2045/J XXVI. GP

Eingelangt am 19.10.2018
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

der Abgeordneten Stephanie Cox, Daniela Holzinger-Vogtenhuber, KollegInnen

an die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz

betreffend „Zukunft der Arbeit“

BEGRÜNDUNG

Die Digitalisierung wird unsere Gesellschaft tiefgreifend verändern und bestehende Systeme in Frage stellen. Eine der wohl größten Herausforderungen wird es sein, das Zusammenspiel von Bildung, Arbeit und sozialer Gerechtigkeit zu gestalten:

Arbeit wird sich verändern. Neue Berufe werden entstehen und bestimmte Berufe werden wegfallen. Dies nicht zuletzt aufgrund des technologischen Fortschritts, insb. durch die fortschreitende Automatisierung, die langsam auch Tätigkeiten des Dienstleistungssektors erfasst, die Plattformökonomie, die neue Formen von Arbeit ermöglicht (für die wir noch keinen passenden Rechtsrahmen gefunden haben) und das Entstehen gänzlich neuer Branchen/Industrien.

Dementsprechend muss sich auch unser (Aus)Bildungssystem verändern und eine Kultur des lebenslangen Lernens etabliert und gefördert werden. Bedenkt man neben Folgen technologischer Entwicklungen auch die Auswirkungen sozio-ökonomischer Trends, besonders jene der Globalisierung, des demographischen Wandels und von gesellschaftlichen Ungleichheiten (insb. im Hinblick auf Bildung), treten Risiken zutage - etwa die Polarisierung des Arbeitsmarkts[1] -, denen frühzeitig entgegengewirkt werden muss. Konsequenter Weise muss auch unser Sozialsystem und die Natur staatlicher Transferleistungen überdacht, reformiert und auf europäischer Ebene abgestimmt werden.[2]

Mit anderen Worten: Es gibt viele offene Fragen, für die wir gemeinsam Antworten finden müssen, wenn wir die Zukunft Österreichs sichern wollen.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage

1.    Hat Ihr Ministerium bereits Studien in Auftrag gegeben, die im Zusammenhang mit den Themen Arbeit bzw. Arbeitsmarkt der Zukunft stehen, oder planen Sie derzeit derartige Studien? Falls ja, welche Studien sind es und welche Zielsetzungen werden damit verfolgt?

2.    Welche Strategie verfolgt Ihr Ministerium, um die künftigen Veränderungen von Arbeit bzw. des Arbeitsmarktes zum Vorteil Österreichs zu gestalten? Bitte um getrennte Auflistung von Strategien im kurzfristigen (1-2 Jahre), mittelfristigen (4-5Jahre) und langfristigen Bereich (ab 5 Jahren).

3.    Wie erfolgt die Abstimmung in diesem Bereich mit anderen relevanten Ministerien (insb. mit dem BMBWF, im Hinblick auf Bildung und Forschung, oder dem BMOEDS, im Hinblick auf die Arbeit im öffentlichen Bereich) sowie auf der EU-Ebene?

4.    Was sind die wichtigsten Veränderungen von Arbeit, mit denen Sie in den nächsten fünf, zehn und zwanzig Jahren rechnen bzw. nach welchen Bildern der Arbeit der Zukunft richten Sie die Planung Ihrer politischen Aktivitäten aus?

5.    Welche Industrien und Jobs bzw. Jobprofile werden nach Einschätzung Ihres Ministeriums von der zu erwartenden Automatisierung in den nächsten fünf, zehn bzw. zwanzig Jahren in Österreich am stärksten betroffen sein, welche Auswirkungen sind Ihrer Einschätzung nach auf die (absoluten) Beschäftigtenzahlen zu erwarten (bitte aufgeschlüsselt nach Wirtschaftssektoren), auf Basis welcher Daten treffen Sie diese Einschätzung und welche Maßnahmen leiten sich hieraus ab?

6.    Welche gesetzlichen Rahmenbedingungen planen Sie allgemein, um mit neuen Formen von Arbeit in den nächsten fünf bis zwanzig Jahren umzugehen?

