805/A(E) XXVI. GP

Eingebracht am 15.05.2019
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Entschließungsantrag

 

der Abgeordneten Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Bundesrahmengesetz und Bundesstrategie für Raumordnung und Flächenmanagement

 

Aktuelle Zahlen des Umweltbundesamtes belegen: Der Flächenverbrauch in Österreich ist nach wie vor viel zu hoch und alles andere als nachhaltig. Zwar gab es in den letzten fünf Jahren einen Rückgang von etwa 20 Hektar neu verbrauchter Fläche pro Tag auf knapp zwölf, allerdings ist dieser Wert nach wie vor der höchste in der EU. Von Entwarnung kann schon allein deshalb nicht die Rede sein, weil der Bedarf an Baufläche laut Umweltbundesamt mit 5,4 Hektar am Tag der höchste seit fünf Jahren ist. Damit einhergehend ist die hohe Versiegelungsrate: 41 Prozent der neu verwendeten Fläche 2018 ist versiegelt, wodurch der Boden seine Fähigkeit, Wasser aufzunehmen oder Kohlenstoff zu speichern, verliert. Gleichzeitig haben Verkehrs- und Betonflächen einen negativen Einfluss auf das Mikroklima, weil sie an Sommertagen die Hitze nicht absorbieren und sich so die Umgebungstemperatur deutlich erhöht. Insgesamt waren 2018 in Österreich schon ca. 233.000 Hektar versiegelt  fast drei Prozent des gesamten Staatsgebiets.

Ausufernder Flächenverbrauch und Flächenversiegelung sind nur zum Teil Folge eines erhöhten Flächenbedarfs bedingt durch Bevölkerungs- und Wirtschaftswachstum oder demographische Entwicklungen (Migration, Trend zu kleineren Haushalten etc.). Laut wissenschaftlichem Konsens liegen die Ursachen vor allem bei einer disproportionalen Kompetenzanhäufung auf Gemeindeebene, mangelnder Kontrolle durch Länder und Bund sowie einem jahrzehntelangen Mangel einer bundesweiten, überregionalen Planungs- und Verkehrs- und Widmungsstrategie.

So kommt es, dass, während in Österreich traditionelle Ortskerne aussterben und laut Schätzungen bundesweit mittlerweile etwa 40.000 Hektar Gebäudefläche leer stehen, Gemeinden durch ihre Widmungspolitik Neubauten auf der grünen Wiese begünstigten und einen regelrechten Wildwuchs von Einkaufszentren abseits der gewachsenen Strukturen ermöglichten (seit 2000 hat sich die Einkaufsfläche in Österreich verdoppelt und ist pro Einwohner gerechnet die zweithöchste in Europa). Damit stieg auch der Bedarf an Verkehrsfläche rasant an und liegt ebenfalls im europäischen Spitzenfeld.

Dieser voranschreitende Bodenverbrauch hat schlimme Folgen für die Umwelt: Der anhaltende Verlust von Natur- und Grünflächen gilt als eine der Hauptursachen für das immer drastischer werdende Artensterben, weil Lebensräume, Nahrungssysteme und Nistplätze verloren gehen. Hinzu kommt, dass Verkehrsflächen und verbautes Gebiet Ökosysteme zerteilen und voneinander isolieren. Aber auch landwirtschaftliche Nutzfläche geht verloren: Österreich verliert jährlich 0,5 Prozent seiner Ackerfläche (doppelt so viel wie Deutschland). Bis zum Jahr 2050 entspricht dies 15 Prozent weniger Ackerland, was den Wandel hin zu einer schonenderen, regionaleren und nachhaltigeren Landwirtschaft zusätzlich erschwert.

Der Flächenverbrauch, die Zersiedelung und das dadurch verursachte Verkehrsaufkommen erschweren zusätzlich den Kampf gegen den Klimawandel und steigende Emissionen: So sind etwa Alltagswege länger und können kaum mit dem Rad oder zu Fuß zurückgelegt werden. Der Ausbau von öffentlichen Verkehrsmitteln wird erschwert, weil Strecken länger sind und potentielle Fahrgäste weiter voneinander entfernt wohnen. Fern- und Abwärmenetze sind aufgrund der größeren Distanzen weniger effizient und teurer zu erhalten und zu konstruieren, gleiches gilt für den für die Energiewende notwendigen Stromnetzausbau. Außerdem benötigen selbst hocheffiziente, alleinstehende Einfamilienhäuser deutlich mehr Heizenergie als ein Mehrparteienhaus.

Es ist also klar, dass diese Fehlentwicklungen in der Raumordnungspolitik immer gravierendere Auswirkungen haben werden, wenn sie nicht von Grund auf erneuert wird. Es ist eine mutige, evidenzbasierte Neuorientierung der Raumordnungspolitik notwendig, mit gesamtheitlichem Blick auf die wirtschaftlichen, gesellschaftlichen, landwirtschaftlichen und nachhaltigkeitspolitischen Auswirkungen. Gleichzeitig sind aber auch Maßnahmen in anderen Politikfeldern notwendig, um den Flächenverbrauch und die Bodenversiegelung effektiv zu bekämpfen.

Fachleute sind sich erstaunlich einig, was zu tun ist: Sowohl die Österreichische Raumordnungskonferenz (ÖROK) als auch das Umweltbundesamt empfehlen die Schaffung eines bundespolitischen Rahmens für die österreichische Raumordnung und Flächenmanagement. Dies würde es nicht nur erleichtern, Zielsetzungen im Flächen-, Boden-, Umwelt- und Naturraumschutz zu erreichen, sondern wäre auch für die Schaffung einer kohärenten, überregionalen Infrastruktur- und Verkehrsplanung unabdingbar und würde die Transparenz und Kontrolle bei Planungs- und Entscheidungsprozessen auf allen Ebenen erhöhen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG


Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus, wird aufgefordert, ein Bundesrahmengesetz und eine Bundesstrategie für Flächenmanagement und Raumordnung zu erarbeiten."

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Umweltausschuss vorgeschlagen.