Erläuterungen

Allgemeiner Teil

Hauptgesichtspunkte des Entwurfs:

1. Eine der Voraussetzungen der Eintragung einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung in das Firmenbuch ist der Abschluss eines schriftlichen Gesellschaftsvertrags. Dieser bedarf nach § 4 Abs. 3 GmbH-Gesetz der Form des Notariatsakts. Bei dessen Errichtung müssen nach aktueller Rechtslage alle Parteien gleichzeitig persönlich vor dem Notar anwesend sein. Dahinter steht die Überlegung, dass der Notar andernfalls seiner Beistandspflicht gegenüber sämtlichen Parteien nicht (hinreichend) nachkommen und seine rechtsgestaltende Funktion nicht ausüben könnte (vgl. Wagner/Knechtel, Notariatsordnung6 § 52 NO Rz 6). Zudem sind die verlässliche Identifikation der Parteien durch den Notar und die von diesem damit im Zusammenhang einzuhaltenden Prüf- und Sorgfaltspflichten nicht nur ein wesentlicher Punkt für die Gewährleistung der Rechtssicherheit, sondern stellen auch einen ganz wesentlichen Aspekt der Verhinderung der missbräuchlichen Inanspruchnahme der Leistungen des Notars zu Zwecken der Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung dar.

Während nun die Einhaltung des Erfordernisses der gleichzeitigen persönlichen Anwesenheit aller Parteien vor dem Notar in privaten Angelegenheiten zumeist nur eingeschränkt Probleme bereitet, sind damit bei Gesellschaftsgründungen immer wieder Schwierigkeiten verbunden, dies sowohl in zeitlicher Hinsicht wie auch aus Kostengründen. Angesichts dessen und der schon erreichten Qualitäts- und Sicherheitsstandards der zwischenzeitig zur Verfügung stehenden technischen Kommunikationsmöglichkeiten erscheint es legitim und mit den Zielsetzungen und Anforderungen der Notariatsakts-Formpflicht vereinbar, dass sich der Notar beim Zustandekommen eines Vertrags zur Errichtung einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung dieser Kommunikationsmöglichkeiten bedienen können soll, wenn eine (oder mehrere, gegebenenfalls auch alle) der Vertragsparteien nicht vor ihm anwesend ist bzw. sind. Der Entwurf schlägt daher vor, dass der Gesellschaftsvertrag einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach Maßgabe der technischen Voraussetzungen auch in Form eines elektronischen Notariatsakts unter Nutzung einer elektronischen Kommunikationsmöglichkeit errichtet werden kann.

Das ändert aber selbstverständlich nichts an den den Notar im Zusammenhang mit der Verhinderung von Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung sowie von Sozial- und Steuerbetrug treffenden (Sorgfalts-)Pflichten. Auch die endgültige Verantwortung für die Erfüllung der Pflicht zur Identifizierung verbleibt ausdrücklich beim Notar, dem dazu auch sämtliche im Rahmen des elektronisch unterstützten Identifikationsverfahrens erhobenen Daten und aufgezeichneten Vorgänge zur Verfügung stehen müssen. Ist dem Notar anhand dessen eine Erfüllung der ihn treffenden Identifizierungs- und sonstigen Sorgfaltspflichten insgesamt nicht möglich, so hat die Aufnahme des Notariatsakts unter Nutzung einer elektronischen Kommunikationsmöglichkeit zu unterbleiben. Ob in einer solchen Konstellation allenfalls die Aufnahme eines „herkömmlichen“ Notariatsakts unter gleichzeitiger persönlicher Anwesenheit aller Parteien vor dem Notar in Betracht kommt (weil etwa zu erwarten ist, dass auf diese Weise allfällige im Zusammenhang mit der Identifizierung aufgekommene Bedenken noch ausgeräumt werden können), hat der Notar anhand der konkreten Umstände im Einzelfall zu beurteilen.

Auch wenn diese besondere Errichtungsmöglichkeit nach dem Entwurf ausschließlich für die „digitale GmbH-Gründung“ vorgeschlagen wird, sind sowohl dessen grundsätzliche Zulässigkeit wie auch die konkret einzuhaltenden Anforderungen in der Notariatsordnung (und hier konkret in einem neuen § 69b), vorzusehen und festzulegen. Im GmbH-Gesetz genügt demgegenüber die Anordnung, dass die Errichtung des Gesellschaftsvertrags unter Nutzung dieser besonderen Form des Notariatsakts möglich und zulässig ist.

