1524/J XXVI. GP

Eingelangt am 16.08.2018
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Anfrage



der Abgeordneten Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Inneres

betreffend fehlender Akten in Zusammenhang mit der BVT-Affäre

 

Im Zuge des Untersuchungsausschusses betreffend die politische Einflussnahme auf das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung („BVT-Untersuchungsausschuss“) (3/US) gibt es seitens der Oppositionsparteien massive Zweifel, ob das BM.I seiner Aktenlieferungsverpflichtung vollständig nachgekommen ist.

Art 53 Abs 3 B-VG verpflichtet „alle Organe des Bundes, der Länder, der Gemeinden und der Gemeindeverbände sowie der sonstigen Selbstverwaltungskörper…einem Untersuchungsausschuss auf Verlangen im Umfang des Gegenstandes der Untersuchung ihre Akten und Unterlagen vorzulegen“.

Im Grundsätzlichen Beweisbeschluss vom 19. April 2018 wurde das BM.I als ein von der Vorlagepflicht umfasstes Organ angeführt. Das Bundesministerium für Inneres lieferte in weiterer Folge diverse Akten im Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand in 20 Teillieferungen zwischen 25. Mai 2018 und 18. Juni 2018.

Am 6. Juli 2018 erging ein Schreiben aller fünf im Untersuchungsausschuss vertretenen Fraktionen an den Bundeminister für Inneres, in welchem Bedenken hinsichtlich der Vollständigkeit der Aktenübermittlung zum Ausdruck gebracht wurden. Auf Grund dieser Urgenz kam es zu einer weiteren Aktenlieferung seitens des BM.I, welche jedoch die bestehenden Bedenken hinsichtlich der Vollständigkeit der übermittelten Akten nicht auszuräumen vermochte.

Daraufhin brachte ein Viertel der Mitglieder des Untersuchungsausschusses am 18. Juli 2018 ein Verlangen gemäß § 27 Abs 4 UA-VO auf weitere Aktenlieferungen, gerichtet an das BM.I, ein. In diesem Verlangen wurde die Vorlage sämtlicher noch nicht übermittelter Akten und Unterlagen, die vom Untersuchungsgegenstand umfasst sind, begehrt, insbesondere

-          jegliche interne und externe Korrespondenz betreffend die Hausdurchsuchungen seitens des Bundesministers, des Kabinetts bzw. des Generalsekretariats

-          jegliche interne und externe Korrespondenz sowie sonstige Akten und Unterlagen betreffend die Betrauung der Einsatzgruppe zur Bekämpfung der Straßenkriminalität (EGS) mit der Durchführung der Hausdurchsuchungen, sowie deren Planung und Vorbereitung seitens des Bundesministers, des Kabinetts bzw. des Generalsekretariats

-          Vollständige Terminkalender aller OrganwalterInnen, sonstigen Bediensteten sowie MitarbeiterInnen politischer Büros des BMI, soweit diese vom Untersuchungsgegenstand umfasst sind

Die angeführten Unterlagen wurden – mit Ausnahme des auszugsweisen Terminkalenders einer Mitarbeiterin des BM.I – auch in Folge nicht übermittelt.

Außerdem wurde ein Sammelakt zu Sachverhalten mit BVT-Bezug im Kabinett angelegt, dessen Existenz vonseiten des Ministeriums bestätigt wurde. Dieser Sammelakt wurde dem Untersuchungsausschuss jedoch nur auszugsweise vorgelegt. Wie vom Verfassungsgerichtshof zu Recht erkannt (KR 1/2014-19), ist die Einsichtnahme jedoch in alle Unterlagen zu gewähren, welche zur parlamentarischen Aufklärungs- und Kontrollarbeit auch nur abstrakt geeignet sind. Eine zumindest abstrakte Eignung zur Aufkärungsarbeit des Untersuchungsausschusses ist bei genanntem Kabinettsakt schon deshalb evident, da die politische Einflussnahme auf das BVT einen zentralen Punkt des Untersuchungsgegenstandes bildet und Kabinette die politische Arbeit eines Ministeriums steuern, weshalb eine Vorlagepflicht unstrittig gegeben ist.  

Aus Sicht der Anfragesteller ist es geradezu lebensfremd, dass, insbesondere vor dem Hintergrund gesetzlicher Dokumentationspflichten, es (unter anderem) keinerlei elektronische interne wie externe Kommunikation (z.B. auch durch SMS oder WhatsApp-Nachrichten) des Kabinetts bzw. Generalsekretariats rund um die Zeugenvermittlungen an die WKStA bzw. die Vorbereitung und Durchführung und Nachbereitung der Hausdurchsuchung gab; dies wäre wohl nur bei bewusst konspirativer Vorgangsweise denkbar.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

 

1.    Bestehen innerhalb des BM.I Vorschriften, welche Dokumentationspflichten für Handlungen der Organe des BM.I festlegen?

a.    Wenn ja, um welche Vorschriften handelt es sich hierbei und welche Dokumentationspflichten bestehen jeweils für welche Organe?

