85/A(E) XXVI. GP

Eingebracht am 31.01.2018
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Daniela Holzinger-Vogtenhuber, Kolleginnen und Kollegen,

betreffend Maßnahmen zur Verbesserung des Pflichtpraktikums mit einer gerechten Entlohnung und sozialrechtlicher Absicherung für Praktikantinnen und Praktikanten sowie der Schaffung einer Regelung für die verpflichtende Aufnahme von PflichtpraktikantInnen

für Unternehmen.

Begründung

Schon bisher absolvierten laut Statistik Austria 278.000 SchülerInnen und Studierende in Österreich ein Pflichtpraktikum. Hinzu kommen noch ca. 133.000 nicht verpflichtende Praktika. Darüber hinaus sehen immer mehr Studienpläne Praktika vor. Für viele hochqualifizierte Maturantlnnen und Akademikerlnnen ist der Einstieg in den Arbeitsmarkt nur über ein oder sogar mehrere Praktika möglich. Die Wirtschaft bietet nur wenigen jungen Menschen die Möglichkeit Pflichtpraktika zu absolvieren. Durch die Pflicht zum Praktikum sind viele junge Menschen gezwungen über Volontariate bzw. ohne arbeits- und sozialrechtliche Absicherung Hilfstätigkeiten zu verrichten, die nicht facheinschlägig sind.

Ein Praktikum ist ein Ausbildungsverhältnis. Die Grundidee dahinter ist, dass junge Menschen im Rahmen von Ausbildung und Studium einen wertvollen Einblick und erste berufliche Erfahrungen sammeln können. Im Praktikum sollen keine niederen Hilfstätigkeiten verrichtet werden und PraktikantInnen sind auch kein Ersatz für reguläre Arbeitskräfte. So findet sich „das Praktikum" auch nicht im Arbeitsrecht, sondern im Schul- und Hochschulgesetz wieder. Soweit die Theorie.

In der Praxis steckt hinter „Praktikum" so gut wie alles, was sich Arbeitgeberlnnen einfallen lassen können: Un- und unterbezahlte Praktika, die über zwei Jahre dauern, mit voller Integration in den Betrieb, eigenem Aufgabengebiet und Verantwortungsbereich. Selbst Praktika in Form von Projektleitungen sind in manchen Unternehmen Usus.

Das Arbeitsrecht kennt kein „Praktikum", sondern nur das „Volontariat". Aber dem Recht wird keine große Bedeutung beigemessen, wenn es die Arbeitenden nicht für sich einfordern. Jedes „freiwillig" absolvierte Praktikum, das außerhalb der (Aus)Bildung absolviert wird, ist ein normales befristetes Arbeitsverhältnis und auch sozialversicherungsrechtlich so zu behandeln und zu entlohnen. Aber wo kein Kläger, da kein Richter.

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Die Hälfte aller Praktika werden nicht bezahlt. Von den verpflichtend vorgeschriebenen Praktika werden sogar zwei Drittel nicht entlohnt. Dadurch ergibt sich durch un- und unterbezahlte Praktika für PraktikantInnen ein Verdienstausfall von ca. 174 Millionen Euro pro Jahr - geht man von kollektivvertraglichen Mindestgehältern aus. Und es mangelt nicht nur an der Bezahlung, auch die Sozialversicherungsbeiträge werden ihnen durch die fehlende Bezahlung vorenthalten. So werden 63 Prozent der PflichtpraktikantInnen und 43 Prozent der „freiwilligen" PraktikantInnen nicht sozialversichert. Somit fehlen natürlich auch Versicherungszeiten aus diesen Jahren in der Pension, wodurch Altersarmut für die „Generation Praktikum" ein erhebliches Risiko darstellt.

Aufgrund dieser vielschichtigen Probleme müssen einheitliche Regeln geschaffen werden, um hier entgegenzuwirken.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert einen Vorschlag für eine volle arbeits- und sozialrechtliche Absicherung von PraktikantInnen zu erstellen und diese schnellstmöglich dem Nationalrat vorzulegen. Ein etwaiger Vorschlag zur Verbesserung der Situation von PraktikantInnen soll auch eine Regelung zur verpflichtenden Aufnahme von PflichtpraktikantInnen für Unternehmen beinhalten, sowie die Aufnahme der Definition von Praktika in einschlägigen Gesetzen."

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Ausschuss für Arbeit und Soziales vorgeschlagen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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