422/A(E) XXVI. GP

Eingebracht am 24.10.2018
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EntschlieSSungsantrag

 

der Abgeordneten Dr. Irmgard Griss, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Verankerung der psychischen Gewalt im Strafrecht

Unter psychischer Gewalt werden alle Formen der emotionalen Schädigung und Ver­letzung einer Person verstanden, beispielsweise durch Drohungen, grobe Beleidi­gungen oder einschüchterndes und kontrollierendes Verhalten.

Eine Form ist die fortgesetzte psychische Gewalt in Partnerschaften. Das Österrei­chische Institut für Familienforschung führte im Jahr 2011 eine Repräsentativunter­suchung über die verschiedenen Ausprägungen von Gewalt und über das tatsächli­che Ausmaß der in der Familie sowie im nahen sozialen Umfeld vorfindbaren Gewalt durch. Die häufigsten Übergriffe erlitten die Befragten in Form von psychischer Ge­walt, von der 85,6 Prozent der Frauen und 78,4 Prozent der Männer betroffen waren. (Quelle:

https://www.oif.ac.at/fileadmin/OEIF/andere_Publikationen/gewaltpraevalenz_2011.pdf)

Eine andere Ausprägung der psychischen Gewalt sind verbale sexuelle Belästigun­gen. Das sind Beschimpfungen und Verhöhnungen, die den Sexualbereich betreffen und die Menschenwürde und das Selbstwertgefühl verletzen. „Hass im Netz“ äußert sich oft in verbalen sexuellen Belästigungen. Eine Umfrage von Amnesty Internatio­nal aus dem Jahr 2017 unter 4000 Frauen in acht Ländern zeigt, dass fast jede vierte Frau Missbrauch und Belästigung in den sozialen Medien erlebt. § 78 Abs 1 Z 2 TKG untersagt zwar jede grobe Belästigung anderer Benützer von Telekommunikations­endeinrichtungen durch die missbräuchliche Verwendung solcher Anlagen und nor­miert damit einen Verwaltungsstraftatbestand. Die praktische Wirksamkeit dieser Be­stimmung scheint aber gering zu sein und sollte dringend evaluiert werden.

Österreich hat das Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt ("Istanbul-Konvention") ratifiziert.

Artikel 33 Istanbul-Konvention:

„Die Vertragsparteien treffen die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass vorsätzliches Verhalten, durch das die psy­chische Unversehrtheit einer Person durch Nötigung oder Drohung ernsthaft beein­trächtigt wird, unter Strafe gestellt wird. “

GREVIO, die ExpertInnengruppe des Europarats für Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen, hat Österreich im August 2017 eingeladen, einen eigenständigen Straftatbe­stand der psychischen Gewalt zu schaffen. Auch der Bundesverband für Gewalt­schutzzentren spricht sich für eine Schaffung eines neuen Tatbestandes „Psychische Gewalt“ oder eine bessere Implementierung von psychischen Gewaltformen in §

107b StGB „Fortgesetzte Gewaltausübung“ aus. (Quelle:

http://www.gewaltschutzzentrum.at/ooe/down/160524_Reformvorschlaege2016.pdf

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird aufgefordert, einen Gesetzesvorschlag auszuarbeiten, durch den psychische Gewalt und verbale sexuelle Belästigung als Straftatbestand im Strafgesetzbuch verankert werden."

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Justizausschuss vorgeschlagen.