824/A(E) XXVI. GP
Eingebracht am 16.05.2019
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Bruno Rossmann, Freundinnen und Freunde, betreffend AKW Chmelnyzkyj in der Ukraine
Begründung
In der Ukraine
arbeitet das AKW Chmelnyzkyj, derzeit mit den Blöcken 1 und 2. Die
Blöcke 3 und 4
sind seit den 1980er Jahren Ruinen, da nach der Atomkatastrophe von Tschernobyl
ein Baustopp
erfolgt ist. Der 3. Block ist zu 75 Prozent gebaut, der 4. Block zu 24 Prozent.
Der Plan der staatlichen
Betreibergesellschaft Energoatom ist es,
zuerst Block 3 und dann Block 4
weiter zu bauen und ans Netz zu hängen. Die Finanzierung soll durch den
Verkauf von Strom aus dem Reaktor 2 an die EU erfolgen. Dazu gibt es ein
Übereinkommen zwischen Polen und der Ukraine,
nach dem eine „Energie-Brücke"
von der Ukraine nach Rzeszow (Polen) gebaut werden soll, die von
der EU gefördert wird. Diese ist das Kernprojekt bei der Umsetzung des
Assoziierungsabkommens
zwischen der Europäischen Union und der Ukraine. (Quelle: https://eba.com.ua/en/ukraine-
announces-tender-for-implementing-ukraine-eu-energy-bridge-project/)
Für den Ausbau der Reaktoren 3 und 4 des AKW Chmelnyzkyj läuft derzeit eine länderübergreifende Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP), an der auch Österreich teilnimmt.
Bis zum 9. Mai konnten die österreichischen Bundesländer und die zuständige Ministerin Elisabeth Köstinger Stellungnahmen vorbereiten.
Ein UVP-Verfahren hat es bereits 2013 gegeben, auch damals unter Beteiligung Österreichs. Die damalige Stellungnahme des Ministeriums war vernichtend:
-
Zum Zustand der bereits errichteten Gebäude,
Strukturen und Anlagen und inwieweit diese
für die Fertigstellung des KKW genutzt werden können, enthalten die
UVP-Unterlagen ungenügende Angaben. Insofern sind die angegebenen
Fertigstellungsgrade kritisch zu hinterfragen.
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Inwieweit das bereits errichtete Containment den
Anforderungen an die Widerstands
fähigkeit gegen externe Einwirkungen genügt, kann aus den Unterlagen
nicht ersehen werden.
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Der Betreiber beabsichtigt eine Nachrüstung
während der Fertigstellung gegenüber dem ursprünglich
vorgesehenen Projekt. Inwieweit dies, vor allem in Hinblick auf
nuklearsicherheits-
relevante Aspekte gelingen kann, bzw. wie, ist aus der Durchsicht der
UVP-Dokumente nicht nachvollziehbar.
-
Es bestehen Zweifel, ob die einst getroffene
Standortauswahl nach den heute gültigen internationalen Anforderungen
weiter gültig bleiben kann. Insbesondere die Auswertung der EU-
Stress-Tests für die Ukraine weist hier auf Defizite hin, die im Rahmen
der Bewilligung Beachtung finden sollten.
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Eine systematische Analyse der
Auslegungsstörfälle (Design Basis Accident - DBA) und der
Auslegungsstörfälle überschreitenden Störfälle fehlt.
Insgesamt betrachtet ermöglichen die
Informationen (...) keine zuverlässige Einschätzung der Auswirkungen
der möglichen Unfälle der
„neuen" Reaktorblöcke 3 und 4 auf österreichisches
Staatsgebiet.
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Wichtige Aspekte des radioaktiven Abfallmanagements
werden in den UVP-Dokumenten nur
sehr oberflächlich dargestellt. Die Frage der Lösung des
Endlagerproblems bleibt unbeantwortet.
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Zu grenzüberschreitenden Auswirkungen wird in
den UVP-Dokumenten die Schlussfolgerung gezogen, dass bei keinem der
untersuchten Unfälle das Niveau der Jahreseffektivdosis für Einzel-
personen einer kritischen Gruppe in den Nachbarländern überschritten
wird. Es werden keine
quantitativen Ergebnisse präsentiert. Da allerdings keine Analyse der
„worst-case" Unfallszenarien
zur Verfügung gestellt wurde, ist diese Schlussfolgerung nicht
glaubwürdig. Die Ergebnisse des jüngst publizierten Projektes zur
Abschätzung des nuklearen Risikos zeigen, dass nach einem schweren
Unfall die durchschnittliche Cäsium-137 Bodenbelastung im Großteil
des österreichischen Staats-
gebiets über den Grenzwerten für die Interventionsschwelle für
landwirtschaftliche Maßnahmen
liegen würde (d.h. frühere Ernte, Verschluss der
Gewächshäuser). Daher wäre Österreich von einem schweren
Unfall in den beiden Blöcken 3 und 4 mit hoher Wahrscheinlichkeit
betroffen.
Trotz
dieser vernichtenden Kritik wurde jetzt ein neues Verfahren begonnen. Warum?
Die Betreiber
haben eine neue Machbarkeitsstudie erstellt, nachdem die ursprünglich
angedachte russische
Beteiligung weggefallen war. Zudem gibt es chinesische Geldgeber, die das
Projekt vorfinanzieren
wollen. Der Stromverkauf
über die Energie-Brücke stellt dafür offenbar eine Art Sicherheit
dar: „In
early November 2017, Energoatom received a proposal from the China National
Nuclear Corporation (CNNC) and the Industrial Commercial Bank of China (ICBC)
to provide Soans to finance the
completion of the Khmelnitsky units. According to the feasibility study (...)
after the cancellation of
the original agreement with Russia, the only option for completion in the
shortest possible time and
at minimal cost was to use VVER-1000 reactors supplied by Czech Company Skoda
JS (part of Russian engineering group OMZ). (...) Construction of the two units
with 2094MWe capacity will take 84
months with the commissioning of unit 3 scheduled for 2025. The report also
said the units would
use Westinghouse fuel." (Quelle: https://www.neimagazine.com/news/newsukraine-approves-a-feasibility-study-for-khmeInitsky-34-6271521)
Mit
dem Verkauf von schmutzigem Strom aus russischen Schrottreaktoren in die EU
über eine
„Energie-Brücke" von der Ukraine nach Rzeszow (Polen) soll
der Ausbau brandgefährlicher
Reaktorblöcke einer Dinosauriertechnologe finanziert werden. Dadurch ist
die Sicherheit der österreichischen Bevölkerung gefährdet.
Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher den folgenden
Entschließungsantrag:
Der Nationalrat wolle beschließen:
Die Bundesregierung, besonders die
zuständige Ministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus,
Elisabeth Köstinger, wird aufgefordert, im Rahmen der
grenzüberschreitenden UVP zum Ausbau der
Blöcke 3+4 des AKW Chmelnyzkyj ein negatives Votum abzugeben und dieses
samt Begründung zu veröffentlichen. Außerdem wird die
Bundesregierung aufgefordert, auch auf EU-Ebene Widerspruch gegen eine „Energie-Brücke" von ukrainischen AKWs nach Polen einzulegen.
In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Ausschuss für Wirtschaft, Industrie und Energie vorgeschlagen.