2025/J XXVI. GP

Eingelangt am 17.10.2018
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Anfrage

 

 

der Abgeordneten Claudia Gamon‚ MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für EU‚ Kunst‚ Kultur und Medien

betreffend Bilanz der EU-Ratspräsidentschaft bezüglich Subsidiarität

 

Während Bulgarien seinen Ratsvorsitz unter den Leitsatz "Einigkeit macht stark" gestellt hat und damit eine klar pro-europäische und zukunftsgerichtete Botschaft sendet, hat sich die österreichische Bundesregierung für das Gegenteil entschieden. Ein "weniger, aber effizienteres" Europa strebe die Bundesregierung an und schlägt einen "europäischen Subsidiaritätspakt" vor (https://diepresse.com/home/ausland/eu/5344436/EUVorsitz_Bulgarien-uebernimmt-Oesterreich-macht-sich-bereit). Auch im Regierungsprogramm ist die Rede von der "Wichtigkeit der Subsidiarität als Garant gegen zentralistische Tendenzen innerhalb der EU" und dem Subsidiaritätsprinzip als Mechanismus, um "Europa wieder in die richtige Richtung" zu lenken.

Im Jahr 2017 sollte der Regierung eines Staates von der Größe Österreichs allerdings klar sein, dass auf viele brennende Fragen nur eine gemeinsames europäisches Vorgehen Antwort geben kann. Um die Herausforderungen einer sich verändernden Weltordnung zu meistern, muss Europa mit einer Stimme sprechen und gemeinsame Strategien entwicklen. Bislang hat die Bundesregierung es jedoch verabsäumt, in den zahlreichen Stellungnahmen zur Subsidiarität zu definieren, in welchen Bereichen Kompetenzen von der europäischen auf die nationalstaatliche bzw. regionale Ebene zurückgeholt werden sollen.

Art. 5, Abs. 3 des Vertrags über die Europäische Union lautet: "Nach dem Subsidiaritätsprinzip wird die Union in den Bereichen, die nicht in ihre ausschließliche Zuständigkeit fallen, nur tätig, sofern und soweit die Ziele der in Betracht gezogenen Maßnahmen von den Mitgliedstaaten weder auf zentraler noch auf regionaler oder lokaler Ebene ausreichend verwirklicht werden können, sondern vielmehr wegen ihres Umfangs oder ihrer Wirkungen auf Unionsebene besser zu verwirklichen sind."

Die Bundesregierung wollte also wieder einmal etwas erfinden, das es – wie oben beschrieben – bereits gibt. Trotz dieses kleinen Rückschlages im Erfinderleben der zuständigen Regierungsmitglieder gäbe es theoretisch die Möglichkeit, dass im Rahmen der Ratspräsidentschaft tatsächlich Schritte gesetzt wurden, um die Anwendung eines bereits existenten Prinzips zu verbessern.

Mehr als die Hälfte der Zeit, in der Österreich den EU-Vorsitz innehat, ist bereits vergangen. Die Ziele, die man sich für den Vorsitz gesteckt hat, waren von Anfang an eher unkonkret und bescheiden und schienen nicht den Anspruch zu haben, eine ambitionierte, zukunftsgerichtete Debatte über eine stärkere, einigere und modernere Union zu führen. Dennoch macht das Programm Österreichs für den Vorsitz einige wenige gezielte Versprechen. Eines davon war die oben beschriebene "Stärkung" der Subsidiarität. Im Programm der österreichischen Ratspräsidentschaft findet sich zur Subsidiaritätsthematik folgender Absatz:

"Der österreichische Ratsvorsitz wird den Fokus auf mehr Subsidiarität richten, wobei sich die zentrale Frage stellt, in welchen Bereichen es mehr Europa braucht und in welchen Bereichen weniger. In den großen Fragen wie Sicherheits- und Verteidigungspolitik, Migration und Außengrenzschutz oder Digitalisierung brauchen wir eine stärkere Zusammenarbeit. Gleichzeitig soll sich die Europäische Union aber in kleinen Fragen zurücknehmen, bei denen die Regionen oder die Staaten auf ihren jeweiligen Ebenen besser entscheiden können. Um diese Fragen zu diskutieren, wird Österreich während des Vorsitzes eine hochrangige Konferenz zum Thema Subsidiarität veranstalten. Darüber hinaus sollen Fragen der künftigen Entwicklung der Europäischen Union im Rahmen von Bürgerkonsultationen in den Mitgliedstaaten diskutiert und die Mitsprache für Bürgerinnen und Bürger auf europäischer Ebene durch den Abschluss der Reform der Europäischen Bürgerinitiative verbessert werden."

