Erläuterungen

Allgemeiner Teil

Zur Erleichterung der Wiedereingliederung von Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen nach langer Krankheit in den Arbeitsprozess wurde mit BGBl. I Nr. 30/2017 das Instrument der Wiedereingliederungsteilzeit gesetzlich festgelegt. Dadurch können Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen nach einer mindestens sechswöchigen Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit mit ihrem Arbeitgeber oder ihrer Arbeitgeberin schriftlich eine Herabsetzung der wöchentlichen Normalarbeitszeit für die Dauer von ein bis sechs Monaten (mit einer einmaligen Verlängerungsmöglichkeit bis zu drei Monaten) vereinbaren und neben dem Entgelt entsprechend der Arbeitszeitreduktion Wiedereingliederungsgeld aus Mitteln der Krankenversicherung beziehen.

Bei der Umsetzung der Regelungen über die Wiedereingliederungsteilzeit hatten sich Zweifelsfragen zur Frage des Zeitpunkts des Antritts der Wiedereingliederungsteilzeit ergeben. Mit der vorliegenden Novelle wird diese für die Praxis äußerst relevante Frage geklärt. Die Wiedereingliederungsteilzeit kann bis zum Ende eines Monates nach der zumindest sechswöchigen Arbeitsunfähigkeit auf Basis einer entsprechenden Vereinbarung und der sonstigen Voraussetzungen angetreten werden. Die vorgeschlagenen Gesetzespräzisierungen dienen der Klarstellung, dass die Wiedereingliederungsteilzeit nicht nur im unmittelbaren Anschluss an die Arbeitsunfähigkeit, sondern auch zu einem späteren Zeitpunkt angetreten werden kann.

Darüber hinaus werden im Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz weitere Anpassungen vorgenommen, die aufgrund der bisherigen Erfahrungen in der Vollziehung als notwendig erachtet werden.

Im Betriebspensionsgesetz ist die Richtlinie 2014/50/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.4.2014 über Mindestvorschriften zur Erhöhung der Mobilität von Arbeitnehmern zwischen Mitgliedstaaten durch Verbesserung des Erwerbs und der Wahrung von Zusatzrentenansprüchen (Portabilitäts-RL) umzusetzen. Während bei den Pensionskassenzusagen und der betrieblichen Kollektivversicherung kein Anpassungsbedarf besteht, ist § 7 BPG als die direkte Leistungszusagen determinierende Norm des BPG anzupassen. Weiters ist § 17 BPG hinsichtlich Informationspflichten gegenüber Anwartschafts- und Leitungsberechtigten geringfügig anzupassen. Bei den Anpassungsmaßnahmen wurde dem Grundsatz der Vermeidung von golden plating Rechnung getragen. Die Frist zur Umsetzung der Richtlinie endet am 21. Mai 2018.

Kompetenzgrundlage:

In kompetenzrechtlicher Hinsicht stützt sich der vorliegende Entwurf auf Art. 10 Abs. 1 Z 11 B-VG (Arbeitsrecht und Sozialversicherungswesen).

Besonderer Teil

Zu Artikel 1 (Änderung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes):

Zu Z 1, 2 und 8 (§§ 88 Abs. 1a und 2 und 143d Abs. 4 ASVG):

Tritt während einer Wiedereingliederungsteilzeit ein Versicherungsfall der Arbeitsunfähigkeit ein, so gebührt anstelle eines Krankengeldes das Wiedereingliederungsgeld weiter, erfüllt dann jedoch den Zweck eines Krankengeldes. Aus diesem Grund sollen die Bestimmungen über das Verwirken bzw. Versagen in diesen Fällen auch auf das Wiedereingliederungsgeld Anwendung finden, um eine Ungleichbehandlung zwischen Krankengeldbezieher/innen und Wiedereingliederungsgeldbezieher/innen zu vermeiden.

