2046/J XXVI. GP

Eingelangt am 19.10.2018
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

der Abgeordneten Daniela Holzinger, Kolleginnen und Kollegen

an die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend „Ankündigung von Bundeskanzler Sebastian Kurz zur Reform der Pflege"

Begründung

 

„Die Frage der Pflegefinanzierung möchte ich schnell lösen“, kündigte Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) am Sonntag, 14.10. 2018, in ÖSTERREICH an. Denn: Die Debatte sei „teilweise sehr unwürdig geführt worden“. Er habe deshalb Sozialministerin und Regierungskoordinatoren beauftragt, bis Jahreswechsel einen Vorschlag vorzulegen“, berichtet die Zeitung „Österreich“ am 14. Oktober 2018.

Im weiteren Verlauf des Textes in der Zeitung werden dabei Punkte genannt, die eher auf eine Privatisierung der Pflege denn auf eine Veränderung im gesamten Bereich der Pflege hinauslaufen. So wird offenbar eine Art Pflegepflichtversicherung so wie etwa in Deutschland angedacht. (Quelle: https://www.oe24.at/oesterreich/politik/Kurz-So-wird-die-Pflege-Reform/352255885)

Das Pflegesystem in Österreich bedarf einer großen Reform. Es gibt keine einheitlichen Pflegestandards, die ein Mindestmaß an Qualität versprechen. Es gibt keine konkreten, bundesweiten Zahlen zur Personalsituation der einzelnen Gesundheitsberufe, die als Basis für eine klare Darstellung der tatsächlich benötigten Kosten herangezogen werden kann. Damit ist auch die Attraktivierung des Berufsfeldes eine große Herausforderung.

Im parlamentarischen Prozess gibt es bisher keinerlei Informationen darüber, wie die Regierung die Erarbeitung einer Pflegereform gestalten will. Insbesondere liegen dem zuständigen Gesundheitsausschuss noch keine Vorschläge dazu vor.

Daher stellen die unterfertigenden Abgeordneten folgende

Anfrage

1.   Wann hat Ihr Ministerium den Auftrag von Bundeskanzler Kurz erhalten, einen Vorschlag zur Pflegefinanzierung zu erarbeiten?

2.    Gibt es dazu einen schriftlichen Auftrag (Brief, Mail, Notiz)? Falls ja, wie lautet dessen Wortlaut?

3.    Enthält dieser Auftrag bzw. enthält die Bitte von Bundeskanzler Kurz die Idee, eine private Pflegeversicherungssäule zur Pflegefinanzierung aufzubauen?

4.    Gibt es eine Arbeitsgruppe im Ministerium zur Umsetzung? Falls ja: Welche Sektionen sind hier eingebunden?

5.    Gibt es eine überministerielle Arbeitsgruppe für die Reform der Pflegefinanzierung? Falls ja: Welche Ministerien sind darin eingebunden?

6.    Welche sonstigen Maßnahmen haben Sie eingeleitet, um den Auftrag umzusetzen?

7.    Werden ExpertInnen und Experten außerhalb des Ministeriums in die Erarbeitung der Reform eingebunden?

8.    Falls ja: Welche Expertinnen und Experten bzw. welche zivilgesellschaftlichen Organisationen wurden angefragt?

9.    Ist seitens Ihres Ministeriums eine parlamentarische Enquete geplant, in der Expertinnen und Experten, Pflegeinstitutionen, Betroffenenverbände und alle parlamentarischen Parteien mit einbezogen werden? Falls ja: Wann wird eine solche Enquete stattfinden? Falls nein: Was sind die Gründe dafür?

10. Sind in diesem Zusammenhang Beraterverträge bzw. Studienaufträge vergeben worden? Falls ja: An wen und in welcher Höhe?

11. Welche Problemstellungen in der Pflegefinanzierung ergeben sich aus der Evaluierung des bestehenden Systems der Pflegefinanzierung in Österreich in Ihrem Ministerium?

12. Erachten Sie eine vereinheitlichte, regelmäßige und öffentlich einsehbare statistische Erhebung des österreichischen Pflegesystems als sinnvoll? Falls ja: Gibt es vonseiten des Ministeriums Maßnahmen, um diese zur Verfügung zu stellen?

13. Wie sehen Sie die Entwicklung des österreichischen Pflegesystems im Vergleich zu dem skandinavischen Solidaritätssystem, das ja seine Pflegestandards sehr früh beschlossen hat?

14. Pflegestandards dienen nicht nur als Basis eines jeden Pflegesystems, sie sind auch als Qualitätsstandards zu sehen. Führen Sie Gespräche mit den Bundesländern, wie diese in Österreich implementiert werden können? Falls ja: Was ist der aktuelle Stand dieser Beratungen?

15. Wenn es zum Pflegefall kommt, übernehmen vielfach die Angehörigen als erste Instanz die Pflege. Dabei kommen die pflegenden Angehörigen in ungeschützte Situationen in Bezug auf Verdienstentgang, Arbeitsplatzverlust, soziale Isolation, psychische und physische Überlastung. Welche Maßnahmen hat das Ministerium unter Ihrer Führung bislang ergriffen, um hier Unterstützung anzubieten?

16. Aktuelle Studien gehen davon aus, dass 43.000 Kinder und Jugendliche zwischen 5 und 18 Jahren Familienmitglieder pflegen. Mit welchen Maßnahmen bietet das Sozialministerium diesen Jugendlichen Unterstützung an? Sind diese ausreichend?

17. Orientiert sich das Ministerium in seiner Pflege-Strategie eher am skandinavischen Modell (Pflege ist ein Teil der staatlichen Daseinsfürsorge) oder eher am deutschen Modell, wo nur durch eine Reihe privater Zusatzangebote eine anständige Pflegeversorgung gewährleistet werden kann?