669/A(E) XXVI. GP

Eingebracht am 27.03.2019
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Entschließungsantrag

 

der Abgeordneten Muchitsch

Genossinnen und Genossen

 

betreffend Grundsatzgesetz für eine bedarfsorientierte Mindestsicherung

 

Die Bedarfsorientierte Mindestsicherung (BMS) ist das „letzte Netz“ im österreichischen Sozialstaat und hat eine kaum zu überschätzende Bedeutung dabei, ein bescheidenes finanzielles Existenzminimum sicherzustellen. Nach ihr kommt nichts mehr.

 

Derzeit werden von der schwarz/blauen Bundesregierung Kürzungen bei der Mindestsicherung, die künftig wieder Sozialhilfe heißt, umgesetzt.

Da die Betroffenen bereits bisher mit großen Schwierigkeiten kämpfen, um ihren Lebensunterhalt überhaupt bestreiten zu können, ist jede weitere Verschlechterung ein Schritt in die falsche Richtung.

 

Karitative Organisationen, Sozialmärkte und ähnliches haben bereits regen Zulauf, weil sie oft die einzige Alternative sind, um ein einigermaßen menschenwürdiges Leben aufrecht halten zu können. Der Weg zu „Gnade statt Recht“ ist somit ein vorgezeichneter Weg. Dies führt auch dazu, dass viele der Betroffenen sich gedemütigt fühlen, und eine ausgeprägte Mehrklassengesellschaft forciert wird. Dies ist inhuman, dies ist ein Rückschritt und kann daher nicht akzeptiert werden.

 

Statt nach Wegen zu suchen, diesen Menschen mehr Selbstwertgefühl zu vermitteln, damit sie auch wieder erfolgreich in Arbeitsprozesse eingegliedert werden können, vermittelt man ihnen Schmarotzertum und Minderwertigkeit. Das ist indiskutabel und kontraproduktiv!

 

Ganz besonders hart trifft diese Politik von Schwarz/Blau die Kinder aus Familien der BezieherInnen von Sozialleistungen. Nicht nur, dass sie den Leidensdruck der Eltern spüren und übernehmen, dies wäre schon hart genug. Die Kinder der betroffenen Familien sind auch von vorneherein von einer umfassenden Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen und erfahren frühzeitig Diskriminierung. Schlechtere Ausbildung, eine negative Bildungskarriere und eine negative Lebenseinstellung sind damit vorprogrammiert.

 

Österreich zählt noch immer zu den reichsten Staaten der Welt, Kindern eine sinnvolle Zukunft zu garantieren ist daher möglich, es muss nur nach den richtigen Wegen gesucht werden.

Kürzungen im Sozialbereich sind das sicher nicht!

Derzeit sind in Österreich zirka 400.000 Kinder von Armut betroffen, Tendenz steigend. In der Realität bedeutet das, das Familieneinkommen ist nicht ausreichend, um umfassend die Bedürfnisse dieser Kinder zu decken. Besonders spürbar wird dies in den Bereichen Gesundheit, Bildung und Ernährung.

Mit dem Einkommen und den derzeitigen Beihilfen ist in diesen betroffenen Familien eine ausreichende Versorgung der Kinder nicht gewährleistet. Gesunde Ernährung ist oft nicht leistbar, daraus ergeben sich Folgeerkrankungen, die dann aufgrund fehlender finanzieller Ressourcen für allfällige Kostenbeiträge, nicht oder nicht ausreichend behandelt werden. Besonders signifikant zeigt sich fehlende Finanzkraft auch im Bereich der Zahngesundheit, sowie bei Mangelerscheinungen und den daraus resultierenden Folgen.

 

Weiterbildung spielt in vielen von Armut betroffenen Familien nicht wirklich eine Rolle, da entsprechende Zusatzleistungen, die für die Erreichung diverser Bildungsziele nötig wären, nicht finanzierbar sind. Es wird daher der einfachste und schnellstmögliche Bildungsweg im Schulsystem eingeschlagen. Dies bedeutet für betroffene Kinder von vornherein eine Benachteiligung im späteren Berufsleben und damit eine vorgezeichnete Chancenungleichheit. Da von Armut betroffene Kinder aufgrund fehlender Finanzmittel oft auch am „gesellschaftlichen“ Leben wie Schullandwoche, Sportwochen, Theaterbesuche, etc. nicht teilnehmen können, erfolgt eine frühzeitige Ausgrenzung und Stigmatisierung, die diese Kinder meist lebenslang negativ beeinträchtigt.

 

Der Anteil der Mindestsicherungsausgaben liegt bei weniger als 0,9 % der gesamten Sozialausgaben, oder, anders ausgedrückt: von 100 €, die für Leistungen des Sozialstaats zur Verfügung stehen, entfallen weniger als 90 Cent auf die Mindestsicherung. Es gibt daher keine zwingende Notwendigkeit, diese Leistungen einzuschränken!

Die Kürzung von Sozialleistungen für Kinder ist im Kontext zu der bereits jetzt viel zu hohen Anzahl von armutsbetroffenen oder armutsgefährdeten Kindern strikt abzulehnen, sie ist Raub an den Zukunftschancen dieser Kinder!

 

Es bedarf daher einer Mindestsicherung, die ihren Namen auch verdient.

Sie muss:

ein menschenwürdiges Leben sicherstellen, und damit

·               Obdachlosigkeit verhindern

·               Hunger verhindern – den Menschen (Kindern!) Nahrung geben

·               die Menschen durch Arbeitsmarktintegration vom Rand in die Mitte der Gesellschaft holen

für Sicherheit und Stabilität sorgen, durch

·               entsprechende armutsvermeidende Leistungshöhe

·               Mindestrichtsätze und nicht Höchstrichtsätze

·               diskriminierungsfreie Kinderstaffelung

·               Hilfe zu Arbeit

verstärkt auf Integration setzen, durch

·               einen Rechtsanspruch und einer persönlichen Verpflichtung zu Integrationsmaßnahmen

·               Förderung von Deutschkenntnissen und ein Gesamtkonzept für Sprachenförderung

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher nachfolgenden

 

Entschließungsantrag

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

„Die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz wird aufgefordert, umgehend gemeinsam mit den Ländern ein Grundsatzgesetz zur Regelung einer bedarfsorientierten Mindestsicherung nach folgenden Grundsätzen zu erarbeiten und dem Nationalrat zur Beschlussfassung zuzuleiten:

·               armutsvermeidende Leistungshöhe

·               Mindestrichtsätze orientiert an der Höhe der Ausgleichszulage und keine Höchstrichtsätze

·               diskriminierungsfreie Kinderstaffelung

·               Hilfe zu Arbeit und Qualifikation, durch verstärkte Arbeitsanreize und Arbeitsmarktintegration

·               Rechtsanspruch und persönliche Verpflichtung zu Integrationsmaßnahmen

·               Förderung von Deutschkenntnissen und ein Gesamtkonzept für Sprachenförderung“

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Zuweisungsvorschlag: Ausschuss für Arbeit und Soziales