Erläuterungen

Allgemeiner Teil:

Das Protokoll zur Abänderung des am 13. April 2000 in Moskau unterzeichneten Abkommens zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Russischen Föderation zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen ist gesetzändernd bzw. gesetzesergänzend und bedarf daher der Genehmigung des Nationalrats gemäß Art. 50 Abs. 1 Z 1 B-VG. Es hat nicht politischen Charakter. Es ist der unmittelbaren Anwendung im innerstaatlichen Rechtsbereich zugänglich, sodass die Erlassung von Gesetzen gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 3 B-VG nicht erforderlich ist. Da durch das Protokoll Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder geregelt werden, bedarf es überdies der Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 2 B-VG.

Das Abkommen ist zum Teil veraltet und entspricht nicht mehr dem neuesten OECD-Standard. Der Ausbau der Wirtschaftsbeziehungen Österreichs zu Russland erfordert die Vermeidung internationaler Doppelbesteuerungen durch den Abschluss eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung gemäß den neuesten Entwicklungen im internationalen Steuerrecht. Es soll damit auch der Standort Österreich für den weiteren Ausbau der wirtschaftlichen Beziehungen gestärkt werden. Die jüngsten Arbeiten auf Ebene der OECD/G20 zur Bekämpfung der Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung (Base Erosion and Profit Shifting – BEPS) sehen globale Maßnahmen zur Bekämpfung von Gewinnverlagerungen vor und sind nicht darauf ausgelegt, die Spezifika der jeweiligen bilateralen Abkommen zu berücksichtigen. Die bilaterale Teilrevision des Abkommens ist hinsichtlich der Bestimmungen erfolgt, welche nicht durch das Mehrseitige Übereinkommen zur Umsetzung steuerabkommensbezogener Maßnahmen zur Verhinderung der Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung berührt werden.

Von 1. bis 2. Dezember 2009 fand die erste Runde der Verhandlungen zur Revision des Doppelbesteuerungsabkommens in Wien statt. Eine zweite Verhandlungsrunde wurde von 13. bis 15. Juni 2011 in Moskau abgehalten. Abgeschlossen werden konnten die Verhandlungen im Rahmen einer dritten Verhandlungsrunde in Wien am 20. Dezember 2011. Die finale Textabstimmung mit der russischen Seite über die Richtigkeit des Texts und die verschiedenen Sprachfassungen des vorliegenden Protokolls ist per Email am 19. Juni 2017 erfolgt.

Das Protokoll entspricht dem neuen OECD-Standard betreffend steuerliche Transparenz und Amtshilfebereitschaft.

Die Ergebnisse des Aktionsplans der OECD/G20 betreffend Base Erosion and Profit Shifting (BEPS) werden nicht im Rahmen der gegenständlichen Abkommensrevision in das Doppelbesteuerungsabkommen mit Russland aufgenommen, da sie bereits durch das Mehrseitige Übereinkommen zur Umsetzung steuerabkommensbezogener Maßnahmen zur Verhinderung der Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung auf das Abkommen Anwendung finden.

Das Protokoll ist das erste Abkommen Österreichs mit der Russischen Föderation seit der völkerrechtswidrigen Annexion der Krim 2014. Aus diesem Anlass ist daher zur Klarstellung anlässlich der Inkraftsetzung des Protokolls die Abgabe einer österreichischen Erklärung über den territorialen Geltungs­bereichs von Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Russischen Föderation erforderlich. Eine gleichlautende Erklärung über den Geltungs­bereich von Abkommen zwischen der EU und der Russischen Föderation wurde von der EU bereits am 19. September 2014 abgegeben.


Besonderer Teil:

Zu Art. 1:

Es erfolgt eine Änderung des Art. 2 des Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Russischen Föderation zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen, BGBl III 2003/10, das am 13. April 2000 in Moskau unterzeichnet wurde, wodurch die Liste der russischen Steuern im sachlichen Anwendungsbereich an die geltende russische Rechtslage angepasst wird.

Zu Art. 2:

Der Dividendenartikel des Abkommens, Art. 10 DBA Russland idF BGBl III 2003/10, wird auf Anregung der Wirtschaft bezüglich des Abs. 2 lit. a vereinfacht, sodass künftig kein Mindestkapitalerfordernis für die Anwendung des niedrigeren Quellensteuersatzes mehr besteht.

Der Vorschlag Russlands, die Dividendendefinition des Art. 10 Abs. 3 DBA Russland bezüglich Zahlungen auf Anteile an Investmentfonds oder ähnlichen Organismen für gemeinsame Anlagen zu erweitern, wird angenommen. Von der Definition ausgenommen sind Zahlungen auf Anteile an Investmentfonds, welche hauptsächlich in unbewegliches Vermögen investieren, sofern eine Beteiligung von mindestens 10% besteht.

Zu Art. 3:

Auf russischen Wunsch wird eine „Immobilienklausel“ in Art. 13 des Abkommens aufgenommen, wodurch Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen, deren Wert zu mehr als 50% auf unbeweglichem Vermögen beruht, das im anderen Staat liegt, im anderen Staat besteuert werden dürfen. Davon ausgenommen sind jedoch Veräußerungen von Aktien im Rahmen einer Umstrukturierung sowie Veräußerungen von Aktien, die an einer registrierten Wertpapierbörse gelistet sind.

Zu Art. 4:

In Art. 17 Abs. 3 des DBA Russland wird eine Ausnahme vom Besteuerungsrecht des Veranstaltungsstaats aufgenommen. Art. 17 soll öffentlich geförderte künstlerische oder sportliche Tätigkeiten im anderen Vertragsstaat von der dortigen Besteuerung befreien.

