2202/J XXVI. GP

Eingelangt am 05.11.2018
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

 

der Abgeordneten Kai Jan Krainer,

Genossinnen und Genossen

an den Bundesminister für Finanzen

betreffend: keine Reorganisation sondern Abbau der Finanzverwaltung?

Sehr geehrter Herr Finanzminister!

Wie mehrere Tageszeitungen Mitte Oktober berichtet haben, planen Sie einen Umbau der Finanzverwaltung, die Reduktion von 40 Ämtern auf nur fünf Großbehörden und ein einziges „Finanzamt Österreich". Das Ziel wäre eine flexible und dezentrale Aufgabenwahrnehmung, die Digitalisierung, Internationalisierung und „bevorstehende Pensionierungswelle" in der Verwaltung würden strukturelle Neuerungen notwendig machen und die Mitarbeiterzufriedenheit in den „neuen Arbeitswelten" soll weiterhin hoch gehalten werden (apa, 11.10.2018).

Bereits im Februar wurde an Sie die Anfrage gerichtet, wie sich die zukünftige Personalplanung in der Finanzverwaltung darstellen wird (s. Anfrage „weniger Steuerprüfer, weniger Steuergerechtigkeit - schwarzblaue Schonzeit für Steuersünder?" (254/J)). Sie beantworteten damals, dass die Pensionierungen in der Zentralleitung, bei den Finanz- und Zollämtern in Zukunft auf etwa 500 Personen ab 2021 ansteigen werde, und die Nachbesetzungen durch Neuaufnahmen nach Vorliegen der gesetzlichen Rahmenbedingungen erfolgen würden. Diese Budgetgesetze inklusive Personalplan liegen nun vor, die Planstellensumme des Ressorts wurde mit dem BFG 2018 und BFG 2019 im Vergleich zu den Vorjahren um etwas mehr als 1.000 PlSt angehoben und mit 11.986 gesetzlich beschlossen. Im aktuellen Bundesfinanzrahmengesetz sinkt dieser Wert für die Jahre 2020-2022 leicht auf 11.715 ab, liegt aber immer noch über den Werten bis 2017. Bei der Frage 6 der zitierten Anfrage gaben Sie an, dass zwar weniger Betriebsprüferlnnen bis 2022 It. Personalplanung vorgesehen wären, die Zahl der Finanzpolizei, Großbetriebsprüferlnnen, Zollämter und Bundesfinanzgericht würde aber gleich bleiben bzw. leicht steigen. Die Fragen zur Personaleinsatzplanung für 2019-2022 konnten Sie noch nicht beantworten, ebenso die Frage nach der Effizenz der PrüferInnen (Personalaufwand zu geprüftem Mehraufkommen). Insgesamt vermittelte die Anfragebeantwortung den Eindruck, dass die Personalplanung der Finanzverwaltung im Sinne der Abgabensicherung weiterhin von einem konstanten Personalstand ausgehen wird.


Die unterzeichnenden Abgeordneten stellen daher nachstehende

Anfrage:

1.    Aus welchen Gründen entspricht die derzeitige Struktur der Finanzverwaltung nicht mehr den aktuellen Anforderungen?

2.    Aus welchen Gründen entspricht die derzeitige Struktur der Finanzverwaltung nicht mehr den zukünftigen Herausforderungen?

3.    Aus welchen Gründen der Digitalisierung entspricht die derzeitige Struktur der Finanzverwaltung nicht mehr den aktuellen Anforderungen?

4.    Aus welchen Gründen der Digitalisierung entspricht die derzeitige Struktur der Finanzverwaltung nicht mehr den zukünftigen Herausforderungen?

5.    Welche strukturellen Neuerungen in der Finanzverwaltung sind aus Ihrer Sicht notwendig?

6.    Wieso entsprechen

a.    die eigenständigen Finanzämter,

b.    die Zollämter,

c.    die Großbetriebsprüfung,

d.    die Steuerfahndung,

e.    die Finanzpolizei und

f.      der bundesweite Fachbereich

nicht mehr den aktuellen Anforderungen und Herausforderungen bzw. sind strukturelle Neuerungen notwendig? Bitte um detaillierte Angaben zu den von Ihnen als notwendig erachteten Änderungen jeweils für a)-f).

7.    Erfasst der Abbau/Reorganisation der Finanzverwaltung auch die Zentralleitung bzw. das BMF?

a.    Welche Sektionen oder Abteilungen sollen „reorganisiert" werden?

b.    Gilt die Notwendigkeit der strukturellen Neuerung auch für die eigenartige Konstruktion in der BMF-Organisation des Generalsekretärs, der über den SektionsleiterInnen steht? Wird dieser abgeschafft? Wenn nein: warum wird ausgerechnet diese „Funktion" von den umfassenden Reorganisationsvorhaben ausgenommen?

c.    Wird der aktuelle Generalsekretär eine andere Leitungsfunktion in der reorganisierten Finanzverwaltung oder einem Unternehmen, an dem die Republik Österreich Anteile hält einnehmen - wenn ja: welche bzw. welches Unternehmen?

8.    Nach dem die gesetzlichen Rahmenbedingungen (BFG, BFRG) nun beschlossen wurden: Wie werden sich die Stände an VBÄ in der Finanzpolizei, bei den Prüferlnnen- Kapazitäten in der Betriebsprüfung, bei den Prüferlnnen-Kapazitäten in der Großbetriebsprüfung, den Zollämtern und dem Bundesfinanzgericht zum 1.1.2019, 1.1.2021, 1.1.2022 und 1.1.2023 nun auf Grundlage der jüngsten ministeriumsinternen Anweisung (Jänner 2018) und der kolportierten Reorganisation der Finanzverwaltung (Oktober 2018) entwickeln?

