302/A XXVI. GP

Eingebracht am 14.06.2018
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Antrag

gemäß § 26 GOG

der Abgeordneten Karlheinz Kopf, Hermann Brückl

und Kolleginnen und Kollegen

betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Versicherungsvertragsgesetz, das Konsumentenschutzgesetz und das Versicherungsaufsichtsgesetz 2016 geändert werden.

Der Nationalrat wolle beschließen:

Bundesgesetz mit dem das Versicherungsvertragsgesetz, das Konsumentenschutzgesetz und das Versicherungsaufsichtsgesetz 2016 geändert werden

Der Nationalrat hat beschlossen:

Artikel 1

Änderung des Versicherungsvertragsgesetzes

Das Versicherungsvertragsgesetz, BGBl. Nr. 2/1959, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 17/2018, wird wie folgt geändert:

1.  In § 5a Abs. 2 wird folgender Satz angefügt

„Die Vereinbarung der Schriftform für Rücktrittserklärungen nach § 5c ist unzulässig.“

2. In § 5b entfallen die Abs. 2 bis 6.

3. § 5c lautet:

Rücktrittsrecht

§ 5c. (1) Der Versicherungsnehmer kann vom Versicherungsvertrag innerhalb von 14 Tagen, bei Lebensversicherungen innerhalb von 30 Tagen, ohne Angabe von Gründen zurücktreten.

(2) Die Frist für die Ausübung des Rücktrittsrechts beginnt mit dem Tag, an dem der Versicherungsvertrag zustande gekommen ist und der Versicherungsnehmer darüber informiert worden ist, jedoch nicht bevor der Versicherungsnehmer folgende Informationen erhalten hat:

1.  den Versicherungsschein (§ 3),

2.  die Versicherungsbedingungen,

3.  die Bestimmungen über die Festsetzung der Prämie, soweit diese nicht im Antrag bestimmt ist, und über vorgesehene Änderungen der Prämie sowie

4.  eine Belehrung über das Rücktrittsrecht (Abs. 3).

(3) Die nach Abs. 2 Z 4 zu erteilende Rücktrittsbelehrung muss enthalten:

1.  Informationen über die Rücktrittsfrist und deren Beginn,

2.  die Anschrift des Adressaten der Rücktrittserklärung,

3.  einen Hinweis auf die Regelungen der Abs. 4 bis 6.

Die Rücktrittsbelehrung genügt jedenfalls diesen Anforderungen, wenn das Muster gemäß Anlage A verwendet wird.

(4) Der Rücktritt ist in geschriebener Form gegenüber dem Versicherer zu erklären. § 45 Abs. 1 Z 2 bleibt unberührt. Die Rücktrittsfrist ist gewahrt, wenn die Rücktrittserklärung innerhalb der Frist abgesendet wird.

(5) Das Rücktrittsrecht erlischt spätestens einen Monat nach Zugang des Versicherungsscheins einschließlich einer Belehrung über das Rücktrittsrecht.

(6) Hat der Versicherer vorläufige Deckung gewährt, so gebührt ihm die der Dauer der Deckung entsprechende Prämie.

(7) Die vorstehenden Absätze gelten nicht für Versicherungsverträge über Großrisiken gemäß § 5 Z 34 VAG 2016."

4.  In § 15a Abs. 2 wird folgender Satz angefügt:

„Die Vereinbarung der Schriftform für Rücktrittserklärungen nach § 5c ist unzulässig.“

5. § 165a entfällt.

6. § 176 Abs. 1a lautet:

Sind nicht alle Voraussetzungen für den Beginn der Rücktrittsfrist gemäß § 5c Abs. 2 erfüllt, so gebührt dem Versicherungsnehmer bei einem Rücktritt von einer Kapitalversicherung

– innerhalb eines Jahres nach Vertragsabschluss die für das erste Jahr gezahlten Prämien;

ab dem zweiten bis zum Ablauf des fünften Jahres nach Vertragsabschluss der Rückkaufswert ohne Berücksichtigung der tariflichen Abschlusskosten und des Abzugs gemäß § 176 Abs. 4. Trägt der Versicherungsnehmer das Veranlagungsrisiko, so kann der Versicherer allfällige bis zum Rücktritt eingetretene Veranlagungsverluste berücksichtigen.“

