120 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVI. GP

 

Bericht

des Unterrichtsausschusses

über die Regierungsvorlage (107 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Schulorganisationsgesetz, das Land- und forstwirtschaftliche Bundesschulgesetz, das Schulunterrichtsgesetz und das Schulpflichtgesetz 1985 geändert werden

Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf sollen Maßnahmen zur Verbesserung der Deutschförderung für außerordentliche SchülerInnen durch die Bildung von Deutschförderklassen und Deutschförderkursen getroffen und eine zielgruppenspezifische und treffsichere Gestaltung der Deutschfördermaßnahmen sichergestellt werden. Weiters soll Deutsch-Kompetenz als Schulreifekriterium festgelegt werden. Darüber hinaus sind Regelungen mit dem Ziel der Optimierung der Oberstufe und der Sicherstellung der Erfüllung der Schulpflicht enthalten.

 

1. Deutschförderklassen, Deutschförderkurse:

Kinder und Jugendliche, die im schulpflichtigen Alter die deutsche Sprache (Unterrichtssprache gemäß § 16 SchUG) nicht oder nicht ausreichend beherrschen, sollen diese frühzeitig erlernen, um möglichst bald gemeinsam im Klassenverband nach dem Lehrplan der betreffenden Schulart und Schulstufe unterrichtet werden zu können. Sie sollen sohin vor ihrer Beschulung nach dem Regellehrplan der entsprechenden Schulstufe in Deutschförderklassen jene Deutschkenntnisse erwerben, die sie befähigen, dem Unterricht in der deutschen Sprache zu folgen.

Deutschförderklassen sollen somit die Grundlage für das Gelingen von Integration nicht nur in der Schule sondern auch in allen anderen Lebensbereichen bilden.

Für die Deutschförderklassen sollen eigene Lehrpläne verfasst und verordnet werden, die auf die Dauer eines Semesters ausgerichtet sind. Standardisierte Testverfahren sollen treffsichere Entscheidungen hinsichtlich der notwendigen Förderung (in Deutschförderklassen oder in Deutschförderkursen) ermöglichen. Eine Leistungsbeurteilung über den Besuch von Deutschförderklassen ist nicht vorgesehen, der Unterricht soll primär auf die erfolgreiche Absolvierung der Testung am Ende des betreffenden Semesters ausgerichtet sein.

Es soll danach getrachtet werden, dass Schüler von Deutschförderklassen möglichst bald in „ihrer“ Regelklasse (allenfalls mit besonderer Förderung in dort eingerichteten Deutschförderkursen oder lediglich Förderung im Rahmen des Förderunterrichts) unterrichtet werden können. Auch die zeitweise gemeinsame Führung der Deutschförderklasse mit einer „Regel“-Klasse soll eine erfolgreiche Eingliederung der jungen Menschen sicherstellen.

Nach dem Besuch einer Deutschförderklasse soll die Schullaufbahn nach Maßgabe des erlangten Kompetenzniveaus grundsätzlich zügig fortgesetzt werden. Werden die erforderlichen Sprachkenntnisse in der Deutschförderklasse während des Wintersemesters erlangt, so kann im darauffolgenden Sommersemester der Unterricht in der betreffenden Klasse (mit Deutschförderkurs im Ausmaß von 6 Wochenstunden) besucht werden. Wird die Deutschförderklasse mit dem Sommersemester beendet, so wird im darauffolgenden Schuljahr in der Regel dieselbe Schulstufe zu besuchen sein. Dies soll sicherstellen, dass Lernrückstände in den lehrplanmäßig vorgesehenen Pflichtgegenständen aufgeholt werden können. Ein Aufsteigen unmittelbar nach dem Besuch der Deutschförderklasse soll bei entsprechenden Leistungen nicht ausgeschlossen sein.

Im Anschluss an den Deutschförderkurs soll ein Aufsteigen in die nächsthöhere Schulstufe dann möglich sein, wenn auf Grund der erlangten Deutschkenntnisse eine Beurteilung der Leistungen in den Pflichtgegenständen möglich war und auch tatsächlich erfolgt ist und kein Pflichtgegenstand mit „Nicht genügend“ beurteilt wurde.

