180/A(E) XXVI. GP

Eingebracht am 21.03.2018
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

der Abgeordneten Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Prüfung einer Staatenbeschwerde gegen die Türkei unter Artikel 33 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK)

Der UN-Sonderberichterstatter über Folter hat sich in einem aktuellen Statement äußerst besorgt über die Zunahme von Vorwürfen der Folter und unmenschlicher Behandlung in der Türkei gezeigt. In seinem Bericht an den UN-Menschenrechtsrat vom 18. Dezember 2017 werden Foltermethoden wie Schläge, Elektroschocks, Eintauchen in Eiswasser, Schlafentzug und sexuelle Übergriffe angeführt. Auch andere Menschenrechtsorganisationen wie Human Rights Watch berichten regelmäßig von Folter und unmenschlicher Behandlung von Gefangenen in Gewahrsam der türkischen Sicherheitskräfte. Davon betroffen sind insbesondere auch die zahlreichen inhaftierten Journalist_innen, deren Schutz Österreich sich in seiner Bewerbung für den UN-Menschenrechtsrat besonders verschrieben hat. Am 21. Juli 2016 unterrichtete die Türkei den Generalsekretär des Europarates über ihre Absicht, aufgrund des verhängten Ausnahmezustandes die in der Europäischen Menschenrechtskonvention enthaltenen Rechte gemäß Artikel 15 auszusetzen. Von dem Verbot von Folter und unmenschlicher Behandlung kann aber selbst im Notstandsfall nicht unter Artikel 15 derogiert werden. Darüber hinausgehend ist fraglich, ob ein solcher Notstandsfall und damit die Voraussetzung für eine Derogation, zwei Jahre nach dem gescheiterten Staatsstreich überhaupt noch vorliegt. Der Bericht des Antifolterkomittees des Europarates, welches einen Prüfbesuch in der Türkei im Herbst 2016 unmittelbar nach dem missglückten Staatsstreich durchführte, bleibt auf Druck der Türkei weiterhin unveröffentlicht.

Artikel 33 EMRK erlaubt jedem Staat wegen einer möglichen Verletzung der Konvention durch einen anderen Vertragsstaat den EGMR anzurufen. Dafür muss kein eigenes Interesse des Beschwerde erhebenden Staates (d.h. seiner eigenen Staatsbürger_innen) vorliegen. Die Staatenbeschwerde ist zwar ein selten genutztes Mittel, wurde aber bereits von den skandinavischen Staaten gegen die ehemaligen Militärdiktaturen in Griechenland und der Türkei angewandt. Des Weiteren sind aktuell zwei Staatenbeschwerden gegen Russland sowie eine gegen Slowenien beim EGMR anhängig. Die Erhebung einer solchen Beschwerde würde ein deutliches Zeichen des Protests gegen die Menschenrechtssituation in der Türkei sowie für den glaubhaften Einsatz der österreichischen Bundesregierung für den internationalen Menschenrechtsschutz, insbesondere im Rahmen ihrer aktuellen Kandidatur für einen Sitz im UN-Menschenrechtsrat, darstellen.

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

 

"Die Bundesregierung wird aufgefordert, die Einbringung einer Staatenbeschwerde gegen die Türkei gemäß Artikel 33 der Europäischen Menschenrechtskonvention beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, insbesondere unter dem Gesichtspunkt möglicher Verstöße gegen das in Artikel 3 verankerte absolute Verbot der Folter und unmenschlicher Behandlung, zu prüfen."

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Ausschuss für Menschenrechte vorgeschlagen.