584/A XXVI. GP

Eingebracht am 30.01.2019
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Antrag

 

der Abgeordneten Norbert Sieber, Edith Mühlberghuber

Kolleginnen und Kollegen,

 

betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967, das Kinderbetreuungsgeldgesetz sowie das Familienzeitbonusgesetz geändert werden

Der Nationalrat wolle beschließen:

Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967, das Kinderbetreuungsgeldgesetz sowie das Familienzeitbonusgesetz geändert werden

Der Nationalrat hat beschlossen:

Artikel 1

Änderung des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967

Das Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. I Nr. 376/1967, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 83/2018, wird wie folgt geändert:

1. Nach § 2 Abs. 3 wird folgender Abs. 3a eingefügt:

„(3a) Kinder im Sinne dieses Abschnittes sind auch Kinder, die aufgrund einer akut gefährdenden Lebenssituation kurzfristig von Krisenpflegepersonen betreut werden (Krisenpflegekinder). Krisenpflegepersonen im Sinne dieses Bundesgesetzes sind Personen, die im Auftrag des zuständigen Kinder- und Jugendhilfeträgers ausgebildet und von diesem mit der vorübergehenden Pflege und Erziehung eines Kindes für die Dauer der Gefährdungsabklärung betraut wurden.“

2. § 55 wird folgender Abs. 40 angefügt:

„(40) § 2 Abs. 3a in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxxxx tritt mit 1. Juli 2018 in Kraft.“

Artikel 2

Änderung des Kinderbetreuungsgeldgesetzes

Das Kinderbetreuungsgeldgesetz (KBGG), BGBl. I Nr. 103/2001, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 100/2018, wird wie folgt geändert:

1. § 2 Abs. 1 erster Satzteil lautet wie folgt:

§ 2. (1) Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld hat ein Elternteil (Adoptivelternteil, Pflegeelternteil) für sein Kind (Adoptivkind, Pflegekind) bzw. eine Krisenpflegeperson für ein Krisenpflegekind, sofern“

2. § 2 Abs. 6 lautet wie folgt:

„(6) Ein gemeinsamer Haushalt im Sinne dieses Gesetzes liegt nur dann vor, wenn der Elternteil und das Kind in einer dauerhaften (mindestens 91 Tage durchgehend) Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft an derselben Wohnadresse leben und beide an dieser Adresse auch hauptwohnsitzlich gemeldet sind. Eine höchstens bis zu 10 Tage verspätet (§ 3 Abs. 1 MeldeG) erfolgte Hauptwohnsitzmeldung des Kindes an dieser Wohnadresse schadet nicht. Der gemeinsame Haushalt gilt bei mehr als 91-tägiger tatsächlicher oder voraussichtlicher Dauer einer Abwesenheit des Elternteiles oder des Kindes als aufgelöst. Bei einem 91 Tage übersteigenden Krankenhausaufenthalt des Kindes wird bei persönlicher Pflege und Betreuung des Kindes durch diesen Elternteil im Mindestausmaß von durchschnittlich vier Stunden täglich ausnahmsweise der gemeinsame Haushalt des Kindes mit diesem Elternteil im Sinne dieses Absatzes angenommen. Eine Krisenpflegeperson hat unabhängig davon, dass nie eine dauerhafte Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft mit dem Krisenpflegekind vorliegt, Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld für dieses Krisenpflegekind, sofern sie es mindestens 91 Tage durchgehend in einer Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft betreut.“

3. Nach § 2 wird folgender § 2a eingefügt:

§ 2a. (1) Krisenpflegepersonen im Sinne dieses Bundesgesetzes sind Personen, die im Auftrag des zuständigen Kinder- und Jugendhilfeträgers ausgebildet und von diesem mit der vorübergehenden Pflege und Erziehung eines Kindes für die Dauer der Gefährdungsabklärung betraut wurden. Krisenpflegepersonen sind keine Pflegeeltern im Sinne dieses Gesetzes, die auf Pflegeeltern anzuwendenden Bestimmungen sind jedoch auf Krisenpflegepersonen sinngemäß anzuwenden, es sei denn, dieses Gesetz sieht abweichende Bestimmungen für Krisenpflegepersonen vor.

(2) Krisenpflegekinder im Sinne dieses Bundesgesetzes sind Kinder, die aufgrund einer akut gefährdenden Lebenssituation kurzfristig von Krisenpflegepersonen betreut werden. Krisenpflegekinder sind keine Pflegekinder im Sinne dieses Gesetzes, die auf Pflegekinder anzuwendenden Bestimmungen sind jedoch auf Krisenpflegekinder sinngemäß anzuwenden, es sei denn, dieses Gesetz sieht abweichende Bestimmungen für Krisenpflegekinder vor.“

4. § 32 Abs. 1 und 2 lauten wie folgt:

§ 32. (1) Der Antragsteller, der andere Elternteil sowie der mit dem Antragsteller im gemeinsamen Haushalt lebende Partner haben bei der Feststellung des für den Anspruch auf Leistungen nach diesem Bundesgesetz maßgeblichen Sachverhaltes mitzuwirken.