2. Bei der Anmeldung einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung zum Firmenbuch ist ferner zu beachten, dass die Geschäftsführer nach § 9 GmbH-Gesetz zugleich mit der Anmeldung ihre Unterschrift vor dem Registergericht zu zeichnen oder die Zeichnung in beglaubigter Form vorzulegen haben. Das mit der vorgeschlagenen „digitalen GmbH-Gründung“ verfolgte Ziel einer Vereinfachung, Beschleunigung und Kostenersparnis würde aber unterlaufen werden, wenn zwar der Gesellschaftsvertrag auch unter Beteiligung eines nicht physisch anwesenden Gesellschafters wirksam errichtet werden kann, die Eintragung im Firmenbuch aber dann zumindest vorübergehend daran scheitert, dass die für die Anmeldung benötigte beglaubigte Musterzeichnung des Geschäftsführers der Gesellschaft voraussetzt, dass dieser seine Unterschrift persönlich vor dem Notar leistet. Im Entwurf wird daher für solche (Sonder-)Fälle einer notwendigen Beglaubigung einer händischen Unterschrift (oder einer elektronischen Signatur) gleichfalls die Möglichkeit vorgeschlagen, dass die Beurkundung der Echtheit der Unterschrift (oder der elektronischen Signatur) durch den Notar ausnahmsweise auch im Fall einer nicht anwesenden Partei erfolgen kann.

Ausdrücklich zu betonen ist aber gleichzeitig, dass an ein generelles Abgehen vom Erfordernis der persönlichen Anwesenheit der Parteien vor dem Notar beim Abschluss eines Notariatsakts nicht gedacht ist; Entsprechendes gilt auch für den Bereich der Unterschriftsbeglaubigung.

3. Im Bereich der Unterschriftsbeglaubigung durch den Notar besteht darüber hinaus insofern ein Anpassungsbedarf, als sich die dabei vom Notar zum Schutz der Rechtmäßigkeit und Rechtssicherheit einzuhaltenden Pflichten derzeit nicht hinreichend deutlich im Gesetz widerspiegeln.

Kompetenzgrundlage:

Die Zuständigkeit des Bundes ergibt sich aus Art. 10 Abs. 1 Z 6 B-VG (Angelegenheiten der Justizpflege, Angelegenheiten der Notare und der Rechtsanwälte sowie Zivilrechtswesen).

Besonderer Teil

Zu Art. 1 (Änderung des GmbH-Gesetzes)

Mit der vorgeschlagenen Änderung wird der die Form des Notariatsakts für den Gesellschaftsvertrag einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung anordnende § 4 Abs. 3 GmbH-Gesetz dahin erweitert, dass der Notariatsakt auch elektronisch unter Nutzung einer elektronischen Kommunikationsmöglichkeit (§ 69b NO) erfolgen kann. Die nähere Ausgestaltung der insofern modifizierten Formanforderungen an den Notariatsakt enthält der neu vorgeschlagene § 69b NO.

Zu Art. 2 (Änderung der Notariatsordnung)

Zu Z 1 und 2 (§ 36a Abs. 3, § 36b Abs. 7, 8 und 9 NO)

Bei den Änderungen handelt es sich um Zitatberichtigungen.

Zu Z 3 (§ 36c Abs. 5 NO)

Gemäß § 70 Abs. 2 Datenschutz-Anpassungsgesetz 2018, BGBl. I Nr. 120/2017, ist die Standard- und Muster-Verordnung 2004 – StMV, BGBl. II Nr. 312/2004, mit Ablauf des 24. Mai 2018 außer Kraft getreten. Damit ist auch die Bezugnahme auf die StMV in § 36c Abs. 5 NO obsolet und ist aufzuheben; die in dieser Bestimmung vorgesehene, datenschutzrechtlich gebotene Ermächtigung an den Bundesminister für Inneres (Bundeskriminalamt, Geldwäschemeldestelle gemäß § 4 Abs. 2 Bundeskriminalamt-Gesetz), die erforderlichen Daten zur Wahrnehmung der ihm nach §§ 36b und 36c Abs. 1 bis 4 NO zukommenden Aufgaben zu ermitteln und gemeinsam mit Daten, die er in Vollziehung von Bundes- oder Landesgesetzen verarbeitet hat oder verarbeiten darf, zu verarbeiten, bleibt davon unberührt.