7. § 176 Abs. 5 und 6 lauten:

„(5) Wird eine kapitalbildende Lebensversicherung innerhalb des ersten Jahres beendet, so dürfen bei der Berechnung des Rückkaufswerts die rechnungsmäßig einmaligen Abschlusskosten nicht berücksichtigt werden. Wird eine kapitalbildende Lebensversicherung nach dem ersten Jahr und vor dem Ablauf von fünf Jahren oder einer vereinbarten kürzeren Laufzeit beendet, so dürfen bei der Berechnung des Rückkaufswerts die rechnungsmäßig einmaligen Abschlusskosten höchstens mit jenem Anteil berücksichtigt werden, der dem Verhältnis zwischen der tatsächlichen Laufzeit und dem Zeitraum von fünf Jahren oder der vereinbarten kürzeren Laufzeit entspricht. Ebenso sind diese Kosten bei der Umwandlung in eine prämienfreie Versicherung für die Berechnung der Grundlage der prämienfreien Versicherungsleistung höchstens nach dem Verhältnis zwischen der tatsächlichen Prämienzahlungsdauer und dem Zeitraum von fünf Jahren oder einer vereinbarten kürzeren Prämienzahlungsdauer zu berücksichtigen.

(6) Der Vermittler hat in den Fällen des Abs. 5 erster Satz keinen Anspruch auf Provision samt Nebengebühren. Der Vermittler hat in den Fällen des Abs. 5 zweiter Satz Anspruch auf jenen Teil der Provision samt Nebengebühren, der dem Verhältnis zwischen der tatsächlichen Laufzeit (Prämienzahlungsdauer) und dem Zeitraum von fünf Jahren oder der vereinbarten kürzeren Laufzeit (Prämienzahlungsdauer) entspricht. Eine Vereinbarung, wonach dem Vermittler ein höherer Provisionsanspruch zusteht, ist unwirksam. Der Vermittler hat dem Versicherer eine Provision insoweit zurückzuzahlen, als sie das Ausmaß des anteiligen Provisionsanspruchs übersteigt. Die voranstehenden Bestimmungen sind auf Vereinbarungen, nach denen der Versicherungsnehmer die Provision unmittelbar dem Vermittler zu leisten hat, sinngemäß anzuwenden.“

8. In § 178 Abs. 1 entfällt die Wendung „ , 165a“.

9. Dem § 191c werden folgende Absätze 22 und 23 angefügt:

(22) § 5a Abs. 2, § 5c, § 15a Abs. 2, § 176 Abs. 1a, § 176 Abs. 5 und Abs. 6, § 178 Abs. 1 und Anlage A in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2018 treten mit 01.01.2019 in Kraft. § 5b Abs. 2 bis 6 und § 165a treten mit Ablauf des 31.12.2018 außer Kraft. § 5c, § 176 Abs. 1a und Anlage A sind auf Versicherungsverträge anzuwenden, die nach dem 31.12.2018 geschlossen werden. § 5b Abs. 2 bis 6, § 5c und § 165a in der Fassung vor dem Bundegesetz BGBl. I Nr. xx/2018 sind – vorbehaltlich des Abs. 23 – auf Versicherungsverträge weiterhin anzuwenden, die vor dem 01.01.2019 abgeschlossen wurden.

(23) Für einen Rücktritt von einer Kapitalversicherung nach den §§ 5b, 5c und 165a in der Fassung vor dem Bundesgesetzblatt BGBl. I. Nr. xx/2018, der ab dem 01.01.2019 erklärt wird, gelten die Rechtsfolgen gemäß § 176 Abs 1a.

10. § 191d Abs 2 lautet:

"(2) § 5c, 158j bis 158l und § 176 Abs 1a sind Rechtsvorschriften, die in den Anwendungsbereich der Richtlinie 2009/138/EG betreffend die Aufnahme der Versicherungs- und Rückversicherungstätigkeit (Solvabilität II) ABl. Nr. L 335 vom 17. 12. 2009 S. 1 fallen.“

11. Anlage A lautet:

„Anlage A

Belehrung über das Rücktrittsrecht

(1) Sie können von Ihrem Versicherungsvertrag innerhalb von [14 Tagen]1 ohne Angabe von Gründen in geschriebener Form (z. B. Brief, Fax, E-Mail) zurücktreten.