(2) Dienstgeber (§ 35 ASVG, § 13 B-KUVG) und sonstige meldepflichtige Personen und Stellen (§ 36 ASVG) sowie der zuständige Kinder- und Jugendhilfeträger sind verpflichtet, den Krankenversicherungsträgern alle für den Vollzug dieses Bundesgesetzes erforderlichen Auskünfte zu erteilen.“

5. In § 50 wird nach Abs. 22 folgender Abs. 23 angefügt:

„(22) § 2 Abs. 1 und 6, § 2a und § 32 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/2019 treten mit 1. Juli 2018 in Kraft.“

Artikel 3

Änderung des Familienzeitbonusgesetzes

Das Familienzeitbonusgesetz (FamZeitbG), BGBl. I Nr. 53/2016, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 32/2018, wird wie folgt geändert:

1. Nach § 2 Abs. 3 wird folgender Abs. 3a angefügt:

„(3a) Bei einem medizinisch indizierten Krankenhausaufenthalt des Kindes wird bei persönlicher Pflege und Betreuung des Kindes durch den Vater und den anderen Elternteil im Mindestausmaß von jeweils durchschnittlich vier Stunden täglich ausnahmsweise der gemeinsame Haushalt im Sinne des Abs. 3 angenommen. Ein solcher Krankenhausaufenthalt des Kindes steht dem Vorliegen einer Familienzeit nach Abs. 4 nicht entgegen.“

2. In § 12 wird nach Abs. 2 folgender Abs. 3 angefügt:

„(3) § 2 Abs. 3a tritt mit 1. Jänner 2019 in Kraft und ist auf Geburten nach dem 31. Dezember 2018 anzuwenden.“

 

In formeller Hinsicht wird ersucht, diesen Antrag unter Verzicht auf eine 1. Lesung dem Ausschuss für Familie und Jugend zu zuweisen.


Begründung

 

 

Krisenpflegepersonen sind wichtige Bezugspersonen für Kinder in Notsituationen. Um die wertvolle Arbeit von Krisenpflegepersonen zu unterstützen, soll auch für Krisenpflegepersonen Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld und Familienbeihilfe bestehen.

Das Wesen der Krisenpflege besteht darin, die betroffenen Kleinkinder (idR unter 3 Jahren) für die Dauer der Gefährdungsabklärung (Kindeswohlgefährdung, Ausfall der Betreuungsperson etc) zur vorübergehenden Pflege und Erziehung von Krisenpflegepersonen (idR einige Wochen) versorgen zu lassen, bis entweder über die Rückkehr des Kindes in die Familie oder dessen Übergabe in Dauerpflege entschieden werden kann.

Das Krisenpflege-Wesen obliegt der Zuständigkeit der Länder, die konkrete Ausgestaltung und finanzielle Abgeltung ist in den Ländern geregelt.

Kinderbetreuungsgeld (KBG) gebührt nur bei Erfüllung aller Anspruchsvoraussetzungen. Daher bestand früher für Krisenpflegepersonen zusätzlich zu den Länderleistungen auch nur dann Anspruch auf KBG, wenn alle Voraussetzungen erfüllt wurden, was mangels Einhaltung der Mindestbezugsdauer bzw. mangels dauerhaftem gemeinsamen Haushalt nur in einigen (2017 waren es etwa 60) Fällen vorkam.

Aufgrund der ständigen Rechtsprechung des OGH (8 Ob 54/11s; 1 Ob 129/15z) sind Krisenpflegepersonen keine Eltern im Sinne des § 184 ABGB. Diese Urteile müssen auch beim KBG umgesetzt werden. Seither haben Krisenpflegepersonen generell keinen Anspruch auf KBG.

Zudem wurde in einer kürzlich ergangenen, rechtskräftigen Entscheidung des Oberlandesgerichtes Wien bestätigt, dass Krisenpflege immer nur vorübergehend ist, also – unabhängig davon, wie lange das Kind betreut wird – nie eine dauerhafte Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft mit dem Kind vorliegt, weshalb auch aus diesem Grund kein Anspruch auf KBG besteht.

Jene Krisenpflegepersonen, die Krisenpflegekinder länger als 91 Tage, betreuen, sind zwar ebenfalls keine Eltern im Sinne des ABGB und damit auch keine Eltern im Sinne des KBGG, gehören aber auch nicht der Gruppe der typischen Kurzzeitpflegepersonen (Betreuung für einige Wochen) an. Zur besseren Lesbarkeit und zum leichteren Verständnis sollen all jene Bestimmungen, die auf Pflegeeltern und Pflegekinder anzuwenden sind, auch auf Krisenpflegepersonen und Krisenpflegekinder angewendet werden. Vereinzelt erscheint es erforderlich, Sonderbestimmungen bzw. explizite Klarstellungen im KBGG ausdrücklich vorzusehen.

Die in Rede stehende Judikatur des OGH findet auch für den Bereich der Familienbeihilfe Anwendung, zumal Familienbeihilfe auch für Pflegekinder gewährt wird. Insofern ist auch eine Anpassung im Familienlastenausgleichsgesetz 1967 erforderlich, damit ein Anspruch auf die Familienbeihilfe für Krisenpflegekinder sichergestellt wird.

Der Familienzeitbonus soll als Ausnahme auch dann gebühren, wenn aufgrund des medizinisch erforderlichen  Krankenhausaufenthaltes des Kindes (zB aufgrund einer schweren Erkrankung des Kindes oder im Falle eines Frühchens) kein gemeinsamer Haushalt der Eltern mit dem Kind vorliegt, sofern der Vater sowie die Mutter jeweils im Durchschnitt mindestens 4 Stunden täglich das Kind persönlich pflegen und betreuen (und alle anderen Anspruchsvoraussetzungen erfüllt werden). Der Vater hat das Ausmaß der Pflege und Betreuung des Kindes durch ihn und den anderen Elternteil durch Bestätigungen des Krankenhauses beim Krankenversicherungsträger nachzuweisen.