61/A XXVI. GP

Eingebracht am 31.01.2018
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ANTRAG

 

der Abgeordneten Claudia Gamon, Gerald Loacker, Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen

betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz - ASVG geändert wird

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine  Sozialversicherungsgesetz - ASVG geändert wird

 

Der Nationalrat hat beschlossen:

Bundesgesetz über vom 9. September 1995 über die Allgemeine Sozialversicherung, BGBl. Nr. 189/1955, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 2/2018, wird wie folgt geändert:

1.    In § 8 Abs. 1 Z 2 lit g entfallen die Wörter "und überwiegend".

2.    In § 227a Abs. 1 entfallen die Wörter "und überwiegend".

3.    § 227a Abs. 4 lautet:
"(4) Anspruch für ein und dasselbe Kind besteht in den jeweiligen Zeiträumen nur für jene Personen, die an der Erziehung des Kindes auch tatsächlich beteiligt waren. Für die Zuordnung der Zeiträume zu den jeweiligen Elternteilen gelten die Abs. 5, 6 und 7."

4.    In § 227a Abs. 5 entfallen die Wörter "und überwiegend".

5.    In § 227a Abs. 5 wird die Wortfolge "diese Vermutung widerlegen" ersetzt durch "im Einvernehmen mit dem anderen Elternteil die Ansprüche aufteilen, sofern nachgewiesen werden kann, dass dieser auch an der Kindererziehung beteiligt war."

6.    In § 227a wird in Abs. 6 die Wortfolge "besteht die Vermutung, daß die weibliche Versicherte das Kind tatsächlich und überwiegend erzogen hat. Diese Vermutung kann widerlegt werden." ersetzt durch die Wortfolge "wird der Anspruch auf beide Elternteile gleichmäßig aufgeteilt. Diese Aufteilung kann im Einvernehmen beider Elternteile geändert werden."


 

7.    § 227a Abs. 7 lautet:
"(7) Werden die Ersatzzeiten gem. Abs. 5 oder 6 zwischen den Elternteilen aufgeteilt, werden diese Ersatzzeiten monatsweise jeweils einem der Elternteile zugeordnet."

8.    Nach § 696 wird folgender § 697 samt Überschrift angefügt:

Schlussbestimmungen zum Bundesgesetz BGBl. I Nr. xx/2018

§ 713. § Die §§ 8 und 227a Abs. 1 sowie 4 bis 7 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2018 treten mit 1. Jänner 2019 in Kraft und sind auf Geburten nach dem 31. Dezember 2018 anzuwenden."

Begründung

 

Erwerbsunterbrechungen aufgrund von Zeiten der Kindererziehung führen insbesondere bei Frauen zu niedrigeren Pensionsansprüchen. Aus diesem Grund wurde mit der Anrechnung von Kindererziehungszeiten in der Berechnung der Pension ein wesentlicher Schritt gesetzt, um Frauen vor Altersarmut zu schützen. Die gegenwärtige gesetzliche Ausgestaltung und Formulierung scheint aber mit antiquierten Familienbildern zu operieren, die möglicherweise – leider – noch für jene Frauen eine Geltung haben, die nun in Pension kommen bzw. in absehbarer Zeit gehen werden. Gerade für junge Familien sollte aus unserer Sicht eine umfangreiche Nachbesserung und Modernisierung der Anrechenbarkeit von Kindererziehungszeiten ermöglicht werden.

Die gegenwärtige gesetzliche Regelung ist in zwei Punkten zu kritisieren: einerseits die frauenpolitisch höchst fragwürdige Vermutung, dass Mütter (bzw. weibliche Versicherte) ein Kind überwiegend erziehen; andererseits wird bei der Anrechnung der Kindererziehungszeiten kein Wert auf eine partnerschaftliche Aufteilung der Erziehungsaufgaben gelegt – ein Elternteil erhält entweder die gesamten anrechenbaren Kindererziehungszeiten, oder man erhält keine dieser Zeiten für das Pensionskonto angerechnet.