Zu Z 3 (§ 100 Abs. 4 ASVG):

Personen, die eine Eigenpension aus der gesetzlichen Pensionsversicherung beziehen, sind nach § 143d Abs. 2 vom Anspruch auf Wiedereingliederungsgeld ausgeschlossen. Bezieht eine Person bereits ein Wiedereingliederungsgeld und erhält diese während oder nach der Wiedereingliederungsteilzeit eine Pension rückwirkend zuerkannt, würde der Anspruch auf Wiedereingliederungsgeld rückwirkend entfallen. Gleichzeitig kann jedoch der Fall eintreten, dass die Pension aufgrund der Erwerbstätigkeit tatsächlich nicht anfällt; da jedoch unabhängig vom Anfall ein Anspruch auf die Pension besteht, gebührt das Wiedereingliederungsgeld ab diesem Zeitpunkt nicht mehr. Dies hätte zur Folge, dass die Person nur noch Anspruch auf das aliquote Entgelt hätte. Um diesen finanziellen Nachteil zu vermeiden, soll klargestellt werden, dass das Wiedereingliederungsgeld erst mit dem tatsächlichen Anfall der Pension erlischt.

Zu Z 4 (§ 104 Abs. 1 ASVG):

Durch die vorgeschlagene Neuregelung soll die bestehende Satzungsermächtigung für die Auszahlungsmodalität des Rehabilitationsgeldes um das Wiedereingliederungsgeld ergänzt werden. Eine monatliche Anweisung im Nachhinein ist aufgrund des unabdingbaren Zusammenhangs mit einer Erwerbstätigkeit und der in der Regel monatlichen Auszahlung des Entgelts sinnvoll.

Zu Z 5 und 6 (§§ 138 Abs. 2 lit. i und j und 143 Abs. 1 Z 8 ASVG):

Durch die gegenständliche Änderung erfolgt eine Korrektur eines legistischen Versehens. Beabsichtigt ist, dass ein/e Wiedereingliederungsgeldbezieher/in für die Dauer einer Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit während einer Wiedereingliederungsteilzeit keinen Anspruch auf Krankengeld hat, da ihm/ihr in dieser Zeit weiterhin Wiedereingliederungsgeld (anstelle eines Krankengeldes) gebührt. Besteht die Arbeitsunfähigkeit über das Ende der Wiedereingliederungsteilzeit hinaus, soll die betreffende Person jedoch Anspruch auf Krankengeld haben, sofern die Höchstanspruchsdauer noch nicht ausgeschöpft ist.

Die im § 138 Abs. 2 lit. j getroffene Regelung hat unter Bedachtnahme auf die Judikatur des OGH zur Folge, dass der Anspruch auf Krankengeld gänzlich ausgeschlossen ist und nach dem Ende der Wiedereingliederungsteilzeit kein Krankengeld gebührt. Dies entspricht – wie sich auch eindeutig aus der im § 125 Abs. 1a für diese Fallkonstellation festgelegten Bemessungsgrundlage ableiten lässt – nicht dem Willen des Gesetzgebers, weshalb diese Bestimmung durch eine Ergänzung der Ruhensbestimmung im § 143 ersetzt werden soll.

Zu Z 7 (§ 143d Abs. 3):

Da eine Wiedereingliederungsteilzeit nicht nur unmittelbar anschließend an die ursächliche Arbeitsunfähigkeit angetreten werden kann, soll durch die gegenständliche Änderung klargestellt werden, dass für die Berechnung des Wiedereingliederungsgeldes jene Bemessungsgrundlage heranzuziehen ist, die für die Berechnung des Krankengeldes, das während der ursächlichen Arbeitsunfähigkeit gebührt hat oder gebührt hätte, heranzuziehen war oder gewesen wäre.

Zu Art. 1 Z 9 (§ 204 Abs. 1 ASVG):

Hierbei handelt es sich um eine redaktionelle Klarstellung.

Zu Art. 1 Z 10 (§ 204 Abs. 1a ASVG):

Es soll klargestellt werden, wann eine Versehrtenrente anfällt, wenn der Arbeitsunfall bzw. die Berufskrankheit während des Bezuges von Wiedereingliederungsgeld eintritt.

Zu Art. 1 Z 11 (§ 306 Abs. 4 ASVG):

Beim Wiedereingliederungsgeld handelt es sich um eine einkommensersetzende Leistung. Um eine Überversorgung zu vermeiden, wenn eine Person ein Übergangsgeld aus der Pensionsversicherung bezieht, soll das Wiedereingliederungsgeld künftig wie ein sonstiges Erwerbseinkommen auf das Übergangsgeld angerechnet werden.