(2) Die Rücktrittsfrist beginnt mit der Verständigung vom Zustandekommen des Versicherungsvertrages (= Zusendung der Polizze bzw. Versicherungsschein), jedoch nicht, bevor Sie den Versicherungsschein und die Versicherungsbedingungen einschließlich der Bestimmungen über die Prämienfestsetzung oder -änderung und diese Belehrung über das Rücktrittsrecht erhalten haben.

(3) Die Rücktrittserklärung ist zu richten an: […]2. Zur Wahrung der Rücktrittsfrist reicht es aus, dass Sie die Rücktrittserklärung vor Ablauf der Rücktrittsfrist absenden. Die Erklärung ist auch wirksam wenn sie in den Machtbereich Ihres Versicherungsvertreters gelangt.

(4) Mit dem Rücktritt enden ein allfällig bereits gewährter Versicherungsschutz und Ihre künftigen Verpflichtungen aus dem Versicherungsvertrag. Hat der Versicherer bereits Deckung gewährt, so gebührt ihm eine der Deckungsdauer entsprechende Prämie. Wenn Sie bereits Prämien an den Versicherer geleistet haben, die über diese Prämie hinausgehen, so hat sie Ihnen der Versicherer ohne Abzüge zurückzuzahlen.

(5) Ihr Rücktrittsrecht erlischt spätestens einen Monat, nachdem Sie den Versicherungsschein einschließlich dieser Belehrung über das Rücktrittsrecht erhalten haben.

 

Gestaltungshinweise:

1) Im Fall der Lebensversicherung lautet der Klammerzusatz: „30 Tagen“

2) Hier sind einzusetzen: Name/Firma und ladungsfähige Anschrift des Adressaten der Rücktrittserklärung. Zusätzlich können angegeben werden: Telefaxnummer und E-Mail-Adresse.“

Artikel 2

Änderung des Konsumentenschutzgesetzes

Das Konsumentenschutzgesetz, BGBl. Nr. 140/1979, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 50/2017, wird wie folgt geändert:

1. In § 3 Abs. 1 entfällt der letzte Satz.

2. In § 3 Abs. 3 Z 4 wird vor dem Wort „unterliegen“ die Wendung „oder dem Versicherungsvertragsgesetz“ eingefügt.

3. In § 3a Abs. 3 wird die Wendung „Bank- und Versicherungsverträgen“ durch das Wort „Bankverträgen“ ersetzt.

4. In § 3a Abs. 4 werden am Ende der Z 2 das Wort „oder“ durch einen Beistrich ersetzt, am Ende der Z 3 der Punkt durch das Wort „oder“ ersetzt und folgende Z 4 angefügt:

         „4. der Vertrag dem Versicherungsvertragsgesetz unterliegt.“

5. Dem § 41a wird folgender Abs. 33 angefügt:

„(33) § 3 Abs. 1 und 3, § 3a Abs. 3 und 4 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I. Nr. xx/xxxx treten mit 1.Jänner 2019 in Kraft und sind auf Verträge anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2018 geschlossen werden.“

Artikel 3

Änderung des Versicherungsaufsichtsgesetzes 2016

 1. Nach § 322 Abs. 2 wird folgender Abs. 3 angefügt:

"(3) Die Strafbarkeit von Verwaltungsübertretungen gemäß § 319 Z 1 und § 328 in der bis 30. September 2018 geltenden Fassung wird durch das Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 16/2018 nicht berührt; derartige Übertretungen bleiben nach § 98 und § 328 in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 16/2018 strafbar."

2. Nach § 341 Abs. 2 wird folgender Abs. 3 angefügt:

"(3) § 322 Abs. 3 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr. xx/2018 tritt mit 1.10.2018 in Kraft."

 

 

In formeller Hinsicht wird beantragt, diesen Antrag dem Finanzausschuss zuzuweisen.


