248 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVI. GP

 

Bericht

des Wissenschaftsausschusses

über den Antrag 296/A der Abgeordneten Dr. Josef Smolle, Dr. Brigitte Povysil, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Universitätsgesetz 2002 – UG geändert wird

Die Abgeordneten Dr. Josef Smolle, Dr. Brigitte Povysil, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Initiativantrag am 13. Juni 2018 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Zu Z 1 (§ 29 Abs. 6):

Gemäß § 31 Abs. 1 UG umfasst der Klinische Bereich einer Medizinischen Universität bzw. einer Medizinischen Fakultät jene Einrichtungen, die funktionell gleichzeitig Organisationseinheiten einer öffentlichen Krankenanstalt sind. Der Klinische Bereich besteht aus den ‚Universitätskliniken‘ und den ‚Klinischen Instituten‘ sowie deren Subeinheiten (‚Klinischen Abteilungen‘), die somit zugleich einerseits Teil der Universität und andererseits Teil der jeweiligen Krankenanstalt sind. Die Erfüllung der universitären Aufgaben in Forschung und Lehre erfolgt in diesem Bereich im Zusammenwirken mit der betreffenden Krankenanstalt (§ 29 Abs. 1 UG). Bei den Organisationseinheiten des Klinischen Bereichs besteht somit zwingend eine organisatorische und funktionelle Verflechtung (siehe Kopetzki in Perthold-Stoitzner, UG3 § 31 Rz 1). Alle anderen Organisationseinheiten von Medizinischen Universitäten bzw. Medizinischen Fakultäten zur Erfüllung von Forschungs- und Lehraufgaben bilden den Nichtklinischen Bereich. Das UG sieht für den Klinischen Bereich entsprechende Sonderbestimmungen vor, die auch in den krankenanstaltenrechtlichen Regelungen ihren Niederschlag finden. Die Regelungen im Bundesgesetz über Krankenanstalten und Kuranstalten (KAKuG), BGBl. Nr. 1/1957, beziehen sich ausschließlich auf den Klinischen Bereich.

An den Organisationseinheiten des Nichtklinischen Bereichs werden Untersuchungen und Befundungen, die mittelbar für Patientinnen und Patienten erfolgen, mit dem vorrangigen Zweck durchgeführt, Daten zu generieren und zu dokumentieren, die Hinweise auf medizinische Problemstellungen aufzeigen, welche den Ausgangspunkt und die notwendige Grundlage für wissenschaftliche Forschungsprojekte und Publikationen darstellen (Forschungsdatenerhebung). Zu diesem Zweck schließt die Medizinische Universität bzw. Universität, an der eine Medizinische Fakultät eingerichtet ist, Verträge mit externen Probeneinsendern (Krankenanstalten, niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten etc.) einschließlich Verträgen mit Sozialversicherungsträgern über Zuweisungen von Vertragsärztinnen und -ärzten sowie Vertragseinrichtungen ab. Ohne dieses Proben- und Datenmaterial könnte die Medizinische Universität bzw. Medizinische Fakultät im Nichtklinischen Bereich ihren gesetzlich aufgetragenen Aufgaben in Forschung, Lehre und Ausbildung nicht nachkommen.

Eine Zulässigkeitsschranke besteht insofern, als diese Untersuchungen und Befundungen, die mittelbar für Patientinnen und Patienten durchgeführt werden, der wissenschaftlichen Forschung dienen müssen. Dadurch soll eine Ausweitung auf Bereiche verhindert werden, die mit den wissenschaftlichen Aufgaben der Organisationseinheit in keinem Zusammenhang stehen [siehe RV 692 BlgNR XX. GP – Änderung des Bundesgesetzes über die Organisation der Universitäten (UOG 1993)].

Durch die gegenständliche Regelung soll klargestellt werden, dass Nichtklinische Organisationseinheiten bei der Durchführung von solchen Untersuchungen und Befundungen im Rahmen der Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben in Forschung und Lehre handeln und daher nicht den Regelungen des Krankenanstaltenrechts unterliegen. Vor dem Hintergrund von Art. 17 Staatsgrundgesetz vom 21. December 1867 über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger für die im Reichsrathe vertretenen Königreiche und Länder, RGBl. Nr. 142/1867 idg Fassung, und Art. 81c Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), BGBl. 1/1930 idg Fassung kann und darf es diesbezüglich zu keiner Bedarfsprüfung kommen, um den Erfordernissen in Forschung und Lehre nachkommen zu können. Die Freiheit der wissenschaftlichen Forschung garantiert die Wahl des Gegenstandes, der zu behandelnden Fragen und der Methoden der Forschung, die Durchführung von Forschungsarbeiten, einschließlich empirischer Studien [siehe etwa Kröll in Kneihs/Lienbacher, Rill-Schäffer-Kommentar Bundesverfassungsrecht (Art. 17 Rz 33)]. Da Untersuchungen und Befundungen im Nichtklinischen Bereich einer Medizinischen Universität bzw. Medizinischen Fakultät, die wissenschaftlichen Zwecken dienen, immer Grundlage und Bestandteil der universitären Forschung waren, stellt die gegenständliche Bestimmung eine Angelegenheit des Art. 14 B-VG dar.

