216/A XXVI. GP

Eingebracht am 19.04.2018
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Antrag

 

der Abgeordneten Josef Muchitsch, August Wöginger, Dr. Dagmar Belakowitsch,

Mag. Gerald Loacker, Daniela Holzinger-Vogtenhuber BA

Kolleginnen und Kollegen

betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Heimopferrentengesetz geändert wird

Der Nationalrat wolle beschließen:

Bundesgesetz, mit dem das Heimopferrentengesetz geändert wird

Der Nationalrat hat beschlossen:

Artikel 1

Änderung des Heimopferrentengesetzes

Das Heimopferrentengesetz, BGBl. I Nr. 69/2017, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 152/2017 wird wie folgt geändert:

 

1. Im § 1 Abs. 1 wird die Wortfolge „in Kinder- oder Jugendheimen des Bundes, der Länder“ durch die Wortfolge „in Kinder- oder Jugendheimen der Gebietskörperschaften“ ersetzt.

2. § 1 Abs. 2 lautet:

            „(2) Personen, die eine Eigenpension beziehen oder das Regelpensionsalter erreicht  haben aber aus berücksichtigungswürdigen Gründen kein Ansuchen auf eine Entschädigung beim Heim- oder Jugendwohlfahrtsträger oder den von diesen mit der Abwicklung der Entschädigung beauftragten Institutionen gestellt haben, oder deren Ansuchen nicht entsprochen wurde, erhalten die Rentenleistung unter den sonstigen Voraussetzungen des Abs. 1, wenn sie wahrscheinlich machen, dass sie nach dem 9. Mai 1945 bis zum 31. Dezember 1999 in einem der genannten Heime oder in Pflegefamilien Opfer eines vorsätzlichen Gewaltdeliktes im Sinne des Strafgesetzbuches - StGB, BGBl. Nr. 60/1974, in der geltenden Fassung, wurden.

3. § 1 Abs. 3 lautet:

„(3) Personen, die laufende Geldleistungen nach den Mindestsicherungsgesetzen der Länder beziehen und wegen einer auf Dauer festgestellten Arbeitsunfähigkeit vom Einsatz der Arbeitskraft befreit sind, sind Beziehern einer Eigenpension ebenso gleichgestellt wie Bezieher einer vergleichbaren Dauergeldleistung nach sozialversicherungsrechtlichen Regelungen für die Dauer des Leistungsbezuges.“

4. Dem § 1 wird folgender Abs. 4 angefügt:

„(4) Ebenso gleichgestellt sind Personen, die wahrscheinlich machen, dass sie als Kinder  oder Jugendliche nach dem 9. Mai 1945 bis zum 31. Dezember 1999 in Kranken-, Psychiatrie- und Heilanstalten beziehungsweise in diesen vergleichbaren Einrichtungen der Gebietskörperschaften oder in privaten Einrichtungen, sofern diese funktional für einen Jugendwohlfahrtsträger tätig wurden, Opfer eines vorsätzlichen Gewaltdeliktes im Sinne des Strafgesetzbuches - StGB, BGBl. Nr. 60/1974, in der geltenden Fassung, wurden.

5. Dem § 5 wird folgender Abs. 7 angefügt:

„(7) Die Entscheidungsträger haben auf Antrag von Personen, die kein Ansuchen auf eine Entschädigung beim Heim- oder Jugendwohlfahrtsträger oder den von diesen mit der Abwicklung der Entschädigung beauftragten Institutionen mehr stellen können und deren Antrag nach diesem Bundesgesetz mangels Eigenpension oder erreichtem Regelpensionsalter abzulehnen wäre, durch Bescheid festzustellen, ob die übrigen Voraussetzungen nach diesem Bundesgesetz erfüllt sind.