7.    Welche Rahmenbedingungen bzw. welche besonderen Maßnahmen planen Sie angesichts der stetigen Ausweitung von „Plattformarbeit“ (im Sinne von verschiedenen Arten von Tätigkeiten - niedrig bis hoch-qualifiziert, analoge und digitale Verrichtung etc. - die über Onlineplattformen ermöglicht werden)?

a.    Folgefrage: Gibt es in Ihrem Ministerium konkrete Vorstellungen, wie ein hohes Maß an ArbeitnehmerInnenschutz auch in einer sich wandelnden Wirtschaft sichergestellt, ausgebaut und weiter entwickelt werden kann?

b.    Folgefrage: Wie definieren Sie in diesem Zusammenhang die zukünftige Rolle der Sozialpartnerschaft in Österreich?

8.    Was tut Ihr Ministerium, um eine Kultur des lebenslangen bzw. lebensbegleitenden Lernens zu fördern, und wie sollen die Kosten dafür künftig zwischen Arbeitnehmer_Innen, Arbeitgeber_Innen und dem Staat aufgeteilt werden?

 

9.    Welche Maßnahmen ergreifen Sie, um eine mögliche künftige Polarisierung des Arbeitsmarkts, angesichts der Digitalisierung, zu verhindern?

10. Angesichts der Tatsache, dass sich Arbeit allgemein verändern wird und dass die Automatisierung von Arbeit u.a. Tätigkeiten, die hauptsächlich geringe Qualifizierung erfordern, besonders hart treffen wird, stellt sich folgende Frage: Wie planen Sie das Sozial- und Steuersystem langfristig zu verändern, um den geänderten Verhältnissen gerecht zu werden und eine gerechte und solidarische Finanzierung des Staates, über alle Berufs- und Einkommensschichten hinweg, sicher zu stellen?

11. Wie stehen Sie zu der Aussage: „Der Starke hat für den Schwachen einzutreten?“

12. Durch Digitalisierung und Automatisierung wird insbesondere im Produktionsprozess immer mehr Wertschöpfung, immer schneller, durch immer weniger menschliche Arbeit, möglich und möglich werden. Dennoch fußt die Finanzierung unseres Sozialsystems vor allem auf Beiträgen aus menschlicher Arbeit. Wenn wir beispielsweise an zukünftige soziale Herausforderungen wie den Pflegebereich denken, wird klar, dass einerseits mit höheren Ausgaben und andererseits mit einer schrumpfenden Finanzierungsbasis (Lohnbezogene Abgaben) zu rechnen ist. Es ergeben sich daraus folgende Fragen:

a.    Wie steht Ihr Ministerium einer Verbreiterung der Finanzierungsbasis unseres Sozialsystems durch Erschließung neuer, wertschöpfungsbasierter Abgaben, bei gleichzeitiger Entlastung des Faktors (menschlicher) Arbeit, gegenüber?

b.    Auf Basis welcher Daten/Studien treffen Sie diese, in der Beantwortung der Frage 12.a. dargelegte, Einschätzung?


 



[1]  Siehe etwa Bain & Company (2018) Labor 2030: the collision of demographics, Automation and inequality; McKinsey Global Institute (2018) Skill shift, automation and the future of the workforce; Grundke, R. et al. (2018), Which skills for the digital era?: Returns to skills analysis", OECD Science, Technology and Industry Working Papers, 2018/09; Bakhshi, H., Downing, J., Osborne, M. and Schneider, P. (2017) The Future of Skills: Employment in 2030; Deloitte (2018) The robots are ready. Are you?

[2]  In meinem Papier zu einer österreichischen Strategie für künstliche Intelligenz - abrufbar unter: www.stephaniecox.at/ki-strategie-oesterreich - bin ich auf den Arbeitsmarkt der Zukunft und einige gesellschaftliche Herausforderungen eingegangen, die uns angesichts der Digitalisierung, insb. der Automatisierung von Arbeit via KI, erwarten werden.