Zu Art. 1 Z 12 (§ 472 Abs. 2 Z 5 lit. b, c und d ASVG):

Durch die neue lit. c sollen auf Anregung der Versicherungsanstalt für Eisenbahnen und Bergbau (VAEB) die Ansprüche der in der Abteilung „B“ versicherten VAEB-Bediensteten um das mit Wirksamkeitsbeginn 1. Juli 2017 durch das Wiedereingliederungsteilzeitgesetz, BGBl. I Nr. 30/2017, neu eingeführte Wiedereingliederungsgeld ergänzt werden.

Es ist darauf hinzuweisen, dass es sich bei den angesprochenen Bediensteten um eine „abschmelzende“ Versichertengruppe handelt, da die ab dem 1. Jänner 2004 neu eingetretenen Bediensteten nicht mehr in der Abteilung B versichert sind.

Die Gruppe der im § 472 Abs. 1 Z 4 genannten „B-Bediensteten“ der VAEB ist nicht homogen, sondern gliedert sich in mehrere Gruppen:

- Bedienstete, die der EDO-Ang unterliegen,

- Bedienstete, die der DO. A-C unterliegen und einen Anspruch auf eine DO-Pension haben,

- Bedienstete, die der DO. A-C und der Pensionskassenregelung unterliegen.

Ab dem 1. Jänner 2004 neu eingetretene Bedienstete sind nicht mehr in der Abteilung B, sondern in der Abteilung A versichert.

Zu Art. 2 (Änderung des Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetzes):

Zu Z 1 (§ 93 Abs. 1a B-KUVG):

Analog zur Regelung des § 178 Abs. 1a ASVG sollen auch bei nach dem B-KUVG versicherten Personen bei der Berechnung der Bemessungsgrundlage für die Geldleistungen aus der Unfallversicherung Zeiten einer Wiedereingliederungsteilzeit außer Betracht bleiben.

Zu Artikel 3 (Änderung des Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetzes):

Zu Z 1 (§ 13a Abs. 1):

Dem Gesetzeswortlaut des § 13a AVRAG sowie des § 143d ASVG ist nicht eindeutig zu entnehmen, ob der Antritt der Wiedereingliederungsteilzeit unmittelbar nach Ende des Krankenstandes erfolgen muss.

Die Gesetzesmaterialien zu § 13a AVRAG, wonach Gespräche bezüglich der Wiedereingliederungsvereinbarung zwischen Arbeitgeber bzw. Arbeitgeberin und Arbeitnehmer bzw. Arbeitnehmerin, Beratungsgespräche mit fit2work und die Erstellung des Wiedereingliederungsplans bereits während des Krankenstands begonnen werden können und die Vereinbarung über die Herabsetzung der Arbeitszeit bis zur Gesundung des Arbeitnehmers bzw. der Arbeitnehmerin und Mitteilung über die Bewilligung des Wiedereingliederungsgeldes schwebend unwirksam bleibt, sind ein deutliches Indiz dafür, dass derartige Gespräche und Beratungen im Vorfeld der Wiedereingliederungsteilzeit nach dem Willen des Gesetzgebers auch nach der Gesundung erfolgen dürfen. Demgegenüber stehen die erläuternden Bemerkungen zu § 143d ASVG, wonach die Möglichkeit der Vereinbarung einer Wiedereingliederungsteilzeit für Personen geschaffen werden sollte, „die sich bereits seit mindestens sechs Wochen durchgehend im Krankenstand befinden“.

Die bislang in Absprache des (bisherigen) Bundesministeriums für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz mit dem (bisherigen) Bundesministerium für Gesundheit und Frauen und dem Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger erfolgte einheitliche Interpretation, wonach eine Wiedereingliederungsteilzeit nur im direkten Anschluss an den mindestens sechswöchigen Krankenstand angetreten werden kann, hat zu Rechtsunsicherheit geführt. Auch sollen Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, die ihre Arbeits- und Einsatzkraft nach der Genesung zunächst überschätzen, gegenüber anderen nicht benachteiligt werden; auch diesem Personenkreis soll die schrittweise Rückkehr in den Arbeitsprozess im Rahmen der Wiedereingliederungsteilzeit nicht verwehrt werden.

