2032/J XXVI. GP
Eingelangt am 18.10.2018
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Anfrage
der Abgeordneten Claudia Gamon‚ MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen
an den Bundesminister für Inneres
betreffend Stärkung von Frontex
Die Europäische Kommission legte im September 2018 einen Legislativvorschlag für eine Verordnung über die Europäische Grenz- und Küstenwache vor.
Durch die Stärkung und Weiterentwicklung der Europäischen Grenz- und Küstenwache sollen die europäischen Außengrenzen wirksam geschützt, Rückkehr- und Rückführungsmaßnahmen verbessert und ein hohes Maß an Sicherheit in der Union gewährleistet werden. Deshalb soll die Europäische Grenz- und Küstenwache die dafür erforderlichen operativen Kapazitäten und Befugnisse verliehen bekommen.
Die Vorschläge der Kommission betreffen im Wesentlichen folgende Punkte:
· Neue ständige Reserve mit 10.000 Einsatzkräften, welche über mehr Aufgaben und Befugnisse verfügen;
· Erweitertes Mandat bei Rückkehr-/Rückführungsmaßnahmen, durch welches die Agentur unter anderem in der Lage sein soll, die Mitgliedstaaten bei der Rückführung z.B. durch Unterstützung bei der Identifizierung von Drittstaatsangehörigen, der Vorbereitung von Rückkehrentscheidungen, der Beschaffung von Reisedokumenten und der Organisation gemeinsamer Rückführungsaktionen wirksam zu unterstützen;
· Verstärkte Zusammenarbeit mit Drittstaaten, indem die Agentur unter neuem Mandat gemeinsame Maßnahmen einleiten und Bedienstete in Drittstaaten entsenden kann, um das Grenzmanagement und die Migrationssteuerung sowie Rückkehr- und Rückführungsmaßnahmen zu unterstützen;
· Bessere Lageerkennung und Reaktionsfähigkeit durch die Integration des Europäischen Grenzüberwachungssystems in die Europäische Grenz- und Küstenwache, welches eine gemeinsame Risikoanalyse sowie einen Reaktionsmechanismus auf lokaler, regionaler, nationaler oder EU-Ebene ermöglicht.
Diese Punkte sind sehr zu begrüßen, allerdings tun sich bei der Umsetzung einige Fragen auf.
EU-Haushaltskommissar Günther Oettinger hatte für einen Ausbau auf 10.000 Grenzschützer_innen ein Budget von etwa 33 Milliarden Euro veranschlagt, allerdings für den Zeitraum von 2021 bis 2027. Diese Mittel müssten nun deutlich schneller bereitgestellt werden, als ursprünglich geplant, da die Mitgliedstaaten beschlossen haben, Frontex bereits vor dem nächsten Finanzrahmen zu stärken. Laut Angaben des Innenministeriums, soll es einen Fonds für integriertes Grenzmanagement in Höhe von 9 Mrd. Euro geben und 11 zusätzliche Millionen für Frontex. "Die aktuell diskutierte Aufstockung bei Frontex wäre nur zu erreichen, indem die EU finanzielle Mittel aus anderen Bereichen - etwa aus den Struktur- und Regionalfonds - zum Grenzschutz verschiebt", sagt die Migrationsforscherin Petra Bendel von der Universität Erlangen-Nürnberg zum deutschen Nachrichtenmagazin Spiegel (http://www.spiegel.de/politik/ausland/eu-frontex-soll-wachsen-kann-das-funktionieren-a-1215365.html).