Gerade im Hinblick auf eine verstärkte Einbindung von Vätern muss die Wirkung verschiedenster arbeits- und sozialrechtlicher Regelungen betrachtet werden. Die strikte Aufteilung der Kindererziehungszeiten auf je ein Elternteil bringt z.B. einen negativen Anreiz für das andere – größtenteils männliche – Elternteil sich an der Kindererziehung entsprechend zu beteiligen. Vor diesem Hintergrund muss es auch ermöglicht werden, diese Kindererziehungszeiten, im Sinne eines Pensionssplittings, zwischen den Elternteilen entsprechend aufzuteilen, um Väter zu motivieren, sich stärker einzubringen, und die alleinige Belastung von Müttern und mittelfristig deren arbeitsmarktpolitische Schlechterstellung zu verhindern.

Insbesondere die volle Anrechnung der Kindererziehungszeit für nur einen Elternteil – vornehmlich für die Mutter – bringt gerade diese Frauen in einen Teufelskreis. Denn durch die volle und vor allem automatische Anrechnung von Kindererziehungszeiten wird für Frauen ein negativer Erwerbsanreiz gesetzt. Frauen sind damit am Arbeitsmarkt im Vergleich zu Männern wiederum schlechter gestellt, was sich entsprechend in niedrigeren Verdienstmöglichkeiten zeigt. Diese niedrigeren Gehälter führen aber wieder erst recht dazu, dass der Einkommensentfall aufgrund der Übernahme von Erziehungsarbeit für Frauen weniger schmerzhaft ist als für Männer und sich deshalb Männer bzw. Väter weniger daran beteiligen – die Problematik verstärkt sich damit von alleine.

Vor diesem Hintergrund ökonomischer Wirkungsweisen und Entscheidungsfindungen – neben anderen gesellschaftlich vorherrschenden Geschlechterbildern – ist es unabdingbar, genau solche Teufelskreise aufzulösen und gesetzliche Regelungen dahingehend zu novellieren, dass Frauen bzw. Mütter am Arbeitsmarkt tatsächlich in vergleichbaren Konkurrenzpositionen zu Männern bzw. Vätern stehen. Aus diesem Grund fordern wir, dass die Anrechnung von Kindererziehungszeiten für ab 1. Jänner 2019 geborene Kinder gleichberechtigt gestaltet wird. So soll nicht automatisch angenommen werden, dass die Kindererziehung nur von jenem Elternteil übernommen wird, das Kinderbetreuungsgeld bezieht. Es braucht mehr Anreize für Eltern, Kinderbetreuungsgeld auch tatsächlich zu gleichen Teilen zu beziehen, der "Partnerschaftsbonus" kann hierfür nur ein erster Schritt sein. Zudem müssen Möglichkeiten geschaffen werden, die es Vätern erleichtern ihren Erziehungs- und Betreuungspflichten nachzukommen. Ein individueller Karenzanspruch für jeden Elternteil ist dementsprechend dringend erforderlich.

Das Gesetz soll ermöglichen, dass die individuellen familiären Umstellungen der Arbeitsmarktpartizipation und Übernahme von Erziehungsarbeit aufgrund der Geburt eines Kindes auch in dieser sozialrechtlichen Absicherung berücksichtigt wird. Bereits jetzt erkennbare Verhaltensmuster von Vätern werden bisher nicht berücksichtigt. Väter, die beispielsweise ihre Arbeitszeit nach der Geburt eines Kindes reduzieren, oder einige wenige Monate Kinderbetreuungsgeld beziehen, zahlen ebenso wie Mütter weniger in die Pensionsversicherung ein – weshalb dann gerade der Anreiz Erziehungsarbeit zu übernehmen pensionsrechtlich nur auf ein Elternteil beschränkt wird, ist nicht nachvollziehbar. Vor allem die einvernehmliche Festlegung der Aufteilung dieser Monate der Kindererziehung – im Falle, dass tatsächlich eine Beteiligung an der Kindererziehung nachgewiesen werden kann – würde es ermöglichen, die familieninterne Aufgabenverteilung, auch was die Pensionsansprüche angeht, besser abzubilden.

 

In formeller Hinsicht wird verlangt, eine Erste Lesung innerhalb von drei Monaten durchzuführen. Weiters wird vorgeschlagen, den Antrag dem Ausschuss für Arbeit und Soziales zuzuweisen.