6. Nach § 19a wird folgender § 19b samt Überschrift eingefügt:

„Übergangsrecht

§ 19b. Bei Anträgen nach der neuen Rechtslage des § 1 Abs. 1, 2, 3 und 4 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/xxx beginnt der einjährige Fristenlauf des § 5 Abs. 1 mit 1. Juli 2018.“

7. Dem § 20 wird folgender Abs. 4 angefügt:

„(4) Die §§ 1 Abs. 1, 3 und 4 und 19b samt Überschrift in der Fassung des Bundesgesetztes BGBl. I Nr. xxx/xxx treten mit 1. Juli 2017 in Kraft.“

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Zuweisungsvorschlag: Ausschuss für Arbeit und Soziales

Begründung

 

Am 17. Mai 2017 hat der Nationalrat einstimmig das Heimopferrentengesetz (HOG) beschlossen.

Opfer von Misshandlungen in Heimen und Pflegefamilien können daher, bei Zutreffen der Voraussetzungen, seit 1. Juli 2017 eine monatliche Rente iHv. € 300 beziehen.

Bezugsberechtigt sind Personen, die eine Entschädigung als Missbrauchsopfer erhalten haben und eine Pension beziehen bzw. das Pensionsalter erreicht haben sowie jene, die eine Dauerleistung aus der Mindestsicherung aufgrund der dauerhaften Erwerbsunfähigkeit beziehen.

 

Zu Abs. 1 und 4: Seit Beschluss des Heimopferrentengesetzes im Mai 2017 wurde eine Vielzahl an Fällen vor allem auch bei der Rentenkommission der Volksanwaltschaft bekannt, in welchen Opfern systematischer Misshandlungen in Kranken- und Heilanstalten, aber auch in Kinderheimen, die von privaten Trägern, Städten oder Gemeindeverbänden geführt wurden, aufgrund des Gesetzeswortlautes eine Heimopferrente abgelehnt wurde. Die Volksanwaltschaft hat hier als Beispiele etwa SOS-Kinderdorf, Kinderdorf Vorarlberg, städtische Kinderheime der Stadt Innsbruck oder das Kinderheim der Volkshilfe in Pitten genannt.

Um Ungleichbehandlungen zu vermeiden soll diese Lücke mit diesem Antrag rückwirkend geschlossen und auch diesen Personen in Zukunft eine monatliche Rentenleistung in selber Höhe bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen gebühren.

Hinsichtlich der Krankenanstalten sollen insbesondere vorsätzliche Straftaten außerhalb des unmittelbaren Behandlungszusammenhanges entschädigungsfähig sein, aber auch schwerwiegende Falschbehandlungen wie die sogenannte „Malariatherapie“, die schon damals eindeutig nicht dem Stand der medizinischen Wissenschaft entsprachen.

Zu Abs. 2:

Betroffene, die (noch) keine pauschalierte Entschädigung vom Heimträger erhalten haben,  können die Heimopferrente nur beziehen, wenn sie aus einem besonderen Grund kein zulässiges und zeitgerechtes Ansuchen auf eine solche Entschädigung stellen konnten. Die Rentenkommission muss daher prüfen, ob ein besonderer Grund vorliegt. Alle Antragstellerinnen und Antragsteller, die noch die Möglichkeit auf eine pauschalierte Entschädigung haben, werden an die zuständigen Stellen verwiesen. Viele Betroffene haben aber Hemmungen, sich an jene Heimträger zu wenden, unter deren Obhut sie Gewalt erlebt haben.

Die Volksanwaltschaft fordert daher, das Erfordernis des „besonderen Grundes“ aus dem HOG  zu streichen. Auch dieser Forderung wird nunmehr im Abs. 2 entsprochen. Die Betroffenen sollen die uneingeschränkte Möglichkeit haben, ihren Fall von der Rentenkommission prüfen zu lassen.

 

Zu Abs. 3: Ebenso sollen Personen, denen anstelle einer Invaliditätspension eine vergleichbare Dauergeldleistung nach sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften gebührt, mit BezieherInnen einer befristeten Invaliditätspension gleichgestellt und in den anspruchsberechtigten Personenkreis aufgenommen werden.

 

Zu Abs. 5: Personen, die noch im Erwerbsleben stehen und die keine pauschalierte Entschädigung vom Heimträger mehr erhalten können, müssen bis zum Pensionsantritt warten, um erstmals über ihre Erlebnisse zu sprechen. Es soll daher für diese Betroffenen die Möglichkeit eines früheren Feststellungsbescheides geschaffen werden.