9.    Angeblich würde die „bevorstehende Pensionierungswelle "strukturelle Neuerungen notwendig machen (apa, 11.10.):

a.    Wie wird sich die Personalstruktur in den kommenden 7 Jahren auf Grund der bevorstehenden Pensionierungswelle gestalten, wie viele Planstellen wird die Finanzverwaltung besetzen (bitte um jährliche Summenangabe der Pensionierungen, besetzten Planstellen It. Stellenplan und nicht besetzten Planstellen It. Stellenplan bzw. gesetzliche und geplante Obergrenze an Planstellen für das BMF)?

b.    Wie ändern sich die Planstellen im Vergleich zu Ihren Angaben aus der Beantwortung 259/AB vom April 2018? Wenn es Änderungen gibt, waren Ihnen die Daten zu den Pensionierungen nicht bekannt?

c.    Werden sie die bevorstehenden Pensionierungen durch Neuaufnahmen nachbesetzen? (bitte um jahresweise Darstellung der erwarteten Pensionierungen und geplanten Neuaufnahmen für die Jahre 2018-2025).

d.    Wieso machen die bevorstehenden Pensionierungen und Neuaufnahmen eine Neuorganisation notwendig7

10.  Wieso entspricht es der Zielsetzung einer „flexiblen und dezentralen Aufgabenwahrnehmung" (apa vom 11.10.), dass über 40 regional bestehende Organisationseinheiten zu einer Organisationeinheit „Finanzamt Österreich" zusammengezogen werden? Sehen sie hier in der Zielsetzung („dezentral") und dem kolportierten Reorganisationsvorhaben (Zentralisierung) inhaltliche Probleme?

11.  Welche Auswirkungen haben die geänderten Kundenerwartungen auf die Weiterentwicklung der Infocenters, insbesondere Finanzamt Wien/Mitte?

a.    Hat sich die Zentralisierung der „Kundenbetreuung" der Organisation innerhalb eines Finanzamtes auf ein Infocenter Ihrer Meinung nach bewährt? Wenn ja: warum, wenn nein: warum nicht? Wie stellt sich diese Zentralisierungsmaßnahme im Lichte der Arbeitsbelastung der FinanzbeamtInnen im Infocenter dar?

b.    Hat sich die Zentralisierung des Finanzamtes Wien mit mehreren Standorten Ihrer Meinung nach bewährt? Wenn ja: warum, wenn nein: warum nicht?

c.    Warum sind Sie der Auffassung, dass die Zusammenlegung aller Finanzämter Österreichs zu einem einzigen Finanzamt sinnvoll ist?

12.  Wieso kommt nicht das Finanzamt zu den Steuerpflichtigen („Bürgerservice vor Ort") und ist die Finanzverwaltung nicht so zu organisieren, dass es kurze Wegzeiten zwischen Finanzämtern und Steuerpflichtigen gibt?

13.  Wieso hat die Digitalisierung der Informationsverarbeitung eine Auswirkung auf die regionalen Standorte (und damit erleichterte räumliche Erreichbarkeit) für die Steuerpflichtigen?

a.    Welche Auswirkung hat die Digitalisierung auf die räumlich regionale leichtere Erreichbarkeit der Standorte der Finanzverwaltung für die Steuerpflichtigen?

b.    Ist die digitalisierte Informationseingabe von Erklärungen an die Finanzämter nicht unabhängig von einer zentralisierten räumlichen Erreichbarkeit für die Steuerpflichtigen?

14.  Wie hoch ist die MitarbeiterInnenzufriedenheit in der Finanzverwaltung?

a.    Wie wird diese gemessen? (bitte um jährliche Angabe der Indikatoren für die Jahre 2013-2018)

b.    Gibt es verbindliche Ziele, die in den Organisationseinheiten erreicht werden müssen?

c.    Welche Maßnahmen setzen Sie in der Finanzverwaltung für mehr MitarbeiterInnenzufriedenheit?

15.  Was darf man sich unter „neue Arbeitswelten" (apa vom 11.10.) vorstellen?

a.    Wie ändert sich der tägliche Workflow der MitarbeiterInnen der Finanzverwaltung durch diese „neuen Arbeitswelten"?

b.    Aus welchen Gründen machen die „neuen Arbeitswelten'' eine derart umfassende Reorganisation der gesamten österreichischen Finanzverwaltung notwendig?

16.  Wie hoch ist das derzeitige Verhältnis österreichweit (im Durchschnitt) zwischen Personalaufwand FinanzamtprüferIn und Mehraufkommen durch Prüfungsmehrergebnisse (bitte um getrennte Angabe Betriebsprüferlnnen und Großbetriebsprüferlnnen für 2016, 2017 und 2018)?

17.  Wie viele Arbeitsplätze in der Finanzverwaltung werden durch die geplante Organisationsreform bis 2025 eingespart werden können (bitte um jahresweise Angabe des Stellenabbaus)?

18.  Wie viele Arbeitsplätze in der Finanzverwaltung werden durch die geplante Organisationsreform bis 2025 in den Bundesländern eingespart werden können (bitte um bundesländerweise Angabe des geplanten Stellenabbaus)?

19.  Wie viele neue Führungspositionen in der Finanzverwaltung werden durch die geplante Organisationsreform bis 2025 entstehen?

a.    Nach welchen Kriterien werden diese besetzt werden?