256/A XXVI. GP

Eingebracht am 16.05.2018
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Antrag

 

der Abgeordneten Mag. Jörg Leichtfried, Dr. Peter Wittmann,

Genossinnen und Genossen

betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) geändert wird

Der Nationalrat wolle beschließen:

Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) geändert wird

Der Nationalrat hat beschlossen:

Das Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. 1/1930, zuletzt geändert durch das Bundesverfassungsgesetz BGBl. I Nr. 138/2017, wird wie folgt geändert:

1.       Art. 23c lautet:

„Artikel 23c. (1) Die Erstellung der österreichischen Vorschläge für die Ernennung von Mitgliedern der Europäischen Kommission, von Mitgliedern des Gerichtshofes der Europäischen Union, von Mitgliedern des Europäischen Rechnungshofes und von Mitgliedern des Verwaltungsrates der Europäischen Investitionsbank obliegt dem Nationalrat. Die Erstellung der österreichischen Vorschläge für die Ernennung von Mitgliedern des Wirtschafts- und Sozialausschusses und von Mitgliedern des Ausschusses der Regionen und deren Stellvertretern obliegt der Bundesregierung.

(2) Vor der Erstellung der Vorschläge für die Ernennung von Mitgliedern des Wirtschafts- und Sozialausschusses hat die Bundesregierung Vorschläge der gesetzlichen und sonstigen beruflichen Vertretungen der verschiedenen Gruppen des wirtschaftlichen und sozialen Lebens einzuholen.

(3) Die Vorschläge für die Ernennung von Mitgliedern des Ausschusses der Regionen und deren Stellvertretern hat die Bundesregierung auf Grund von Vorschlägen der Länder sowie des Österreichischen Gemeindebundes und des Österreichischen Städtebundes zu erstellen. Jedes Land hat ein Mitglied und dessen Stellvertreter vorzuschlagen; die sonstigen Mitglieder und deren Stellvertreter sind vom Österreichischen Gemeindebund und vom Österreichischen Städtebund gemeinsam vorzuschlagen.

(4) Der Bundespräsident und der Bundesrat sind über Vorschläge gemäß Abs. 1 bis 4, der Nationalrat über Vorschläge gemäß Abs. 2 und die Bundesregierung über Vorschläge gemäß Abs. 1 zu unterrichten.“

2.       Art. 151 wird folgender Abs. 62 angefügt:

„(62) Art. 23c in der Fassung BGBl. I Nr. XXX/201X treten mit Ablauf des Tages der Kundmachung im Bundesgesetzblatt in Kraft.

 

Zuweisungsvorschlag: Verfassungsausschuss

 

 

 

 

Begründung

Die Erstellung von österreichischen Vorschlägen für Postenbesetzungen in Organen der Europäischen Union sorgt immer wieder für Kritik. Die bisherige Regelung verpflichtet die Bundesregierung weder dazu, die zu besetzenden Funktionen auszuschreiben noch allfällige Bewerbungen offen zu legen. Die Gründe, aus denen die Bundesregierung ihre Entscheidung für eine bestimmte Person trifft, werden nicht offen gelegt.

Mit den vorgeschlagenen Änderungen soll die Erstellung der österreichischen Vorschläge für die Ernennung von Mitgliedern der Europäischen Kommission, von Mitgliedern des Gerichtshofes der Europäischen Union, von Mitgliedern des Europäischen Rechnungshofes und von Mitgliedern des Verwaltungsrates der Europäischen Investitionsbank nunmehr dem Nationalrat anstelle der Bundesregierung obliegen. Gemäß den allgemeinen Bestimmungen über Wahlen im Nationalrat bzw. gemäß allenfalls noch zu erlassender Sonderregelungen im Geschäftsordnungsgesetz des Nationalrates ist davon auszugehen, dass die Erstellung von österreichischen Vorschlägen dadurch in Zukunft wie folgt abläuft: zunächst hat der Präsident des Nationalrates interessierte BewerberInnen aufzufordern, ihre Bereitschaft zur Übernahme einer zu besetzenden Funktion kundzutun. Anschließend erfolgt eine Beratung in einem Ausschuss, die die Durchführung eines öffentlichen Hearings mit den BewerberInnen beinhaltet. Die schlussendliche Erstellung des Wahlvorschlags erfolgt sodann im Zuge eines Wahlvorgangs, für welchen jede/r Abgeordnete einen Wahlvorschlag einreichen kann, in einer Plenarsitzung mitsamt Debatte, mit einfacher Mehrheit.

Die Regelung schließt nicht aus, dass für eine Funktion auch mehrere Personen von österreichischer Seite vorgeschlagen werden. Dies kann insbesondere in Hinblick auf weitere, auf europäischer Ebene zu treffende Entscheidungen bzw. durchzuführende Verfahren sogar geboten sein.

Der Bundesregierung obliegt auch weiterhin die Erstellung von Vorschlägen für Mitglieder des Wirtschafts- und Sozialausschusses und von Mitgliedern des Ausschusses der Regionen und deren Stellvertretern wiederum nach Einholung von Vorschlägen der jeweiligen gesetzlichen oder beruflichen Vertretungen, der Länder und des Städte- bzw. Gemeindebundes. Dass lediglich in Zusammenhang mit dem Ausschuss der Regionen auch ausdrücklich von der Erstellung von Vorschlägen für Stellvertreterfunktionen die Rede ist, erlaubt nicht den Umkehrschluss, wonach für allfällige Stellvertretungen anderer Organfunktionen nicht dennoch die Regelungen für Vollmitglieder der jeweiligen Organe anwendbar wären. Sie sind vielmehr ebenso der selben Regelung umfasst.

Der Bundespräsident und der Bundesrat sind über alle Vorschläge zu unterrichten.