Die vorgeschlagene Gesetzespräzisierung dient der Klarstellung, dass die Wiedereingliederungsteilzeit nicht nur im unmittelbaren Anschluss an den Krankenstand sondern auch zu einem späteren Zeitpunkt angetreten werden kann. Die Arbeitszeitreduktion muss im zeitlichen und ursächlichen Zusammenhang mit dem mindestens sechswöchigen Krankenstand erfolgen. Um den zeitlichen Zusammenhang zu gewährleisten, muss die Wiedereingliederungsvereinbarung spätestens zum Ablauf von einem Monat nach dem Ende dieses Krankenstands erfolgen. Der Möglichkeit des Antritts der Wiedereingliederungsteilzeit innerhalb eines Monats nach dem Arbeitsbeginn soll ein zwischenzeitiger neuerlicher Krankenstand (infolge einer anderen Erkrankung wie z.B. eines grippaler Infekts oder eines Wiederauflebens jener Erkrankung, die für die Inanspruchnahme der Wiedereingliederungsteilzeit ursächlich ist) nicht entgegenstehen.

Darüber hinaus erfolgen formelle Anpassungen im Gesetzestext, ohne dadurch inhaltliche Änderungen zu bewirken: Der Ausdruck „Krankenstand“ wird in Anpassung an die sozialrechtliche Begrifflichkeit durch den Ausdruck „Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit oder Unglücksfall“ ersetzt. Des Weiteren wird in Anpassung an die Diktion des Arbeit-und-Gesundheit-Gesetzes der Ausdruck „Wiedereingliederungsmanagements“ in „Case Managements“ berichtigt.

Die Regelung tritt mit 1. Juli 2018 ohne weitere Übergangsbestimmungen in Kraft.

Zu Artikel 4 (Änderung des Betriebspensionsgesetzes):

Zu den Z 1 bis 4 (§ 7 Abs. 1 und 2, § 8 Abs. 2 und  8 BPG):

§ 7 Abs. 1 und 2 BPG determiniert den Anspruch auf Leistungen aus einer direkten Leistungszusage des Arbeitgebers einerseits im Hinblick auf die Beendigungsart des Arbeitsverhältnisses, aus dem die Anwartschaft auf eine Leistung aus der direkten Leistungszusage resultiert, andererseits aus einem komplexen Geflecht aus Regelungen über die Unverfallbarkeit von Anwartschaften und die Wartefrist, deren Ablauf für den Erwerb eines Rechtsanspruches auf eine Leistung aus einer direkten Leistungszusage relevant ist (vgl. dazu etwa Schrammel, Kommentar zum Betriebspensionsgesetz, Manz-Verlag, Erl zu § 7 BPG). Art. 4 der Portabilitäts-RL sieht im Abs. 1 lit. a eine Einschränkung der Unverfallbarkeits- oder Wartefrist auf höchstens drei Jahre vor, differenziert dabei aber nicht nach Beendigungsarten. Lediglich im Hinblick auf diese Regelung im Kontext des Art. 4 der Portabilitäts-RL ist ein Umsetzungsbedarf gegeben. Insgesamt führt die Novelle zu einer für den Rechtsanwender klareren und übersichtlicheren Regelung ohne Übererfüllung der Portabilitäts-RL.

Zu Z 5 (§ 17 Abs. 1 BPG):

In Umsetzung des Art. 6 der Portabilitäts-RL wurde im § 17 Abs. 1 BPG die Verpflichtung zur Auskunftserteilung maßvoll ergänzt. Nunmehr können auch ausdrücklich bereits aus dem Arbeitsverhältnis zum Arbeitgeber ausgeschiedene Arbeitnehmer und Hinterbliebene mit einem Leistungsanspruch Auskünfte über ihre unverfallbare Anwartschaft verlangen.

Zu Z 6 (Art. VI Z 16):

Von den Neuregelungen der §§ 7 und 17 sollen Leistungszusagen insoweit erfasst werden, als aus diesen nach dem Zeitpunkt des Inkrafttretens Anwartschaften entstehen.