 

Begründung:

Zu Z 1 bis 10 (§ 5b, § 165a, § 178) und Artikel 2:

Das vorgeschlagene einheitliche Rücktrittsrecht nach § 5c soll die bestehenden versicherungsvertragsrechtlichen Rücktrittsrechte nach den §§ 5b, 5c und 165a VersVG ersetzen, sodass § 165a und § 5b Abs. 2 bis 6 entfallen können. Das Rücktrittsrecht des neuen § 5c VersVG soll auch die Rücktrittsrechte nach den bisherigen §§ 3 und 3a KSchG ersetzen. Für Konsumenten ist damit kein Nachteil verbunden, weil das neue Rücktrittsrecht nach § 5c VersVG ebenso wie jenes nach § 3 KSchG von keinen weiteren Voraussetzungen abhängig ist. Sowohl § 3 Abs. 1 letzter Satz als auch § 3a Abs. 3 letzter Satz KSchG sehen für Versicherungsverträge zudem schon bisher eine absolute, einen Monat ab dem Zustandekommen des Vertrags geltende Rücktrittsfrist vor.

Diese Regelung bewirkt im Ergebnis, dass Versicherer Versicherungsnehmer nur noch über das Rücktrittsrecht nach § 5c VersVG (und im Falle des Vertragsabschlusses im Fernabsatz: nach § 8 FernFinG) belehren müssen. Die damit bewirkte Vereinheitlichung und Vereinfachung der Rechtslage liegt im Interesse aller Beteiligten.

Zu Z 1 und 4 (§ 5a und § 15a):

Für die Ausübung des Rücktrittsrechts nach § 5c wird im Hinblick auf die notwendige Beweisbarkeit für die rechtzeitige Absendung der Rücktrittserklärung die geschriebene Form vorgesehen. Die Vereinbarung einer strengeren Form soll nicht möglich sein. Damit werden die Voraussetzungen für die Ausübung des Rücktrittsrechts nach Art. 186 Abs 1 Richtlinie 2009/138/EG gesetzlich geregelt.

Zu Z 3 (§ 5c):

Abs. 1: Dadurch, dass das Rücktrittsrecht an keine Begründung geknüpft ist, werden auch die konzeptionellen Schwächen der bisherigen Gestaltung des allgemeinen versicherungsvertraglichen Rücktrittsrechts gemäß § 5b VersVG (vgl. Fenyves in Fenyves/Schauer, VersVG § 5b Rz 2 mwN) beseitigt. Es ist – wie bisher in § 5b Abs. 1 – weiterhin vom Rücktritt „vom Versicherungsvertrag“ die Rede. Dies schließt wie bislang auch einen Rücktritt vom Antrag bzw. einer Vertragserklärung ein, sodass der Versicherungsnehmer auch bis zum Zustandekommen des Vertrags zurücktreten kann (vgl Fenyves in Fenyves/Schauer, VersVG § 5b Rz 27 mwN).

Abs. 2 regelt als Beginn der Frist für die Ausübung des Rücktrittsrechts grundsätzlich den Tag, an dem der Versicherungsvertrag zustande kommt. Für den Schutz des Versicherungsnehmers entscheidend ist, dass die Frist erst dann zu laufen beginnt, wenn er den Versicherungsschein und die Versicherungsbedingungen einschließlich der Bestimmungen über die Prämienfestsetzung oder ‑änderung sowie eine Belehrung über das Rücktrittsrecht erhalten hat. Die Regelung entspricht damit den Erfordernissen des Art. 186 der Richtlinie 2009/138/EG. Letztere normiert für Lebensversicherungsverträge ein Rücktrittsrecht für Versicherungsnehmer „von dem Zeitpunkt an, zu dem sie davon in Kenntnis gesetzt werden, dass der Vertrag geschlossen ist“. Das ist in Österreich regelmäßig der Tag, an dem der Versicherungsnehmer die Polizze (das ist der Versicherungsschein) erhält, weil dies entweder die konkludente Annahme des Antrags des Versicherungsnehmers ist oder, bei einem Antrag der Versicherers und einer Annahme durch den Versicherungsnehmer, die Verständigung vom Zustandekommen des Vertrags. Da die Rücktrittsfrist nicht vor Übermittlung des Versicherungsscheins (der Polizze) beginnt, ist die Regelung richtlinienkonform.