2. Ahndung von Schulpflichtverletzungen:

Die Erfüllung der neunjährigen allgemeinen Schulpflicht sowie der Berufsschulpflicht durch schulpflichtige Kinder bzw. durch deren Erziehungsberechtigte stellt ein hohes öffentliches Interesse dar. Verletzungen der Erfüllung der Schulpflicht sollen durch geeignete Maßnahmen nach Möglichkeit von vornherein vermieden werden. So es dennoch zu Schulpflichtverletzungen kommt, ist diesen durch geeignete Maßnahmen entgegenzuwirken bzw. hat, wenn Begleit- und Präventivmaßnahmen nicht zum Erfolg führen, eine verwaltungsstrafrechtliche Ahndung zu erfolgen. Dieser Umstand wie insbesondere auch der Verwaltungsstrafrahmen mit einem Mindestmaß soll nicht primär Sanktionscharakter haben, sondern in erster Linie präventiv Wirkung zeigen.

In diesem Sinne wurden im Jahr 2013 (mit Bundesgesetz BGBl. I Nr. 77/2013) in einem sog. „Fünf-Stufen-Plan“ gesetzliche Maßnahmen zur Erfüllung der Schulpflicht vorgesehen. Des Weiteren wurde damals die Obergrenze einer allenfalls zu verhängenden Verwaltungsstrafe von 220 € auf 440 € angehoben.

Dieser „Fünf-Stufen-Plan“ hat sich in der Praxis als sehr aufwändig und im Hinblick auf die lange Dauer dieses Verfahrens bei gleichzeitig viel zu kurz bemessener Zeit (ein Semester) auch als nicht effizient erwiesen.

Ziel des vorliegenden Entwurfs ist es, unter Beibehaltung der Vielfalt an pädagogischen und anderen Maßnahmen klare Grenzen festzulegen, weiters durch die Anzeigepflicht jedenfalls bei mehr als drei Unterrichtstagen des ungerechtfertigten Fernbleibens mehr Verbindlichkeit zu schaffen und letztendlich durch die Festlegung eines Mindeststrafausmaßes (110 €) die Präventivwirkung der Maßnahme zu unterstreichen. Sowohl im Vorfeld (am Beginn jedes Schuljahres) als auch während des Unterrichtsjahres sollen geeignete Maßnahmen im Sinne von Verhaltensregeln ua. auf pädagogischer Ebene nicht nur der Bewusstseinsbildung dienen, sondern Schülerinnen und Schülern auch Hilfestellungen geben und erzieherische Wirkung verfolgen.

3. Erweiterung der Übergangsfristen für die Umstellung auf die „Neue Oberstufe“, Evaluierung der Neuregelung:

Der vorliegende Entwurf betrifft ua. die „Neue Oberstufe“ (NOSt). Es handelt sich dabei um die mit Bundesgesetz BGBl. I Nr. 9/2012 grundgelegte Rechtslage, die neue Rahmenbedingungen (inner- und außerorganisatorischer Natur) für alle zumindest dreijährigen mittleren und höheren Schulen (ab der 10. Schulstufe) schafft. In neuen, kompetenzbasierten Lehrplänen wurden die Bildungs- und Lehraufgaben sowie die Lehrstoffe semesterweise gegliedert. Die Beurteilung erfolgt nach den neuen Regelungen der NOSt semesterweise, wobei negative Beurteilungen dem Aufsteigen grundsätzlich nicht entgegenstehen und in Form von Semesterprüfungen zu späteren Zeitpunkten ausgebessert werden können. Daneben sind im Rahmen der neuen organisatorischen Bedingungen am Standort Maßnahmen der Begabungsförderung vorgesehen. Auf die Ausführungen in der Regierungsvorlage RV 1617 dB XXXIV. GP wird verwiesen.

Die genannten Bestimmungen sind für die 10. und die nachfolgenden Schulstufen von zumindest dreijährigen mittleren und höheren Schulen mit 1. September 2017 aufsteigend in Kraft getreten.