Zu Z 4 und 14 (§ 69b und § 140a Abs. 2 Z 8 NO)

Die wirksame Errichtung eines Notariatsakts setzt nach derzeitiger Rechtslage voraus, dass alle Parteien bei der Errichtung gleichzeitig und persönlich vor dem Notar anwesend sind, dies bis zu ihrer eigenen Unterfertigung der Urkunde (Wagner/Knechtel, Notariatsordnung6 § 52 NO Rz 19 und § 68 NO Rz 13). Ein Verstoß gegen dieses Erfordernis hat nicht nur den Verlust der Kraft einer öffentlichen Urkunde zur Folge, sondern kann den Notar auch disziplinarrechtlich verantwortlich machen und zu dessen Haftung führen (vgl. § 38 NO). Im Interesse der Parteien und zur Gewährleistung einer geordneten und funktionierenden vorsorgenden Rechtspflege wird dadurch sichergestellt, dass der Notar die ihn als öffentliche Urkundsperson gegenüber allen treffenden Identifizierungs-, Beistands- und Belehrungspflichten verlässlich und umfassend erfüllen kann. Darüber hinaus kommt dem Notar auch eine bedeutsame „Gatekeeper“-Funktion zur Verhinderung von Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung zu, weshalb ihm auch besondere Sorgfaltspflichten unter anderem bei der Identifizierung der an einem „geldwäschegeneigten“ Geschäft (vgl. § 36a Abs. 1 NO) beteiligten Personen auferlegt sind. Diese Pflichten dienen gleichzeitig auch der Verhinderung von Sozial- und Steuerbetrug. Aufgrund der damit insgesamt verfolgten, im Allgemeininteresse liegenden Ziele (wie insbesondere auch die Gewährleistung der Rechtmäßigkeit und Rechtssicherheit von Akten zwischen Privatpersonen) soll am Erfordernis der persönlichen Anwesenheit der Parteien vor dem Notar auch in Hinkunft grundsätzlich festgehalten werden.

Gleichzeitig hat die zuletzt rund um die mit dem Deregulierungsgesetz 2017, BGBl. I Nr. 40/2017, geführte, letztlich in die Schaffung der Möglichkeit einer vereinfachten Gründung nach § 9a GmbH-Gesetz gemündete breite Diskussion aber gezeigt, dass in der Wirtschaft ein Bedarf nach verstärkter Nutzung der zwischenzeitig zur Verfügung stehenden, ein hohes Maß an Sicherheit gewährleistenden elektronischen Kommunikationsmöglichkeiten besteht. In der Tat kann das Erfordernis der gleichzeitigen persönlichen Anwesenheit sämtlicher künftiger Gesellschafter vor dem Notar gerade bei der Gründung einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit einem erheblichen Zeit- und auch Kostenaufwand verbunden sein, der die Gesellschaftsgründung insgesamt erheblich erschweren kann. Aus diesem Grund hat sich die Bundesregierung im Regierungsprogramm für die 26. Gesetzgebungsperiode die Schaffung der gesetzlichen Voraussetzungen für die „Digitalgründung von GmbH mit dem Notar“ als ausdrückliches Ziel gesetzt.

Diesem Vorhaben dient – gemeinsam mit der gleichzeitig vorgesehenen Änderung in § 4 Abs. 3 GmbH-Gesetz – die in einem neuen § 69b NO vorgeschlagene Zulässigkeit der Errichtung eines elektronischen Notariatsakts unter Nutzung einer elektronischen Kommunikationsmöglichkeit. Diese Variante eines elektronischen Notariatsakts soll dabei aus den oben angeführten Gründen aber nicht generell vorgesehen werden. Vielmehr muss deren Zulässigkeit im jeweiligen Materiengesetz ausdrücklich angeordnet werden. Darüber hinaus soll keine generelle Verpflichtung jedes einzelnen Notars bestehen, dass er diese Möglichkeit auch tatsächlich unverzüglich nach dem Inkrafttreten des Gesetzes anbieten muss; dies soll davon abhängen, dass bei ihm bereits die erforderlichen technischen Voraussetzungen dafür erfüllt sind. Diese Klarstellung ist nicht zuletzt im Lichte der in § 35 NO normierten grundsätzlichen Verpflichtung des Notars zur Amtstätigkeit nach § 1 NO erforderlich.