Aktuell beschäftigt die Grenzschutzagentur 589 eigene Mitarbeiter, die meisten davon im Hauptquartier in Warschau. Die 1500 Grenzbeamten der Eingreiftruppe von Frontex sind jedoch keine EU-Beamten, sondern werden aus den Mitgliedsländern des Schengen-Raums rekrutiert. Österreich halte sich bisher immer an die Quoten, so die Auskunft des BMI, doch trifft das nicht auf alle Mitgliedstaaten zu. In ihrem Fortschrittsbericht über die Umsetzung der Europäischen Migrationsagenda kritisierte die EU-Kommission Anfang Mai teils gravierende Lücken bei der Bereitstellung von Personal für Frontex:
"Die Agentur hat angeboten, ihre operativen Einsätze an den griechischen Landgrenzen mit Albanien und der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien um das Dreifache zu erhöhen. Bei den Zusagen für operative Maßnahmen im Jahr 2018 wurden erhebliche Lücken festgestellt. Obwohl am 19. Januar 2018 und am 23. März 2018 eine Aufforderung an die Mitgliedstaaten ergangen ist, sind keine großen Verbesserungen zu verzeichnen. Die bis Ende April 2018 gemachten Zusagen würden lediglich 49 % des ermittelten operativen Bedarfs an Sachverständigen und 44 % des Bedarfs an technischen Ausrüstungsgegenständen für Maßnahmen an den Landgrenzen im Zeitraum von Mai bis Juni 2018 abdecken. Für Operationen an den Seegrenzen könnten zwar 85 % der benötigten Sachverständigen, aber nur 51 % der technischen Ausrüstungsgegenstände bereitgestellt werden. Aufgrund dieser erheblichen Defizite ist die Durchführung der bis Dezember 2018 geplanten Maßnahmen ernsthaft gefährdet." https://ec.europa.eu/transparency/regdoc/rep/1/2018/DE/COM-2018-301-F1-DE-MAIN-PART-1.PDF
Frontex-Chef Fabrice Leggeri warnte bereits Mitte 2017 davor, dass das Rekrutierungsproblem die größte Herausforderung sei, vor der die Grenzschutzagentur heute stehe (https://www.politico.eu/article/eu-border-agency-chief-fabrice-leggeri-frontex-migration-let-me-give-pay-raises/). Er wies darauf hin, dass weitere Mittel für Frontex nicht nur in die Zahl der Grenzschützer_innen investiert werden dürfe, sondern auch die Gehälter der Grenzschützer_innen erhöht werden müssten, damit man ausreichend rekrutieren kann.
Im Zuge der Ratspräsidentschaft ist es mittlerweile der einzige ernstzunehmende Schwerpunkt Österreichs, den EU-Außengrenzschutz zu verbessern. Als Vorsitzland während der Verhandlungen für den nächsten Mehrjährigen Finanzrahmen und über Themen des Grenzschutzes, gilt es für Österreich, sich auch mit den praktischen Limits und Herausforderungen bei der Umsetzung des Kommissionsvorschlags zu beschäftigen.
Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende
1. Wie hoch war der Personalbeitrag Österreichs zu Frontex in den Jahren 2014 bis 2020? Bitte um Aufschlüsselung nach Jahren und Einsatzort.
2.
Laut
Medienberichterstattung (Ö1 Mittagsjournal, 10.9.2018) soll
Österreich bis Juli 2019 mehr als 200 Mann und Frau zusätzlich zur
Verfügung stellen. Ist diese Angabe richtig?
a) Wenn ja, haben Sie bereits Maßnahmen zur Rekrutierung dieser
Grenzpolizisten gesetzt?
b) Wenn ja, welche?
c) Wenn nein, warum nicht und für wann wird die Planung derselben in
Aussicht genommen?
3.
Wurden für dieses
zusätzliche Kontingent zusätzliche Personen rekrutiert oder
Kräfte, die sich bereits im Polizeidienst befinden, aus anderen Einheiten
verschoben?
a) Bekommen Personen, die nun für Frontex bereitgestellt werden, in
Österreich ein entsprechendes Training?
b) Wenn ja, wie lange dauert das, welche Module umfasst es, von wem wird es
durchgeführt und wie hoch sind die Kosten, die für Österreich
dafür anfallen?
c) Wenn nein, wo erhalten Sie dann ihre Ausbildung?
4.
Im Zuge der Aufstockung
des Frontex Personals um zusätzliche 10.000 Grenzschützer_innen in
den nächsten Jahren wird der österreichische Personalbeitrag
vermutlich noch ein weiteres Mal erhöht werden müssen. Eine
Steigerung der gesamten Anzahl an Grenzschützer_innen würde auch eine
Erhöhung der von Österreich zu erfüllenden Personalquote mit
sich bringen. Welche Zusagen machte Österreich im Rahmen des Ratsvorsitzes
diesbezüglich?
a) Wie hoch wird diese Quote für Österreich Ihrer Einschätzung
nach in etwa sein?
b) Wie werden Sie diesen Bedarf an Grenzschützer_innen decken?
c) Für welche Quoten setzen Sie sich generell auf europäischer Ebene
ein, nach denen die einzelnen Mitgliedstaaten zu Frontex beitragen sollen?
5.
Gab es in Österreich
bisher Probleme bei der Rekrutierung für Frontex?
a) Wenn ja, welche und wie wurden diese gelöst?
6. Inwiefern unterstützte der österreichische Ratsvorsitz die Mitgliedstaaten bei der raschen Verstärkung von Frontex?
7. Wie oben beschrieben, würde eine Stärkung von Frontex vor Beginn des nächsten MFR zusätzliche Mittel erfordern. Was ist Ihr Informationsstand dazu, ob finanzielle Mittel aus anderen Bereichen – etwa aus den Struktur- und Regionalfonds – zum Grenzschutz verschoben werden? Was ist Österreichs Position dazu, woher die Mittel kommen sollen?