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

 

1.    Inwiefern konnte die Frage, "in welchen Bereichen es mehr Europa braucht und in welchen Bereichen weniger" während der österreichischen Ratspräsidentschaft beantwortet werden und was war Österreichs konkreter Beitrag dazu?

2.    Welche Bereiche sind nun jene, in denen es mehr Europa braucht und welche die, in denen es Ihrer Analyse nach weniger braucht?

3.    Inwiefern haben Sie während der Ratspräsidentschaft in den von Ihnen genannten Bereichen Sicherheits- und Verteidigungspolitik, Migration und Außengrenzschutz oder Digitalisierung ein "Mehr" an Europa erreicht?

4.    Besteht ein Mehr an Europa in diesen Bereichen für Österreich auch darin, weitere Kompetenzen an die Europäische Union abzugeben?
a) Hat Österreich im Rahmen der Ratspräsidentschaft oder im Rahmen der Subsidiaritätsdebatte auf EU-Ebene die grundsätzliche Bereitschaft signalisiert, weitere Kompetenzen an die Union abzugeben?
b) Wenn ja, welche?

5.    Welche Expert_innen begleiteten die Subsidiaritätsdebatte im Rahmen der Ratspräsidentschaft auf österreichischer Seite?
a) Wurden von diesen Gutachten oder Vergleichbares erstellt, um diesbezüglich zu einer österreichische Position zu gelangen? Wenn ja, bitte um Übermittlung.
b) Hat vielleicht gar ambitioniert verkaufte Think Tank des Bundeskanzleramtes, "Think Austria", dazu geforscht? Wenn ja, bitte um Übermittlung des Ergebnisses.
c) Wenn nein, warum nicht?

6.    Was war die konkrete Zielsetzung für die im Programm genannte Subsidiaritätskonferenz?
a) Welche Indikatoren verwenden Sie zur Messung, ob dieses Ziel erreicht wurde?
b) Wurde das Ziel erreicht?
c) Wo werden die Ergebnisse der Konferenz veröffentlicht und zu welchen Schritten verpflichtet sich Österreich als Konsequenz dieser Ergebnisse?

7.    Auf welchen Betrag beliefen sich die genauen Kosten für die Konferenz? Bitte um Aufschlüsselung nach Kostenstellen.

8.    Auf welchen Betrag belaufen sich die Ausgaben für Sicherheit für die Subsidiaritätskonferenz und welche Drittanbieter sind dabei involviert? Bitte um Aufgliederung nach Auftragsvolumen, Auftragnehmer, Art des Vertrages und genauem Vertragsinhalt sowie Kosten je Auftrag.

9.    Auf welchen Betrag belaufen sich die Ausgaben für Transport für Veranstaltungen der Subsidiaritätskonferenz und welche Drittanbieter sind dabei involviert? Bitte um Aufgliederung nach Auftragsvolumen, Auftragnehmer, Art des Vertrages und genauem Vertragsinhalt sowie Kosten je Auftrag.

10. Fragen der künftigen Entwicklung der Europäischen Union sollen Ihrem Programm nach im Rahmen von Bürgerkonsultationen in den Mitgliedstaaten diskutiert werden. Welche Maßnahmen hat Österreich diesbezüglich gesetzt und welche wird Österreich noch setzen?
a) Fand eine solche Bürgerkonsultuation während der Ratspräsidentschaft statt?
b) Wenn ja, wie, wo, wann und zu welchem Thema?
c) Wenn nein, warum nicht?

11. Wie sollen diese Bürgerkonsultationen in Österreich künftig gestaltet werden und wer ist auf Regierungsebene für die Umsetzung dieser Idee verantwortlich?

12. Gibt es für dieses Projekt bereits eine konkrete Zielsetzung und einen Zeitplan? Wenn ja, bitte um Übermittlung.