Der Vorschlag baut auf der bereits bisher möglichen elektronischen Errichtung eines Notariatsakts (die nicht elektronische Errichtung, somit der herkömmliche Papier-Notariatsakt, ist diesfalls nicht zulässig) und den für diesen geltenden Voraussetzungen auf; zusätzlich werden in § 69b Abs. 2 bis 4 NO aber darüber hinaus einzuhaltende Erfordernisse vorgesehen, um die Sicherstellung eines dem (unveränderten) Regelfall der physischen Anwesenheit der Parteien vor dem Notar entsprechenden Sicherheits- und Qualitätsstandards zu gewährleisten.

Der vorgeschlagene § 69b Abs. 2 NO beschäftigt sich mit den – angesichts der bloßen „Zuschaltung“ der Partei im Weg einer (vereinfach gesagt) „qualifizierten Videokonferenz“ – notwendigen besonderen Maßnahmen zur Sicherstellung der verlässlichen Feststellung und Prüfung der Identität der betreffenden Person. Im Besonderen Bedacht zu nehmen ist dabei auf das potenziell erhöhte Risiko der Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung gemäß § 36b Abs. 2 NO in Verbindung mit der Anlage III zum Finanzmarkt-Geldwäsche-Gesetz (FM-GwG). In Anlehnung an die in § 6 Abs. 4 Z 1 und 2 FM-GwG für die „Fern-Identifizierung“ vorgesehenen Möglichkeiten (vgl. § 6 Abs. 4 Z 1 und 2 FM-GwG) soll der Notar die Identitätsfeststellung entweder anhand eines amtlichen Lichtbildausweises im Rahmen eines videogestützten elektronischen Verfahrens oder durch ein gesetzlich vorgesehenes Verfahren, mit dem gesichert dieselbe Information wie mit der Vorlage eines amtlichen Lichtbildausweises zur Verfügung gestellt wird (elektronischer Ausweis), vorzunehmen haben.

Da die gesetzliche Umsetzung des Konzepts der Weiterentwicklung der Funktion Bürgerkarte zu einem vollwertigen elektronischen Ausweisdokument („elektronischer Ausweis“) aktuell noch in Vorbereitung ist, kann von den beiden genannten Möglichkeiten in der Praxis vorerst nur die Online-Identifikation nach der Z 1 zur Anwendung kommen. Zur Eröffnung dieser Möglichkeit ist es notwendig, dass das aufgrund der fehlenden physischen Anwesenheit potenziell erhöhte Risiko der Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung durch die Erhebung und Auswertung zusätzlicher Daten im Rahmen dieses Identifikationsverfahrens ausgeglichen wird. Die nähere Ausgestaltung der dabei einzuhaltenden Anforderungen hat – wie dies auch für den Bereich der Kredit- und Finanzinstitute in § 6 Abs. 4 letzter Satz FM-GWG vorgesehen ist – mittels Verordnung (diesfalls des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz) zu erfolgen. In der Verordnung ist dabei insbesondere auch festzulegen, unter welchen Voraussetzungen sich der Notar bei der Identitätsfeststellung und -prüfung eines externen Dienstleisters bedienen kann und welche Anforderungen die den Identifikationsvorgang konkret durchführenden Personen erfüllen müssen. Dabei erscheint es sinnvoll und geboten, sich hinsichtlich dieser spezifischen Maßnahmen zur Sicherstellung der Integrität von im notariellen Bereich verwendeten elektronisch unterstützten Identifkationsverfahren eng an den für den Bereich des Finanzmarkts in der Online-Identifikationsverordnung, BGBl. II Nr. 5/2017, erfolgten Festlegungen zu orientieren, um hier ein möglichst gleichförmiges Regime der „Online-Identifikation“ zu gewährleisten.

