453/A(E) XXVI. GP
Eingebracht am 25.10.2018
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Entschließungsantrag
der Abgeordneten Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA,
Kolleginnen und Kollegen,
betreffend „Nationaler Aktionsplan zur Bekämpfung von Kinderarmut in Österreich"
Jedes fünfte Kind in Österreich ist von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht - das sind 324.000 Kinder und Jugendliche. Die Armut erhöht ihr Risiko, die Schule vorzeitig zu verlassen und nur einen niedrigen Bildungsgrad zu erlangen. Sie erhöht die Wahrscheinlichkeit von psychischen Erkrankungen. Armut im Kindesalter beeinträchtigt Lebensperspektiven und Entwicklungschancen und führt zu Altersarmut. Deutschen Studien zufolge leben arme und weniger gebildete Menschen um bis zu zwölf Jahre kürzer als ökonomisch besser gestellte - je früher sie von Armut betroffen sind, umso stärker die negativen Auswirkungen.
Armut macht auch einsam. Von Armut betroffene Kinder sind massiv in ihren sozialen Kontaktmöglichkeiten eingeschränkt und können nur im stark begrenzten Ausmaß am gesellschaftlichen Leben teilhaben. Dies kann eine Radikalisierung und Anfälligkeit für fundamentalistische Strömungen begünstigen. Ein OECD-Bericht[1] zeigt, dass die Kinder von Alleinerziehern in Österreich vergleichsweise hohe Verluste beim Haushaltseinkommen hinnehmen mussten, zwischen 2007 und 2014 betrugen diese knapp 14 Prozent. Das ist die drittschlechteste Entwicklung der 22 verglichenen Länder. Als Kinder in Armut gelten laut OECD alle, deren Haushaltseinkommen unter der Hälfte des landesweiten Medians liegt. Der Studienautor Olivier Thévenon nennt in einem Standard-Gespräch[2] auch spezifische Empfehlungen, wie etwa den leistbaren und ganztägigen Ausbau der Kinderbetreuung, sowie, dass Arbeitsanreize für beide Eltern gleich stark im Steuer- und Sozialsystem verankert sind. Weiters seien in Österreich manche Sozialtransfers nicht treffsicher, so könnte allein mit einer Steuerung der Wohnbeihilfe die Kinderarmutsrate um 3 Prozentpunkte gesenkt werden.
Auch aufgrund fehlender Unterhaltszahlungen ist die finanzielle Situation für viele Ein-Eltern- Haushalte zum Teil dramatisch, hier würde eine noch immer fehlende Unterhaltssicherung für Abhilfe sorgen. Gerade Kinder in Ein-Eltern-Haushalten sind besonders stark betroffen. Hier sind es laut EU-SILC 2017 ganze 38% der 0-15 jährigen Kinder, die von Armut und sozialer Ausgrenzung massiv gefährdet sind.[3]
Das Sozialsystem federt bislang viele Ungleichheiten ab und verhindert dadurch eine noch prekärere Situation für viele Familien. Ohne staatliche Interventionen wären rund 3,5 Millionen ÖsterreicherInnen von Armut betroffen. Mehr als die Hälfte aller Familien mit mehr als zwei Kindern wäre armutsgefährdet. Der Zugang zu flächendeckenden, kostenfreien Kinderbetreuungsangeboten stellt hier einen besonders protektiven Faktor hinsichtlich der Erwerbstätigkeit der Eltern dar, insbesondere von Frauen.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden
Entschließungsantrag
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung, insbesondere die Ministerin für Frauen, Familie und Jugend, wird aufgefordert, einen nationalen Aktionsplan zur Bekämpfung von Kinderarmut zu erarbeiten, welcher konkrete Maßnahmen zur Beseitigung materieller Deprivation bei Kindern umfasst."
Informeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Ausschuss für Familie und Jugend vorgeschlagen.
[1] http://www.oecd.org/els/family/Poor-children-in-rich-countries-Policy-brief-2018.pdf
[2] https://derstandard.at/2000089479635/Oesterreichs-Alleinerzieher-bei-Kinderarmut-unter-Schlusslichtern
[3] https://www.sozialministerium.at/cms/site/attachments/8/6/7/CH3434/CMS1526286650148/tabellenband_eusilc_2017_20180426.pdf