Abs. 3 soll in Anlehnung an § 8 Abs. 5 dVVG Rechtssicherheit schaffen, dass der in Anlage A enthaltene Belehrungswortlaut die Anforderungen an eine gesetzeskonforme Belehrung über das Rücktrittsrecht jedenfalls erfüllt. Es bleibt den Versicherern unbenommen, über den Mindestinhalt hinaus zusätzliche Erläuterungen (insbesondere zum Versicherungsprodukt selbst, zum Versicherer selbst und zu allfälligen Gruppenunternehmen des Versicherers, Werbematerialien) dem Versicherungsnehmer zu geben, ohne dass allein dadurch die Rechtssicherheit durch die Fiktion des Abs. 3 entfällt. Jedenfalls muss die Rücktrittsbelehrung in gut lesbarer Schrift in unmittelbarer Nähe vor der Unterschrift des Verbrauchers abgedruckt werden.

Abs. 4 erster Satz normiert analog zum bisherigen § 5b Abs. 5, § 5c Abs. 1, zu § 8 Abs. 2 FernFinG und zu § 8 Abs. 1 dVVO aus Gründen der Rechtssicherheit die geschriebene Form (§ 1b Abs. 1 zweiter Satz) der Rücktrittserklärung. Ein höheres Formerfordernis, wie etwa die Schriftform, kann nicht vereinbart werden. Für die Fristwahrung soll das Absenden der Rücktrittserklärung maßgebend sein.

Abs. 5 sieht vor, dass das Rücktrittsrecht – wie bisher (§ 5b Abs. 5 Satz 2, § 5c Abs. 3 Satz 2) – spätestens  einen Monat nach Zugang des Versicherungsscheins einschließlich einer Belehrung über das Rücktrittsrecht erlischt.

Abs. 6 regelt die Rechtsfolgen des Rücktritts und entspricht dem versicherungsrechtlichen Grundsatz der zeitanteiligen Prämie, wie er schon bislang in § 1a Abs. 2, § 5b Abs. 5 letzter Satz, § 5c Abs. 1 zweiter Satz und § 165a Abs. 1 zweiter Satz VersVG enthalten war. In der Nichtlebensversicherung und in der Risikolebensversicherung ist daher die vereinbarte Prämie für eine vorläufige Deckung zeitanteilig abzugrenzen. Für die kapitalbildende Lebensversicherung werden die Rechtsfolgen in § 176 Abs. 1a VersVG neu geregelt.

Abs. 7 nimmt Versicherungsverträge über Großrisiken gemäß § 5 Z 34 VAG 2016 vom Rücktrittsrecht nach § 5c aus.

Zu Z 6 (§ 176 Abs. 1a)

§ 176 Abs. 1a erster Satz regelt die Rechtsfolgen des Rücktritts von einer kapitalbildenden Lebensversicherung für den Fall, dass nicht alle Voraussetzungen für den Beginn der Rücktrittsfrist nach § 5c erfüllt sind (Spätrücktritt). Die Regelung der Rechtsfolgen soll in Anlehnung an § 152 Abs. 2 dVVG dahingehend erfolgen, dass der Versicherungsnehmer bei einem Rücktritt im ersten Jahr nach Vertragsabschluss die für das erste Jahr gezahlten Prämien zurückerhalten soll. Bei einem Spätrücktritt ab dem zweiten bis zum fünften Jahr nach Vertragsabschluss soll der Versicherungsnehmer den Rückkaufswert nach § 176 Abs. 3 VersVG ohne Berücksichtigung der tariflichen Abschlusskosten und ohne Abzug nach § 176 Abs. 4 erhalten. Bei einem Rücktritt nach Ablauf von fünf Jahren ab Vertragsabschluss erhält der Versicherungsnehmer den Rückkaufswert gemäß § 176 Abs. 1 VersVG.

§ 176 Abs. 1a zweiter Satz regelt den Fall, dass bei einer Versicherung, bei der der Versicherungsnehmer das Veranlagungsrisiko trägt, Veranlagungsverluste eingetreten sind.

Derzeit ist durch höchstgerichtliche Rechtsprechung noch nicht abschließend geklärt, wie die Rückabwicklung bei einem Spätrücktritt erfolgt. Die Bandbreite der vertretenen Meinungen reicht vom Ersatz des Rückkaufwerts gemäß § 176 Abs 3 VersVG (vgl. Schauer, Spätrücktritt in der Lebensversicherung, VR 2017 H 1-2, 33) bis zur Rückabwicklung der Prämie zzgl. gesetzlicher Zinsen (vgl. Leupold, § 176 VersVG: (K)ein Nullsummenspiel, VbR 2016/135, 195). Wegen der vielen unterschiedlichen Voraussetzungen für den Rücktritt nach den bisherigen Bestimmungen könnten in einer Vielzahl von Fällen eine (wenn auch nur in Details) fehlerhafte Belehrung erfolgt sein, weshalb es geboten erscheint, hier für Rechtssicherheit zu sorgen.