Zu Art. 5:

Für Veräußerungsgewinne aus Immobilienbeteiligungen iSd neu eingefügten Art. 13 Abs. 4 wird vonseiten Österreichs bei der Methode zur Vermeidung der Doppelbesteuerung gem. Art. 23 Abs. 1 lit. b die Anrechnungsmethode normiert.

Zu Art. 6:

Es erfolgt eine Anpassung von Art. 26 DBA Russland an den neuen OECD-Standard betreffend steuerliche Transparenz und Amtshilfebereitschaft. Der neue Art. 26 entspricht dem OECD Musterabkommen 2014.

Zu Art. 7:

Es erfolgt eine Aufnahme eines neuen Art. 26 A betreffend „Amtshilfe bei der Vollstreckung von Steuern“. Die Bestimmung weist zahlreiche Abweichungen im Vergleich zu Art. 27 OECD Musterabkommen 2014 auf. Die Bestimmung erfüllt im Übrigen nicht die Voraussetzung der „umfassenden“ Amts- und Vollstreckungshilfe, wie sie das österreichische nationale Recht in einigen Bestimmungen vorsieht.

Zu Art. 8:

Dem Abkommen wird auf Wunsch Russlands eine Bestimmung betreffend die Grenzen der Abkommensvergünstigung angefügt. Die Vergünstigung wird versagt, sofern der Hauptzweck oder einer der Hauptzwecke des Steuerpflichtigen oder einer mit ihm verbundenen Person der Erhalt eben dieser Vergünstigung war. Die Bestimmung ist an den von der OECD im Rahmen des BEPS Aktionspunktes 6 entwickelten „Principal Purpose-Test“ (PPT, Hauptzweck-Kriterium) angelehnt, weist jedoch wesentliche Unterschiede auf.

Zusätzlich zu dieser Bestimmung wird infolge des Mehrseitigen Übereinkommens zur Umsetzung steuerabkommensbezogener Maßnahmen zur Verhinderung der Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung auch der von der OECD entwickelte PPT-Test auf das Abkommen Anwendung finden.

Zu Art. 9:

Dem bestehenden Protokoll des Abkommens werden die folgenden Bestimmungen angefügt, die einen Bestandteil dieses Protokolls darstellen:

Allgemeines:

Diese Protokollbestimmung stellt – mit gewissen Einschränkungen – die Bedeutung des OECD-Kommentars (in der jeweiligen Fassung) als Auslegungshilfe für das Abkommen im Sinne der Wiener Vertragsrechtskonvention klar.

Zudem wird festgelegt, dass für die Anwendung des Art. 26 erforderliche Dokumente nicht beglaubigt werden müssen.

Protokollbestimmung zu Art. 1 DBA Russland:

In dieser Bestimmung wird klargestellt, dass innerstaatliche Anti-Missbrauchs-Regeln vom Abkommen unberührt bleiben.

Protokollbestimmung zu Art. 3 DBA Russland:

Von russischer Seite wird erläutert, dass der Begriff „Gebietskörperschaft“ im Hinblick auf die Russische Föderation die Subjekte der Russischen Föderation beinhaltet, die als solche gemäß der Gesetzgebung definiert werden.

Protokollbestimmung zu Art. 4 DBA Russland:

Diese Bestimmung betreffend Doppelansässigkeit von juristischen Personen stellt im Einklang mit dem OECD-Musterkommentar klar, dass der Ort der tatsächlichen Geschäftsleitung als an dem Ort belegen gilt, wo das Schlüsselmanagement und die grundlegenden wirtschaftlichen Entscheidungen, die für die Führung des Unternehmens insgesamt notwendig sind, im Wesentlichen getroffen werden. Es kann nur jeweils einen Ort der tatsächlichen Geschäftsleitung geben.

Protokollbestimmung zu Art. 6 DBA Russland:

Betreffend die Anwendbarkeit von Art. 6 erläutert das Protokoll, dass Art. 6 Abs. 1 und 3 auch auf Einkünfte eines Immobilieninvestmentfonds oder eines ähnlichen Organismus anwendbar sind, sofern eine Beteiligung des Nutzungsberechtigten von mindestens 10% besteht.

Protokollbestimmung zu Art. 25 DBA Russland:

Eine Meistbegünstigungsklausel wird für den Fall aufgenommen, dass Russland mit einem anderen Staat eine Schiedsklausel in einem DBA vereinbaren sollte. Russland wird in diesem Fall sofort mit Österreich Verhandlungen über die Einfügung einer Schiedsklausel in das Abkommen aufnehmen.

Protokollbestimmung zu Art. 26 DBA Russland:

In diesem Artikel werden die verwaltungstechnischen Auslegungsgrundsätze betreffend die Durchführung des steuerlichen Informationsaustausches entsprechend dem international üblichen Standard und im Einklang mit dem OECD-Musterkommentar geregelt. Es wird klargestellt, welche Informationen in Antwort auf ein Auskunftsersuchen zur Verfügung zu stellen sind. Darin wird auch klargestellt, dass die in Art. 26 vorgesehene Amtshilfe nicht Maßnahmen einschließt, die lediglich der Beweisausforschung dienen (“fishing expeditions”). Zudem wird klargestellt, dass für die Auslegung des Art. 26 DBA Russland der OECD-Musterkommentar sowie der Kommentar zum Abkommen der OECD zum Informationsaustausch in Steuersachen als Auslegungshilfe dienen.

Zu Art. 10:

Diese Bestimmung betrifft den zeitlichen Anwendungsbereich des Revisionsprotokolls und legt fest, dass das Protokoll auf Steuerzeiträume anwendbar ist, die auf das Kalenderjahr des Inkrafttretens folgen.