2.    Von wem und wie wird die Einhaltung bestehender Dokumentationspflichten kontrolliert und wie sind Verstöße zu ahnden?

3.    Wie oft kam es in den letzten drei Jahren zu einer Ahndung von Verstößen gegen Dokumentationspflichten?

a.    Was waren die jeweiligen Konsequenzen?

4.    Wann, wie und in welcher Form ist bei Treffen des Generalsekretärs oder anderen Mitarbeitern des Kabinetts mit anderen Personen eine schriftliche Dokumentation rechtlich geboten?

5.    Wann, wie und in welcher Form ist bei Treffen des Bundesministers mit anderen Personen eine schriftliche Dokumentation rechtlich geboten?

6.    Wann, wie und in welcher Form ist bei Treffen der Generaldirektorin für öffentliche Sicherheit oder anderen leitenden Beamten (Sektionschefs, Direktoren, etc.) inklusive deren Stellvertreter mit anderen Personen eine schriftliche Dokumentation rechtlich geboten?

7.    Wurden seitens der EGS im Rahmen der Hausdurchsuchung im BVT nach Ihrer Einschätzung sämtliche Dokumentationspflichten eingehalten?

a.    Falls ja: aus welchen Sachverhaltselementen schließen sie dies (bitte um chronologische Darstellung und Auflistung der einzelnen Dokumentationsschritte, die seitens der EGS gesetzt wurden)?

b.    Falls nein: warum nicht?

8.    In welcher Form wurde die EGS wann inoffiziell von wem von einem möglichen Einsatz im BVT informiert?

a.    Wie wurde die Kontaktaufnahme von wem dokumentiert?

b.    Falls die Kontaktaufnahme und deren Inhalt nicht dokumentiert wurde, warum nicht?

9.    In welcher Form wurde die EGS wann offiziell von wem von ihrem Einsatz im BVT informiert?

a.    Wie wurde die Kontaktaufnahme von wem dokumentiert?

b.    Falls die Kontaktaufnahme und deren Inhalt nicht dokumentiert wurde, warum nicht?

10. Wurde bei den Kontaktaufnahmen und bei der Betrauung der EGS im Zuge der Hausdurchsuchung der Dienstweg eingehalten?

a.    Falls ja: aus welchen Sachverhaltselementen schließen sie dies (bitte um chronologische Darstellung der einzelnen Schritte, die in Hinblick auf die Betrauung der EGS mit der Durchführung der Hausdurchsuchung gesetzt wurden)?

b.    Falls nein: warum nicht?

11. Wann, wie oft und in welcher Form kam es insgesamt zu einer Kontaktaufnahme zwischen Mitarbeitern der EGS und Mitarbeitern des Kabinetts bzw. des Generalsekretariats betreffend die Hausdurchsuchung im BVT?

a.    Was war jeweils der Inhalt der jeweiligen Kontaktaufnahme?

b.    Wie wurde die jeweilige Kontaktaufnahme dokumentiert?

c.    Falls Kontaktaufnahmen und deren Inhalt nicht dokumentiert wurden, warum nicht?

12. Von wem und in welcher Form wurde innerhalb und/oder außerhalb der EGS die bevorstehende Hausdurchsuchung im BVT geplant?

a.    Wann geschah dies und mit welchem Inhalt?

b.    Von wem wurden etwaige Einsatzpläne besprochen und wie wurden diese dokumentiert?

c.    Falls die Einsatzplanung und deren Inhalt nicht dokumentiert wurden, warum nicht?

13. Von wem und in welcher Form wurden die einzelnen an der Hausdurchsuchung beteiligten Mitarbeiter der EGS von der bevorstehenden Hausdurchsuchung im BVT informiert?

a.    Wann geschah dies und mit welchem Inhalt?

b.    Wie wurde dies dokumentiert?

c.    Falls Kontaktaufnahmen und deren Inhalt nicht dokumentiert wurden, warum nicht?

14. Von wem erhielt die EGS wann Pläne der Räumlichkeiten des BVT?

15. Wie viele Aktenvermerke oder sonstige Schriftstücke wurden von Mitarbeitern der EGS in Zusammenhang mit der Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung der Hausdurchsuchung im BVT angefertigt?

a.    Wann geschah dies und mit welchem Inhalt (bitte um entsprechende Auflistung; sollte die Wiedergabe des Inhalts in detaillierter Form auf Grund von schützenswerten Geheimhaltungsinteressen nicht möglich sein, wird um entsprechende Abstrahierung ersucht)?