Diese Regelung entspricht aus folgenden Gründen Art. 186 der Richtlinie 2009/138/EG (Solvabilität II) und dem europarechtlichen Wirksamkeitsgebot (effet utile):

Erstens bewirken die Rechtsfolgen bei fehlender oder fehlerhafter Belehrung gemäß § 176 Abs. 1a VersVG einen höchst wirksamen Anreiz für die Versicherer, umfassend über das Rücktrittsrecht zu belehren.

Zweitens bleiben allfällige Ansprüche des Versicherungsnehmers gegen den Versicherer auf den Ersatz von Schäden, die dem Versicherungsnehmer dadurch entstanden sind, dass die Rücktrittsbelehrung unterblieben ist (etwa weil der Versicherungsnehmer bei ordnungsgemäßer Belehrung zurückgetreten wäre und einen anderen, günstigeren Vertrag abgeschlossen hätte), davon unberührt.

Drittens ist die in § 252 Abs. 1 Z 6 VAG 2016 normierte Pflicht des Versicherers, den Versicherungsnehmer über die Umstände, unter denen er den Abschluss des Versicherungsvertrages widerrufen oder von diesem zurücktreten kann, gemäß § 319 Z 1 VAG 2016 durch Verwaltungsstrafen bis EUR 60.000 abgesichert.

Zu Z 7 (§ 176 Abs. 5 und Abs. 6)

Die Diskussionen zu kapitalbildenden Lebensversicherungen haben gezeigt, dass gerade im ersten Jahr Kunden teilweise Änderungen ihrer vertraglichen Situation wünschen. Um diese Situation zu verbessern, sollen bei kapitalbildenden Lebensversicherungen, die im ersten Jahr verändert werden, die Abschlusskosten vollständig zurückgezahlt werden. Wenn ein Kunde daher den Vertrag kündigt oder die Prämie anpasst, werden die Abschlusskosten vollständig zurückgezahlt bzw. auf den adaptierten Prämienwert angepasst. Damit haben Kunden ein Jahr lang die Möglichkeit im Falle von Fehlentscheidungen, ihre Vorsorge mit nur geringen finanziellen Nachteilen (Versicherungssteuer) aufzulösen. Den Kunden entsteht dadurch ein deutlicher Mehrwert in der Anfangsphase des Vertrages. Dies kann dazu führen, dass Kunden statt wie bisher 18 % der Abschlusskosten bei Auflösung im ersten Jahr, für diese Zeit gar keine Abschlusskosten bezahlen. Außerdem können negative Auswirkungen auf die ungebundene und unabhängige Vermittlerbranche vermieden und dadurch eine qualitative Beratung ihrer Kunden sichergestellt werden

Zu Z 9 (§ 191c):

Diese Bestimmungen regeln das In- und Außerkrafttreten der neuen und alten Vorschriften. Die Rechtsfolgen eines Spätrücktritts sollen für neu abgeschlossene aber auch für bestehende Verträge einheitlich geregelt werden. Die Regelung der Rechtsfolgen in § 176 Abs. 1a soll allfällige zukünftige Entscheidungen der Gerichte zu bislang höchstgerichtlich nicht abschließend geklärten Rechtsfragen bei einem bereits vor Inkrafttreten dieser Regelung erklärten Spätrücktritt hingegen nicht präjudizieren.

Zu Z 11 (Anlage A)

Durch die vorgeschlagene Vereinheitlichung des Rücktrittsrechts und einem Mustertext für eine Belehrung über das Rücktrittsrecht soll in Zukunft vermieden werden, dass Versicherungsnehmer mangelhaft über ihr Rücktrittsrecht belehrt werden.

Zu Artikel 3:

Die Strafbarkeit von Verwaltungsübertretungen gemäß § 319 Z 1 und § 328 in der bis 30. September 2018 geltenden Fassung soll durch das Inkrafttreten des Versicherungsvertriebsgesetzes 2018, BGBl. I Nr. 16/2018, nicht berührt werden.