Die näheren technischen Voraussetzungen für die Verfahren nach § 69b Abs. 2 Z 1 und (künftig) Z 2 sind in von der Österreichischen Notariatskammer zu erlassenden, formell im Verordnungsrang stehenden Richtlinien zu regeln. Diese Richtlinienkompetenz der Österreichischen Notariatskammer ist auch in § 140a Abs. 2 Z 8 NO ausdrücklich anzuführen. Zweck der Richtlinien ist es, die technische Sicherheit, Integrität und Funktionalität des elektronisch unterstützten Identifikationsverfahrens zu gewährleisten. Dazu haben die Richtlinien insbesondere auch Vorgaben zu den zu verwendenden technischen Schnittstellen und einzuhaltenden technischen Sicherungsverfahren zu enthalten.

Entsprechend Art. 25 zweiter Satz der Richtlinie (EU) 2015/849 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung verbleibt auch im Fall der Heranziehung eines Dritten oder eines externen Dienstleisters die endgültige Verantwortung für die Erfüllung der Pflicht zur Identifizierung beim Notar; dies wird im vorgeschlagenen § 69b Abs. 2 vierter Satz NO ausdrücklich festgehalten. Zur Sicherstellung der Einhaltung seiner Identifizierungspflichten wie auch der weiteren den Notar treffenden Sorgfaltspflichten müssen diesem sämtliche der bei der Feststellung und Prüfung der Identität der Partei unter Verwendung eines elektronischen Verfahrens erhobenen Daten und aufgezeichneten Vorgänge unmittelbar zur Verfügung stehen.

Mit dem vorgeschlagenen Abs. 3 wird klargestellt, dass das Erfordernis der gemeinsamen und gleichzeitigen Beteiligung aller Parteien an der Errichtung des Notariatsakts auch bei bloßer elektronischer „Zuschaltung“ einer oder (allenfalls auch) mehrerer physisch nicht anwesender Personen (die sich auch an verschiedenen Orten aufhalten können) gilt. Letztere müssen unter Nutzung einer elektronischen Kommunikationsmöglichkeit während des gesamten Errichtungsvorgangs einschließlich der Beifügung der Signatur durch alle Parteien ununterbrochen durch eine optische und akustische Zweiweg-Verbindung in Echtzeit mit dem Notar verbunden sein. Bei (bloß) vorübergehender Unterbrechung der Verbindung muss mit der Errichtung des Notariatsakts bis zum vollständigen Wiederaufbau der Verbindung (in Bild und Ton) innegehalten werden. Scheitert ein solcher kurzfristiger Wiederaufbau, ist die Errichtung der Notariatsurkunde abzubrechen (und der Vorgang gegebenenfalls zu einem späteren Zeitpunkt zu wiederholen).

Die Errichtung eines elektronischen Notariatsakts setzt nach § 68 Abs. 1 lit. g NO voraus, dass alle Personen, die ihn zu unterfertigen haben, elektronische Signaturen im Sinn des Art. 3 Z 10 eIDAS-VO verwenden. Der vorgeschlagene § 69b Abs. 4 sieht daran anknüpfend für den „Fern-Notariatsakt“ ergänzend vor, dass zunächst die nicht physisch vor dem Notar anwesenden Partei(en) ihre Signatur der Urkunde beizufügen haben sollen. Erst nach Anbringung auch der übrigen Signaturen hat der Notar sodann seine elektronische Beurkundungssignatur beizusetzen (§ 68 Abs. 1 lit. h NO).

In Entsprechung der datenschutzrechtlichen Vorgaben werden mit dem vorgeschlagenen Abs. 5 die Zwecke der Verarbeitung der nach dem neuen § 69b NO ermittelten personenbezogenen Daten festgelegt.

