2008/J XXVI. GP

Eingelangt am 17.10.2018
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Anfrage

 

der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Verfassung‚ Reformen‚ Deregulierung und Justiz

betreffend Grundstücksdeal in Hard – Folgeanfrage

 

 

Nach Einbringung der Anfrage 1556/J sind weitere Ereignisse vorgefallen, die zusätzliche Fragen aufwerfen.

Zur Vorgeschichte:

Der ÖVP-Gemeindepolitiker Albert Büchele hat unter Heranziehung des Rechtsanwaltes und ÖVP-Landtagsabgeordneten Mag. Kucera als Vertragserrichter einem dementen 96-jährigen Mann einen Grundstücksanteil zum Bruchteil des tatsächlichen Werts abzukaufen versucht. Der Sachverhalt wurde vom Sohn des 96-jährigen bei der Staatsanwaltschaft Feldkirch angezeigt. Die StA Feldkirch ermittelte in der Folge wegen des Verdachts des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB. In dieser Phase wurde die Anfrage 1556/J eingebracht.

Beurteilung der Geschäftsfähigkeit

Zwischenzeitlich hat die Staatsanwaltschaft Feldkirch das Verfahren eingestellt. Die Staatsanwaltschaft fokussierte bei den Ermittlungen auf die Frage, ob die Beschuldigten die Geschäftsunfähigkeit des 96-jährigen beurteilen konnten oder nicht. Dazu hat die Staatsanwaltschaft Feldkirch ein Sachverständigengutachten eingeholt. Es ist von vornherein klar, dass die Beurteilung der Geschäftsfähigkeit nur von einem sachverständigen Mediziner beurteilt werden kann. Mit dieser Vorgangsweise musste das Ermittlungsverfahren zugunsten der Beschuldigten ausgehen, wenn also ein Sachverständiger etwas gefragt wird, was nur ein Sachverständiger beurteilen kann und die Frage der Strafbarkeit des Vorgehens davon abhängig gemacht wird, dass die Beschuldigten die Fähigkeit eines Sachverständigen zur Beurteilung der Geschäftsfähigkeit haben.

Aus dem Gutachten des Prof. Dr. Haller, erstattet im gegenständlichen Verfahren, geht allerdings hervor, dass hier „auch Außenstehende und Laien bei Herrn Dipl.-Ing. S. in der Zeit um den 22.06.2015 herum wahrnehmen konnten, dass der hochbetagte Mann durch die Alltagseinflüsse psychisch verändert war“. (Seite 29) Weshalb allerdings die StA Feldkirch davon ausgeht, dass Betrug und Betrugsvorsatz nur bei Erkennen der Geschäftsunfähigkeit naheliegt und nicht bereits dann, wenn das Opfer hochbetagt und psychisch auffällig ist, erschließt sich nicht.

Die Staatsanwaltschaft hat also zur näheren Feststellung des Betrugsverdachts ermittelt, ob die nichtsachverständigen Beschuldigten jenes Sachverständigenwissen besitzen und angewendet haben, mit dem ein Sachverständiger die Geschäftsfähigkeit beurteilt.

Anschein der Voreingenommenheit vermeiden

In einem relativ kleinen Bundesland, in dem gleichsam jeder jeden kennt, besteht die Gefahr der Befangenheit oder der Voreingenommenheit latent.

Nachdem der VfGH die Bürgermeisterwahl in Bludenz wegen Manipulationen aufgehoben hatte, hat die Oberstaatsanwaltschaft Innsbruck den „Wahlkartenaffäre“ aus Feldkirch abgezogen, „um jeglichen Anschein von Voreingenommenheit zur vermeiden“, wie Oberstaatsanwalt Richard Freyschlag den Medien damals mitteilte. Beschuldigt war in diesem Fall der ÖVP-Bürgermeister der 13.000 Einwohner-Stadt Bludenz. In jenem Verfahren war keiner der Beschuldigten in juristischen Berufen tätig.

Im gegenständlichen Fall war einer der Beschuldigten nicht nur ÖVP-Landtagsabgeordneter aus der 13.000 Einwohner-Gemeinde Hard, sondern auch ein etablierter Vorarlberger Anwalt und Funktionsträger der Rechtsanwaltskammer, der schon berufsbedingt immer wieder mit der StA zu hat. Hier wurde auf die Vermeidung des Anscheins von Voreingenommenheit kein vergleichbar hoher Wert gelegt.

Zurecht erkannte also die OstA im Fall Katzenmayer, dass die Verfolgung des ÖVP-Bürgermeisters durch die Staatsanwaltschaft Feldkirch eine schlechte Optik erzeugt. Daher stellt sich die Frage, welche Umstände im Fall des ÖVP-Landtagsabgeordneten und Sozialsprechers Kucera eine geringere Gefahr des Anscheins der Voreingenommenheit erzeugten.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

 

1.    Welcher Erkenntnisgewinn war zu erwarten, indem die StA ein Sachverständigengutachten einholt zur Frage, ob Nichtsachverständige die Frage des Vorliegens der Geschäftsfähigkeit beurteilen können?

2.    Welche juristischen Erwägungen führten die StA zu dem Schluss, dass die Frage der Beurteilung der Geschäftsfähigkeit für die Schuld der Beschuldigten entscheidend sei?

3.    Auf welche juristischen Erwägungen und welche Fachliteratur lassen die Strafverfolgungsbehörde davon ausgehen, dass dass ein Verdacht auf Betrug und Betrugsvorsatz nur bei erkennbarer Geschäftsunfähigkeit naheliegend sei und nicht auch bereits dann, wenn das Opfer hochbetagt und psychisch auffällig ist?

4.    Inwiefern wird das Vorgehen den Grundsätzen der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit gerecht, wenn Sachverständige gefragt werden, ob Nichtsachverständige Sachverständigenwissen besessen und angewendet haben?

5.    Welche Ermittlungsschritte wurden gesetzt, die auf für Laien feststellbare Umstände rund um den Vorgang abgezielt haben, der zum Betrugsverdacht führte?

6.    Wurde das mögliche Vorliegen einer Befangenheit auf Seiten der Staatsanwaltschaft geprüft?

a.    Wenn ja, von wem, auf welche Weise und mit welchem Ergebnis?

7.    Wurde eine Bestimmung der Zuständigkeit iSd § 28 StPO geprüft?

a.    Wenn ja, von wem?

8.    Welche Schritte wurden gesetzt, um den Anschein von Voreingenommenheit zu vermeiden?

9.    Welche Umstände ließen für die Strafverfolgungsbehörde die Gefahr eines Anscheins der Voreingenommenheit im Fall Kucera/Hard geringer erscheinen als im Fall Katzenmayer/Bludenz?