1150/J XXVI. GP

Eingelangt am 28.06.2018
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage



 

der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen

an die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz

betreffend Sozialgerichtskosten der SV-Träger

WKÖ-Sozialversicherungsstudie zeigt, wie SV-Träger ihre Verwaltungskosten kleinrechnen

Die Sozialversicherungsstudie der Wirtschaftskammer Österreich ("Effizienzpotentiale in der Sozialversicherung", 2017) berichtet auf den Seiten 39 u. 40: "Es fällt auf, dass in den österreichischen „Weisungen für die Rechnungsführung bei der Sozialversicherung“ der Verwaltungs- und Verrechnungsaufwand nicht alle möglichen Verwaltungskosten umfasst. Die Aufzählung expliziter Kostenpositionen ist im internationalen Vergleich unvollständig. Insbesondere fehlen die der Verwaltungstätigkeit zugeschriebenen Abschreibungen. Eine Reihe von weiteren, in der Aufzählung nicht aufgeführten Kostenpositionen werden in der Erfolgsrechnung der österreichischen SV-Träger unter „sonstige betriebliche Aufwendungen“ erfasst. Sowohl in Deutschland als auch in der Schweiz sehen die entsprechenden Vorschriften eine viel breitere Definition von Verwaltungskosten vor."

https://news.wko.at/news/oesterreich/Studie-c-alm-Effizienz-in-der-Sozialversicherung-15.3.2017.pdf

"Sonstige betriebliche Ausgaben" => Verschiebebahnhof für Verwaltungskosten

Laut WKÖ-SV-Studie gewähren die "Weisungen für die Rechnungsführung bei der Sozialversicherung", die vom BMASGK erlassen werden, den SV-Trägern also die Möglichkeit, Verwaltungsleistungen aus ihren "Verwaltungs- und Verrechnungsaufwendungen" herauszurechnen. Spannend erscheint aber nicht nur, dass Verwaltungsleistungen aus der Gebarungsposition "Verwaltungs- und Verrechnungsaufwand" auf die "Sonstigen betrieblichen Aufwendungen" verschoben werden können, sondern auch um welche Positionen es sich dabei genau handelt.

Leider veröffentlicht nach wie vor nicht jeder SV-Träger Detail-Aufstellungen zu den "Sonstigen betrieblichen Aufwendungen", der gut aufbereitete Jahresbericht der WGKK ermöglicht jedoch einen Einblick. Dort erfährt man, dass unter  "Sonstige betriebliche Aufwendungen" beispielsweise folgende Aufwände verbucht werden: IT-Kosten (e-card, ELGA, IT-SV), Verbandsbeiträge, Subventionen/Mitgliedsbeiträge, Aufsichtsgebühren, Kosten für leerstehende Räume, Spenden, Öffentlichkeits-/Repräsentationsaufwendungen, etc.

https://www.wgkk.at/cdscontent/load?contentid=10008.645433&version=1507719995

Künstlich kleingerechnete Verwaltungskosten sollen gegen SV-Reformen schützen

Pikantes Detail: Die Umgehungsmöglichkeit der Verwaltungskosten auf "Sonstige betriebliche Aufwendungen" senkt nicht nur den "Verwaltungs- und Verrechnungsaufwand", sondern auch die daraus resultierende offizielle SV-Verwaltungskostenquote (siehe "Die österreichische Sozialversicherung in Zahlen"). Somit wird der SV und ihren Funktionären seit Jahren die Möglichkeit gegeben, sich mit einer künstlich kleingerechneten Verwaltungskostenquote gegen Reformen zu wehren. "Von 100 Euro kommen fast 98 Euro den Versicherten zugute." schreibt beispielweise der ÖGB- und SV-Funktionär Manfred Anderle, in Bezugnahme auf die Quote aus "Die österreichische Sozialversicherung in Zahlen".

Sozialgerichtskosten in den "Sonstigen betrieblichen Aufwendungen"

Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass die SV-Träger "Sozialgerichtskosten" auf die Gebarungsgruppe "Sonstigen betrieblichen Aufwendungen" verbuchen, anstatt auf den "Verwaltungs- und Verrechnungsaufwand". Außerdem interessieren die Überlegungen des BMASGK, weshalb die „Weisungen für die Rechnungsführung bei der Sozialversicherung“ das Verbuchen dieser Aufwandsarten auf „Sonstige betriebliche Aufwendungen“ ermöglichen.

Im Jahresbericht der WGKK findet man diesbezüglich in der Erfolgsrechnung die Position "Sozialgerichtskosten" in der Gebarungsgruppe "Sonstige betriebliche Aufwendungen".

https://www.sozialversicherung.at/cdscontent/load?contentid=10008.643707&version=1504527408

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

 

1.    Welche sachlichen Gründe bewegen das BMASGK dazu, in den "Weisungen für die Rechnungsführung bei der Sozialversicherung" festzulegen, dass SV-Träger die Postion "Sozialgerichtskosten" auf die Gebarungsgruppe "Sonstige betriebliche Aufwendungen" verbuchen dürfen, anstatt auf „Verwaltungs- und Verrechnungsaufwand“?

2.    Welche Konten für die Verbuchung von Sozialgerichtskosten gibt es in den Kontenplänen der SV-Träger und welchen Gebarungsgruppen der Erfolgsrechnung sind sie zugeordnet?

3.    Für welche Arten von gerichtlichen Auseinandersetzungen fielen/fallen Sozialgerichtskosten an?

4.    Wie hoch waren bei den einzelnen SV-Trägern die Aufwendungen für "Sozialgerichtskosten" zwischen 2007 und 2017? (Darstellung je Jahr und Träger)

a.    jener Betrag, der in der Erfolgsrechnung auf Gebarungsgruppe "Verwaltungs- und Verrechnungsaufwand" verbucht wurde?

b.    jener Betrag, der in der Erfolgsrechnung auf Gebarungsgruppe "Sonstige betriebliche Aufwendungen" verbucht wurde?

c.    jener Betrag, der in der Erfolgsrechnung auf einer anderen Gebarungsgruppe als in (a.) oder (b.) verbucht wurde?

5.    Gibt es bei den SV-Trägern weitere Gerichtskosten (andere als Sozialgerichtskosten), die auf "Sonstige betriebliche Aufwendungen" verbucht werden?

a.    Wenn ja, welche?

b.    Wenn ja, der Betrag, der zwischen 2007 und 2017 auf "Sonstige betriebliche Aufwendungen" verbucht wurde? (Darstellung je Jahr und Träger)