Zu Z 2 und 3 (§ 35 und § 35a Abs. 2 und 3):

Die Klinisch-Praktische Ausbildung (‚Klinisch-Praktisches Jahr‘) im Rahmen des Studiums Humanmedizin gemäß § 35a wird zum Großteil  in den Universitätskliniken oder in den mit den Medizinischen Universitäten bzw. Medizinischen Fakultäten kooperierenden Lehrkrankenhäusern durchgeführt. Diese Krankenanstalten müssen definierte Qualitätskriterien erfüllen und von den Universitäten als Lehrkrankenhaus anerkannt werden. Die Festlegung der Qualitätskriterien, Auswahl und Durchführung des Verfahrens zur Anerkennung als Lehreinrichtung erfolgt direkt durch die Medizinischen Universitäten bzw. Universitäten, an denen eine Medizinische Fakultät eingerichtet ist. Der Titel „Lehrkrankenhaus“ kann nach Abschluss einer entsprechenden Vereinbarung mit den Medizinischen Universitäten bzw. den Universitäten, an denen eine Medizinische Fakultät eingerichtet ist, von den jeweiligen Krankenanstalten geführt werden. Analog gilt dies auch für das Zahnmedizinisch-Klinische Praktikum.

Im Rahmen des Studiums der Human- bzw. Zahnmedizin finden der allgemeinmedizinische Teil der Ausbildung und in geringem Ausmaß auch fachspezifische und zahnmedizinische Ausbildungen immer öfter auch im niedergelassenen Bereich statt. Bisher wurden diese – mangels spezifischer Regelungen – von den Medizinischen Universitäten bzw. Universitäten, an denen eine Medizinische Fakultät eingerichtet ist, rechtlich analog zu den Lehrkrankenhäusern behandelt. Wie bei den Lehrkrankenhäusern wurden bei Vorliegen der geforderten Kriterien ebenfalls Vereinbarungen mit den jeweiligen (Fach-) Ärztinnen und Ärzten abgeschlossen und die Einrichtungen im niedergelassenen Bereich über diese Vereinbarung in den Lehrbetrieb der Medizinischen Universitäten bzw. Universität, an deren eine Medizinische Fakultät eingerichtet ist, integriert (sogenannte ‚Lehrordinationen‘).

Durch die Einführung der Bezeichnung ‚Lehrordination‘ können die Universitäten bzw. die Universitäten, an denen eine Medizinische Fakultät eingerichtet ist, nun auch den die universitäre Ausbildung unterstützenden Einrichtungen des niedergelassenen Bereichs ihre Anerkennung ausdrücken.

Diese Lehrordinationen sind nicht Teil einer Krankenanstalt und können somit nicht unter § 35a Abs. 2 (Klinisch-Praktisches Jahr) subsumiert werden. Aus diesem Grund wird für die Lehrordinationen eine den Lehrkrankenhäusern entsprechende Regelung in § 35 und § 35a aufgenommen, indem an § 35 ein Abs. 2 angefügt und in § 35a die Begriffe ‚Krankenanstalt‘ jeweils durch ‚Lehreinrichtung‘ ersetzt werden. Im neu geschaffenen § 35b (siehe dazu Z 3 und 4) ist dieser Punkt bereits berücksichtigt, da auch im zahnmedizinischen Bereich die praktische Ausbildung an ‚Lehrordinationen‘ erfolgen kann.

Zu Z 4 und 5 (§ 35b und § 52 Abs. 3):

Das Zahnmedizinisch-Klinische Praktikum ist Teil des Studiums der Zahnmedizin. Studierende sind Auszubildende, die nur in dem für das Erreichen der Ausbildungsziele notwendigen Ausmaß zu Routinetätigkeiten herangezogen werden können. Gleichzeitig muss gewährleistet sein, dass das Zahnmedizinisch-Klinische Praktikum als Teil des Studiums die geforderte Breite der klinischen Ausbildung sicherstellt. Die diesbezüglich einschlägigen Regelungen des Zahnärztegesetzes, insbesondere § 33 ZÄG, sind hierbei zu beachten. Die in der Z 5 erfolgte Erwähnung des § 35b UG dient lediglich zur Klarstellung, dass die Regelungsmöglichkeiten des Senats sich auf Beginn und Ende des Zahnmedizinisch-Klinischen Praktikums im Sinne des neu zu schaffenden § 35b UG beziehen.