Im Hinblick auf die doch nicht unbeachtliche Neuorganisation und die erforderliche Lehrplanumstellung wurde mit dem Schulrechtsänderungsgesetz 2016, BGBl. I Nr. 56/2016, für jede einzelne Schule die Möglichkeit geschaffen, das Inkrafttreten und damit die Anwendung der die neue Oberstufe betreffenden Bestimmungen um ein Jahr oder um zwei Jahre (somit ab 1.9.2018 oder 1.9.2019 aufsteigend ab der 10. Schulstufe) hinauszuschieben.

Von dieser Möglichkeit haben sowohl im allgemein bildenden als auch im berufsbildenden Bereich viele Schulen Gebrauch gemacht. Dieser Umstand sowie Rückmeldungen von Schulen, die die neuen Bestimmungen betreffend die neue Oberstufe bereits anwenden, lassen auf Verbesserungsmöglichkeiten schließen, die geprüft werden sollen. Es soll daher gesetzlich eine Evaluation der die neue Oberstufe betreffenden Bestimmungen angeordnet werden und gleichzeitig den Schulen, die bereits „hinausoptiert“ haben, die Möglichkeit gegeben werden, die Anwendung dieser Bestimmungen ein weiteres Mal bis 1.9.2021 hinauszuschieben.

Gleichzeitig soll auch den Schulen, welche bisher nicht von der Möglichkeit des „Hinausoptierens“ Gebrauch gemacht haben und welche daher die die NOSt betreffenden Bestimmungen bereits anwenden, die Möglichkeit eröffnet werden, von der neuen Rechtslage auf die zuvor geltende Rechtslage umzustellen. In diesem Fall sollen Schülerinnen und Schüler, die nach den NOSt-Regelungen unterrichtet werden, nach eben diesen Bestimmungen bis zur abschließenden Prüfung geführt werden und sollen nur neue 10. Schulstufen (6. Klassen AHS, 2. Klassen BMS und II. Jahrgänge BHS) der Schuljahre 2018/19, 2019/20 und 2020/21 sowie die weiteren Schulstufen aufsteigend in den Folgejahren wieder nach der vor der NOSt-Rechtslage geltenden Rechtslage geführt werden. Eine solche Entscheidung führt zu einem erhöhten Verwaltungsaufwand (parallele Schülerverwaltung), der in einem Beratungsgespräch mit der zuständigen Schulbehörde erörtert werden soll. Dieses Beratungsergebnis wird die Grundlage für die entsprechenden Beratungen im Schulgemeinschaftsausschuss bilden, dessen Zustimmung für die letztendlich vom Schulleiter zu treffende Entscheidung über das „Opt-out“ erforderlich sein soll.

Spätestens mit Wirksamkeit vom 1.9.2021 sollen allfällige Verbesserungen der Rechtslage, die als Ergebnis der Evaluierung festgestellt werden können, in die Rechtslage einfließen, sodass ab diesem Zeitpunkt alle Schulen der Sekundarstufe II identes Recht anwenden.

 

Der Unterrichtsausschuss hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 8. Mai 2018 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter Abgeordneten Wendelin Mölzer die Abgeordneten Mag. Dr. Rudolf Taschner, Angelika Kuss-Bergner, BEd, Mag. Dr. Sonja Hammerschmid, Christian Kovacevic, Mag. Gerald Hauser, Marlene Svazek, BA, Claudia Gamon, MSc (WU), Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Dipl.-Ing. Christian Schandor, Elisabeth Feichtinger, BEd BEd, Walter Bacher und Dipl.-Ing. Alois Rosenberger sowie der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung Dr. Heinz Faßmann. Weiters hatte der Unterrichtsausschuss Prof. Dr. Michael Becker-Mrotzek, Dr. Barbara Herzog-Punzenberger, Andrea Holzinger, Mag. Heidi Schrodt und Univ. Prof. Dr. Christiane Spiel gemäß § 40 GOG-NR als Expertinnen und Experten zur Stellungnahme und Diskussion geladen.

 

Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf mit Stimmenmehrheit (dafür: V, F, dagegen: S, N, P) beschlossen.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Unterrichtsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf (107 der Beilagen) die verfassungs­mäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2018 05 08

                                Wendelin Mölzer                                                               Wendelin Mölzer

                                   Berichterstatter                                                                           Obmann