Zu Z 5 bis 7 und 9 bis 12 (§ 79 Abs. 1, 5 und 6 NO)

Die den Notar nach herrschender Meinung bei der Beglaubigung der Echtheit einer Unterschrift/eines Handzeichens oder einer elektronischen Signatur treffenden Pflichten spiegeln sich in den in diesem Bereich bestehenden gesetzlichen Anforderungen nur unvollständig wider. So ist der Notar aufgrund seiner besonderen Stellung generell zur Wahrung des Gesetzes verpflichtet, sodass er etwa bei Vorliegen eines verbotenen Geschäftes die Vornahme einer Legalisierung abzulehnen haben wird (Wagner/Knechtel NO6 § 34 Rz 2 sowie § 79 Rz 33). Ebenso wird er aufgrund seiner Funktion und seiner Aufgaben im Fall der Kenntnis von der fehlenden Geschäftsfähigkeit einer Person oder daran bestehender konkreter Zweifel deren Unterschrift nicht (bzw. jedenfalls nicht ohne weiteres) beglaubigen dürfen. All dies kommt mit der aktuellen Formulierung des § 79 Abs. 6 NO nur unzureichend zum Ausdruck. Angesichts dessen sowie auch im Lichte der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (insb. EuGH 9.3.2017, Rs C-342/15) sollen mit den vorgeschlagenen Änderungen die Pflichten des Notars bei der Beglaubigung auch auf gesetzlicher Ebene entsprechend aktualisiert und gleichzeitig dahin ergänzt werden, dass die Partei künftig gegenüber dem Notar zu erklären haben soll, dass sie den Inhalt der Urkunde kennt und deren Unterfertigung (Signierung) frei von Zwang erfolgt. Die Bestätigung der Abgabe dieser Erklärung soll vom Notar zusätzlich in den Beglaubigungsvermerk aufzunehmen sein. Der Notar hat seinerseits vom Inhalt der Urkunde (nur) soweit Kenntnis zu nehmen, dass er anhand dessen die Beurteilung nach § 34 Abs. 1 NO vornehmen kann und er die für den Beglaubigungsvermerk und die für die Eintragung in das Beurkundungsregister benötigten Informationen erhält. Bei fremdsprachigen Urkunden hat die Partei erforderlichenfalls den für die Vornahme der Beurteilung nach § 34 Abs. 1 NO durch den Notar notwendigen Urkundeninhalt glaubhaft zu machen; ein entsprechender Vorgang (wie etwa eine Befragung der Partei) wird dabei zweckmäßigerweise im Beglaubigungsregister zu vermerken sein (vgl. schon bisher in diesem Zusammenhang Wagner/Knechtel NO6 § 79 Rz 34). Sollte sich im Einzelfall auch dadurch keine Grundlage für eine hinreichende Beurteilung ergeben, wird ein Dolmetscher beizuziehen oder eine Übersetzung beizubringen sein.

Zu Z 8 (§ 79 Abs. 2 und 2a NO)

Nach § 79 Abs. 2 und 2a NO ist für einen gesetzlich bestimmten Mandantenkreis und unter näher definierten weiteren Voraussetzungen die Beglaubigung einer Unterschrift anhand einer beim Notar hinterlegten Musterunterschrift zulässig. Vorgesehen ist diese Möglichkeit bislang für gesetzliche Vertreter oder Prokuristen von Gebietskörperschaften, verstaatlichten Unternehmen oder sonstigen unter öffentlicher Aufsicht stehenden juristischen Personen. Um hier in der Praxis aufgetretene Unklarheiten zu beseitigen, sollen in diesem Kontext künftig ausdrücklich auch die unter Kontrolle des Rechnungshofes (oder eines Landesrechnungshofes) stehenden Rechtsträger genannt werden.

Zu Z 13 (§ 79 Abs. 9 NO)

Zur Durchführung bestimmter Rechtsgeschäfte müssen insbesondere aus Gründen der Rechtssicherheit neben den für das Geschäft selbst geltenden Formvorschriften auch noch weitere Formerfordernisse eingehalten werden. Beispiel dafür ist der mit dem Vorschlag behandelte Fall der Gründung einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Hier ist – sieht man vom Fall der vereinfachten Gründung nach § 9a GmbH-Gesetz ab – nicht nur der Gesellschaftsvertrag in Notariatsaktsform zu errichten, sondern es bedürfen neben der Anmeldung beim Firmenbuch (§ 11 UGB) auch noch verschiedene der der Anmeldung anzuschließende Urkunden einer Beglaubigung (vgl. § 9 Abs. Z 2 und Abs. 3 GmbH-Gesetz). Es liegt auf der Hand, dass – will man nicht auf halbem Weg stehen bleiben – die mit dem Vorschlag intendierte Nutzbarmachung neuer, hinreichend sicherer technischer Möglichkeiten bei der Erfüllung einer der Formvorschriften in gleicher Weise auch bei der Einhaltung der sonstigen Formerfordernisse Berücksichtigung finden muss.

