlich an den Folgen des Rauchens sterben, zwischen 11.000 und 14.000. Lungenkrebs ist in der EU die häufigste Todesursache. Neun von zehn Lungenkrebsfällen sind auf Tabakrauch zurückzuführen.

Tabakrauchen ist das schwerwiegendste gesundheitliche Risiko, das selbst beeinflusst werden kann. Besonders deutlich steigt das Risiko, wenn man schon in jungen Jahren zu rauchen beginnt. Es besteht auch ein wissenschaftlich nachgewiesener  direkter Zusammenhang zwischen dem Konsum von Zigaretten und dem höheren Risiko, an Lungenkrebs zu erkranken. Je mehr und so länger man raucht, desto höher ist die Zahl der Zellmutationen. Diese Dosis-Wirkungs-Beziehung kann nur beendet werden, indem man mit dem Rauchen aufhört.

Lungenkrebs und andere Krebsarten (wie beispielsweise Krebserkrankungen der Speiseröhre, Leber, Bauchspeicheldrüse, Nieren, Blut, Kehlkopf oder Bronchien, etc.) stellen aber bei weitem nicht das einzige gesundheitliche Risiko dar, das durch Tabakkonsum ausgelöst wird: So ist Rauchen einer der wichtigsten Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, chronische Atemwegserkrankungen, Krebs aber auch Diabetes Typ 2. Es schädigt nahezu jedes Organ im Körper eines Menschen: Schäden an Augen, Beeinträchtigung der Mundgesundheit, des Verdauungstraktes und des Knochenbaus sind ebenso nachgewiesen, wie eine Schädigung der Geschlechtsorgane und der Fruchtbarkeit.

Dafür verantwortlich ist nicht nur Tabak an sich, sondern es sind vor allem auch die mehr als 600 Inhalts- und Zusatzstoffe, die sich in Zigaretten oder anderen Tabakprodukten finden und von denen viele als toxisch und kanzerogen eingestuft werden: Rund 90 davon wurden von Expertengremien als krebserzeugend oder wahrscheinlich krebserzeugend eingestuft (vgl. Öffentliches Gesundheitsportal Österreich). Diese Stoffe wirken sich auch besonders auf Nichtraucher_innen aus, die dadurch oft zum Passivrauchen gezwungen werden.

Denn nicht nur Raucher_innen selbst sind betroffen, sondern auch Passivraucher_innen erleiden zum Teil enorme gesundheitliche Schäden. Laut Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sterben weltweit pro Jahr circa 600.000 Menschen durch Passivrauchen. Allein in Österreich sterben zwei bis drei Personen täglich, weil sie dem Qualm von Zigaretten ausgesetzt sind. Das haben Forscher der MedUni Wien und vom Messerli Forschungsinsitut in einer Sudie im März 2017 herausgefunden und publiziert (vgl. https://www.nature.com/articles/srep45067?shunter=1489658586817). Schuld daran ist beispielsweise die Verbindung Acrolein (Acrylaldehyd), einer der vielen teils toxischen Zusatzstoffe, die dem Tabak oft beigefügt werden und selbst über die Haut aufgenommen werden können. Solche Stoffe können überall anheften, etwa an Tischplatten, an der Kleidung, an Vorhängen, aber auch an Stofftieren. Das kann dazu führen, dass Kinder oder andere besonders vulnerable Gruppen mit dem Stoff in Berührung kommen und dadurch gesundheitliche Schäden verursacht werden.

Rauchen schadet also nicht nur den Raucher_innen selbst, sondern auch jenen Menschen, die sich in ihrer Umgebung aufhalten, oder jenen, die sich nach ihnen in Räumen aufhalten, in denen geraucht wurde.

OECD Daten zeigen, dass es seit 2000 in fast allen Mitgliedsländern einen Rückgang der Quote der Raucher_innen gab. Lediglich in Österreich, Lettland, Indonesien und Griechenland stieg die Zahl weiter an. Österreich schneidet beim Nichtraucherschutz besonders schlecht ab, vor allem was Jugendliche betrifft: Hierzulande beginnen Jugendliche besonders früh und häufig mit dem Rauchen. 14,5 Prozent der 15-Jährigen rauchen mindestens 1x pro Woche, zählt man Gelegenheitsraucher_innen dazu, dann steigt dieser Prozentsatz sogar auf gut 23 %. Damit liegen wir weit über dem OECD-Schnitt. Gerade der Umstand, dass in Gastronomiebetrieben, häufig Zentren des gesellschaftlichen Lebens, nach wie vor geraucht werden kann, führt zu einer Wahrnehmung des Phänomens als gesellschaftliche Normalität. Will man diese Auffassung ändern, muss man vor allem auch früh ansetzen und versuchen, den Kontakt von Kindern und Raucher_innen auf ein Minimum zu begrenzen. Wenn man ein ehrliches Interesse am Schutz von Kindern und Jugendlichen hat, so wie es die aktuelle Bundesregierung auch vorgibt, ist ein Rauchverbot in der Gastronomie auch in diesem Sinne eine unumgängliche Maßnahme.

Ökonomische Argumente

Zwar geht ähnlich wie in Österreich auch in Deutschland die Zahl der Schankgaststätten zurück. Doch selbst der Sprecher des Gaststättenverbands Dehoga sieht die Sachlage nüchtern, wie die FAZ am 02.01.2017 aus Anlass von zehn Jahren Rauchverbot berichtet: „Das Rauchverbot ist dafür nur ein Grund von vielen“, sagt Dehoga-Sprecher Christopher Lück. „Die Eckkneipe stirbt auch deshalb, weil das kommunikative Element bei den jungen Leuten nicht mehr eine so wichtige Rolle spielt wie früher. Die wollen Entertainment, die wollen „Life-Style“.“ Die Zahl der Bars stieg im selben Zeitraum um mehr als 200 auf deutschlandweit knapp 2000.

Das jahrelange Gezerre rund um das österreichische Rauchverbot wächst sich vielmehr zum wirtschaftlichen Hemmschuh aus. Für Unternehmer_innen steht vor allem Rechts- und Planungssicherheit im Zentrum. Durch das permanente Hick-Hack um (Nicht-)Raucherschutz werden Unternehmen unnötig verunsichert und gegängelt. Zuerst soll der Gastronom in getrennte Räumlichkeiten für Nicht-Raucher_innen und Raucher_innen investieren, dann werden diese Investitionen nichtig, weil ein vollständiges Rauchverbot kommen soll. Nun plant die Regierung eine Rückabwicklung der Neuregelung, aber 2021 soll dann doch wieder darüber abgestimmt werden. Mittelfristig ist wohl – so die allgemeine Einschätzung – von einer rauchfreien Gastronomie auszugehen, da die gesundheitspolitische Evidenz zu erdrückend ist. Insofern ist das geplante Manöver der Regierung einmal mehr als temporäre Regelung zu kategorisieren. Einmal mehr ist also die Rechtssicherheit für die betroffenen Unternehmen nicht gegeben.