16. Gab es innerhalb der EGS in Zusammenhang mit der Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung der Hausdurchsuchung im BVT Telefonate? Bitte um möglichst genaue Auflistung inklusive Inhalt des Informationsaustausches!

17. Gab es innerhalb der EGS in Zusammenhang mit der Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung der Hausdurchsuchung schriftliche Kommunikation per Mail? Bitte um möglichst genaue Auflistung inklusive Inhalt des Informationsaustausches!

18. Gab es innerhalb der EGS in Zusammenhang mit der Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung der Hausdurchsuchung Schriftverkehre per SMS, WhatsApp oder sonstiger Kommunikationsplattformen? Bitte um möglichst genaue Auflistung inklusive Inhalt des Informationsaustausches!

19. Gab es in Zusammenhang mit der Vermittlung von Zeugen an die WKStA interne oder externe Telefonate seitens des Kabinetts, des Generalsekretariats oder des BM? Bitte um möglichst genaue Auflistung inklusive Inhalt des Informationsaustausches!

20. Gab es in Zusammenhang mit der Vermittlung von Zeugen an die WKStA interne oder externe schriftliche Kommunikation (z.B. Mail, SMS, WhatsApp oder Ähnliches) seitens des Kabinetts, des Generalsekretariats oder des BM für Inneres? Bitte um möglichst genaue Auflistung nach Datum, Form, beteiligten Personen, Inhalt!

21. Wie viele Besprechungstermine in Zusammenhang mit der Vermittlung von Zeugen an die WKStA bzw. der Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung der Hausdurchsuchung gab es im Kabinett bzw. Generalsekretariat des BM.I?

a.    Wann fanden diese statt?

b.    Wer nahm daran teil?

c.    Was war der wesentliche Inhalt dieser Besprechungen?

d.    Gab es zu diesen Terminen Kalendereinträge?

                                  i.    wenn ja: im elektronischen Kalender welcher Personen?

e.    Gibt es zu diesen Terminen - sei es im Vorfeld oder in der Nachbearbeitung - irgendwelche schriftlichen Unterlagen (auch umfasst: E-Mail, Aktenvermerke, Protokolle)?

f.      Wenn ja, welche?

22. An wie vielen Besprechungsterminen in Zusammenhang mit der Vermittlung von Zeugen an die WKStA bzw. der Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung der Hausdurchsuchung nahm der Bundesminister für Inneres teil (Bitte um Auflistung Termin, Teilnehmer und wesentlicher Inhalt)?

23. Wie viele Treffen, Telefonate, E-Mails oder sonstige Schreiben (u.a. auch SMS, WhatsApp) gab es seit Ihrem Amtsantritt zwischen der ersten von der WKStA einvernommenen Zeugin und Ihnen, Ihrem Generalsekretär oder Herrn Dr. Lett (um gegliederte Auflistung wird ersucht!)?

24. Wie viele Treffen, Telefonate, E-Mails oder sonstige Schreiben (u.a. auch SMS, WhatsApp) gab es seit Ihrem Amtsantritt zwischen dem zweiten von der WKStA einvernommenen Zeugen und Ihnen, Ihrem Generalsekretär oder Herrn Dr. Lett (um gegliederte Auflistung wird ersucht!)?

25. Wie viele Treffen, Telefonate, E-Mails oder sonstige Schreiben (u.a. auch SMS, WhatsApp) gab es seit Ihrem Amtsantritt zwischen dem vierten von der WKStA einvernommenen Zeugen und Ihnen, Ihrem Generalsekretär oder Herrn Dr. Lett (um gegliederte Auflistung wird ersucht!)?

26. Ist die Information, dass es sich beim Sammelakt 34110/KBM um jenen Akt handelt, in welchem Sachverhalte des Kabinetts mit Bezug zum BVT veraktet werden, korrekt?

a.    Nach welchen Kriterien wurde entschieden, welche Teile des Sammelaktes 34110/KBM dem "BVT-Untersuchungsausschuss" vorgelegt werden?

b.    Was ist Inhalt der sonstigen im Sammelakt 34110/KBM befindlichen Akten (um eine möglichst genaue Auflistung der einzelnen nicht dem Untersuchungsausschuss vorgelegten Akten mit jeweiliger Laufnummer und kurzer Inhaltsbeschreibung wird ersucht. Sollten hinsichtlich des Inhalts schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen bestehen, wird um entsprechende Abstrahierung ersucht)?