Die Regelungen in § 35b und § 52 Abs. 3 wurden analog zu den Regelungen über das Klinisch-Praktische Jahr im Rahmen des Studiums der Humanmedizin aufgenommen und dienen der Klarstellung, dass – wie beim Klinisch-Praktischen Jahr – die Absolvierung des Zahnmedizinisch-Klinischen Praktikums kein Dienst- oder Arbeitsverhältnis im Sinne der arbeits- und sozialrechtlichen Bestimmungen zum Rechtsträger der Lehreinrichtung begründet, sondern nach den studienrechtlichen Vorschriften im Rahmen des Studiums der Zahnmedizin erfolgt. Auch eine allfällige Unterstützungsleistung zur Lebensführung bzw. die kostenfreie Bereitstellung der im Rahmen des Zahnmedizinisch-Klinischen Praktikums erforderlichen Materialien durch den Rechtsträger der Lehreinrichtung bewirkt daran keine Änderung. In Analogie zu den Regelungen über das Klinisch-Praktische Jahr im Rahmen des Studiums der Humanmedizin wird die Möglichkeit einer freiwilligen Unterstützung zur Lebensführung während des Zahnmedizinisch-Klinischen Praktikums durch den Rechtsträger einer Krankenanstalt nicht beeinflusst.

Zu Z 6 (§ 125):

Mit der Erlangung der Vollrechtsfähigkeit der Universitäten mit Wirksamwerden des Universitätsgesetzes 2002 haben die Universitäten ua die Personalhoheit über die von ihnen beschäftigten Personen erhalten. Die in einem provisorischen oder definitiven öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis stehenden Bundesbediensteten konnten jedoch nicht durch Gesetz in Dienstverhältnisse zur Universität übergeleitet werden, sondern hatten ein Recht darauf, in ihrem bestehenden Beamtendienstverhältnis zu bleiben. Sie wurden – und werden auch weiterhin – der jeweiligen Universität zur Dienstleistung zugeteilt.

Die den Universitäten zur Dienstleistung zugewiesenen Beamtinnen und Beamten sind weiterhin vom Bund über das Bundesrechenzentrum zu besolden. Aus Gründen der Budgetwahrheit und Budgetklarheit sind diese Aufwendungen von den vollrechtsfähigen Universitäten dem Bund zu ersetzen.

In den Erläuterungen zu § 125 UG (siehe 1134 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrats XXI. GP) ist dazu ausdrücklich festgehalten, dass dabei von den Universitäten auch ein Anteil für den künftigen Pensionsaufwand zu leisten ist. Der Bund hat jedoch den Universitäten aufgrund seiner Finanzierungsverpflichtung im Rahmen der Budgetzuweisung über die Leistungsvereinbarung die dafür erforderlichen Mittel zu Verfügung zu stellen.“

 

Der Wissenschaftsausschuss hat den gegenständlichen Initiativantrag in seiner Sitzung am 28. Juni 2018 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter, dem Abgeordneten Dr. Josef Smolle, die Abgeordneten Mag. Dr. Sonja Hammerschmid, Dr. Alfred J. Noll, Claudia Gamon, MSc (WU), Mag. Andrea Kuntzl, Dr. Maria Theresia Niss, MBA, Philip Kucher, Mag. Dr. Rudolf Taschner und Mag. Dr. Martin Graf sowie der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung Univ.-Prof. Dr. Heinz Faßmann und der Ausschussobmann Abgeordneter MMMag. Dr. Axel Kassegger.

 

Ein Antrag des Abgeordneten Dr. Alfred J. Noll, die Verhandlung über die Vorlage zu vertagen, fand nicht die Zustimmung der Ausschussmehrheit (dafür: S, N, P, dagegen: V, F).

 

Bei der Abstimmung wurde der Gesetzentwurf mit Stimmenmehrheit (dafür: V, F, dagegen: S, N, P) beschlossen.

 

Ein im Zuge der Debatte von den Abgeordneten Mag. Andrea Kuntzl, Kolleginnen und Kollegen eingebrachter Abänderungsantrag fand keine Mehrheit (für den Antrag: S, N, P, dagegen: V, F).

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Wissenschaftsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2018 06 28

                                Dr. Josef Smolle                                                    MMMag. Dr. Axel Kassegger

                                   Berichterstatter                                                                           Obmann