Demgemäß bedarf es für die im vorgeschlagenen § 69b NO neu vorgesehene Möglichkeit der Errichtung eines elektronischen Notariatsakts unter Nutzung einer elektronischen Kommunikationsmöglichkeit entsprechender Begleitregelungen im Bereich der notariellen Beglaubigung einer händischen Unterschrift oder einer elektronischen Signatur, um sicherzustellen, dass die damit für die Parteien verbundenen Vorteile nicht nur in einem Teilbereich des rechtlichen Gesamtvorgangs, sondern für diesen insgesamt eintreten.

In einem neuen § 79 Abs. 9 NO wird daher vorgeschlagen, dass immer dann, wenn

-       die Errichtung eines elektronischen Notariatsakts unter Nutzung einer elektronischen Kommunikationsmöglichkeit (§ 69 b NO) gesetzlich vorgesehen ist und

-       im unmittelbaren Zusammenhang mit dem in Notariatsaktsform zu errichtenden Rechtsgeschäft auch die Beglaubigung der Echtheit einer Unterschrift oder einer elektronischen Signatur einer nicht physisch vor dem Notar anwesenden Person erforderlich ist,

diese für die Durchführung des Geschäfts notwendigen notarielle(n) Beglaubigung(en) unter sinngemäßer Anwendung des § 69b Abs. 2 und 3 NO erfolgen können.

Für den mit dem Vorschlag konkret geregelten Fall der Errichtung eines Gesellschaftsvertrags einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung in Notariatsaktsform unter Nutzung einer elektronischen Kommunikationsmöglichkeit bedeutet dies, dass der Notar auch die im Zusammenhang mit der Beglaubigung der Musterzeichnung des nicht persönlich vor ihm anwesenden Geschäftsführers (§ 9 Abs. 3 GmbH-Gesetz), der nach § 9 Abs. 2 Z 2 GmbH-Gesetz in beglaubigter Form vorzulegenden Urkunden sowie der Firmenbuchanmeldung (§ 11 UGB) erforderlichen Schritte unter Nutzung einer elektronischen Kommunikationsmöglichkeit vornehmen kann.

Zusätzlich zu den sinngemäß anzuwendenden Erfordernissen des vorgeschlagenen § 69b Abs. 2 und 3 ist es im Zusammenhang mit einer entsprechenden „Fern-Beglaubigung“ durch den Notar dabei unabdingbar, dass der Notar im Weg einer sicheren optischen und akustischen Zweiweg-Verbindung mit der Partei während und – soweit dies zur Sicherstellung der ordnungsgemäßen und zweifelsfreien Beglaubigung erforderlich ist – auch schon vor der Anbringung der händischen Unterschrift/der elektronischen Signatur ununterbrochen auf eine solche Weise verbunden ist, dass er den Vorgang der Unterschrifts- bzw. der Signaturleistung eindeutig und lückenlos mitverfolgen kann.

Soll auf diese Weise die Echtheit einer händischen Unterschrift beglaubigt werden, so hat die Partei nach dem Einscannen des von ihr unterschrieben Dokuments dem solcherart generierten elektronischen Abbild der Urkunde noch ihre elektronische Signatur beizufügen. Durch entsprechende technische Vorkehrungen muss bei solchen Dokumenten zudem sichergestellt sein, dass der Notar einen optischen Vergleich zwischen dem in der Folge durch die Partei an ihn übermittelten elektronischen Dokument und der der Partei nach der Anbringung der Unterschrift vorliegenden Urkunde vornehmen kann.

In den vom Notar sodann – gegebenenfalls – beizufügenden Beglaubigungsvermerk ist zusätzlich zu dem nach § 79 Abs. 5 NO erforderlichen Inhalt auch die Angabe aufzunehmen, dass die Beglaubigung auf der Grundlage des § 79 Abs. 9 NO unter Nutzung einer elektronischen Kommunikationsmöglichkeit durch eine optische und akustische Zweiweg-Verbindung zustande gekommen ist.