211 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVI. GP

 

Bericht

des Ausschusses für innere Angelegenheiten

über den Antrag 238/A der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Fremdenpolizeigesetz 2005 geändert wird

Die Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Initiativantrag am 16. Mai 2018 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Österreich hat sich als Vertragsstaat dem Internationalen Pakt über die bürgerlichen und politischen Rechte (I PbpR) sowie seinem Zusatzprotokoll verpflichtet. Darunter fällt auch das Individualbeschwerdeverfahren vor dem UN-Menschenrechtsausschuss (UN Human Rights Committee, "HRC"). Aktuell sind vor dem HRC mehrere Fälle gegen Österreich anhängig, in denen der Ausschuss von seiner Möglichkeit gebraucht gemacht hat, einstweilige Maßnahmen ("Interim Measures") zu erlassen. Diese wurden jedoch mit dem Verweis auf die vorgeblich fehlende Bindungswirkung dieser Maßnahmen und der mangelnden innerstaatlichen Rechtsgrundlage nicht umgesetzt.

Während den meritorischen Entscheidungen ("Views") des HRC in der Tat keine rechtlich bindende Wirkung zukommt, gilt dies nicht automatisch auch für Interim Measures. Das HRC hat bereits in oante Piandong et al. v. The Philippines {Communication No. 869/1999, 19.10.2000, paras. 5.1, 5.2 und 5.4) festgehalten, dass eine Nicht-Umsetzung einer Interim Measure nicht mit den rechtlichen Verpflichtungen eines Mitgliedsstaates unter dem IPbpR vereinbar ist. Zahlreiche führende Völkerrechtsexpert_innen sind diesem Standpunkt mittlerweile gefolgt und gehen von einer Bindungswirkung der Interim Measures aus (Siehe z.B. Christian Tomuschat, Human Rights: Between Idealism and Realism (3rd ed, OUP 2014); Walter Kälin und Jörg Künzli, The Law of International Human Rights Protection (OUP 2009) oder George Letsas, 'International Human Rights and the Binding Force of Interim Measures' (2003) European Human Rights Law Review 527). Selbst bei Annahme einer nichtbindenden Wirkung der Interim Measures wirft die pauschale Nicht-Befolgung von Anordnungen eines der ältesten UN-Vertragsorganen kein gutes internationales Licht auf die Republik.

Im Bereich des Fremden- und Asylrechts besteht allerdings tatsächlich keine rechtliche Möglichkeit, Zwangsmaßnahmen aufgrund einstweiliger Verfügungen von UNVertragsorganen vorläufig auszusetzen. Gerade im Lichte der österreichischen Kandidatur für den UN-Menschenrechtsrat sowie der im Jahr 2020 anstehenden Überprüfung im "Universal Periodic Review" wäre es daher wünschenswert, ebenjene Grundlage zu schaffen und damit den österreichischen Verpflichtungen unter dem IPbpR und seinem Zusatzprotokoll gerecht zu werden. Der vorliegende Antrag ergänzt daher die im fremdenrechtlichen Bereich für einstweilige Maßnahmen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) vorgesehene temporäre Aussetzung von Abschiebungen und Zurückschiebungen um einstweilige Maßnahmen des HRC.“

 

Der Ausschuss für innere Angelegenheiten hat den gegenständlichen Initiativantrag in seiner Sitzung am 21. Juni 2018 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligte sich außer der Berichterstatterin Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper der Abgeordnete Mag. Philipp Schrangl.


 

Bei der Abstimmung fand der gegenständliche Initiativantrag keine Mehrheit (für den Antrag: S, N, P, dagegen: V, F).

Zum Berichterstatter für den Nationalrat wurde Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA gewählt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Ausschuss für innere Angelegenheiten somit den Antrag, der Nationalrat wolle diesen Bericht zur Kenntnis nehmen.

Wien, 2018 06 21

                        Hans-Jörg Jenewein, MA                                                          Angela Lueger

                                   Berichterstatter                                                                            Obfrau